Mundpropaganda: Oral Histories – Leseliste
Themen: Film, TV & Presse, Leseliste |Ich bin ein Freund von Sekundärliteratur, von der Aufarbeitung großer Ereignisse, Erfindungen und Entdeckungen. Hinter die Kulissen schauen, die Zahnräder sehen, die getroffenen und hinterher bereuten Entscheidungen.
Man kann es aber auch übertreiben – so kann ich schwer nachvollziehen, warum es immer mehr Bücher über die Entstehungsgeschichte einzelner Filme gibt. Da stehen die Erkenntnisse und der verlangte Aufwand in keinem Verhältnis.
Braucht wer einen sechsteiligen Podcast über die Entwicklung eines Plastikstuhls?
Ich bevorzuge knappe, konzentrierte Rückblicke, die persönliche Erinnerungen und Fakten in einen überschaubaren Rahmen gießen. Das funktioniert besonders gut mit "oral histories", einer sicher nicht 100 Prozent objektiven, aber oft launigen und lehrreichen Form der Anekdotensammlung im journalistischen Kontext.
Im Laufe der letzten Jahre sind viele "oral histories" aus dem Entertainment-Bereich in meinem Evernote-Archiv gelandet. Eine Auswahl präsentiere ich euch jetzt mal – ein Klick auf den Titel führt zum Artikel.
DAS SCHWARZE LOCH (Hollywood Reporter): Liest man, wie Disneys Antwort auf STAR WARS entstand, dann wird deutlich, dass das Problem der Mangel an Vision und Ambition war. Die Macher waren Profis, die ein gutes Produkt liefern wollten – aber es gab keinen George Lucas, der mit Konventionen zu brechen bereit war.
SUPER MARIO BROS (The Guardian): Ein unfassbares Debakel – ich kann mich gut erinnern, wie entgeistert ich im Kino gesessen habe. Das Problem: Niemand hatte eine Ahnung, wie ein Super Mario-Film aussehen könnte – und in der Folge traf man eine Reihe bedauerlicher Fehlentscheidungen.
STREET FIGHTER – THE MOVIE (Polygon): Ich bin nicht sicher, was mich mehr entgeistert – dass van Damme voll auf Koks war oder dass er Kylie Minogue pimpern durfte. Was sich Autor/Regisseur de Souza dabei gedacht hat, einem Tournament-Spiel den Tournament-Aspekt zu nehmen, bleibt sein Geheimnis.
EL DORADO (The Telegraph, aktuell hinter einer Paywall): Manchmal ist die Frage, wie ein Film überhaupt entstehen konnte, ungleich spannender als der Film selbst. EL DORADO steht auf meiner Liste für eine Fotostory und brachte seinen Regisseur ins Gefängnis. Der Film wäre ein sehr unrühmliches Ende für die Karriere von Peter O’Toole – wenn er danach nicht noch THE WHOLE WORLD AT OUR FEET gedreht hätte.
INDEPENDENCE DAY (Hollywood Reporter): Als Mega-Erfolg und wegweisender Blockbuster ist diese "oral history" weniger ein Dokument des Scheiterns als eine nostalgische Reminiszenz an eine Zeit, in der Roland Emmerich und Will Smith erst noch beweisen mussten, dass sie zur A-Liga gehören können.
REAL STEEL (Entertainment Weekly): Es ist bekannt, dass ich ein großer Fan des Roboter-Boxfilms REAL STEEL bin. Es freut mich, dass er in der Streaming-Ära Kultstatus erlangt hat. Also Bonus findet man bei Entertainment Weekly auch noch einen Bericht über die nie produzierte Fortsetzung.
https://youtu.be/T75j9CoBVzE
FANTASTIC FOUR (Slashfilm): Da haben wir es wieder – die "oral history" zum Film, die ich gespeichert habe, existiert online nicht mehr. Dieser ausführliche Artikel ist ein guter Ersatz, vor allem, weil ich ihn durch diese hervorragende spielfilmlange Doku aus dem gleichen Segment ergänzen kann:
REQUIEM FOR A DREAM (Vulture): Kunst ist schwer, Kunst tut weh, Kunst existiert nie ohne Konflikte. Darum ist es umso spannender, wenn man einen Einblick in die Herstellung eines tatsächlichen Film-Kunstwerks bekommt. Darren Aaronofskys surreales Drama gehört in diese Kategorie.
GALYXY QUEST (MTV): Im Kino gar nicht der Megahit, ist GALAXY QUEST mittlerweile ein unbestrittener Kultfilm, der sicher auch THE ORVILLE inspiriert hat. Die Entstehung des Meta-SF-Films wird hier von den Filmemachern und Darstellern rekapituliert – inklusive Alan Rickman.
PM Entertainment (Hopes and Fears): Zum Abschluss eine "oral history" nicht eines Films, sondern einer Produktionsfirma, die in den 90ern Garant für "direct to video"-Glück in Sachen futuristisches Action-Remmidemmi war. Ich habe Markus Nowak immer gesagt, er soll mal ein Buch über die schreiben.
