Finale: STAR TREK – PICARD (Spoiler)
Themen: Film, TV & Presse |Vor einigen Jahren hätte ich den Satz kaum für möglich gehalten, aber nach zwei Staffeln DISCOVERY, dem dritten Kelvin-TREK und zehn Folgen PICARD habe ich eher das Gefühl, die neue Trek-Serie überstanden als beendet zu haben.
Natürlich wird man mir vorwerfen, ich führe seit Jahren eine Vendetta gegen Star Trek (warum auch immer). Dass ich immer nur das Negative sehe, was besonders doof ist in einem Serien-Universum, das sich das Positive auf die Fahne geschrieben hat. Der zynische, sarkastische Wortvogel und die hoffnungsfrohe Roddenberry-Kreation, vielleicht geht das nicht zusammen. Vielleicht sollte ich aufhören, meine kindliche Begeisterung für Kirk und Spock in eine dauerhafte Loyalität zu einer Franchise ummünzen zu wollen, deren Werte und Ideen sich von meinen weg entwickelt haben.
Andererseits: Star Trek (und PICARD ganz speziell) ist eine verdammte Fernsehserie und ich bin ein verdammter Kritiker. Man muss nicht alles höher bauen, als es ist. Ich schreibe hier nicht gegen eine Religion an, sondern gegen ein Entertainment-Produkt eines Milliarden Dollar schweren Konzerns, dessen Macher auch nicht schlauer sind als ich. Es gibt schlicht keinen Grund, warum sich PICARD mit anderen Maßstäben messen lassen sollte als THE EXPANSE, ORVILLE oder THE 100.
PICARD ist rum und nach neun Folgen vager Andeutungen, Umwege und vieler, vieler intimer Gespräche warteten die Fans gespannt auf das große Finale – nicht weil es so spannend zu werden versprach, sondern weil es spannend werden musste, um wenigstens auf der Zielgeraden den Hype zu rechtfertigen, den die Apologeten neun Wochen lang mit nachlassender Kraft aufrecht erhalten haben. Das Finale musste rechtfertigen, musste einlösen, musste die Aussage "Seht ihr? War DOCH ganz gut" tragen können, als könne die eine abschließende Folge die Tranigkeit und den durchschaubaren Fanservice, die teils peinliche Heldenverehrung und das mangelhafte World Building der vorherigen wettmachen.
Mir war eher klar, dass PICARD selbst mit einem guten Finale eine verunglückte, unbefriedigende und fehlgeleitete Serie bleiben würde – mit einem guten Finale. Da drängen sich Parallelen zu TITANS auf, wo man nach einem soliden Piloten so ziemliche jede kreative Entscheidung vergurkte, nur um dann zum Final noch mal richtig die Kurve zu kriegen (das aber in der zweiten Staffel gleich wieder torpedierte).
Also: großes Feuerwerk zum Schluss oder beschämender Blindgänger?
Die Antwort könnte frustrierender nicht sein, weil sie weder einen schmackigen Verriss noch eine lebensbejahende Lobeshymne erlaubt: geht so.
Im Grunde teilen sich die 60 Minuten, die man Picard hier gönnt, in drei vergleichbar lange Teile auf, die ich nicht Akte nennen möchte, weil das ein dramaturgisches Verständnis voraussetzt, das PICARD abgeht. Die ersten 20 Minuten sind geprägt von dem, was PICARD kennzeichnet (nicht auszeichnet): langweilige Gespräche von Charakteren in verschiedenen Konstellationen. Das Konzept "show don’t tell" scheint Michael Chabon (der sich so wenig als Retter von Star Trek eignet wie seinerzeit Brannon Braga oder Manny Coto) nicht verinnerlicht zu haben.
Dann endlich, ENDLICH kommt es zur großen Konfrontation der Romulaner mit den künstlichen Lebewesen, es werden Befehle gebellt, Gadgets aus dem Hut gezogen, knappe Deadlines und alte Freunde sorgen für ein wenig Druck im Kessel. Das ist Star Trek, wie wir es kennen und mögen, es erinnert an die großen Konfrontationen mit den Borg, die Dutzenden von Enterprise-Varianten aus "Parallels" oder die Schlacht von Wolf 359. Endlich geht es um was, endlich steht das Schicksal der Galaxis auf dem Spiel!
