Fantasy Filmfest Nights 2024: Nach(t)gedanken & Trailershow
Themen: FF Nights 2024, Film, TV & Presse |Okay, das Festival ist eine Woche her und ich hatte Zeit, meine kleinen grauen Zellen wieder auf Spur zu bringen. Sprechen wir also abschließend über das “kleine” Fantasy Filmfest und das Drumherum.
Bei der Gesamtbewertung des Programms tue ich mich schwer, denn mit LOVE LIES BLEEDING und ROUNDUP: PUNISHMENT habe ich zwei “crowdpleaser” am ersten Tag ausfallen lassen, das mag mein Urteil unangemessen trüben. LOVE LIES BLEEDING werde ich voraussichtlich diese Woche nachliefern – auch auf Wunsch des FFF-Veranstalters, der ihn mir sehr ans Herz gelegt hat.
Darüber hinaus war das Angebot mal wieder sei breit mit Filmen nicht nur aus den USA und England, sondern auch aus der Türkei, aus Estland und aus Südafrika. Neben der ewigen “sicheren Bank” Südkorea war Frankreich dieses Jahr auffällig oft vertreten – der Kenner weiß, was das bedeutet: fleißig Untertitel lesen.
Die geographische und thematische Bandbreite wurde leider diesmal nicht von einem qualitativ hohen Spektrum getragen. Es gab KEINEN wirklich sensationellen Film, ohne CONCRETE UTOPIA und LATE NIGHT WITH THE DEVIL wäre die Ampel zu selten auf grün gewesen. Am anderen Ende des Spektrums gab es erfreulich wenig Ausfälle, allein WEIRD KIDZ gehört in meinen Augen nicht auf so ein Festival.
Ärgerlicher als die guten oder schlechten Filme fand ich die Enttäuschungen. Gerade von BOY KILLS WORLD hatte ich mir angesichts der Macher erheblich mehr erwartet, SUITABLE FLESH war nicht die Lovecraft/Gordon-Huldigung, die er hätte sein sollen. THE INVISIBLE FIGHT löste das Versprechen “Instant-Kult” nicht ein, und THE EMPIRE schwankte schwer zwischen fade und Frechheit.
Nun bleibt es dabei, dass man dem FFF schwer vorwerfen kann, dass es sich aus dem internationalen Festival-Pool bedient und im Zweifelsfall lieber mal Arthaus als Schlachthaus bedient – das war schon immer so. Das ist die Intention der Macher. Das hat allerdings zur Folge, dass das Festival auch immer generischer wird. Die Unterschiede z.B. zum alljährlichen Frightfest in London sind marginal.
Der Eindruck der Beliebigkeit wird verstärkt durch die zunehmende Gesichtslosigkeit des FFF. Die Plakatmotive immer abstrakter, kein eigener Festival-Trailer, keine Verlosungen, kaum noch Rahmenprogramm – heuer hat sich Rainer Stefan in München vielleicht zwei, dreimal vor dem Film kurz zu Wort gemeldet, das war’s. Das böse Wort des “Abspielfestivals” machte die Runde, das ich eher für ein “Abspulfestival” halte. Es gibt Programm, aber keinen Event mehr.
Die Videobotschaften der Macher vor dem Film sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme, auch wenn die meisten Regisseure sich auf ein “hello Germany, sorry that I can’t be with you, enjoy the movie” beschränken. Allein Joe Lynch hat in diesem Jahr richtig fett abgeliefert, dafür gebührt ihm Respekt.
Abgesehen davon freut man sich natürlich auf die immer gleichen Gesichter im Saal und vor dem Kino, ob man sie nun kennt oder nicht. Eine junge Frau bringt schon seit ein paar Jahren Keanu Reeves mit, was sie unverwechselbar macht:
Wer genau hinschaut: Der hat sogar eine offizielle Dauerkarte!
Es gab natürlich auch wieder Trailer in Dauerrotation zu sehen, denn das bringt den Veranstaltern Geld ein. In Sachen Videospiele lief diesmal nur ein erweiterter Trailer von DEAD ISLAND 2 – so ähnlich wie der hier:
Darüber hinaus bis zum Abwinken gespielt – A QUIET PLACE: DAY ONE. Der steht bei mir oben auf der Liste, weil er vom Regisseur von PIG gedreht wurde:
Mehr “echte” Begeisterung ruft natürlich der Trailer zu FURIOSA auf, auch wenn ich mich frage, was daran noch eine MAD MAX SAGA ist?
In meinen Augen hat die Franchise sich völlig abgekoppelt, ähnlich wie ALIENS, wo die Aliens ja auch zunehmend irrelevant wurden. Positiv: Die für ihre Performance in STING von mir hoch gelobte Alyla Browne ist dabei.