Soviel dazu. In den nächsten Wochen werde ich immer mal wieder weitere spannende Artikel aus meinem Archiv kramen.
Super Mario kam ja gerade im SchleFaz, wobei ich ausschnittsweise schon mal irgendwann vorher beim Zappen drüber gestolpert bin.
Wenn ich etwas über den Film lese, Interviews, Hintergründe, Verrisse (oder auch zb in den SchleFaz kommentaren) etc fällt mir auf das es zwei sehr unterschiedliche Betrachtungen dazu gibt.
Die eine ist natürlich das der Film als allgemeiner Film schon sehr bescheuert ist – der ist mir noch recht frisch im gedächniss und der hat die Kritik imho absolut verdient.
Die andere Ebene ist aber imho wenn man als Nintendo-Super-Mario-Fan das guckt.
Da muss ich etwas ausholen, denn ich glaube für "uns" also leute sagen wir mal über 35 ist das einfach nur ein Videospiel.
Wer etwas jünger ist, villeicht so anfang 30, hat aber ein emotionaleres Verhältniss zu Welt und Figuren aus den entsprechenden Spielen, und da tut das dann gleich regelrecht weh.
Ne Parodie kann man ja evtl. noch drüber lachen, aber das Machwerk ist ja klar erkennbar keine Parodie, ist aber halt auf der einen Seite sehr schlecht aber hat halt erkennbar 0,000 mit irgendwas aus der fiktionales Mario Bros Welt zu tun
Die Artikel über "Galaxy Quest" , "Fantastic Four" und "Das schwarze Loch" (den ich mir echt mal wieder ansehen müsste) sind sehr interessant, den Rest muss ich mir noch ansehen/anhören.
Fairerweise muss man bei der „Street Fighter“-Franchise aber dazu sagen, dass auch diverse Anime-Verfilmungen das Thema globaler angehen und man nicht nur 90 Minuten „Dauergekloppe im Ring“ zu sehen bekommt. Das Figuren aber komplett lächerlich gemacht werden und ausgerechnet Guile in den Fokus gerückt wird, kann man dem schäbigen Machwerk von 95 dann doch anlasten…
Das ist mit M.Bison/Vega (der Bösewicht) und seiner Shadaloo Organisation (die ein Fantasiethailand kontrollieren) gar nicht mal so weit weg. Es ist einfach nur schwachsinnig die Guten als Nato Soldaten darzustellen.
Die Spielgeschichte ist im Grunde: Bison ist neben Führer seiner kriminellen Organisation auch total fixiert auf Straßenkämpfe. Als dann einer seiner Handlanger von Ryu (der Held) platt gemacht wird, will er unbedingt gegen Ryu kämpfen und veranstaltet deswegen die Wettkämpfe.
Wieso man das nicht leicht angepasst als Film genommen hat, ist die Frage. Der Film scheitert halt krachend daran, dass er mehr erzählen will als er ist. Wäre imo besser gewesen, wenn man da eben sowas wie bei Mortal Kombat oder Dead or Alive (BEIDE imo Guilty Pleasures) kleiner gemacht hätte.
Bei Super Mario kann ich einfach nicht verstehen, wie Nintendo die Kontrolle so abgeben konnte. Das die Macher von Max Headroom nicht unbedingt geeignet sind, einen familienfreundlichen Film zu machen, hätte doch eigentlich jedem in Japan klar sein müssen. Trotzdem wurde das durchgezogen und die entwickelten dann ihre total düstere Dystopie, dessen Reste man ja klar im Film sieht.
Das kann man wohl einfach nur mit der absoluten Unerfahrenheit Nintendos + zurückhaltende Kritik/Culture Clash erklären können. Immerhin war das ein Erweckungserlebnis für Nintendo, die seitdem überprotektiv mit ihren Marken sind. Nächstes Jahr kommt ja der Animationsfilm mit Mario raus, da wird man dann ja sehen, was Nintendo gelernt hat in 30 Jahren. (hier wurde vor allem die Wahl für Chris Pratt als Mario kritisiert, dabei muss man aber halt auch bedenken, dass er ja trotz seines Actionheldenimages einen veritablen Comedy-Background hat und mit dem Lego Movie bereits das unmögliche für LEGO gemacht hat)
Am besten hat mir der Artikel im Hollywood Reporter über "Das Schwarze Loch" gefallen. Gibt es so etwas in der Art als Buch, mit Berichten über verschiedene Filme?
Nicht, dass ich wüsste – ich kann aber dringend das hier empfehlen. Und das hier.
Danke, Vorschlag eins werde ich mir mal ansehen, die Kindle Leseprobe ist jedenfalls vielversprechend. Vorschlag zwei ist mir etwas zu preisintensiv.