16
Mai 2022

Zeitlose Äpfel

Themen: Neues |

Wie eigentlich immer, wenn eine neue Ausgabe LIEBES LAND fertig ist, verbringe ich aktuell viel Zeit damit, auszumisten, aufzuräumen und liegen gebliebene Aufgaben zu erledigen. Momentan ist unser Hardware-Park dran, denn bei einigen Geräten läuft es nicht rund: mein iPhone braucht endgültig ein neues Display, das Macbook der LvA hat ein Problem mit dem USB-C-Anschluss, über den der Akku geladen wird. Mein Ersatz-Macbook Air habe ich aufwändig innen reinigen lassen, um die letzten Spuren der “Kaffee-Katastrophe 2018” zu beseitigen. Im Anschluss habe ich es komplett neu aufgesetzt – was bei Apple erstaunlich leicht geht. Nun läuft das Gerät trotz seiner fünf Jahre wieder absolut stressfrei.

Dabei fiel mir ein, dass wir auch noch zwei weitere Macbooks im Keller liegen haben. Mein erstes Macbook – die letzte Version in weißem Plastik – und das erste Macbook Air der LvA, das zwischenzeitlich innerhalb der Familie rumgereicht wurde, aber wieder in unserem Haushalt gelandet ist.

Ehrlich gesagt: wir haben die Geräte als “durch” abgeschrieben und da ich bisher noch nie ein Macbook auf Werkzustand zurück gesetzt hatte, wollte ich die Notebooks auch nicht verkaufen. Mir war die Gefahr zu groß, dass da noch Daten oder Logins in irgendwelchen Unterordnern liegen, die zu unserem Nachteil verwendet werden könnten. Aber bei meinem Ersatz-Macbook hatte ich mir ja gerade beigebracht, wie man ein Macbook neu aufsetzt. Warum also nicht mal schauen, was beim Altbestand geht? Vielleicht kommt ja doch noch verhökerbare Hardware dabei raus.

Zuerst nahm ich mir das Macbook Air der LvA vor. Modell Ende 2010. Wir reden also von 12 Jahren. Ich hatte nie ein PC-Notebook, das nach einer solchen Zeit irgendwie glaubwürdig verwendbar war. Aber mit dem hohen Preis bekommt man bei Apple auch eine gewisse Wertigkeit, also war ich bereit, mich dranzugeben.

Tatsachlich startete das Macbook Air nach drei Jahren in der Schublade klaglos und ein Blick in Coconut Battery zeigte Erstaunliches: der Akku von 2010 läuft noch auf 60 Prozent Kapazität. Kann man austauschen – reicht aber auch so für mehrere Stunden. Der Bildschirm hat über die Jahre kaum gelitten. Drinnen werkelt absolut zuverlässig die originale SSD mit 256 Gigabyte.

Ich vergewisserte mich, dass keine Dateien von Wert mehr auf der Platte lagen, fuhr den Rechner runter und dann im Recovery-Modus wieder rauf. Festplatte formatieren und vom System gleich wieder frisch aufspielen. High Sierra – mehr geht ohne Tricksereien nicht. Aber was geht, geht klaglos. Standard-Software drauf: Google Chrome, VLC Player, Caffeine, Coconut Battery. All Systems go.

Das Ergebnis nach einer Stunde entspannter Frickelei:

Ich bin begeistert. Klar kann man mit dem Macbook Air keinen aufwändigen Videoschnitt betreiben und alles, was über alte Casual Games hinausgeht, wirft sofort den Lüfter an. Aber er funktioniert. Surfen, Büroarbeiten, Casual Games, Filme schauen – problemlos. Dass das alles etwas langsamer reagiert als die neueren Modelle fällt auf, stört aber nicht. Was mich am meisten überrascht: wie zeitlos schön das Gerät immer noch ist. Bis auf minimale Abnutzung einiger Tasten sieht das Macbook aus, als hätten wir es gerade aus dem Apple Store geholt. Es gibt keinen Grund, warum man damit nicht noch ein paar Jahre arbeiten kann.

Die LvA hat sich gleich aufs Neue verliebt und verkündet, das 12 Jahre alte Gerät lieber zu verwenden als ihr Macbook von 2017 (das ich nächste Woche auch mal unter meine Fittiche nehmen werde). Wir denken ernsthaft darüber nach, dem Macbook Air auch noch einen neuen Akku zu spendieren.