MARS EXPRESS hat endlich einen deutschen Verleih, darum durften wir uns den Trailer zum Film, der beim Festival 2023 lief, nochmal anschauen:
Sattsam bekannt ist uns auch NIGHTWATCH: DEMONS ARE FOREVER, der bereits im Februar auf den White Nights lief und nun einen Verleih hat:
Was hat uns noch gefehlt? Dass M. Night Shyamalans Tochter unter der Fürsorge ihres Papas anfängt, ebenfalls vage Okkultfilme zu drehen. Yet here we are:
Die einzige wirkliche Nervensäge unter den Trailern war diesmal KNOCK KNOCK KNOCK (was ich immer mit “Penny! Penny! Penny!” quittiert habe). Man kann an diese Spukteaser mit ihren “jump scares” nur begrenzte Lebenszeit verschwenden.
Ist euch auch aufgefallen, dass im Trailer der Name des Jungen wechselnd deutsch und englisch ausgesprochen wird?!
Damit hat es sich auch schon, mehr gibt es eigentlich nicht zu erzählen. Als Rückgriff auf meinen Artikel über die verwahrlosenden Großstädte neulich kann ich euch noch dokumentieren, wie die Mülleimer in der Nähe des Kinos aussahen:
Beim 1 Euro-Shop nebenan haben wir uns mal wieder das Regal mit den Filmen und Videospielen angesehen. Ein paar durchaus lohnenswerte Scheiben – aber ich habe ja nicht mal mehr einen Player. Aufgestoßen ist mir allerdings der kackfreche Versuch, Warren Beattys Flop TOWN AND COUNTRY von 2001 mit einer Fake-SEX AND THE CITY-Artwork unter die Leute zu bringen:
Gegessen haben der Frankster und ich recht ordentlich – mein Intervall-Fasten erlaubt mir k(l)eine Sperenzchen. Beim Araber fuhr der hier an uns vorbei:
Wie ich nach so einem Festival aussehe? Hier das Belegfoto von meiner Heimkehr mit dem Roller nach der letzten Vorstellung:
War schon schlimmer. Und dank kreativer Streckenführung schaffe ich es mittlerweile nach Mitternacht in 15 Minuten vom Stachus nach Trudering. Münchner werden angesichts dieser Aussage anerkennend “holla!” murmeln.
Damit mache ich den Deckel in Sachen Fantasy Filmfest Nights 2024 zu und nagel ihn fest. Done and done. Im September steht das “große” Festival an – und ich bin immer noch unentschlossen, wo ich es mitnehme. Einiges spricht für Berlin, aber da sind die Hotels in Kinonähe ziemlich teuer und/oder ausgebucht.
Hat wer einen Schlafsack?
Dem ersten Satz würde ein zusätzliches ‘her’ gut tun.
Na, dann mache ich das doch gleich mal rein!
“Die geographische und thematische Bandbreite wurde leider diesmal von einem qualitativ hohen Spektrum getragen.” Den Satz habe ich nicht verstanden oder fehlt da einfach was?
Mit dem Satz habe ich elend lang gehadert und dann glatt das “nicht” vergessen. Danke.
Schlafsack und eine sehr bequeme Matte hätte ich. Aber ob ich dir auch ein Dach anbieten kann, müsste ich intern klären, rechne allerdings aufgrund der Uhrzeiten mit einer eher ablehnenden Haltung…
War jetzt auch nicht so ernst gemeint – aus dem Alter bin ich raus.
Zumindest Love lies bleeding dürfte am Gesamteindruck auch nicht viel ändern.
In Hamburg lief auch noch der Trailer für “The last kumite”. Sah nach DTV-Ware ohne echte Schauwerte aus. Van Damme konnte man für diesen Nachklapp nicht gewinnen, aber Urgestein Cynthia Rothrock darf kurz mitspielen.
https://www.youtube.com/watch?v=25WqrxRjIgg
Ja, den haben wir auch gesehen – und ich habe mir heute den ganzen Film “gegönnt”. Stay tuned.
Hahaha, da habe ich im Fratzebuch schon eine wilde Diskussion beim Splatterblog (?) mitgelesen. Da können wir uns das Popcorn schon mal warm machen 😀
KNOCK KNOCK KNOCK (der unter dem Titel COBWEB wohl schon einige Zeit auf Halde lag und im Ausland schon durch die ganze Verwertungskette ist) ist übrigens ziemlich guter Stoff, stellenweise sogar echt gruselig.
Aber das wusste ich, bevor ich drin war, zugegeben nur von der Besprechung im Horror-Podcast des Herrn Gosejohann. Der furchtbar generische Hui-Buh-Trailer alleine hätte mich auch nicht ins Kino gelockt, und den mehrfach am Tag sehen zu dürfen stelle ich mir in der Tat recht nervig vor.
