Echo Dot: Der Hausgeist in Puckform
Themen: Neues |Ihr wisst, dass ich eher selten ein “early adopter” bin: Facebook, Smartphone, Navi, Tablet, Chromecast – alles kam bei mir eher spät ins Haus und auch dann nicht aus technophiler Spielsucht, sondern eher aus schulterzuckender Neugier: kost’ ja kaum was, da kann man sich das schon mal ansehen.
Mit digitalen Assistenten habe ich bisher gefremdelt. Schon Ende der 90er fiel mir auf, dass die Sprachsteuerung von elektronischem Gerät eine eher mühsame Sache ist und ein Knopf sich oft schneller drücken lässt als ein Befehl sprechen. Außerdem fand ich den Gedanken absurd, mit dem Inventar zu reden (Schildkröten ausgenommen).
Spätere Versuche mit der Diktierfunktion meines Betriebssystems verliefen auch nicht befriedigend. Einzig auf dem iPhone nutze ich die Möglichkeit, Nachrichten einzusprechen, weil das a) sehr präzise funktioniert und b) mich virtuelle Minitastaturen noch mehr nerven als die Spracherkennung.
Amazon Alexa hat als Software mit irgendeinem Update des Fire Tablet-Betriebssystems bei uns Einzug gehalten – und wurde nach dem (gelungenen, immerhin) Versuch, damit einen Sack Katzenstreu zu bestellen, gleich wieder deaktiviert. Kam in die mentale Kiste mit der Aufschrift “braucht kein Mensch”.
Die Frage des Datenschutzes oder der Privatsphäre scherte mich dabei weniger. Ich werde beizeiten noch darüber schreiben, aber nach 25 Jahren Internet glaube ich nicht mehr an die Mär der Datenkraken, die unser Leben kontrollieren und kapitalisieren. Was Google und Facebook von mir wissen, sorgt mich wenig.
Aber ähnlich wie bei den Tablets kitzelte mich nicht irgendwann der NUTZEN der Alexa-Geräte, sondern deren Preis/Leistungsverhältnis. Als Amazon die kleinen Dots auf 39 Euro rabattierte, wollte ich es dann doch mal ausprobieren. Was kann so ein kleiner Puck heutzutage? Wozu taugt der? Taugt der überhaupt? Also bestellte ich noch aus unserem Schweden-Urlaub zwei dieser Kombinationen aus Bluetooth-Lautsprecher und Hardware-Suchmaschine. Zwei Tage später erfuhr ich, dass Media Markt ein Doppelpack momentan für gerade mal 59 Euro raushaut.
Einzige Vorbedingung: Ich versprach der Gattin, die Geräte im Zweifelsfall zurück zu bringen, sollte sich doch eine Unsicherheit angesichts des “Lauschangriffs” einstellen.
Seit einer Woche haben wir die Echo Dots nun in Betrieb. Einer steht im Tages-Wohnzimmer (ja, wir haben ein Tages-Wohnzimmer), und einer in der Küche. Sie ersetzen dort primär das klassische Küchenradio und das vernetzte Internet-Radio von Medion, das wir vor vier oder fünf Jahren mal für etwas über 100 Euro gekauft haben.
Zuerst einmal: Einrichtung und Inbetriebnahme liefen erfreulich fehlerfrei. So, wie die Echo Dots eben keine “Computer” sein sollen, die Laien zu viel abverlangen, so unauffällig verhalten sie sich auch. Wie ein kleiner Stapel Bierdeckel stehen sie auf einer Kommode, die darauf befindlichen vier Tasten habe ich bis heute nicht benutzt. Nach der Installation über die Alexa-App geht das alles wie von Zauberhand per Sprache.
Das “Ohr” (vier Raummikrofone) des Dot ist wirklich präzise. Es muss weder auf die Sprache des Besitzers trainiert werden (wie frühere Diktierprogramme), noch muss man besonders laut oder akzentuiert reden. Es reicht, eher beiläufig “Alexa, spiel mal was von Billy Joel” zu murmeln, damit der digitale Knecht anspringt. Wenn man das als creepy empfindet, sollte man die Finger von Alexa lassen. Wenn man sich entspannt darauf einlässt, löst das ein fast Enterprise-eskes Gefühl der Macht aus – besonders, wenn man den Rufnamen des Pucks auf das TNG-typische “Computer” umstellt.
“Computer, vordere Torpedos Feuer!”
