13
Jan 2020

FFF White Nights 2020 (2): Gundala, Get In, Disappearance At Clifton Hill, Synchronic, VFW

Themen: FF White Nights 2020, Neues |

Gundala

Indonesien 2019. Regie: Joko Anwar. Darsteller: Abimana Aryasatya, Tara Basro, Bront Palarae, Ario Bayu, Rio Dewanto

Offizielle Synopsis: Sancaka lernt das Leben von der harten Seite kennen. Der Vater ermordet, von der Mutter verlassen, wächst er in der Gosse Jakartas auf. Die ist in den festen Händen brutaler Gangs. Der kleine Kerl lernt schnell, dass man nur überlebt, wenn man sich heraushält – und sich in den Kampfkünsten perfektioniert. Denoch schlummert da noch etwas Besonderes in ihm: Die Philosophie seiner Eltern, Ungerechtigkeiten entgegenzutreten. Und eine unbändige, übernatürliche Kraft, der sich kein Gegner unbeschadet in den Weg stellen kann. Als der Mafiaboss Pengkor mit seinen Elitekämpfern nach der Macht in der 10 Millionen-Metropole greift, tritt Sancaka endlich aus dem Schatten. Als maskierter Gundala wird er fortan von der Bevölkerung als Superheld gefeiert und von den Mobstern bis aufs Blut bekämpft.

Kritik: Ich weiß, dass Indonesien auf eine jahrzehntelange Kultur eigener Superhelden zurückschauen kann. Daraus sollte man allerdings nicht schließen, dass es sich dabei um eine Art asiatisches Marvel Universe handelt. Schaut man sich die Hefte nämlich an, stellt man schnell fest, dass es miserable Abklatsche der Vorbilder sind, die weder zeichnerisch noch inhaltlich auch nur Mindeststandards erfüllen. Die Macher haben meist weder verstanden, wie Superhelden funktionieren, noch wie man deren Abenteuer adäquat umsetzt.

Genau deshalb zeugt es NICHT von kultureller Ignoranz, dem Versuch der Übertragung dieser Schrottheftchen in ein eigenes Kino-Universum nach Marvel-Vorbild mit einer gewissen Häme entgegen zu sehen. Die indonesische Comicindustrie macht nur, was sie immer gemacht hat – sie hängt sich an westliche Vorbilder. Und scheitert.

GUNDALAs Problem sind dabei weder die Schauspieler noch die Techniker hinter der Kamera. Arbeit ist billig in Indonesien, und auch wenn diese BATMAN-Variante vermutlich nicht mal das Catering-Budget bei Zack Snyder finanzieren könnte, ist das Ergebnis doch halbwegs professionell und durchaus die große Leinwand wert.

Aber so wie die Comic-Vorlagen Superman, Batman und Wonder Woman nur nachgeäfft, aber nicht verstanden haben, so misslingt GUNDALA von Anfang an, so etwas wie einen Erzählfaden aufzunehmen und weiter zu spinnen. Eine endlose “origin story” mit viel zu vielen Figuren und Episödchen zieht den Beginn der tatsächlichen Handlung in die zweite Hälfte des Films. Zeitsprünge und Flashbacks dehnen den Ablauf noch weiter, soziale Relevanz und politische Korruption werden so penetrant ausformuliert, dass man sich in einem cineastischen Kindergarten wähnt. Gundala selbst tritt über weite Strecken völlig in den Hintergrund. Das bisschen, was unser Held dann leisten darf, beschränkt sich auf Schlägereien und Blitzewerfen. Beschränktes Entertainment selbst für den wohlwollendsten Asia-Fan.

Am Ende ist der Film zu sehr damit beschäftigt, ein uns unbekanntes und augenscheinlich auch nicht sehr spannendes Superhelden-Universum zu etablieren, um sich auf seine Hauptfigur und eine zentrale Story zu konzentrieren. Dass man um der Fortsetzung(en) willen dann auch noch ziemlich abrupt abbricht, macht endgültig den Deckel drauf.

