13
Jun 2023

Schirmherrschaft: Der IKEA-Fluch

Themen: Neues |

Die Geschichte unserer Ampelschirme ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Heute werde ich sie euch erzählen.

Wir haben eine sehr große umlaufende Terrasse mit einem schönen Bereich für Essen, Grillen, Lounge, etc. Um die Wege freizuhalten und uns nicht ständig die Füße anzustoßen, haben wir früh entschieden, dass statt eines regulären Sonnenschirms ein Ampelschirm die Terrasse beschatten soll.

Gesagt, getan, gekauft – unser Paradies im Jahr 2020:

Nun bringen Ampelschirme konstruktionsbedingt einige Nachteile mit sich: Sie lassen sich von Wind deutlich leichter wegdrücken, sogar beschädigen. Sie benötigen signifikant schwerere Ständer, idealerweise mit Steinplatten >40 Kilo. Deshalb lassen sie sich auch nicht ohne Weiteres umstellen.

Was mir nicht klar war: Fast alle Ampelschirme, die für brauchbare Preise bei Amazon angeboten werden, sind chinesischer Schrott, oft genug aus den immer gleichen Fabriken. Auch dann, wenn sie “deutsche” Firmennamen tragen. Sie wirken im ersten Moment sehr stabil, aber gerade die beweglichen Teile (Nabe, Kurbel) sind oft genug aus preiswertem Plastik, das einer größeren oder wiederholten Belastung nicht standhält.

Unsere Terrasse ist naturgemäß relativ exponiert, weshalb wir jeden Windstoß voll mitbekommen. Ein wenig ausgleichen konnten wir das damit, dass wir die den Schirm an drei Seiten mit elastischen Seilen fixierten, so dass er nicht nach hinten weggedrückt wurde.

Dennoch haben wir es geschafft, jedes Jahr einen Schirm zu “verbrauchen” – beim ersten brach die Halterung in der Mitte der Nabe, beim zweiten riss der Seilzug in der Kurbel. Da kann man nichts reparieren.

Nun kann man so lange Schrott kaufen, bis man für den Preis auch ein Markenprodukt hätte kaufen können. Zum Frühjahr 2023 wollten wir es besser machen, ließen uns aber doch wieder ködern – ein preiswerter Ampelschirm mit deutschem Namen und einer solarbetriebenen LED-Beleuchtung kam ins Haus:

Er hielt genau bis zum ersten Abend, an dem wir ihn ernsthaft nutzen wollten:

Der Draht, der die Nabe hält, brach praktisch augenblicklich durch.

Natürlich gab es Stress bei der Erstattung des Geldes – wir hatten keinen Originalkarton mehr, Kartons dieser Größe kann man nicht kaufen, und angesichts des Zustands des Schirms wäre eine Rücksendung ja auch Quatsch gewesen. Ich habe am Ende einen Teil des Kaufpreises als Erstattung akzeptiert und den praktisch neuen Schirm zum Wertstoffhof gebracht. Das ist auch so eine Sache, die mich ärgert: Müll produziert Müll. Nachhaltig ist anders.

Tatsächlich fand ich in den Kommentaren bei myDealz.de einen Hinweis, warum diese Schirme alle die gleichen Schwachstellen haben:

Schwachpunkt sind die runden Dinger, wo die Streben eingehangen sind. Da geht ein rundgebogener, steifer Stahldraht durch und hält die Streben. Die vier Plasteschalen (oben zwei, unten zwei) werden bei starker Windbewegung auseinander gedrückt und der Draht für die Streben springt heraus, alle Streben danach auf “Halbmast”, Schirm kaputt!

Was nun? Vierten Schirm kaufen, wieder ärgern? Die LvA war dagegen. Wir haben ein paar kleinere, bewegliche Schirme, das reicht doch. Ich selbst wollte so schnell nicht aufgeben und plädierte für den Kauf eines qualitativ hochwertigeren Schirms. Die Diskussion wurde erstmal auf Eis gelegt – bis letzten Freitag.

Wir wollten ins Planetarium nach Garching. Leider war die Autobahn A9 wegen Malerarbeiten gesperrt, es brauchte einen Umweg, und fünf Minuten nach Beginn der Vorstellung standen wir vor verschlossenen Türen. Ärgerlich. Damit die Fahrt nicht ganz umsonst war, schlug ich einen Besuch des Gewerbegebiets Eching mit der heiligen Dreifaltigkeit vor: IKEA, Maisons du monde, Kare. Wir kauften Trinkgläser, Bettbezüge, einen Bilderrahmen, aßen Köttbullar und Spargel.

Auf dem Vorplatz von IKEA war ein Outdoor-Bereich eingerichtet, auf dem sich zu meiner Überraschung diverse Sonnenschirme fanden, darunter Ampelschirme.

Darauf war ich überhaupt noch nicht gekommen, obwohl es mir so geht wie vermutlich vielen von euch: Man möchte sich irgendwann von IKEA lösen, möchte Alternativen finden, um nicht immer zur Herde der schwedischen Schafe zu gehören. Ab einem gewissen Alter hat man Geschmack und Geld genug, um sich auch mal anderweitig einzurichten. Und was passiert? Nach einer frustrierend langen Suche findet man, was man braucht – wieder bei IKEA. Man kommt nicht davon los. Ich nenne das den IKEA-Fluch.