Es ist aber leider auch nicht mehr als das. PICARD kann trotz der vertikalen Erzählweise, dem hohen Budget und der anspruchsvollen Produktion nach neun Folgen auch keine Finale aus dem Hut zaubern, das den besseren TNG-Zweiteilern überlegen wäre. Die ganzen komplexen Themen wie Eigenverantwortung, Vertrauen und Schicksal, die PICARD zehn Folgen lang durchgekaut hat, kulminieren letztlich in einem öden und gerade von Marvel in den letzten Jahren zu Tode gerittenen Plot: Bösewichter brauchen Maschine A, um Dimensionstor B zu öffnen, damit Supermacht C in die Welt kommt und ihnen zu totaler Dominanz verhilft.
Ehrlich? War das nicht spätestens mit GREEN LANTERN und THOR 2 schon endgültig durch?
Es hilft nicht, dass PICARD immer noch zu viel Technobabble und künstliche Countdowns braucht, um bei diesem Mager-Event die Spannung hoch zu halten.
In Verlauf dieser Konfrontation hat Picard dann auch seinen PIKE-Moment, als müsse man den Zuschauer förmlich mit der Nase drauf stoßen, dass es nicht nur besser, sondern auch viel einfacher gegangen wäre:
Captain William T. Riker to the rescue! Und augenblicklich ist mir klar – eine neue Serie mit Riker als Captain einer niegelnagelneuen Enterprise (NCC 1701-F? G? H?) hätte mir sicher ungleich mehr Spaß gemacht als diese prä-senile Selbstfindung des tatterigen Ex-Admirals. Und ja, das klingt gemein – ich habe 10 Stunden an PICARD verschenkt, das habe ich mir als Ventil verdient.
Nachdem der Konflikt erwartungsgemäß mit Drohgebärden, aber ohne tatsächliches Massaker endet (das widerstrebt STAR TREK und dem Budget), gibt es nochmal 20 Minute durchzustehen, denn nun müssen ja alle "menschlichen Belange" aufgeräumt werden. Ich werde nicht müde, es zu sagen: gute Autoren könnten sowas in die Action integrieren und müssen es nicht in elend langen Epilogen nachliefern.
Hier patzt PICARD erneut und dazu muss ich etwas weiter ausholen. Der Tod von Spock in STAR TREK: WRATH OF KHAN war eine große Sache, weil wir a) Spock liebten und b) glauben mussten, dass er damit endgültig tot sei. Ähnlich ging es uns ja mit der Vernichtung der Enterprise in STAR TREK: SEARCH FOR SPOCK. Oder mit dem Tod von Superman in den Comics. Das Prinzip, dass man das Genre auch als bequeme Ausrede verwenden kann, um alles oder jeden jederzeit wieder auferstehen zu lassen, hatte sich noch nicht etabliert.
Das ist aber auch 30 Jahre her. Mittlerweile sterben Helden wie die Fliegen, nur um dann fix wieder auf der Matte zu stehen – es muss schließlich Geld verdient werden. Wir wissen das. Wenn die Enterprise zerstört wird, wird sie halt im nächsten Film (oder gar am Ende des aktuellen Films) wieder neu gebaut. Superman wird genetisch rekonstruiert. Data hat baugleiche Varianten. Zeit zurück drehen, klonen, Alternativ-Universen, oder einfach ein böser Traum wie bei "Dallas" – alles kein Problem:
Capice, indeed…
Und so ist das emotionale Highlight, der ultimative Schlag in die Magengrube der Fans – der Tod von Jean-Luc Picard – weder überraschend noch sonderlich erschütternd. Er wurde zu pathetisch angekündigt und wir wissen ja, dass Staffel 2 bereits bestellt ist und PICARD nicht ohne Picard geht. Als würden sich die Autoren selber für dieses Melodrama schämen, lassen sie vom tränenreichen Ableben des glatzköpfigen Franzosen bis zur Wiederauferstehung keine armseligen fünf Minuten vergehen.