Es bleibt die Erkenntnis, die wir auch vom Fight Marvel vs. DC haben: ERST die Einzelfiguren bauen, DANN in die Teamfilme gehen. Wer die Solo-Abenteuer nur als Steigbügelhalter für das Endgame sieht, verprellt schnell die Zuschauer.

Meine Voraussage: Das indonesische MCU beginnt und endet mit GUNDALA.

Fazit: Ein technisch sauberer, aber in seiner suppigen Sentimentalität und völligen Unfokussiertheit letztlich doch gescheiterter Versuch, dem MCU eine Art indonesisches Superheldenuniversum entgegen zu setzen. Gnädige 4 von 10 Punkten.

Der Nowak: “Startschuss zu einem indonesischen Superheldenuniversum. Ist technisch durchaus auf der Höhe, hat einige gute Ideen, leidet aber unter einem schier furchtbaren Erzählrhythmus. Den sollte mal ein Hollywood-Profi neu schneiden, dann wird der auch besser. So fühlte er sich bei 2 Stunden Laufzeit eher nach vier an.”

Der Philipp: “Wenn auch nicht wirklich gut, doch sehr interessant. Davon gerne mehr.”


Get In

Frankreich/Belgien 2019. Regie: Olivier Abbou. Darsteller: Adama Niane, Stéphane Caillard, Eddy Leduc, Paul Hamy

Offizielle Synopsis: Als Familie Diallo vom Urlaub zurückkommt in die französische Provinz, steht am Briefkasten ihres Landhauses ein anderer Name und die Polizei nimmt sie wegen Hausfriedensbruch beinahe fest. Ein gesetzliches Schlupfloch ausnutzend, hat das Kindermädchen sich und ihrem Mann den Besitz überschreiben lassen. Die Diallos sind machtlos. Bis der sonst so friedliche Vater Paul den Rowdie-Ex seiner Frau kennenlernt, der ihm ein oder zwei Dinge beibringt über das Recht des Stärkeren …

Kritik: Viele Filme handeln davon, dass Menschen in ihrem Haus attackiert werden, sich verbarrikadieren oder eingeschlossen sind, Home Invasion ist das Stichwort. GET IN dreht die Vorzeichen um: die Diallos wollen wieder in ihr Haus REIN. Ihre eh schon brüchige Ehe wird auf eine harte Probe gestellt, denn das Haus repräsentiert das Heim, das Paul als Versorger in die Ehe einbringt. Ohne Unterkunft fühlt er sich noch impotenter, noch schwächer, noch ausgelachter. Campingplatz-Raufbold Mickey scheint genau der Mann zu sein, bei dem Paul wieder seinen Alpha-Status lernen kann, um für “seine” Familie um “sein” Haus zu kämpfen.

Für sich genommen wäre das ein simpler Revenge-Film – ein in die enge getriebener, eigentlich friedfertiger Familienvater greift in äußerster Verzweiflung zu den Waffen und nimmt das Recht in die eigene Hand. EIN MANN SIEHT ROT meets ImmoScout24. Aber so einfach macht Regisseur Abbou es weder sich noch uns. Denn die “Männlichkeit”, die Paul angeblich verloren hat zurück erobern muss, ist in Wahrheit die toxische Maskulinität der vorzivilisierten Ära, in der nur Gewalt gegen Gewalt stand. Mickey und seine Kumpanen sind eben nicht “echte Kerle”, sie sind grunzende Höhlenmenschen, die am Rande der Zivilgesellschaft ihre Stammesrituale pflegen.

Am Ende muss Paul seinen eigenen Weg finden, seinen Charakter als Beta-Männchen akzeptieren und doch “Mann sein”. Ich rechne es GET IN hoch an, dass der Epilog auch diese Entwicklung sehr ambivalent sieht und man das Happy End durchaus auf mehreren Ebenen in Frage stellen kann. Oder wie Grönemeyer sang: wann ist der Mann ein Mann?

Gut gespielt, durchweg spannend und von schwarzem Humor durchsuppt ist GET IN obendrein. Sicherlich nix für Leute, die wegen Zombies oder Schießereien zum Festival kommen, aber sehenswert allemal.