Dergestalt ermuntert, holte ich auch noch mein erstes Macbook aus dem Keller, mit dem ich viele Erinnerungen und den Abschied von Windows verbinde. Ich musste es anschaffen, weil ich in einer Agentur arbeitete, die in InDesign derart viele Apple-Schriftarten verwendete, dass die Dateien auf meinem Windows-Notebook immer komplett zerschossen wurden. Es war Ende 2009 kein Kauf aus Begeisterung und ich ging davon aus, damit nie etwas anderes zu machen als das bisschen Agenturarbeit. Ein Umstieg war nie der Plan. Aus diesem Grund kaufte ich auch das absolut preiswerteste Gerät, das Saturn gerade im Sonderangebot hatte – 700 Euro kostete das letzte Plastik-Macbook auf seiner Zielgeraden.

Nun hat dieses Macbook schon einiges mit mir durchgemacht: Ich hatte seinerzeit einigen Ärger mit Apple wegen des Speichers, den ich zusätzlich einbaute, der aber nicht richtig funktionierte. Die Bodenplatte begann sich zu wellen, was aber ein typisches Problem war und vom Hersteller behoben wurde. Als SSDs immer angesagter wurden, schraubte mir mein Kumpel Oliver einen 256 GB-Sprinter rein. Eines Tages wölbte sich das Akkufach unschön, weshalb ich 2015 einen Ersatz-Akku kaufte und einbaute – der nicht funktionierte. Wann das DVD-Laufwerk (ja, das Ding hatte ein slot-in-Laufwerk!) den Geist aufgab? Ich weiß es nicht mehr.

Egal, es gab ja nix zu verlieren, also stöpselte ich das Netzteil an und schaltete ohne große Erwartungen das Macbook ein. Und was soll ich sagen? Es lief! Ebenfalls mit High Sierra. Damit ist das Betriebssystem zehn Jahre jünger als der Rechner selber.

Kurzer Check: Akku ging immer noch nicht, auch nicht nach dem Zurücksetzen von PRAM, NVRAM und SMC. Also immer schön drauf achten, dass der Stecker nicht rausfällt. Systemzeit war auch nicht aktualisiert, da war vielleicht die Pufferbatterie durch. Generell sprach aber nichts gegen eine Kernsanierung, also formatierte ich auch hier die Festplatte und startete eine Neuninstallation.

Das. Ging. Gehörig. Schief.

Das System meldete, dass wegen des APFS-Formats der Festplatte eine notwendige Recovery-Partition nicht erstellt werden konnte. Eine Google-Suche später war ich schlauer: Dieses Problem betraf seinerzeit ausschließlich User von High Sierra während des Umstiegs von mac os extended auf APFS. Da musste man sich mit einem Workaround behelfen. Eine fingerbrechende Tastenkombination später war ich wieder in der Recovery-Konsole, um High Sierra nicht vom System, sondern “remote” von den Apple-Servern zu laden und zu installieren.

Computer sagt nein.

Es rächte sich, dass die Systemuhr nicht mehr eingestellt war und von der Konsole aus nicht eingestellt werden konnte – die Apple-Server lehnten die Anfrage wegen der U(h)rzeit ab. So ging’s also auch nicht.

Nächster Versuch: High Sierra händisch laden, auf einen USB-Stick portieren und dann vom Stick aus installieren. Das Problem hierbei: Das Macbook war ja bereits formatiert, da gab es keinen Appstore mehr, aus dem ich eine Kopie des Betriebssystems laden konnte.

Aber halt! Ich hatte doch vor ein paar Stunden erst das Macbook Air der LvA mit einem brandneuen High Sierra ausgestattet! Und siehe da: Auf diesem Gerät konnte ich das OS nochmal nachladen und auf einen entsprechend großen Stick installieren. Der kam dann in mein Macbook und werkelte eine halbe Stunde lang vor sich hin.

Ta-DAAA!!!

Ein wunderschönes Gerät mit einer Tastatur, die auch Vielschreibern wie ein Traum vorkommen dürfte. Alle relevante Software läuft. Der Prozessor ist sicher nicht mehr “up to date”, aber dank der SSD ist auch dieses Notebook absolut praxistauglich, so lange man seine Grenzen kennt und respektiert. Vor allem aber ist es ebenfalls so makellos, als käme es gerade aus dem Laden.

Nur zu Erinnerung: Dieses Gerät ist von 2009. Es hat 13 Jahre auf dem Buckel.

