25
Feb 2020

Kino Kritik: The Invisible Man

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

USA 2020. Regie: Leigh Whannell. Darsteller: Elisabeth Moss, Aldis Hodge, Storm Reid, Harriet Dyer, Oliver Jackson-Cohen, Michael Dorman u.a.

Story: Cecilia Kass hat einen unfassbar reichen, brillanten und gut aussehenden Lebensgefährten – der sie missbraucht und kontrolliert. Eines nachts gelingt ihr die Flucht vom High Tech-Anwesen. Sie beschließt, sich vor Adrian zu verstecken, denn sie fürchtet seine Rache. Doch ein paar Tage später erreicht sie die Nachricht, dass Adrian ums Leben gekommen ist und ihr fünf Millionen Dollar hinterlassen hat. Ist Cecilia endlich frei? Oder hat Adrian seinen Tod nur vorgetäuscht, um sie mit Hilfe einer neuen Technologie umso subtiler zu terrorisieren?

Kritik: Das DARK UNIVERSE, von Universal eigentlich als Gegenstück zum Marvel Cinematic Universe entwickelt, ist verdammt tief gesunken. Nach dem Flop von THE MUMMY hatte man erst tapfer versprochen, Filme wie DER UNSICHTBARE (mit Johnny Depp) und DIE BRAUT DES FRANKENSTEIN (mit Angelina Jolie) weiter voran zu treiben, aber da war der Wunsch der Vater des Gedankens. Die Idee, DER UNSICHTBARE nun von der Horror-Fließbandfabrik Blumhouse umsetzen zu lassen, wirkt wie ein müder Versuch, die Franchise nicht endgültig brach liegen zu lassen. Als ob man in den Taschen alter Jacken nach Kleingeld wühlt.

Ich habe mich sehr amüsiert, als Autor/Regisseur Leigh Whannell stolz verkündete, er bringe ein völlig neues Element in die Story ein, weil der Unsichtbare diesmal seine Ex verfolge und der Geschichte damit eine neue, weibliche Perspektive ermögliche. Der Mann war 22, als Paul Verhoevens HOLLOW MAN in die Kinos kam – er hat keine Ausrede, es nicht besser zu wissen:

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Man möge mir also verzeihen, dass ich letzte Woche mit gebremsten Erwartungen im Kino saß. Vermutlich hat nur das den Film vor einem Urteil jenseits des “meh” gerettet.

Ab hier: Spoiler. Spoiler! SPOILER!!!!

Das Hauptproblem ist ein strukturelles: Die erste Hälfte wird als Mystery aufgebaut. Schauen wir uns noch einmal die letzte Zeile der Inhaltsangabe an:

“… hat Adrian seinen Tod nur vorgetäuscht, um sie mit Hilfe einer neuen Technologie umso subtiler zu terrorisieren?”

Natürlich hat er das! Der Film heißt DER UNSICHTBARE! Die ganze Frage, ob Adrian noch lebt, ist schon durch den Titel hinfällig und deshalb ist es erschütternd fruchtlos, daraus Spannung generieren zu wollen. Die erste halbe Stunde sitzt man eigentlich nur da, mampft Popcorn und denkt: “Schon klar, der ist unsichtbar – weitermachen!”

Es ist dann auch nicht wahnsinnig befriedigend, dass dem brillanten Wissenschaftler, der sich fucking unsichtbar machen kann, nichts anderes einfällt, als seiner Ex nachzusteigen. Echt jetzt? Das wäre auf meiner persönlichen “Wenn ich unsichtbar wäre…”-Liste nicht mal unter den Top 500.

Aber unterstellen wir mal, dass Adrian so psycho ist, dass er sein Leben aufgibt und alle Energie darauf verwendet, Cecilias Existenz zu ruinieren. Dann macht das immer noch keinen Sinn. Weil der Film die Spielregeln der Unsichtbarkeit nie angemessen definiert und wir glauben müssen, dass sich Adrian z.B. tagelang in Krankenzimmern und Zellen aufhalten kann, ohne gehört oder gerochen zu werden, ohne zu pupsen oder pinkeln zu müssen. Er ist unsichtbar, aber doch nicht non-existent!