Fazit: Home Invasion auf den Kopf gestellt – die Prämisse bedient dabei durchaus clever die Themen Alpha-Male und toxischer Maskulinität zur Debatte über Konfliktlösung, wenn das Gesetz versagt. Kein wirklicher Genrefilm, trotzdem 7 von 10 Punkten.

Der Nowak:  “Auf einer interessanten (und in einigen europäischen Staaten offenbar gut denkbaren) Grundprämisse aufgebauter Hausbesetzungs- und Alphamännchenthriller. Braucht ein wenig, um in Fahrt zu kommen und ist am Ende dafür vielleicht etwas zu überzogen, aber insgesamt schon recht kernig.”

Der Philipp: “Interessantes Setup, sauber durchgezogen.”


Disappearance At Clifton Hill

Kanada 2019. Regie: Albert Shin. Darsteller: Tuppence Middleton, Hannah Gross, Marie-Josée Croze, Eric Johnson, David Cronenberg, Andy McQueen

Offizielle Synopsis: Zurück am Ort ihrer Kindheit in Niagara Falls, will Abby endlich die Entführung aufklären, derer sie als Mädchen Zeuge wurde. Aber gab es die überhaupt? Niemand nimmt der notorischen Lügnerin die Geschichte ab, also ermittelt Abby auf eigene Faust. Dabei kreuzen sich ihre Wege mit einem von David Cronenberg gespielten Verschwörungstheoretiker, einem halbseidenen Magierduo sowie weiteren skurrilen Figuren, die sich in der Nebensaison rund um das Touristenstädtchen an den berühmten Wasserfällen tummeln.

Kritik: Drei kanadische Filme diesmal – die Veranstalter haben wohl einen Paket-Deal mit einem Verleiher geschlossen. Nach CODE 8 und BLOOD QUANTUM ist CLIFTON HILL sicher der leiseste und mit den wenigsten Genre-Elementen winkende Teil des Angebots. Im Grunde genommen ist es eine Art Nancy Drew-Mystery vor der ungewöhnlichen, aber hier bewusst unglamourös dargestellten Kulisse der Niagara Fälle, die Kleinstädte mit billigen Casinos und Motels bewässern.

Was CLIFTON HILL gut macht, ist die Konstruktion des Falles, den Abby aufklären will. Nicht nur physische Beweise spielen Schlüsselrollen, sondern auch die Figuren und Beziehungen des Ortes. Die meisten Puzzleteile liegen offen herum, aber längere Zeit scheint nur Abby interessiert, diese zusammen zu setzen.

Was CLIFTON HILL weniger gut macht, ist die Konstruktion irgendeiner Form von Spannung oder Tempo. Abbys Bemühen, ein Erlebnis ihrer Kindheit aufzuarbeiten, hat zwar einen Aufhänger, aber keine wirkliche Dringlichkeit. An keiner Stelle gibt es eine Deadline, eine “wir müssen das lösen, bevor”-Situation. Die beteiligten Personen haben alle Zeit der Welt – und das bringt nicht wirklich Druck in den Kessel. Am Ende wird der Fall gelöst, der Bösewicht eingesperrt, und gewonnen ist eigentlich nix.

Hinzu kommt die schon oft von mir monierte “canadian-ness” dieser Sorte Film. Ich verstehe ja, dass man von Ontario weniger Spektakel erwarten muss als von Hollywood. Aber dieses kanadisch Gemächliche, das alle Aspekte der Produktion durchzieht, zerrt dann doch ein wenig an der Geduld des Zuschauers. Mal eine Schießerei, ordentlich Sex, flackernde Neonröhren, womöglich eine Explosion? Alles zu viel verlangt? Bei aller Sympathie – Kanada liefert zu gerne Spießerkino, als würde man nicht für ein zahlendes Publikum, sondern für das ZDF produzieren (und nicht wenige kanadische Filme werden tatsächlich u.a. vom ZDF koproduziert).