Der "Tod" von Data wird zwar emotional etwas griffiger, aber letztlich nicht folgenreicher gehandhabt: wenn man das Wesen Datas mit der Maschine ausschaltet, wird es zur gegebenen Zeit problemlos möglich sein, es wieder anzuschalten. Zwei Zeilen Dialog, die das angeblich Unmögliche erklären – fettich.
Es ist die Geißel Hollywoods, dass man uns um der weiteren Vermarktbarkeit von Figuren ihre nachhaltige Sterblichkeit genommen hat, denn damit nimmt man dem Tod den Schrecken, den er braucht, um emotionale Reaktionen auszulösen. PICARD ist dafür ein gutes/schlechtes Beispiel.
Auf gewisse Weise ist es schon wieder erschütternd, wie sauber PICARD am Ende aufräumt und der alte Admiral mit neuem, gesunden Körper zu weiteren Abenteuern aufbricht, als wäre nichts gewesen. Als wäre die ganze Staffel nur ein Einzelabenteuer gewesen, beim dem man am Ende bequem auf den Reset-Knopf drückt, um in der nächsten Folge unbelastet weiterzumachen.
Und damit kommen wir zu abschließenden Bewertung der ganzen Staffel PICARD. Das hier hätte ein Zweiteiler sein können, vermutlich sein müssen. Es war nie genug Stoff vorhanden, um das über zehn Folgen zu erzählen, stattdessen übte man sich im mühsamen Strecken. Und als Zwei- oder Dreiteiler hätte ich vielleicht auch verziehen, dass man nach großem Bohei mit frischem Captain und neuer Crew nach vorne schaut. Dann wäre PICARD so etwas wie eine Variante von STAR TREK: INSURRECTION gewesen, dem die Staffel sowieso verdächtig ähnelt und bei dem Patrick Stewart ja ebenfalls schon die Fäden im Writers Room gezogen hat.
An dieser Stelle kann man auch mal die Frage stellen, ob PICARD eher mit der alten Serie oder den TNG-Kinofilmen verglichen werden muss. Rein optisch kann das mit den Kinofilmen mithalten, aber inhaltlich bleibt es Fernsehen, denn im Gegensatz zu den besseren Trek-Kinoabenteuern hat man nicht verstanden, dass die Botschaft von Roddenberry zwar Frieden und Harmonie ist, der Reiz von Star Trek auf der großen Leinwand aber in der Spannung, der Technik und der Action liegt. Erinnert euch an STAR TREK: THE MOVIE und STAR TREK: WRATH OF KHAN. Der erste Film wollte Message sein, meditatives Reisen. Der zweite Film war ein Kickass-Actionfilm, der seine Kraft aus den Charakteren und urwüchsigen Konflikten zog. Ich hätte mir gewünscht, dass PICARD seinerseits die richtigen Lehren aus dem Erfolg von STAR TREK: FIRST CONTACT gezogen hätte, statt sich an der Wurstigkeit von STAR TREK: INSURRECTION zu orientieren. Aber es klang ja immer mal durch, dass Patrick Stewart ein sehr eigenes Verständnis des Wesens von Star Trek einbringt.
Als überdehntes und selbstverliebtes Ensemble-Drama, das alles neu machen will, sich aber vom Alten nicht lösen kann, muss PICARD jedenfalls trotz einiger netter Momente und klassischem Trek-Feeling eher als Rohrkrepierer gesehen werden, der allenfalls die beinhärtesten (und damit schmerzbefreitesten) Trekker überzeugt.
Weil das Rezept aufgegangen ist und PICARD extrem hohe Abrufzahlen aufweisen konnte, ist zudem nicht zu erwarten, dass die Macher für Staffel 2 aus ihren Fehlern lernen werden. Und ich auch nicht: ich werde wieder einschalten.
Fazit: Ein holperiger Abschluss mit ein paar schönen Momenten, der PICARD zumindest auf TNG-Niveau hebt, auch wenn er die Staffel in toto nicht retten kann.
P.S.: Die Folge beginnt übrigens mit dem ersten, wenig aussagekräftigen Bild aus der dritten DISCOVERY-Staffel – besondere Spannung erzeugt DAS auch nicht mehr:
Ohne bisher weitergelesen zu haben: Es dürfte eher so sein, dass von der Hoffnungsfröhlichkeit Roddenberrys nichts mehr übrig geblieben ist. Das Trek-Universum ist zynisch geworden; so sieht es aus. Und das macht mich traurig. Ich habe die positive Sicht auf die Zukunft der Menschheit geliebt.
