07
Nov 2021

DVD-Kritik: INJUSTICE

Themen: Film, TV & Presse |

USA 2012. Regie: Matt Peters. Sprecher (Original): Justin Hartley, Anson Mount, Laura Bailey, Michael Brandon Hall, Gillian Jacobs, Kevin Pollak, Reid Scott

Story: Der Joker kommt nach Manhattan, um sich mal an einem stärkeren, aber dümmeren Helden zu versuchen. Es gelingt ihm, nicht nur Lois Lane (und damit auch Supermans ungeborenen Nachwuchs) zu töten – die ganze Stadt wird in einer atomaren Explosion pulverisiert. Das Trauma lässt Superman alle Hemmungen und Maßstäbe verlieren – er tötet den Joker und verhängt eigenmächtig einen weltweiten Bann auf kriegerische Handlungen, an dem die Justice League zerbricht. Doch es kommt noch schlimmer: als seine strikten Methoden nicht greifen, erhebt sich Superman mehr und mehr zum Diktator, der keinen Widerstand duldet. Am Ende stehen zwei Faktionen von Superhelden gegeneinander: Superman und seine Freunde der “Frieden gegen Unterdrückung”-Bewegung und Batman mit den Verfechtern der “Freiheit hat ihren Preis”-Ideologie.

Kritik: Ein wenig Kontext, wenn ich den richtig verstanden habe: INJUSTICE ist die zusammengekürzte und angepasste Verfilmung des Comics INJUSTICE: YEAR ONE, das selber als Prequel zum Videospiel-Megahit INJUSTICE: GODS AMONG US entwickelt wurde. In dieser Version des DC-Universums hat sich Superman zu einem faschistoiden Diktator aufgeschwungen und eine Apokalypse heraufbeschworen, die nicht nur alte Freundschaften zerstört, sondern auch den Tod vieler geliebter Helden nach sich zieht.

Die Cutscenes des Prügelspiels sind für sich genommen schon ein Film:

https://youtu.be/5jFAh6QN5Uk

Es wäre sicher interessant gewesen, wenn man die Adaption mit dieser Game Engine produziert hätte, aber DC hat mal wieder auf traditionelle 3D-Animation mit CGI-Unterstützung gesetzt. Man weiß also, auf was man sich einlässt: limitierte “frame rate” und relativ grob geschnitzte Figuren.

“They should be scared, too scared to pull the trigger or press the button. They should be too scared to hurt each other.”

Davon abgesehen: HOLY! FUCKING! HELL! Best DC movie ever!!! Oder zumindest gleichauf mit JUSTICE LEAGUE: APOKOLIPS WAR.

INJUSTICE ist… perfekt. Und ich weiß, wie weit ich mich damit aus dem Fenster lehne. Aber das hier ist die perfekte Präsentation des klassischen DC-Universums, konfrontiert mit dem perfekten Konflikt für diese Heldenkonstellation, perfekt angepasst auf das Medium Zeichentrick und mit einem perfekten Showdown.

INJUSTICE schafft, was dem gesamten Synderverse nie gelungen ist: er erzählt eine Geschichte, in der wir die Motivation aller Helden verstehen, in der die Meinungsverschiedenheiten plausibel sind und die Konsequenzen schrecklich. Vom “what if”-Ausgangspunkt an ist die Eskalation der Gewalt absolut folgerichtig und das an sich weit unterlegene Batman-Team muss große Verluste hinnehmen, um den gottgleichen Superherrschern zu begegnen. Und dennoch wird nie vergessen, dass die Charaktere Freunde waren, Freunde sein wollen, und letztlich die gleichen Ziele verfolg(t)en.

“I don’t care if you’re a freedom fighter or a terrorist, dictator or president, Monsters will not be allowed to roam free.”