Fazit:  Ja, gut gebaut und den Zuschauer immer wieder in die Irre führend, aber eben auch kanadisch in schlechtesten Sinne mit blassen Farben, gebremstem Tempo und wenig beeindruckenden Darstellern. Subventionskino ohne Biss, gerade noch 6 von 10 Punkten.

Der Nowak: “Ein beeindruckend konstruierter Mysterythriller, der sein Puzzle schlüssig zusammensetzt und dann alles wieder auf den Kopf stellt. Tuppence Middleton ist großartig.”

Der Philipp: “Sehr gut durchkonstruierter Krimi.”


Synchronic

USA 2019. Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead. Darsteller: Jamie Dornan, Anthony Mackie, Katie Aselton, Ally Ioannides, Bill Oberst Jr., Shane Brady

Offizielle Synopsis: Die befreundeten Sanitäter Dennis und Steve stoßen auf eine Serie grauenvoller Todesfälle und seltsamer Vorkommnisse, die in Verbindung mit der neuen Designerdroge „Synchronic“ zu stehen scheinen. Manche Opfer sind verbrannt oder mit Messerstichen übersät, andere User befinden sich in einer eigentümlichen Trance. Als Dennis’ Tochter nach Konsum der Droge spurlos verschwindet, beginnt Steve selbst mit dem Stoff zu experimentieren, um herauszufinden, was es mit Synchronic auf sich hat.

Kritik: Ahhh Benson/Moorhead, seit SPRING, spätestens aber seit THE ENDLESS Garanten für beunruhigende Okkultfilme, die geschickt mit den Erwartungen und Ängsten der Zuschauer spielen und beweisen, dass im Low Budget-Kino noch richtig Saft steckt, wenn man weiß, wie’s geht.

Schon die Besetzung mit Christian “50 Shades of” Grey und dem Falcon deutet an, dass die beiden Filmemacher diesmal ein etwas größeres Rad drehen möchten, sogar ein wenig auf das Mainstream-Kino schielen. Und in der Tat ist der Einstieg relativ straight, gewährt einen Einblick in das Leben zweier Ambulanz-Notfallmediziner, die in langen Nächten jene zu retten versuchen, die nicht gerettet werden wollen oder können. Dabei stoßen sie auf eine neue Droge, die mehr als nur das Leben ihrer Konsumenten auf den Kopf stellt – sie kann das Raum/Zeit-Gefüge auseinander reißen.

Aber dann wird es doch wieder ganz Benson/Moorhead – statt sein Buddy Drama über eine neue Designer-Droge weiter zu erzählen, biegt SYNCHRONIC plötzlich links ab und konzentriert sich auf Anthony Mackies Charakter, der (dank eines Hirntumors befreit von unnötigem Überlebenswillen) die Eigenschaften der Droge für sich nutzt, um Zeitreise-Experimente zu unternehmen. Und das eigentlich nur, weil er für seinen Partner retten will, was er selber nie hatte.

Ein guter Film, sicherlich, mit einer frischen Perspektive, überzeugenden Darstellern und einem spannenden Szenario. Trotzdem fühlt er sich brüchiger an als SPRING und THE ENDLESS, und weniger visionär. Man hat mitunter das Gefühl, das Benson/Moorhead mit der größeren Freiheit durch die größeren Finanzen nicht so viel anzufangen wussten. Teurere Schauspieler einkaufen, schön und gut – aber wofür? SYNCHRONIC ist immer noch Low Budget-Kino mit vier Herzblut und Verstand, scheint aber immer wieder mehr sein zu wollen – ohne zu wissen, wie das gehen soll.

Dass SYNCHRONIC aber selbst mit diesen Defiziten besser ist als 90 Prozent dessen, was das Genre sonst anzubieten hat, steht außer Frage. Benson/Moorhead sind zwei potente kreative Kräfte, die man auch in Zukunft nicht unterschätzen sollte.

