08
Mai 2020

DVD Kritik: JUSTICE LEAGUE DARK: APOKOLIPS WAR

Themen: Film, TV & Presse |

Story (Spoiler): Darkseid plant eine finale Attacke auf die Erde. Superman führt die Justice League, mittlerweile ergänzt durch Zatanna und John Constantine, in den Kampf gegen den Weltenfresser und seine Paradämonen. Doch Darkseid ist vorbereitet und die Schlacht endet in einem Massaker und der Unterwerfung der Erde. Jahre später sind nur noch wenige der “Helden” am Leben, die meisten tot oder gebrochen, einige haben sogar die Seiten gewechselt und dienen nun Darkseid. Doch der seiner Kräfte beraubte Superman ist nicht bereit, die Niederlage hinzunehmen und rekrutiert erneut den Hellblazer, um der Menschheit eine neue Chance zu geben.

Kritik: Es wurde in den letzten Jahren viel über das Scheitern von Zack Snyders DCU gesprochen und den verzweifelten Versuch von Warner, durch Spinoffs und Nebenfiguren irgendwie Boden gegen Marvel gut zu machen. Mag man einzelne Filme auch für besser halten als die Debakel, die Snyder zu verantworten hat, so ist doch eins klar: ein stimmiges Universum ist DC nicht gelungen. Weder tonal noch inhaltlich passt das zusammen, es entwickelt sich nichts, Wonder Woman muss mit dem nächsten Film versuchen, das aufzuholen, was man VOR den Teamup-Filmen versäumt hat. Kurz gesagt: it’s a mess.

Dabei wird übersehen, dass DC auch jenseits seiner Arrowverse-Serien ein durchaus potentes Universum filmisch gebaut und ausgeschlachtet hat: Das DC Animated Universe und seine diversen Seitenarme haben mittlerweile über 40 Trickfilme in 15 Jahren in den Markt gedrückt, die zwar nicht immer Gold waren, aber in den besten Ausprägungen eine Ahnung davon gaben, welche Power in den Figuren und Konstellationen des Verlags schlummert. Es sind animierte Träume dessen, was als Realfilm das Versprechen von DC hätte einlösen können.

Mehr noch: Innerhalb des DCAU wurde mit FLASHPOINT PARADOX vor sieben Jahren ein eigenes Universum gebaut, dessen Origin Story ich dergestalt beurteilte:

Ein beinhartes, vielschichtiges und in der Action herausragendes Elseworld-Abenteuer, das trotz kleinerer Schwächen beim Chara-Design alle DC-Fans begeistern dürfte. Geht doch!

Zu diesem DC Animated Movie Universe (DCAMU) gehörten bisher 16 DVD-Releases, die den Story-Arc mal mehr, mal weniger voran brachten und auch in Sachen Qualität schwankten. Aber es ist unbestreitbar, dass dieses an die “new 52”-Bemühungen angelehnte Großprojekt dem DC-Fan eine Welt jenseits des Snyderverse gab, in der Superman und Batman keine zynischen, menschenverachtenden Einzelgänger oder unantastbare Pseudo-Gottheiten sind, die sich epische Prügeleien ohne emotionalen Kontext liefern.

Und jetzt – ist es vorbei.

JUSTICE LEAGUE DARK: APOKOLIPS WAR macht die Klammer zu, erzählt den großen Bogen zu Ende, der in FLASHPOINT PARADOX gezogen wurde. APOKOLIPS WAR ist der ENDGAME dieses Universums – alle Helden (und Schurken) vereint gegen den ultimativen Feind. Und es ist sicher kein Zufall, dass DC dazu Darkseid auffährt, der immer schon die DC-Variante von Thanos war (bzw. umgekehrt, denn in den Comics wurde er ein paar Jahre früher eingeführt).

“The Justice League doesn’t quit.”

Und wahrlich, DC lässt sich für dieses Finale nicht lumpen. Das hier ist der “roll call” der Helden und Schurken, die gegen Darkseid antreten:

Constantine, Superman, Raven, Robin, Etrigan, Batman, Wonder Woman, Lex Luthor, Lois Lane, Zatanna, Flash, Cyborg, Harley Quinn, Captain Boomerang, King Shark,  Trigon, Lady Shiva, John Stewart, Swamp Thing, Aquaman, Shazam, Martian Manhunter, Green Lantern, Mera, Hawkman, Nightwing, Starfire, Speedy, Bumblebee, Beast Boy, Blue Beetle, Wonder Girl, Superboy, Kid Flash, Black Orchid, Batwoman, Batwing, Batgirl, Steel, Cheetah, Black Manta, Bane, Guy Gardner

Das Ergebnis ist – ein Ereignis. Ein Event in Reinkultur. Die perfekte Synthese aus Pathos, Action, Humor und Herzschmerz, den man nur verspüren kann, wenn man Figuren wirklich lieben gelernt hat und diese dann unvorstellbarem Leiden ausgesetzt werden. Anders als ENDGAME kennt APOKOLIPS WAR keine Gnade, lässt Helden im Dutzend sterben, und das mit einer brutalen Beiläufigkeit, die wirklich schockiert. Die fehlende Balance in der Schlacht Justice League vs. Darkseid, die augenblicklich evidente Hoffnungslosigkeit allen Bemühens schnürt einem nicht nur als DC-Fanboy die Kehle zu. Hier werden im wahrsten Sinne des Wortes keine Gefangenen gemacht.