Da stimme ich voll zu.
Dieser Trend machte sich imho verstärkt ab "Star Trek – Der Aufstand" bemerkbar.
Von diesem Film fällt mir als Erstes immer die Szene ein, als Picard mit anderen Besatzungsmitgliedern im Aufzug steht und sagt:
"Kann sich jemand an die Zeiten erinnern, in denen wir noch Forscher waren?"
Das ist die Faust auf dem Auge.
Das ist ja auch das, was ich moniere (und mir hier angesichts von Riker wünsche): es geht nicht mehr um Raumschiffe, die "boldly go where no one has gone before".
Ja, habe ich verstanden, und Du hast es auch an anderer Stelle schon richtig und überzeugend auf den Punkt gebracht.
As meh as meh can, und wie die ganze Staffel in erster Linie ein Smorgasbord aus von anderen Filmen und Serien entliehenen Motiven und Storybruchstücken. In dieser Episode unter anderem von HELLBOY (ein Hallo an die Ogru Jahad) und den AGENTS OF S.H.I.E.L.D.
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass die gesamte Serie eher das "geistige" Kind eines Algorithmus ist, ganz nach dem Netflix’schen Motto "Wenn Dir das gefallen hat, gefällt Dir vielleicht auch…". Ein Storylinegenerator könnte nichts schlechteres zusammenbauen.
Trotz des Budgets, trotz der (definitiv vorhandenen) Schaueffekte wirkt PICARD irgendwie aus der Zeit gefallen, und absolut nicht auf Augenhöhe mit Serien wie den von Dir bereits erwähnten THE EXPANSE oder THE 100. All Sizzle, no Steak. Und obendrein brennen die Fettspritzer auch ziemlich übel, da mit dem richtigen "Bodenpersonal" und einer Idee, die über mehr hinausgegangen wäre als "Picard, nech?" durchaus etwas hätte rumkommen können.
LOGAN sollte es werden, DARK PHOENIX ist es geworden.
Egal. Es gibt genügend SF-Serien, mit denen man diesen bitteren Nachgeschmack runterspülen kann.
Aber erstmal schauen wir, was sie dieses Jahr bei STD verbrechen werden…
Wahrscheinlich verbrechen sie eine Krankheit, die man sexuell überträgt.
Die Prämisse bei Discovery klingt ja sehr nach einem anderen Roddenberry-Projekt: Andromeda.
Ein Raumschiff aus einer vergangenen Zeit, das die gefallene Sternenrepublik auferstehen lassen soll.
"LOGAN sollte es werden, DARK PHOENIX ist es geworden."
Das bringt es in der Tat perfekt auf den Punkt, leider.
Ist Showrunner Chabon nicht mittlerweile wieder weg und nicht für Staffel zwei verantwortlich? Ein derart erfolgreicher und preisgekrönter Buchautor – und dann krankt die Serie v.a. am Buch. Da braucht die Serie x Foigen, um Bruce Maddox zu finden – und dann wird der prompt getötet und die Mörderin darf am Ende der Staffel fröhlich Mitglied der Crew sein – obwohl sie selbst versprochen hatte, sich zu stellen. Die verbraten eine Folge, um Elnor abzuholen und dann ist der ein besserer Henchman, der von Zeit zu Zeit auftaucht. Richtig sympathisch ist von den Figur einzig Rios – aber das auch nur aufgrund des Charismas von Santiago Cabrera.
Es wird ja gemutmaßt, daß Picard während der Produktion ziemlich radikal umgeschrieben wurde – die Indizien sprächen ja dafür.
