14
Sep 2023

Fantasy Filmfest 2023, Tag 8, Film 3: FARANG

Themen: Fantasy Filmf. 23, Film, TV & Presse |

Frankreich 2022. Regie: Xavier Gens. Darsteller: Nassim Lyes, Loryn Nounay, Olivier Gourmet, Vithaya Pansringarm

Offizielle Synopsis: Eine schicksalhafte Kette von Gewalt zwingt Sam dazu, sich ins Ausland abzusetzen. Fünf Jahre später hat er sich mit seiner Frau Mia und deren Tochter Dara in Thailand ein gutes Leben aufgebaut und verbessert sein Einkommen mit inszenierten Thai-Boxkämpfen. Doch seine brutale Vergangenheit lässt ihn nicht los. Der lokale Gangsterboss Narong hat von ihm gehört und fordert einen erpresserischen Tribut. Bald sieht Sam keinen anderen Ausweg, als in einen todesmutigen, gewaltigen Feldzug zu ziehen. Gegen Narong, gegen seine vielen Dutzend Schergen, gegen alle – der Tag der Rache ist gekommen und niemand kann ihn mehr aufhalten!

Kritik: Zu Xavier Gens habe ich bekanntermaßen ein sehr gespaltenes Verhältnis. Der Mann ist definitiv kein Auteur, sondern ein Regie-Handwerker, der entschlossen scheint, sich bei jedem Film neu zu erfinden. Er dreht wirklich alles, was ihm unter die Finger kommt: Okkult-Horror wie CRUCIFIXION, Endzeit-Paranoia wie THE DIVIDE, historischen Grusel wie COLD SKIN, Videospiel-Action wie HITMAN, Fernsehserien wie GANGS OF LONDON und CROSSING LINES. Und jetzt eben einen Martial Arts/Rache-Thriller.

Das ist immer extrem gut inszeniert und sehr slick. Offensichtlich hat Gens die gesamte Bandbreite seines Handwerks voll im Griff. Man hat nur nicht immer das Gefühl, dass er mit dem Herzen dabei ist und den Stoffen wirklich eine Substanz, eine Botschaft geben will – was in meinen Augen eine der elementarsten Aufgaben des Regisseurs ist. Es mag kein Zufall sein, dass ich COLD SKIN für seinen mit Abstand besten Film halte, weil er einen Roman als wertige Vorlage hatte.

In diesem Kontext ist FARANG (ein abwertender Begriff für Ausländer in Thailand) ein typischer Gens-Film: Mit präzisem Auge inszeniert, die exotischen Locations perfekt ausnutzend, und aufgeladen mit brutalen und gleichzeitig eleganten Schlägereien, bei denen sich die Darsteller perfekt präsentieren können. Ein Film, dessen PS-starker Motor gleich am Anfang aufdreht und der bis zum Ende nicht den Fuß vom Gas nimmt. 99 Minuten ohne Leerlauf.

Aber FARANG ist eben auch ein typischer Gens-Film in dem Sinn, dass er die Tropen des Genres abhakt, als gäbe es eine Checkliste. Wer mit van Damme und Adkins aufgewachsen ist, wird nach drei Minuten die restlichen 96 vorhersagen können – und Gens gibt sich keine Mühe, daran etwas zu ändern. Samir versucht ein neues Leben, wird erneut in die Kriminalität gezwungen, zahlt einen hohen Preis, macht sich auf die Suche nach Bösewichten, prügelt und schießt dabei Dutzende von Handlangern ins Jenseits. Ich habe lange keinen Film mehr gesehen, der derart nur aus den Klischees seiner Gattung besteht, als müsse man 2023 endlich mal ein “best of” davon produzieren.

Es tut mir leid um die Fähigkeiten von Gens, um den beeindruckenden körperlichen Einsatz von Nassim Lyes, um die prächtigen Locations – mit ein bisschen mehr Eigenständigkeit in Sachen Drehbuch hätte das hier eine späte Verbeugung vor den Kickboxer-Filmen der 90er sein können.

Dazu passt, dass Gens in der kurzen Videobotschaft vorab keinerlei Interesse zeigt, seinen Film zu promoten oder zu erklären. Er wünscht einfach nur viel Spaß – als wäre das genug.

Fazit: Ein extrem dynamisch inszenierter, exotischer Martial Arts/Revenge-Thriller, dessen einziges Problem eine unfassbar abgelutschte Story ist, die auch eine KI geschrieben haben könnte. 7 von 10 Punkten.

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