Der moralische Niedergang Supermans, der den Kern der Geschichte bildet, ist nicht wild herbei fabuliert. Superman wird gebrochen und er stellt zu seinem Erstaunen fest, dass es sehr befriedigend ist, der Wut einmal freien Lauf zu lassen. Er ist das mächtigste Wesen auf dem Planeten – also warum sollte er nicht auch die Macht haben? Die Frontlinie zwischen den Helden-Gruppen sind nicht weniger überzeugend: Superman, Wonder Woman, Cyborg, Damian Wayne (!) gegen Batman, Plastic Man, Green Arrow, Nightwing, Harley Quinn (!).

Nun ist es eine Leistung für sich, eine so große Story in kompakte 78 Minuten zu stopfen (76 ohne Nachspann), ohne sich zu verzetteln. Aber INJUSTICE baut das ganz große Bild, nimmt sich kostbare Sekunden für Nebenfiguren und Subplots, die den großen Hauptstrang nicht nur nähren und stärken, sondern auch dringend notwendigen “comic relief” einbringen. Ich bin bekanntermaßen kein Freund von Harley Quinn, aber als “buddy team” mit Green Arrow ist sie ein Brüller.

Superman’s got a scar now. Don’t you? Do you feel it? The release that comes with it, The freedom to do anything you want?”

Natürlich kann der Film nicht alle Elemente des INJUSTICE-Comics komplett übernehmen – Lex Luthor glänzt durch Abwesenheit, Apokolips hält sich raus, Martha Kent kommt nicht vor (MARTHA!!!). Als Ausgleich bleibt das Ende nicht offen, sondern findet einen cleveren Dreh, wie die Handlung zu einem befriedigenden (und überraschenden) Abschluss gebracht werden kann (übernommen wiederum aus dem Prügelspiel).

Wer mit den klassischen DC-Helden vor den ganzen Reboots des neuen Jahrtausends aufgewachsen ist, der ist es sich schuldig, INJUSTICE anzuschauen. Weil INJUSTICE nach APOKOLIPS WAR das zweite Meisterwerk des DC-Universums ist und beweist, dass Superman, Batman & Co. durchaus die Kraft haben/hätten, gegen Marvel zu bestehen. Man muss es nur mit SOLCHEN Geschichten versuchen, die SO erzählt werden.

“How many people, husbands, wives and children will you kill for peace, Clark?”

Fazit: Ein mit Action und Drama vollgepacktes Event, das exzellente Dialoge, schockierende Twists und eine fehlerlose Dramaturgie zum besseren JUSTICE LEAGUE kombiniert – und das in nur 78 Minuten. Suck it, Zack Synder!

DAS HIER in “live action” – das wär’s (gewesen):

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5 Kommentare
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DJ Doena
13. November, 2021 15:36

Kennst du die Folge der Superman Animated Series “Brave New Metropolis”? Lässt sich das vergleichen?

Marcus
Marcus
5. Dezember, 2021 12:35
Reply to  DJ Doena

Nein. Der hier ist wesentlich härter und konsequenter.

Marcus
Marcus
5. Dezember, 2021 12:42

Als Verfilmung des Spiels nicht besonders werkgetreu (ich habe die Comics nicht gelesen, hatte aber immer den Eindruck, die haben eine shared continuity mit dem Spiel. Das ist hier definitiv nicht der Fall), aber dennoch recht stimmig geschrieben und ohne größere Kopfpatschmomente. Das Charakterdesign ist nicht so meins, zu klobig und in den Gesichtern zu viele Linien. Insgesamt aber sehenswert. 8/10.

Marcus
Marcus
5. Dezember, 2021 23:31
Reply to  Torsten Dewi

Kann ich nicht? Menno, ich will aber. :p

Ernsthafter gesagt, die Comics wurden immer als Teil einer gemeinsamen Continuity mit dem Spiel beworben. Da der Film genau das aber nicht ist, ist er potentiell auch keine werkgetreue Adaption der Comics. Das genau zu sagen überlasse ich Leuten, die die Comics alle gelesen haben. Ich kenne beide Spiele, von den Comics aber nur den ersten Band, mag sein, dass die später auch noch abweichen und sich der Film darauf bezieht.

Davon ab war das ja gar kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Insgesamt gefiel er mir ja.