Ich will nicht zu viel spoilern, aber man muss nicht mal ein Hawkman-Fan sein, um von diesem Schicksal nicht in den Sessel gepresst zu werden:

Nightwing. Green Lantern. Aquaman. Superboy. Heroes will fall.

Auch die Art, wie das Drehbuch diese unfassbar epische postapokalyptische Elseworld-Story erzählt, ist extrem clever verschachtelt und setzt einen Twist an den nächsten. Rückblenden und Ellipsen lassen uns nur ahnen, was die Menschheit unter Darkseid zu leiden hat und wie sehr der Spirit der Justice League gebrochen wurde. Ein ums andere Mal hörte ich mich leise “holy shit” murmeln, wenn wieder mal ein Plan in die Hose ging, ein Hoffnungsschimmer verglimmte. Spätestens nach der Hälfte des Films weiß man: es kann keinen Sieg mehr geben. Es kann nur noch darum gehen, die totale Niederlage zu verhindern.

All das ähnelt immer noch ENDGAME und ich bin so überrascht wie ihr, dass das auch in Zeichentrickform keinen emotionalen Impact vermissen lässt. Wie FLASHPOINT PARADOX gelingt es APOKOLIPS WAR, die Figuren straff und menschlich zu zeichnen, bevor er sie durch den Wolf dreht. Diesen Effekt kenne ich sonst nur von Disney.

In seiner Konstruktion ist das Drehbuch zudem sehr einfallsreich, findet immer neue, aber durchaus nachvollziehbare Wendungen, nutzt die Stärken und Schwächen der Helden für ein perfektes Ensemble-Drama, in dem Freunde mit Feinden gegen Freunde kämpfen und die letzten Geheimnisse gelüftet werden.

Und so funktioniert APOKOLIPS WAR nicht nur auf der menschlichen Ebene, sondern auch bei der Action. Klar kann Zeichentrick alles visualisieren, was die Macher sich vorstellen können – aber im Gegensatz zum Realfilm ist es ungleich schwerer, dafür auch Begeisterung zu wecken. Sind ja keine Menschen, sind ja nur Striche und Farbe.

Nicht hier. Man spürt die Schläge regelrecht, die Hitze der Explosionen, das spritzende Blut. Splatter deluxe. Der Schmerz der League – er wird unser Schmerz.

“If you’re happy and you know it – smash a head!”

Dazu ein epischer Soundtrack und verblüffenderweise auch noch passender und sorgsam eingesetzter Humor – APOKOLIPS WAR ist das “complete package”, stolperfrei und 90 Minuten ohne Atempause. Selbst das Chara-Design und die Animation, die ich bei FLASHPOINT PARADOX noch kritisieren musste, wurden deutlich verbessert.

Und das Ende. Das Ende! So etwas braucht Eier. Nicht weil es gut oder schlecht ist, sondern völlig ambivalent. Eine leise Note zum Ausklang einer Symphonie.

Mag sein, dass ich in zwei, drei Wochen Details finde, die mich stören, aber heute und kaum 24 Stunden nach der Sichtung bin ich noch völlig besoffen von diesem Feuerwerk, lecke noch meine Wunden, kämpfe mit dem Adrenalin. APOKOLIPS WAR ist der “main event” für DC, der ENDGAME für Marvel war. Hätte Zack Snyder sich herablassen können, DIESES Skript zu verfilmen – the mind boggles….

Vor allem aber: Ich bin ein DC-Fanboy. For life. Ich habe seit 20 Jahren ein Superman-Tattoo auf der Schulter. Ich habe gelitten. Durch SMALLVILLE. Durch SUPERMAN RETURNS. Durch MAN OF STEEL. Durch BATMAN V. SUPERMAN. Durch JUSTICE LEAGUE. Durch TITANS. Durch SUICIDE SQUAD. Durch BIRDS OF PREY. Immer die Hoffnung, der Glaube, die Überzeugung – das geht besser. DC kann das. Meine Helden können das. Man muss ihnen nur die Chance geben, den Raum, die richtige Story.

This, ladies and gentlemen, is IT.

“I guess I have the last word. Suck it, bitches!”

Fazit: Das DC-Äquivalent zu Marvels AVENGERS: ENDGAME, vollgepackt mit großer Action und herzzerreissenden Charakter-Momenten. Ein Triumph, der in Live Action die Karten unter den Comic-Konkurrenten neu gemischt hätte.

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Goran
Goran
8. Mai, 2020 21:10

Kann man den sehen, ohne sich durch die Flashpointversumtfilme geguckt zu haben, oder sollte ich da lieber irgendwo mit anfagen, bevor ich hier einsteige?

Dietmar
9. Mai, 2020 05:23

Ein Triumph, der in Live Action die Karten unter den Comic-Konkurrenten neu gemischt hätte.

So, wie die Justice Leage in den Realfilmen verbrannt wurde, glaube ich, zumindest im nächsten Jahrzehnt, nicht an den Versuch einer Neuauflage. Und irgendwie fehlt mir auch der Glaube, dass man es dann besser machen würde.

Kai Uwe
Kai Uwe
9. Mai, 2020 11:24

AT&T interessiert DC (Comics und Filme) einen Fliegenschiss. Marginale Einnahmen für den Gesamtkonzern durch dieses Asset. Würde mich nicht wundern wenn die irgendwann Time Warner bzw. DC Publishing wieder veräußern.

S-Man
S-Man
16. Mai, 2020 11:45

Ok, du hast mich neugierig gemacht. Ich gehe jetzt mal eine Liste der Filme suchen 🙂