Aber was jetzt? Das DVD-Laufwerk ist immer noch im Eimer, was mich nicht groß schert. Die Sache mit dem Akku ist schon ärgerlicher, vor allem, weil Coconut Battery meldet, dass der Akku angeschlossen und völlig in Ordnung ist. Er wird nur nicht geladen. Einerseits reizt es mich, vielleicht doch noch mal einen Ersatzakku zu kaufen, um das Gerät endgültig wieder betriebstauglich zu machen. Andererseits: wozu? Wir haben keine Verwendung für ein weiteres Macbook, noch dazu eines mit klaren Grenzen, was das Einsatzgebiet angeht. Es ist ja schön, dass es funktioniert – aber trotzdem müsste man es halt irgendwie brauchen. Was ich aktuell nicht sehe.

So war die Arbeit eher eine Liebhaber-Frickelei, die vor allem bewiesen hat: Macbooks sind zwar teuer, dafür aber extrem haltbar, von fast zeitlosem Design und mit langer Lebensdauer auch seitens des Herstellers gesegnet. 2005 war Apple von Power PC-Prozessoren auf Intel umgestiegen und hatte damit eine völlig neue Software-Architektur notwendig gemacht. Vor zwei Jahren ist man von Intel dann auf hauseigene M1-Prozessoren gewechselt. Wenn man bedenkt, dass hier zwei Rechner aus der ersten Phase des Intel-Umstiegs problemlos mit Software aus dem Jahr 2022 umgehen können, dann nötigt mir das schon Respekt ab.

Macbooks altern nicht zu Schrott – sie altern zu Oldtimern.

Vor allem aber ist es gut fürs Ego, wenn man solche Schätzchen wieder zum Laufen bringt. Geht nicht gibt’s nicht.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

22 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Teilzeitinvestor
16. Mai, 2022 11:14

Das ist nicht nur bei Apple so. Mein Wohnzimmer-Notebook ist ein vor 6 Jahren gebraucht gekauftes Thinkpad, das das damals schon mindestens 4 Jahre auf dem Buckel hatte. SSD eingebaut und zwischenzeitlich einmal den Akku erneuert, ansonsten läuft das noch einwandfrei mit Windows 11. Leise, schnell genug für Internet, Office und Skype, traumhafte Tastatur. Das Gerät hat neu aber auch locker über 1000 Euro gekostet, Qualität hat auch bei PCs seinen Preis.

Mencken
Mencken
19. Mai, 2022 16:31
Reply to  Torsten Dewi

In der Premiumklasse (also preislich dann auch auf Apple Niveau) halten viele Windowsrechner auch ewig. Meine HP Workstations sind auch alle gute 14-20 Jahre alt, sehen aus wie neu und sind immer noch im Einsatz.

S-Man
S-Man
16. Mai, 2022 11:44

Also ich muss sagen, dass ich ALLE meine Rechner (tatsächlich aus unterschiedlichsten Gründen alles Windows Rechner bis auf ein Macbook Air) sehr lange nutze:

Mein ältester Desktop-Rechner arbeitet noch mit Windows XP, was ich für diverse ältere Tools leider noch hin und wieder benötige. Alter? Knapp knapp 20 Jahre. Keine Probleme.

Mein ältestes Notebook, was ich nur aus Geschwindigkeitsgründen auf die “Ersatzgerät”-Schiene stellen musste, aber bis heute aussieht, wie neu, trotz täglichem Herumtragen (Sony Vaio TZ-Reihe – das Beste, was je produziert wurde mMn), wird gerade im 3. Haushalt genutzt. Windows 8.1.

Mein aktuelles Lenovo ThinkPad hat auch schon diverse Jährchen auf dem Buckel, ebenso wie mein aktueller PC, beide Windows 10, beide etwa 6 Jahre. Neuanschaffung nicht in Planung.

Und nein, ich setze dafür nicht alle paar Wochen mein Betriebssystem neu auf oder führe sonstige seltsame “Clean up”-Rituale durch. Das ist seit Windows 98 Geschichte. Seit Windows XP habe ich Windows nur neu aufgesetzt, wenn ich eine neue Festplatte brauchte – oder bei Freunden. Windows ist schon lange so wartungsarm wie bspw. MacOS – meine Meinung.

Mein Macbook Air hingegen hat sich die Tage gesträubt, das neue MacOS zu installieren. Das ging nur mit 2x formatieren, Kopfstand und 5h (!) Wartezeit bei “99% completed”.

Ich denke, es ist letztlich eine Art der Gewöhnung und viel Religion. Wenn man heutzutage Probleme mit seinem Rechner hat, ist es entweder wegen zu gering dimensionierter Hardware oder unsachgemäßem Gebrauch (“Wollen Sie diesen Spam mitinstallieren?”)

the f.
the f.
16. Mai, 2022 19:39

das macbook pro von 2010 läuft bei mir immernoch ohne probleme.
sogar der akku macht (angeblich) noch 100 prozent.

ok, vieles neues geht nicht mehr – aber immerhin.

