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Feb 2024

Fantasy Filmfest White Nights 2024 München (9): WHEN EVIL LURKS

Themen: FF White Nights 2024, Film, TV & Presse |

Argentinien 2023. Regie: Demián Rugna. Darsteller: Ezequiel Rodríguez, Demián Salomón, Silvina Sabater, Virginia Garofalo, Paula Rubinsztein, Luis Dziembrowski

Offizielle Synopsis: In der argentinischen Provinz ist Aberglaube tief verankert. Bei den Brüdern Pedro und Jimi führt er zu nackter Panik, als sie in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft einen furchtbar entstellten Mann finden, der in seinem Bett bei lebendigem Leib verrottet. Er muss von einem Dämon besessen sein! Doch wie wird man das blutrünstige Wesen aus den Tiefen der Hölle los, wenn sieben strenge Regeln jede Intervention unmöglich machen und der bestellte Exorzist zerfetzt in den Büschen liegt? Ihr verzweifelter Versuch, das Böse abzuwenden, führt in die Katastrophe. Denn es kennt kein Erbarmen, mit nichts und niemandem.

Kritik: Jetzt wird es wieder etwas kompliziert. Bekanntermaßen konnte ich mit Rugnas Erstling TERRIFIED wenig anfangen, obwohl das Programmheft 2018 tapfer verkündete:

“schon jetzt ein wegweisender Beitrag für das argentinische Genrekino”

Und tatsächlich fand der Film viele Freunde, steht in der IMDB bei 6,5 Punkten.

Nun präsentiert Rugna seinen neusten Streifen und das Programmheft macht sich wieder unangemessen ins Höschen vor Begeisterung. Haltet euch fest:

Bereits mit TERRIFIED lehrte uns Demián Rugna das Grauen. Jetzt übertrifft er sich selbst in Sachen Terror, Gewalt, Paranoia und nervenzerrender Spannung und tritt in große Fußstapfen: Beim Dämonen-Übervater DER EXORZIST rannte das Publikum schockiert aus dem Kino und erlag Ohnmachtsanfällen. WHEN EVIL LURKS hat ebenfalls das Zeug dazu. Der internationale Festivalhit hat schon jetzt Kultstatus!

Und ich so:

Tatsache ist, dass WHEN EVIL LURKS eine bestenfalls neu abgemischte, aber dennoch alte Mär erzählt – der Dämon, der von Körper zu Körper springt und an dessen Regeln man sich halten muss, wenn man ihm keinen Einlass gewähren will. Das erinnert an DER EXORZIST ebenso wie an DON’T KILL IT. Wir begleiten zwei Brüder, die versuchen, der Gefahr zu entkommen oder sie wahlweise zu bannen, was eher so mittel klappt. Es reicht, auch nur mit der Kleidung eines Besessenen in Kontakt zu kommen oder ihn versehentlich zu töten, um dran zu sein.

Nun kann man das ja trotz aller Klischees, die es bedient, ordentlich inszenieren. Und das schafft Rugna auf dem technischen Level durchaus. Wir erleben die Ödnis des argentinischen Hinterlands und verstehen sehr schnell, dass die Menschen hier auf sich gestellt sind. Die Schocks, der Einbruch der Gewalt in die Normalität, das ist fettfrei und gnadenlos inszeniert. Von Anfang an herrscht ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, weil niemand genau weiß, wie die Gefahr zu besiegen ist.

Aber wie schon bei TERRIFIED verstolpert sich Rugna massiv beim “world building”. Abgesehen von ein paar extrem vagen Anspielungen erfahren wir nie, wie die Dinge zusammenhängen. Es gibt die “rotten”, es gibt die “possessed”, dann sind Kinder noch irgendwie anfällig für das Böse. Es hat wohl früher schon einen Dämonenbefall in größerem Ausmaß gegeben, weshalb es staatliche “Cleaner” gibt, die mit irgendeinem Instrument die Dämonen wohl in Schach halten können. Nicht, dass wir das jemals zu sehen bekämen – entweder hat WHEN EVIL LURKS nicht das Budget oder das Interesse, uns mehr als den winzigsten, für sich genommen unvollständigen Ausschnitt seines Universums zu zeigen.

Wo wir nicht verstehen, warum etwas passiert, kann uns nur wenig scheren, dass es passiert. So besteht WHEN EVIL LURKS aus einer Reihenfolge von Attacken und Fluchten, die weder Anfang noch Ende kennen. Es addiert sich zu nix.

Es gibt Leute, die meinen, ich läge damit falsch. Das kann ich respektieren und darum sage ich denen:

Fazit: Ein in seiner Authentizität beeindruckender und intensiver “body snatcher”-Horror, der aber beim “world building” komplett versagt und den Zuschauer nicht ausreichend an die Hand nimmt, um den Terror der Figuren nachzuvollziehen. Oder ich hab’s nicht verstanden. Anyway: 4 von 10 Punkten.

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2 Kommentare
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Thies
Thies
12. Februar, 2024 22:43

Tja, man kann eben geteilter Meinung sein. Wie es im Norden so schön heißt: “Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall”. Zum Film muss ich dir jedoch beipflichten das er sein Potenzial nie richtig ausreizt. Und ich frage mich ob hier eine kulturelle Barriere stand die ich nicht überwinden konnte. Zu oft schien mir das Verhalten der Protagonisten zu fremd um nachvollziehbar zu sein. Immer wieder wurden Regeln im Umgang mit Dämonen erwähnt, aber im Falle des Falles hielt sich niemand an sie. Die Polizei reagiert mit unverhohlener Verachtung auf den Report über eine mögliche Besessenheit, dabei müsste sie doch wissen was auf dem Spiel steht. Es gibt einige garstige Schocks, aber die Grundstimmung bleibt eher irritierend als fesselnd. Das Ende empfand ich dann auch nicht als Downer sondern als Erleichterung. Alles hat mal ein Ende, auch ein dummer Film.

Will Tippin
Will Tippin
13. Februar, 2024 22:27

Auf den hatten wir uns gefreut, war dann doch nicht das was wir erwartet hatten. Dafür dass er so im Text und bei der Anmoderation gepriesen wurde, waren die 3-4 tatsächlich schockierenden/ekligen Szenen doch recht wenig.