Und so entdeckten wir gleich mehrere Ampelschirme, die für uns in Frage kamen. Das größte Modell bot sich bei unserer Terrasse natürlich an, aber wegen des Windes sollte es dann doch nicht mehr als 270cm x 270cm sein. Ich nahm HÖGÖN ausführlich in Augenschein:

Sieht “fipsig” aus ((c) LvA), ist aber aus Metall und erstaunlich stabil gebaut. Der Ausklapp-Mechanismus ist clever und benötigt weder Zugseil noch Kurbel:

Ein weiterer Vorteil: Weil der Haltearm nicht von oben, sondern von der Seite durch den Stoff reicht, entsteht eine Art Spalte, die bei Winddruck als Ventil dient.

Es ist schon fast paradox: Hatten wir die bisherigen Schirme zu offensichtlich nach Preis ausgewählt, war HÖGÖN uns fast schon wieder zu billig. Taugt der was?

Nach einem Tag Bedenkzeit und mit dem Segen der LvA fuhr ich wieder nach Eching und kaufte den Ampelschirm – auch deshalb, weil eine etwaige Rückgabe bei IKEA immer erheblich einfacher ist als beim Chinesen.

Die Steinplatten, die unsere Schirme beschweren, habe ich am Sonntag mit einem aggressiven Putzmittel und einer Grillbürste gesäubert. Der Zusammenbau des HÖGÖN war fast albern einfach – vier Schrauben für den Standfuß, drei Schrauben für die Haltestange. Den alten Ständer konnte ich entsorgen – HÖGÖN bringt seinen eigenen Fuß mit, was auch notwendig ist, denn die Haltestange ist entgegen allen Standards nicht rund. Das hat den Nachteil, dass man den Ampelschirm nicht drehen kann.

Da steht er nun und kann nicht anders:

Eindruck nach drei Tagen: beeindruckend. Die vereinfachte Mechanik verringert die Zahl der anfälligen Teile. Aufklappen geht deutlich einfacher als bei den Vorgängern, das schafft sogar die LvA. Zuklappen geht auf Knopfdruck. Bei Windstößen zeigt sich der HÖGÖN beweglich, aber stabil. Momentan sieht es nicht mal so aus, als müssten wir ihn mit Seilen verankern.

Zusätzlicher Pluspunkt: er klappt deutlich schmaler zusammen und der Schirmstoff ist abnehm- und waschbar.

Ich will nicht voreilig urteilen, aber es könnte sich mal wieder bewahrheiten, dass IKEA die bessere Wahl ist, wenn man einen günstigen Ampelschirm braucht.

IKEA – why can’t I quit you?!



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Andreas
Andreas
13. Juni, 2023 18:46

Ich kann das verstehen, wollte ich doch auch schon viele male “nie wieder” zu IKEA gehen aus unterschiedlichsten Gründen.
Alleine für passende Kisten für unsere Expedid (heute Kallax) Regale zu kaufen, obwohl wir die schon vor 3 Umzügen wegwerfen wollten.
Ich hätte allerdings nicht gedacht das die so viele Umzüge überhaut mitmachen ohne kaputt zu gehen.

Stefan
13. Juni, 2023 19:26

Auf einem großen Pflanzenhandel mit Gartenausstellung habe ich letztens gesehen, was mit Markisen oder Sonnensegeln mittlerweile alles möglich ist. Wäre das nicht langfristig eine bessere Lösung? Befestigungspunkte habt ihr ja.

Stefan
13. Juni, 2023 19:37
Reply to  Torsten Dewi

Dann such mal nach elektrisch aufrollbaren Sonnensegeln.

DSFARGEG
DSFARGEG
14. Juni, 2023 15:48

Ich verstehe dieses Ikea-Bashing nicht. Viele der Designs entsprechen meiner Vorliebe fürs Minimale, die Qualität ist überwiegend exzellent (ein paar Ikea-Möbel hab ich jetzt seit zwanzig Jahren), die Preise sind unschlagbar. Ich bin immer gut damit gefahren.

DSFARGEG
DSFARGEG
14. Juni, 2023 16:00
Reply to  Torsten Dewi

Kann ich nachvollziehen, aber mir kommt es beim Einrichten immer auf das an, was in den Regalen steht, und nicht auf die Regale selbst – die sollen möglichst unauffällig sein, damit der Inhalt besser zur Geltung kommt. Da liefert Ikea natürlich perfekt.

Raphael
Raphael
14. Juni, 2023 18:02

So geht perfekter Service-Journalismus. Danke! Am Wochenende habe ich erstmals zu Ampelschirmen recherchiert und war von der bimodalen Preisverteilung und der Menge an China-Ware erschlagen. Jetzt muss ich wohl auch zu Ikea schauen.

Ute
Ute
16. Juni, 2023 09:05

Stimmt, mir ist bei Ikea der Anlehnpavillon ins Auge gefallen und sofort gekauft. Super zufrieden,!