30
Okt 2021

Last Exit Fantasy Filmfest Berlin: Sowas wie ein Fazit

Themen: Fantasy Filmf. 21, Film, TV & Presse |

Eigentlich nicht, denn es kommen noch zwei Filme. Ja genau, zwei. AFTER BLUE wird hier in München nachgeholt und als Bonus gibt es voraussichtlich noch BLOODY ORANGES – der lief in Berlin gar nicht.

Aber zumindest kann ich den Berlin-Teil der Reise abschließen und wer jetzt schon zu wissen meint, wohin die Reise meines Fazits geht (schlechte Filme, lustlose Orga, fettes Essen), der kann sich gehackt legen. Denn es war zur Abwechslung und seit langem mal wieder super geil.

… war diesmal vieles anders.

Ein Vogel zieht nach Osten

Zuerst einmal fuhr ich mit dem Zug statt mit dem Auto. Preislich vergleichbar, konnte die Bahn ihre Vorteile voll ausspielen: 4:30 Stunden auf der Schiene statt 6 Stunden auf der Autobahn, dazu Internet und ausreichend Muße, um zwei Filmkritiken mit Hilfe von Screener-Kopien vorzuziehen. Ich kam entspannt in der Hauptstadt an und musste dort nicht erstmal nach einem kostenfreien Dauerparkplatz für die Woche suchen. Das wäre diesmal auch etwas schwerer gewesen, denn…

… die Veranstaltungsorte hatten sich wieder mal geändert. In München ging es nach MAXX und CINEMA dieses Jahr in den RIO FILMPALAST, in dem ich kurioserweise 1988 an meinem erstes Filmfestival teilgenommen habe. Ohne jemandem auf die Füße treten zu wollen; das ist ein ziemlicher Abstieg. Hoffentlich werden die Dauerkartenbesitzer nicht wieder in Reihen verbannt, in denen sie sich Nackenschmerzen wie im CINEMA holen.

Kultur, Kultur!

In Berlin ging es vom Potsdamer Platz in die Kulturbrauerei am Prenzlauer Berg. Ein größeres Areal mit Kino, Restaurants, Konzerthalle, Bars und vor allem – einem REWE-Supermarkt mit Öffnungszeiten bis Mitternacht.

Das ist ein großer Vorteil, weil man sich selbst in kurzen Pausen zwischen den Filmen fix mit Obst, Chips, Getränken und Backwaren versorgen kann. Dauerkartenbesitzer wissen das zu schätzen.

Und am Sonntag gibt’s auf dem Gelände auch noch Streetfood aus aller Welt:

Ja, so und nicht anders soll das sein.

Ins HOTEL?!

Bekanntlich steppt am Prenzlauer Berg der Bär rund um die Uhr. Genau mein Ding. Andererseits muss man natürlich aufpassen, dass man für acht Tage Festival fit bleibt und darum muss die Nachtruhe garantiert sein (mein Klubbsporre habe ich immer dabei). Ich buchte also das Hotel Zarenhof, vierter Stock mit Küche und Balkon im Hinterhof:

Auch das: ein Volltreffer. Himmlische Ruhe und genug Platz, um vormittags an den Reviews zu feilen. Das Internet hätte allerdings ein wenig stabiler sein dürfen.

Cinema Paradiso

Das Kino selbst: nur 350 Meter vom Hotel entfernt und vorbildlich. Ausreichend Platz in der Halle mit ein paar gemütlichen Sitzplätzen – und ein fetter Saal mit großer Leinwand und genug Gefälle, um allen Besuchern ausreichend Beinfreiheit und Sicht zu garantieren:

Da lässt es sich fürwahr aushalten.

Die Rahmenbedingungen für das FFF 2021 waren demnach perfekt. So verliefen die Tage wie geplant: Ab Mittag Filme durchgehend bis meist kurz nach Mitternacht, dazwischen immer wieder mal was spachteln, dann ins Hotel, poofen, am nächsten Morgen Frühstück und Reviews schreiben. Knicken, lochen, abheften.

Kino bis zum Abwinken

Und damit zur wichtigsten Änderung 2021: der Straffung des Programms. Sie hat dem Festival gut getan. Wir erinnern uns: 2014 wurde umgestellt. Statt zwei Filme parallel in zwei Sälen zu zeigen, wurde das Festival von 8 auf 11 Tage verlängert. Das hatte den Vorteil, dass Dauerkartenbesitzer nicht ständig vor der Qual der Wahl standen – und den Nachteil, dass nach spätestens fünf oder sechs Tagen mit fünf Filmen in Folge das Gehirn matschig wird. Und wenn man das Festival nicht gerade in der Heimatstadt genießt, explodieren die Kosten für Kost & Logis, von den zu beantragenden Urlaubstagen mal ganz abgesehen. Die letzten sieben Jahre konnte ich also sehr viele Filme schauen, aber zu einem wahrlich hohen Preis.