Olaf
Olaf
17. Mai, 2022 09:47

Vlt. kann mir jemand helfen? Ich habe mein Macbook Passwort vergessen und wenn ich mich über apple Id und Passwort anmelden will kommt die Meldung dass ich zum apple Server keinen Kontakt bekommen kann. Liegt vlt. an der fehlenden InternWlan/Internetverbindung. Macbook neu aufsetzen, oder was tun?

Olaf
Olaf
18. Mai, 2022 08:52
Reply to  Torsten Dewi

Danke 🙏

Tim
Tim
17. Mai, 2022 10:11

Kann auch andersherum laufen: Bei meinem zwei Jahre alten Macbook Pro ist das Display hin. “Kann passieren” heißt es im Apple Store. Garantie gerade abgelaufen, 760 Euro für die Reparatur. Kotz.

tim
tim
17. Mai, 2022 17:58
Reply to  Torsten Dewi

notorisch scheiße vor allem, dass das display kaputt geht! nach zwei jahren! die mühle war schweineteuer! und noch dieser kundenservice , der mir unterstellt, ich wäre selbst schuld. vielleicht ist das auch einfach berlin.

Maximilian Frömter
Maximilian Frömter
17. Mai, 2022 10:23

Ich nutze derzeit den Dell-Laptop meines Bruders, den er 2012 in Ägypten (!) gekauft hat. Funktioniert auch noch einwandfrei. Ich glaub, lediglich der Akku ist mittlerweile ziemlich durch, aber das ist egal, weil er sowieso dauerhaft am Stromnetz hängt. Sein Hauptrechner ist derzeit übrigens mein “neuer” Acer-Laptop von 2013 oder 2014… 😉

Shah
Shah
17. Mai, 2022 12:31

Selbst als Windowsuser würde ich einfach aus Design-Gründen gerne das alte weiße Macbook haben. Leider scheinen in der Münchner Gebrauchtmarktumgebung die meisten Leute das Gerät als Frisbee behandelt zu haben. 🙁

Zeddi
Zeddi
17. Mai, 2022 21:37

Wir haben so ab ende der 2000er, sagen wir mal so grob mit der Einführung des Intel Core2Duos eine Zeitenwende was die Performance-Langlebigkeit angeht – also die Zeit in der man ein Gerät “sinnvoll” verwenden kann was die Geschwindigkeit angeht für “normale” Nutzung.

Das ist auch unter Windows so, ein guter Core2Duo von 2008 ist für “normales Surfen” wenn man SSD und Ram villeicht mal irgendwann aktualisiert hat auch heute noch unter 10 sinnvoll verwendbar.

Das sind 14 Jahre. Umgekehrt gerechnet 2008 wäre das ein 486er oder villeicht ein Pentium 1 gewesen – 2008 absolut unverwendbar. Das ist für mich schon fast so eine art “Break Even” der PC/Notebooktechnik.

Bei den Macs ist das sogar noch eine idee stärke, da das an Unix angelehnte Mac OSX noch etwas ressourcenschonender ist.

Bei der Hardware kann ich den Kommentaren nicht ganz zu stimmen – ich hab da als IT-Typ nen ganz guten einblick und Windows-Notebooks der “Consumerklasse” sind leider oft selten so langlebig, aber halt auch sehr viel günstiger – imho aus Umweltschutzgründen ist das nicht so gut.

“Business” Windows Notebooks liegen Preislich ähnlich wie die MacBooks und sind tendenziell sogar noch etwas robuster verarbeitet – und dazwischen gibts natürlich auch einige abstufungen.

(Ich bin eigentlich nicht so wirklich Mac-Freund als Disclaimer)

Andreas
Andreas
21. Mai, 2022 12:07
Reply to  Zeddi

Ob es einen Unterschied macht das MacOS an die Hardware angepasst ist? Während Win und Linux z.B. die Absicht haben auf so vielen Endgeräten wie möglich zu laufen.

S-Man
S-Man
25. Mai, 2022 15:14
Reply to  Zeddi

Gute Anmerkung, meine Beobachtungen bestätigen das voll und ganz.

trackback

[…] Februar hatte ich erstmals über Chrome OS Flex geschrieben – ein schlankes Cloud-Betriebssystem innerhalb der Googlesphäre, das primär für den […]