Der ganze Masterplan ist sowieso Kappes – Adrians Bruder verspricht Cecilia, dass er das ganze Drama beenden könne, wenn sie zu Adrian zurück kehre. HALLO? Cecilia hat ein paar Filmminuten vorher scheinbar vor den Augen Dutzender Menschen in einem Restaurant ihrer Schwester die Kehle durchgeschnitten! Wie soll sich das mit einem Anruf vom Tisch wischen lassen?

Zum Ende hin stapelt der Film dann auch zunehmend Quatsch auf Kappes, um die Handlung am Laufen zu halten. Jeder Versuch, hier einen “realistischen INVISIBLE MAN” zu produzieren, wird am Altar der Suspense blutig geopfert.

Hinzu kommt, dass THE INVISIBLE MAN diesen blassen Blumhouse-Look hat, der mich total langweilt, weitgehend auf coole Spezialeffekte verzichtet und mit Elisabeth Moss eine talentierte Hauptdarstellerin hat, der jedoch der Glamour für einen großen Kinofilm fehlt, zumal man sich ständig fragt, ob sich ein Mann wie Adrian ausgerechnet eine eher graue Maus wie Cecilia als Trophy Wife schnappen würde.

Man könnte vielleicht noch diskutieren, ob INVISIBLE MAN wieder ein feministischer Selbstjustiz-Film ist, weil Cecilia Adrian am Schluss ohne Not für Leib und Leben tötet. Früher befanden sich die Protagonistinnen solcher Filme (siehe DER FEIND IN MEINEM BETT) wenigstens in akuter Lebensgefahr. INVISIBLE MAN hingegen inszeniert die blutige Hinrichtung als Befreiungsakt und stilisiert Cecilia damit zur Heldin. Aber ich halte den Film für zu dünn, als dass so etwas eine separate Diskussion wert wäre.

Ja, ein paar der Scares funktionieren, einige von Adrians Ideen sind durchaus fies und überraschend, aber es bleibt die Erkenntnis, dass hier ein einfacher “Psycho Ex”-Thriller mit wenig Aufwand zu einem Genrefilm umgedengelt wurde (oder umgekehrt), ohne daraus besonders Saft zu ziehen. Das Plakat sieht dementsprechend nach kanadischem Low Budget aus. Wenig Anspruch paart sich mit wenig Ertrag.

Fazit: Ein mäßig spannender “Psycho Stalker”-Film, der seiner Vorlage an keiner Stelle gerecht wird und durch massive Logiklöcher jede Glaubwürdigkeit verspielt.

Man vergleiche das hier mal mit dem obigen Trailer von HOLLOW MAN – ich weiß, welchen der beiden Filme ICH sehen möchte:

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Comicfreak
Comicfreak
25. Februar, 2020 18:47

.. Vielleicht mal wenn er im Fernsehen läuft und ich beim bügeln bin..

Thies
Thies
26. Februar, 2020 07:59

“Hollow Man” ist auch schon über 20 Jahre her? Kinder wie die Zeit vergeht.

Der “neue” Film übt aber so gar keinen Reiz aus. Falsche Zutaten oder falsches Marketing? Ich tippe auf beides.

Marsel
Marsel
26. Februar, 2020 10:09

Wenn ich nur schon lese “Cecilia Kass hat einen unfassbar reichen, brillanten und gut aussehenden Lebensgefährten…” weiß ich, dass der Film nix taugt.

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
26. Februar, 2020 10:41

Also weiter Kevin Schinken…

dermax
dermax
27. Februar, 2020 15:39
Reply to  Rudi Ratlos

Eher Kevin Speck, oder? Schinken ist der aus Mad Men…

Dietmar
28. Februar, 2020 22:21

Die erste halbe Stunde sitzt man eigentlich nur da, mampft Popcorn und denkt: “Schon klar, der ist unsichtbar – weitermachen!”

Immer schön, zum Lachen gebracht zu werden. 🙂 “Hollow Man” finde ich übrigens toll. Da stört mich die falsche Physik von Bränden auch nicht so sehr, irgendwie.

Marsel
Marsel
3. März, 2020 10:27

Offenbar ist der Film grad super erfolgreich gestartet in den US of A…