Bei Riker bin ich anderer Meinung: So wie ich die TNG-Serienbibel von Roddenberry verstanden habe, sollten Picard und Riker in der Serie eigentlich gleichgestellt Co-Protagonisten sein, wo Riker sich exklusiv um Außenmissionen kümmern sollte. Ob’s an den schauspielerischen Fähigkeiten von Frakes lag – der meint ja selbst er hat Regie während TNG gelernt, weil er kein besonders guter Schauspieler ist -, Riker hat schon in der Serie gefühlt deutlich die zweite oder dritte Geige gespielt. In den Filmen dann erst recht, wo Picard zum Actionhelden mutierte entgegen dem in TNG ursprünglich formulierten Prinzip, daß der Kapitän zu wertvoll für Außenmissionen ist. Riker war der perfekte Stellvertreter, aber ob die Figur alleine eine Serie tragen kann? Im Ensemble womöglich, aber wenn es schon um TNG Charaktere geht, würde ich lieber Worf sehen, was sie in Picard aus offensichtlichen Gründen (Klingonendesign) vermieden haben.
Das kann ich so nicht stehen lassen – Frakes ist ein absolut akzeptabler Schauspieler, der natürlich neben einem brillanten Darsteller wie Stewart etwas abstinken musste (und Riker ist Picard nun mal untergeordnet, ich glaube nicht, dass Roddenberrys Idee der Doppelspitze jemals funktionieren konnte). Aber Shatner war auch kein Laurence Olivier, ebenso wenig Scott Bakula oder Kate Mulgrew. Frakes wirkt in der einen Szene im Finale von PICARD sehr, sehr präsent.
Andererseits – selbst ein Darsteller wie Stewart konnte Picard mMn nicht wirklich retten – am Ende brauchen auch die besten Schauspieler vernünftige Drehbücher. Da wirkte auf mich Picard teilweise wie ein Gaststar in seiner eigenen Show.
Doppelspitze : Da könnte man meinen, daß das mit Kirk-Spock bzw der "Trifecta" (Kirk-Spock-McCoy) im Prinzip auch funktioniert hat. Aber vermutlich hätte man dann Data, Worf, Geordi & Co. deutlich reduzieren müssen.
Und ja Frakes spielt den Part so gut es das Skript hergibt (obwohl er in Interviews gemeint hat, er habe vergessen gehabt, wie man schauspielert), aber wie gesagt: Kann die Figur (bzw der Schauspieler) eine Serie tragen? Ich bin da skeptisch, bin es auch hinsichtlich Pike – aber vielleicht habe ich da nur eine zu pessimistische Sicht.
Egal ob Pike, Picard oder Riker, eines steht fest: Du kannst jeden beliebigen Namen in den Serientitel setzen – solange die Leute, die "New Trek" aktuell verantworten, ihr Ding drehen können, wird das Franchise immer weiter in die Scheisse geritten.
Das ist so – man kann aber auch einen anderen Schuh draus schustern: solange du eine Enterprise nimmst und ihre Crew jede Woche auf spannende Abenteuerreisen schickst, ist es völlig wurst, ob der Captain Pike oder Riker heißt. Mit den richtigen Showrunnern ist das Konzept nicht tot zu kriegen.
Jupp. THE ORVILLE ist ja der beste Beweis. Da braucht’s nicht mal ein AAA-Budget.
Da würde ich ebenfalls widersprechen wollen. Frakes ist ein solider Darsteller, der locker eine RIKER-Serie stemmen könnte. Ich hatte nie das Gefühl, dass er in TNG nur die zweite oder dritte Geige spielt. Im Gegenteil – er war oft genug tonangebend, auch in Bezug auf seine schauspielerische Leistung. Ich verweise, nur als Beispiel, auf IN DEN SUBRAUM ENTFÜHRT und auf PHANTASIE ODER WAHRHEIT (eine meiner Lieblings-TNG-Folgen).
Amen.
Und: "Weil das Rezept aufgegangen ist und PICARD extrem hohe Abrufzahlen aufweisen konnte, ist zudem nicht zu erwarten, dass die Macher für Staffel 2 aus ihren Fehlern lernen werden. Und ich auch nicht: ich werde wieder einschalten." DAS ist in Wahrheit für mich das Frustrierendste daran. Natürlich werde auch ich trotz meiner Unzufriedenheit wieder einschalten – im Bewusstsein, damit die Message an die Macher zu senden, dass sie eh alles richtig gemacht haben. Es ist echt zum Haareraufen.
Ich raufe mangels Masse keine Haare mehr. Auch deshalb werde ich nicht einschalten. Mein Sohn, ausgestattet mit dem Optimismus der Jugend, will das aber gucken.
