14
Sep 2023

Fantasy Filmfest 2023, Tag 8, Film 2: MAD FATE

Themen: Fantasy Filmf. 23, Film, TV & Presse |

Hongkong 2023. Regie: Soi Cheang. Darsteller: Lam Ka Tung, Lokman Yeung, Berg Ng, Ng Wing Sze, Peter Chan Charm Man

Offizielle Synopsis: Ein Prostituiertenmörder geht um! Ein Essenslieferant wird Zeuge der letzten Gräueltat und gerät in den Bann des Serienkillers: Als Kind schon war er fasziniert von Blut, das aus tödlich verwundeten Körpern dringt. Ach, könnte er selbst einmal in Menschenfleisch zustechen, anstatt nur bei streunenden Katzen… Doch ein Wahrsager, der in der Vergangenheit katastrophal versagt hat, erkennt die Gefahr, die von diesem getriebenen jungen Mann ausgeht. Und er setzt alles daran, dessen Schicksal abzuwenden – um so schließlich auch sein eigenes wieder in die richtigen Bahnen lenken zu können. Dies wird bald zur Besessenheit, die den Seher an den Rand des Wahnsinns treibt.

Kritik: Ich bin gerade rechtschaffen fassungslos.

Im Februar erst lief bei den White Nights der letzte Film des Regisseurs, den ich folgendermaßen beschrieb:

Ahhh, der Ausnahmefilm, der unerwartete Außenseiter, der Schlag mit dem Baseballschläger auf die lethargische Cineasten-Birne. Kino, das die Begeisterung für Kino neu entflammt. Es geht noch was. Nicht alles ist Marvel und Schweighöfer.

LIMBO war eine echte Erfahrung, das Werk eines Mannes, der die Mechanismen des Kinos und die Feinheiten des Genres verstanden hat.

Und sein neuer Film MAD FATE? Totaler Käse. Hätte ich es nicht gewusst, hätte ich trotzig bestritten, dass dieser fiebrige Unfug von Soi Cheang sein kann. Zwischen beiden Filmen besteht ein Qualitäts-Gefälle, das ich nicht schönreden oder als “absichtlichen Stilbruch” rechtfertigen kann.

Von der ersten Minute an hat man das Gefühl, einem Film im Schnellvorlauf zuzuschauen. Ein magisches Ritual in dunkler Nacht auf dem Friedhof geht schief, eine Prostituierte wird abgestochen, ein Mörder wird gejagt. Keine Exposition, keine Definition der Charaktere. Die farbsatten Bilder und die (bewusst?) wenig überzeugenden Effekte erinnern an die asiatischen Spooky-Filme der 80er und 90er, die Serienkiller-Elemente an die Hoch-Zeit der CAT III-Thriller. Alle Personen scheinen gerne zu schreien, Hysterie ist der emotionale Normalzustand.

Eine Hauptfigur? Schwer auszumachen. Man denkt, der Polizist müsste mehr Platz im Plot haben, aber dann dreht das Narrativ immer deutlicher auf den anfänglich kaum als Nebenfigur wahrgenommenen Essenslieferanten, den eine morbide Hassliebe mit einer schwarzen Katze verbindet, deren CGI man nicht mal als schlechten Scherz durchwinken kann. Die krude Animation muss eine symbolische Funktion haben, weil sie anders nicht zu rechtfertigen ist.

Letztlich ist es der Wahrsager/Astrologe, der mit Hilfe seiner Lesungen den jungen Mann überzeugen will, dass das Böse eben doch nicht angeboren und damit unvermeidlich ist. You can change fate. Dass er dabei so ziemlich jeden Kollateralschaden abnickt, ist eingepreist. Und spätestens hier, weit hinten im zweiten Akt, zerbröselt die Geschichte und fokussiert sich derart auf einen längst vergessen geglaubten mystischen Unterbau der chinesischen Gesellschaft, dass man als westlicher Zuschauer nur noch verwirrt den Kopf schütteln kann.

Wenn man ganz genau hinschaut, findet man Elemente in MAD FATE, die auch schon in LIMBO bedient wurden: vergangene Schuld, ein Mangel an Vergebung, die Chance auf den Neuanfang, die Verantwortung der Gemeinschaft. Aber selbst das mag nur so sein, weil ich es so sehen will.

Fazit: Ein esoterischer, hysterischer, überreizter, erzählerisch wirrer Mix aus Comedy und Drama zum Thema Vorbestimmung im weitesten Sinne, der zumindest westliche Gemüter schnell überstrapaziert. 4 von 10 Punkten für eine schöne Optik und ein paar schräge Einfälle.

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1 Kommentar
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flippah
14. September, 2023 16:00

Der Schock klingt ja noch schlimmer als der, den ich bei “the Bay” hatte, und nicht fassen konnte, dass der Macher von “Wag the Dog” sowas verzapft.