Es hängt an der Pandemie, entpuppte aber ein Glücksfall, dass dieses Jahr wieder “nur” 8 Tage Programm gefüllt werden konnten und die Zahl der Filme damit von 51 auf 36 sank (plus Kurzfilm-Slot). Zwei Wochenenden und eine Werkwoche. Das war anstrengend, aber stemmbar. Und vielleicht lag es auch an der Notwendigkeit, für das kürzere Programm stärker auszusieben, aber: die verringerte Quantität hat der Qualität durchaus zugearbeitet. Ich habe die abschließenden Statistiken noch nicht durch, aber gefühlt war das locker das beste Festival der letzten Jahre und die Hits kamen aus sehr verschiedenen Ecken. Siehe hier.

Janz Berlin is eene Wolke

Ich amüsierte mich also über Gebühr und genoss es, zwischen den Filmen immer mal wieder durch das wunderschöne Viertel zu spazieren:

Das Nachtleben hat mich fasziniert (ich war zuletzt Anfang der 90er ausgiebiger hier). In den 200 Metern Umkreis um das Hotel ist mehr los als im Großraum München. Sogar einen schrabbeligen Comedy-Club kann man hier besuchen:

Futtern besser als bei Muttern

Besonders an leckerem Essen sollte es in diesen Tagen nicht mangeln, von Tacos

über Porridge-Bowls

bis Kadamom-Knoten

und wieder Tacos

Weil es auf dem Weg lag und einen legendären Ruf hat, habe ich mir auch eine Currywurst mit Pommes bei Konnopke gegönnt:

Die war aber enttäuschend: Sauce zu tomatig, Wurst zu klein, Pommes zu trocken.

Mein Kiez, meine Bros

Reise, Hotel, Kino, Essen, Entertainment perfekt – was fehlt da noch? Die soziale Interaktion, genau. Ich war in den letzten Jahren ja eher enttäuscht gewesen, dass so viele “Veteranen” sich abgeseilt haben. Und Markus ist ja auch nicht mehr dabei. Ab und an möchte man, wenn das Licht angeht, mit irgendwem plaudern können. Und was soll ich sagen? Ich kann mich dieses Jahr nicht beschweren. Alte Freunde luden zum Frühstück, Kommentator S-Man setzte sich gleich mehrere Tage neben mich und NEON ZOMBIE-Herausgeber Markus Haage teilte mein Hotelzimmer bis spät in die Nacht, um einen günstigen Zug in die Heimat abzuwarten. Man trieb sich in Kneipen herum und diskutierte wild über Filme und den generell grottigen Zustand der Welt. A good time was had by all (hopefully):

Ich fühlte mich zehn Jahre jünger, wenn auch nicht zehn Jahre schlanker. Und in manchen Momenten kam ich mir fast wieder wie 25 vor, als ich in der Hauptstadt noch ein vergleichsweise wildes Leben führen durfte. Es ärgert mich nur, dass es nicht zu einem Drink in der Absinth-Bar DRUIDE gereicht hat.

Fazitter wird’s nicht

Und so möchte ich die Gelegenheit ergreifen, mich nicht nur bei den Veranstaltern des FFF, dem Kino, dem Hotel und den Gastronomen zu bedanken, auch nicht nur beim immer noch geilen Berlin, sondern besonders bei den Leuten, die Zeit mit mir verbracht haben, die Meinungen und Geschichten mitbrachten, die mir zuhörten und zuprosteten. Ihr wart die Schokostreusel auf meinem Banana Split, das Benzin in meiner Kettensäge und die Nadel in meinem Heuhaufen.

Die Jungs von Rosebud können also durchatmen: die Rute bleibt im Sack. SO war das gut – und so komme ich auch 2022 wieder gerne nach Berlin.

Zum Abschluss eine Service-Info: laut Veranstalter wird es Anfang 2022 KEINE White Nights geben, dafür plant man für April wieder NIGHTS XXL mit 17 Filmen.



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Markus Haage
Markus Haage
30. Oktober, 2021 18:55

Auch wenn ich besonders in den finalen Minuten auf dem Hotelzimmer fast vor Schlafentzug umgekippt wäre und schnell in Bewegung geraten musste, hat der Tag am Samstag mir so gut gefallen, dass ich fest einplane nächstes Jahr mehrere Tage in Berlin auf dem Festival zu verweilen. Nicht nur bei den NIGHTS XXL, sondern natürlich auch beim großen Festival. Ich ärgere mich, dass ich nicht einfach einen oder gar zwei Tage drangehängt habe. Berlin und die KulturBrauerei haben mir richtig gut gefallen. Die Filme ebenfalls. Ich hoffe, dass Fantasy Filmfest wird bei der Location bleiben.

S-Man
S-Man
30. Oktober, 2021 19:59

Es war mir ein Fest. Auch ich habe zu danken!

Und nächstes Jahr machen wir den Druiden klar!

tim
tim
31. Oktober, 2021 11:13

So aufregend die Dynamik der Stadt wirkt, die Ausweitung der Partyzone auf weite Teile der Innenstadt ist supernervig, wenn man hier wohnt. Ballermann Geschmacksrichtung Hipsterhysterie.

Selle
Selle
1. November, 2021 07:16

Bin ich der einzige, dem bei der freundlichen Comicfigur ein “zu” zuviel ist oder verstehe ich nur den Scherz nicht?