Auf Variety.com erschien kürzlich ein Interview mit PICARD-Showrunner Michael Chabon: https://variety.com/2020/tv/features/michael-chabon-star-trek-picard-1203544717/
Er wird in dem Artikel als die-hard Star-Trek-Fan bezeichnet, haut dann jedoch auf die Frage "So were there things about “Picard” that you knew you wanted to do that you could sense would test some boundaries for fans?" folgendes Statement raus:
Man möchte brechen…
Immer wieder schön, wenn jemand so genau weiß, "just what exactly “Star Trek” is and always has been all about"
Das ist ein klarer Fall von "living in your head rent-free" – da kann sich die "Fandom Menace" wieder ins Fäustchen lachen.
Das Argument "das ist Star Trek" oder "das ist nicht Star Trek" höre ich andauernd von allen Seiten und da kann man in meinen Augen sicher darüber diskutieren, was Star Trek nun genau ausmacht.
Chabon – der jetzt irgendwie eine Ehrenrunde dreht, obwohl er als Showrunner raus ist – meint damit wohl, daß aktuelle Themen behandelt werden. Wobei das ja generell ein Merkmal von Science Fiction ist, Fragestellungen anhand eines fiktiven Zukunftszenarios zu behandeln. Der Unterschied ist aber in meinen Augen, daß Star Trek Probleme durch die Linse einer menschlichen Gesellschaft, die ihre Probleme gelöst hat, betrachtete – und zwar am Beispiel außerirdischer Rassen (etwa den gierigen, hyperkapitalistischen Ferengi). Das war manchmal wirklich genial, manchmal auch nicht sehr subtil – etwa als die TNG Crew auf einen drogensüchtigten Planeten stößt und am Ende Wesley in etwa meint "Oh Gott, wie kann man den nur drogensüchtig sein."
Zwar wurde in DS9 und Voyager die Werte der Föderation durch absolute Ausnahmesituationen auf die Probe gestellt, aber im Geiste von Star Trek hat man diese Probe bestanden. In Picard hat die Sternenflotte versagt, Raffi ist süchtig und verkörpert so ziemlich alle schlechten menschlichen Eigenschaften, die in TNG überwunden schienen. Dr. Jurati tötet jemanden kaltblütig und am Ende der Staffel hat jeder vergessen, daß sie sich eigentlich stellen sollte. Picard provoziert bewußt einen Streit an, an dessen Ende jemand buchstäblich den Kopf verliert – keinerlei Schuldgefühle. Und das verkauft uns Chabon als "exactly Star Trek"? Um es in seinen Worten zu sagen: "Sheer f***ing hubris"
Aber das ist nur meine bescheidene Meinung.
In einer anderen Meldung hat er ja auch gemeint, daß Logbucheinträge und Voiceovers generell dumm sind und Stardates unlogisch. Ja, Stardates waren immer verwirrend und nichtssagend (außer vielleicht für ein paar Extremnerds) aber die Logbucheinträge hatten mMn eine wichtige Funktion: Exposition – sie vermitteln Ort, die groben Umstände und eine gewisse Stimmung und sparen so Zeit für tatsächlichen Plot. Bei einer durchgängigen Handlung daher auch nicht notwendig.
Bin froh, hier über die Serie quer gelesen zu haben und mir so zehn Stunden Lebenszeit für bessere Dinge gespart zu haben 😀 Danke dafür!
I suffer to serve.
Eine andere Besprechung:
http://www.quotenmeter.de/n/117145/star-trek-picard-das-grosse-staffelfazit
Ich bin weder ein Freund von Quotenmeter noch der Besprechungen von Prahl, der meiner Meinung nach hier total am Ziel vorbeischießt.
Bei einem derart inflationären Gebrauch von Superlativen habe ich bereits nach dem ersten Satz keinen Bock mehr weiterzulesen.
Das meine ich – ich habe da auch keinen "dreiteiligen Pilotfilm" gesehen.