Fazit: Der zweite “Designerdrogen”-Film des Festivals dreht nach einem Crime-Intro unvermittelt in das Zeitreise-Subgenre und bleibt über die ganze Laufzeit sehr introspektiv und unspektakulär, was mir hier durchaus gefallen hat. 7 von 10 Punkten.

Der Nowak: “Für Benson/Moorhead war mir der tatsächlich ein wenig zu glattgebügelt und banal in seinem Time-Travel-Mystery, aber gut war er trotzdem. Halt kein Meisterwerk wie “The Endless”.”

Der Philipp: “Fängt etwas lahm an, steigert sich dann aber sehr.”


VFW

USA 2019. Regie: Joe Begos. Darsteller: Stephen Lang, William Sadler, Fred Williamson, David Patrick Kelly, Serria McCormick, Martin Kove

Offizielle Synopsis: Die USA ist in den Klauen der Droge „Hype“. Fred und seine Freunde schert das wenig: Die Veterans of Foreign Wars (VFW) frönen in Freds Kneipe dem guten alten Alkohol und schwelgen in Kriegserinnerungen. Da stürmt die junge Lizard herein: Sie hat ihrer Gang fünf Päckchen Hype geklaut. Eine Horde vollgedröhnter und bis an die Zähne bewaffneter Gangster steht schon vor der Tür. Für die Recken eine günstige Gelegenheit, ihre PTSD-Symptome abzureagieren.

Kritik: Statistisch gesehen sind bei 30 Prozent der Filme dieses Jahr (40, wenn man GUNDALA mitrechnet) Designerdrogen der Aufhänger der Handlung. Und demnächst steht ja Rainer Matsutanis neue Serie SPIDES an:

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Keine Ahnung, ob das alles eine Reaktion auf die Opioide-Krise in den USA ist oder ob das Thema einfach “in der Luft liegt” (auch im Sinne von “eigentlich schon wieder ausgelutscht”), aber so ist es nun mal.

Joe Begos hatte mich ja mit BLISS beim letzten Fantasy Film Fest im September 2019 schwer beeindruckt und war nur knapp an der glatten 10 von 10 Punkten vorbei geschrammt. Ein furchtloser Abstieg in die Drogenhölle (Designerdrogen!) in Punk-Ästhetik und als Neo(n)-Vampir-Saga. Kein Zweifel: Begos hatte sich mit einer Panzerfaust von einem Film im Genre angemeldet und es blieb abzuwarten, was man einem solchen Kracher folgen lassen kann.

Von dieser Warte aus betrachtet ist VFW eine Enttäuschung, denn die krachende Innovation fehlt, der Mut zum Experiment, die völlige Loslösung von üblichen Erzählmustern. Stattdessen greift Begos auf Carpenter zurück, was in dieser Generation wohl als schick gilt, und schickt statt einer aggressiven jungen Frau, die sich der Droge hingibt, ein halbes Dutzend alte Männer in den Kampf gegen die Droge. Die progressive Einstellung weicht der konservativen, und was ein verbrecherischer Drogenpunk ist, der darf dann auch mit dem großen Kaliber weggeblasen werden.

Man kann das sowohl vom Gehalt als auch vom Geschmack her bedenklich finden, aber dass Begos ein Meister des Ultra Low Budget-Overkills ist, lässt sich nicht bestreiten. Und so finden sich auch alle in BLISS gesetzten Markenzeichen wieder: die rotblaue Punk-Atmosphäre, der ultrahektische aber kontrollierte Schnitt, die Übersättigung und Körnung des eigentlich digitalen Filmmaterials, die extremen Explosionen an Gewalt und Blut. Die Elemente stehen halt nur nicht mehr im Dienste einer höheren Sache, sondern füttern lediglich ASSAULT-Klischees, wie wir sie sattsam kennen.

Bei fast jedem anderen Regisseur hätte ich VFW hoch gelobt, als dreckiges B-Movie mit einem großartigen alte Männer-Cast, der an die Revenge-Kracher der direct to video-Ära erinnert und dabei dennoch eine ganz eigene Handschrift aufweist. Aber als “the new film from Joe Begos” ist das zu wenig – weil der Mann doch eigentlich viel mehr kann. Ich kann nur hoffen, dass ihm nicht das gleiche Schicksal winkt wie Richard Bates Jr., der seit dem großartigen EXCISION leider immer schwächer wird.