Dass die Plakatmotive immer bliebiger werden, und es keinen richtigen Festival-Trailer mehr gibt, macht mich auch etwas traurig.
MARS EXPRESS würde ich mir sofort nochmal anschauen! Ich früchte nur, dass der hier Tschechien nicht rauskommen wird…
Und diese Johnny-Silverhand-Figur ist ja genial! Setzt die den dann immer auf ihren Schoss?
Weil er für mich mit dem B-Film-Festival a.k.a. FFF zu tun hat – R.I.P. Roger Corman. 98. Großes Werk.
Ich komme heute nicht dazu, darüber zu schreiben. Das hier ist der Text von Tim Lucas:
When I introduced Roger Corman to the audience at the Vincentennial, I told them that we had in our presence a vital, still-working man who was – in my view, without question – the single most important movie mogul in film history. Not just for the legion of fine actors and filmmakers he introduced to the business, which first raised it to the standard of earning more than $100,000,000 in profits, but because he gave the Baby Boomer generation (the largest surge of humanity in recorded human history) movies that considered them and their interests and spoke to them. The word “teenager” had barely come into common use. And that single idea changed the film business from top to bottom.
You can find other movie moguls, who were the heads of major studios, and certainly they achieved major results, but they generally did not change with their audience. As Corman’s generation grew to adulthood, it led to a civil war of sorts that rocked American cinema to its core and turned our movie-going landscape into fertile ground for younger ideas, untried directors, independent filmmaking, and commercial experimentation. As a director, Corman prided himself on being a commercial filmmaker and an earnest professional, but he was also a genuine lover of international film and was influenced by the likes of Ingmar Bergman and Jean-Luc Godard. He would’ve loved to make the leap from AIP to the majors, but after making THE ST. VALENTINE’S DAY MASSACRE for 20th Century Fox, he followed it with a western and was soon relieved of his director’s chair. Why? Because he wasn’t spending enough money. In the minds of the studio heads, a director who knew what he was doing had to wield millions, not save money. This was actually offensive to Corman. He ended up going back to AIP until they went public and their investors applied pressure to make their new releases less radical. Corman realized that the only way to achieve his vision was to occupy the throne where those executive decisions were made – so he left AIP and founded New World Pictures with his wife Julie.
There are so many astounding breakthroughs in filmmaking that originated with Roger – for example, his ability to pounce on breaking news stories and get movies inspired by them into theaters while the popular response was still hot (as in the case of Bridey Murphy and THE UNDEAD, or Sputnik and WAR OF THE SATELLITES). There is also his uncanny ability to represent the counter-cultures of various decades (from beatniks to bikers, from hippies to punks). He was and will forever be the avatar of making films for less money, with more imagination. I particularly admire him for his belief in sneaking forward-thinking, progressive ideas into popular entertainment, like the rebellious feminism found in New World pictures that looked purely exploitative from their posters. Rod Serling often receives credit for doing the same thing on THE TWILIGHT ZONE, but Roger Corman was there first, making the first genuinely thought-provoking, dystopian science fiction films in the mid-1950s, while other filmmakers were looking for ways to continually recycle the premise that our astronauts would have a sacred mission to teach any pretty alien women out there in space how to reproduce the old-fashioned way. There could have been no PLANET OF THE APES without TEENAGE CAVEMAN, no TARGETS without VOYAGE TO THE PLANET OF PREHISTORIC WOMEN and THE TERROR.
Roger Corman was one of the first names I memorized while going to matinees as a six-year-old child, from the frequency of its recurrence onscreen. Long before I knew what a director was, I deduced that the director must be VERY important because his name was the last to appear before the story began; as it began, that name seemed to hover and resonate. I was moved to write THE MAN WITH KALEIDOSCOPE EYES because I thought the story of how Roger – a political liberal who was nevertheless, personally, somewhat conservative in the old sense – did something against his own nature, by taking LSD in preparation for making a film about it. It involved an element of risk, and it was a risk he accepted to tell a more truthful picture. In the end, he made what remains the most commercial picture (it was THE hit of the Summer of Love, 1967) with the most experimental, most avant-garde, non-narrative material; it reaches a point where it can’t be understood and can only be felt, experienced. I believed then, and believe now, that this one story, out of countless Roger Corman anecdotes, has the genuine power of a modern-day myth. It’s the kind of story that must have its counterpart somewhere in the annals of Greek mythology. Hell, now that I think of it, THE ODYSSEY might be that very counterpart. Doesn’t the title alone suggest that possibility?
Now Roger himself ascends to the level of myths, the level above living legends. To paraphrase what Godard said about Orson Welles, those of us who love cinema cannot thank Roger Corman enough.
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