Da steckt so viel Quark in der Rezension. Ich sage nicht, dass der Rezensent in allem falsch liegt, bei weitem nicht. Aber neben all der abenteuerlichen Lobhudelei: wer den MacGuffin weder richtig ausschreiben kann noch verstanden zu haben scheint, sich anderthalb Absätze über die Genialität einer im Endeffekt doch sehr harmlosen FSK18-Einlage ergießt und meint, die ganze Folge 7 sei eine Vorbereitung auf das "hochemotionale", ähem, Cameo von Captain Riker am Ende, den kann ich nicht ernst nehmen. Wieso es unglaubwürdig wird, sollte der 80-jährige Stewart noch länger den 95-jährigen Picard spielen, darf man mir auch gerne mal persönlich erklären. Das liest sich einfach alles sehr unprofessionell.
Meiner Meinung nach war in der Serie so viel drin, aber wie schon in der ersten Disco-Staffel fühlt es sich an, als wäre alles während des Drehs zehnmal umgeschmissen worden, so wie ganze Handlungsstränge versuppen, Motive ungeklärt bleiben und Figuren in der Luft hängen bleiben. Nur dass es sich das hier statt in epileptischer Hektik in absoluter Lahmarschigkeit äußert.
Ja, man kann sehr viel an dieser Kritik (die sich letztlich um ein Fazit drückt) kritisieren – so würde ich auch keinesfalls unterschreiben, dass "Opfer bringen" das Thema ist.
Oh was ein enttäuschender Stuss Picard war.
1. Oberster Sicherheitschef der Sternenflotte ist romulanischer Spion UND dann wohl auch noch Chef vom Tal’Shiar. Am Ende wird das aber nichtmal angesprochen oder irgendwer ist darüber überrascht. (das sie die nicht gefangennehmen liegt an der Situation, aber man hätte ja wenigstens noch einen miesen Verrätermoment einbauen können)
2. Wieso zum Henker wurde der Mars jetzt eigentlich ZU DIESEM ZEITPUNKT zerstört? Anscheinend wussten die oberen Romulaner davon ja schon länger, welcher kluge Kopf hat das denn gemacht? General Tru’Mp?
4. Eine Geheimgesellschaft innerhalb eines Geheimdienstes? Sind wir jetzt bei Carrè?
5. Die böse Romulanerin, die mit ihrem Bruder rumgemacht hat, hätte man auch gleich nen Zwirbelbart dranpacken können.
6. Ihr Bruder nervte mich, weil er mich irgendwie an Christian Ulmen erinnert (Aussehen + Aussprache), aber nur schlecht geschrieben und unwitzig ist. Zumal er am Ende wohl auch irgendwie verschwunden war.
7. Wieso wurde Hugh jetzt getötet? Sein Tod war doch leicht unnütz (und schlecht gemacht)
8. Wieso musste man Sevens Leben so kaputt schreiben?
9. Folge 5 in seiner Gesamtheit, hätte man auch gleich Janeway als Echse reinschreiben können
10. Maddox guckt vorbei und ist dann wieder rausgeschrieben
11. Dafür gibts auf einmal einen Sohn von Soong? Was lief da bitte falsch? TNG hatte doch genau gezeigt, dass Soong keine echten Sprößlinge hatte, aber eine Familie wollte und deswegen sich seine Familie selber baute.
12. Weswegen war jetzt die eine Androidin böse? Weil sie wie Lore aussah?
13. Wieso mussten da 500 Schiffe auf einem Schirm sein? 10 Schiffe pro Seite hätten auch gereicht. Woher die Romulaner überhaupt die Flotte haben…
14. Tolles Deus Ex Machina Ding, immer nützlich.
15. Woher kommt jetzt das superböse Androidenkrakending? Wieso gucken die nicht schon vorher vorbei, wenn sie doch natürliches Leben hassen? Zudem hat da wohl jemand viel zu viel Mass Effect gespielt. (https://masseffect.fandom.com/de/wiki/Reaper)
16. Picards Wiederauferstehung (nach Kirks Fake Tod in Kelvin 2)
Positiv:
1. Das Hobus-Event wurde glücklicherweise so geändert, dass das "nur" die Sonne von Romulus war.
2. Datas Abschied war gut umgesetzt.
3. Seven als Borg-Queen hatte Wumms.
4. Kestra (Rikers/Trois Tochter)
5. Die beiden Tal’Shiar Angestellten von Picard.