Fazit: Der dritte “Designerdrogen”-Film ist im Vergleich zu BLISS ein klarer Rückschritt, aber als räudiger Gewaltfilm mit Veteranenbesetzung trotzdem ein Heidenspaß. 7 von 10 Punkten.

Der Nowak: “Launige und extrem blutige Carpenter-Assault-Gedächtnis-Krawallaction mit einem blendend aufgelegten Altherrencast. Hat keinen Plot und ist in den Actionszenen gerne mal zu hektisch, aber das Zusammenspiel von Lang, Kove, Sadler und Williamson ist eine Schau.”

Der Philipp: “Toller Cast. Leider wenig draus gemacht. Sehr repetitiv.”



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Christian Siegel
14. Januar, 2020 12:12

Den Rest kenne ich noch nicht, aber “Get In” habe ich nicht ausgehalten. Nicht zuletzt, als ich die von dir erwähnte Ambivalenz einfach nicht finden wollte. Auf mich wirkte das, sehr geradlinig, wie “ein Weichei muss ein echter Mann werden – sprich Gewalt anwenden – um sein Haus wieder zurückzubekommen, und darf als Belohnung dann auch endlich wieder bei seiner Alten ran.” Sprich, gefangen im altmodisch-klischeehaften Männerbild, dass für mich zudem durch die Herkunft der Hauptfigur auch noch rassistische Untertöne bekam. Nein, danke.

Dr. Acula
14. Januar, 2020 16:59

War auch mein erster Gedanke: “Ah, ein Film, der seinem Schurken hundertpro Recht gibt.”

Aber man kann’s natürlich auch ambivalent sehen

(SPOILER)

Wichtig ist in dem Zusammenhang die Szene, in der Paul über die unveräußerlichen Menschenrechte lehrt – Leben, Freiheit, Besitz. Erst als wirklich begreift, dass er sich nicht darauf verlassen kann, dass die Gesellschaft diese Rechte, die ja auch erst erkämpft werden musste, die automatisch für ihn wahrt, sondern er auch selbst dafür einstehen und kämpfen muss, kann er gewinnen.

Es überzeugt mich nicht ganz, aber es ist zumindest ein Erklärungsansatz.

Dr. Acula
14. Januar, 2020 20:46
Reply to  Torsten Dewi

Hm, ja, hat was für sich.

Luc
Luc
15. Januar, 2020 11:22
Reply to  Torsten Dewi

Vor diesem Hintergrund lässt sich auch der Filmtitel „Get In“ gleich ganz neu interpretieren!

/Kalauer

Christian Siegel
15. Januar, 2020 11:32
Reply to  Torsten Dewi

Danke für eure Antworten. Habe es anders gesehen, aber immer interessant zu lesen, wie andere solche Dinge wahrnehmen :-).

Falls es interessiert, hier mein Spoiler-Eindruck -> https://letterboxd.com/cornholio1980/film/furie-2019/

@Luc: Ja, das war direkt nach dem Film auch gleich mein erster Gedanke ;-).

Jake
Jake
14. Januar, 2020 16:53

Danke für Deine Reviews. “Get in” und “Synchronic” wandern auf meine Watchlist, “Jojo Rabbit” wird im Kino geguckt. Letzteren hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Der Trailer, den ich neulich im Kino gesehen habe, erweckte eher den Eindruck, dass es sich um eine reine Komödie handelt. Dass der Streifen noch wesentlich mehr zu bieten hat als Slapstick-Humor, macht ihn für mich erst interessant.

Will Tippin
Will Tippin
17. Januar, 2020 21:15

Da ich mit Superheldenfilmen eh nicht viel anfangen kann und der Gundala am Sonntag in Stuttgart um 12 Uhr läuft, werden wir den wahrscheinlich zugunsten eines guten Mittagessens ausfallen lassen.