Bei der dritten Generation ist der Klang der Echo Dots zudem relativ gut, man kann locker ein ganzes Zimmer beschallen, ohne dass es blechern scheppert. Dabei lassen sich die Einheiten über die Räume hinweg koppeln, um überall die gleiche Musik zur gleichen Zeit zu hören. Stellt man die Teile mit geringen Abstand nebeneinander, kann man sie als Stereo-Lautsprecher einrichten. Klar, das ist keine High End-Anlage für Audiophilatelisten, aber das soll es auch nicht sein. Für das “nebenbei hören” reicht die Qualität aber easy aus – und man kann bei Bedarf auch bessere Boxen damit koppeln.
Ein wenig ärgerlich ist, dass die dritte Generation ein Netzteil mit proprietärem Anschluss mitbringt (bisher war es USB). Das verhindet, dass wir den Echo Dot z.B. an eine Powerbank anschließen und mit in den Garten nehmen können. Idealerweise sollten die Dots immer da bleiben, wo ihre Steckdose ist.
Komfort und Qualität sind demnach (immer im Bezug auf den Anschaffungspreis) durchaus gegeben – aber was MACHT man denn nun mit so einem Teil? Ich hatte nach der ersten Vorabrecherche Sorge, ich müsse mich nun in Tausende so genannter “skills” einlesen, die man aktivieren kann wie Apps auf dem Smartphone. Aber es zeigt sich, dass Alexa von Haus aus die wichtigen Fähigkeiten bereits mitbringt.
Butter bei die Fische – für was benutzen wir die Geräte auch nach einer Woche immer noch und regelmäßig?
Musik. Sicher das schlagendste Argument. Dank unseres Amazon Prime-Kontos haben wir Zugriff auf unfassbar viele Playlisten und dank TuneIn-Radio können wir Echo Dot auf vielfältige Art um jede Form von Musik bitten. Nur selten verweist das Gerät auf einen Bezahlservice, wenn etwas nicht zur Verfügung steht. Man kann sogar ein Spiel draus machen, in dem man z.B. eine Playlist mit NDW-Hits aufruft und gemeinsam rät, was für ein Song angespielt wird. Der Schnellste ruft “ich hab’s” und man bittet Alexa, zum nächsten Song zu springen. Gestern kam beim Frühstück die Frage auf, welche Primetime-Soap in den 80ern die beste Titelmusik hatte. Die Antwort? “Alexa, spiel das Falcon Crest Theme”. Und als meine Frau fragte, ob man die Lieder auch irgendwie sammeln könnte, sagte ich testweise “Alexa, leg den Song in eine Playliste”, woraufhin die digitale Sklavin säuselte: “Du hast noch keine Playliste, soll ich eine anlegen und den Song hinein legen?”. Wow.
Timer. Wecker, Stoppuhr, Erinnerung, Eieruhr – der Echo Dot kann das perfekt. “Alexa, Timer auf 10 Minuten”. Und mittendrin “Alexa, wieviel Zeit ist noch auf dem Timer?”.
Drop In. Man kann über die Echo Dots als Freisprechanlage problemlos “telefonieren”. In der Wohnung mag das kein großer Bonus sein, aber meine Gattin könnte sich z.B. einen Dot ins Büro stellen. Da wären die 10-20 Anrufe am Tag deutlich unaufwändiger.
Nachrichten. Früher schaute ich mir die “Tagesschau in 100 Sekunden” auf der ARD-Webseite an. Heute sage ich “Alexa, Nachrichten”.
Bestellungen. Natürlich ist Amazon die Wirbelsäule von Alexa und da ich fleißiger Amazon-Kunde bin, ist alles perfekt verzahnt. Wenn ich Alexa bitte, Katzenstreu zu kaufen, fragt das System nur nach, ob es wieder der gleiche Sack wie in meiner Bestell-Historie sein soll und ob der aktuelle Preis okay ist.
Termine. Das ist zugegebenermaßen noch nicht perfekt gelöst, weil Amazon und Google sich da nicht grün sind. Ich kann aktuell lediglich Termine in meinem Kalender anlegen und abrufen – ich kann sie nicht löschen oder verschieben. Aber was Alexa kann, kann sie gut: “Alexa, setze morgen einen Termin auf 17.00 für den Zahnarzt.”
Hinzu kommen Funktionen, die ich einfach aktuell nicht nutze, aber nutzen könnte: Alexa kann meine Kindle-Ebooks (etwas mechanisch natürlich) vorlesen und Audible-Hörbücher abspielen. Ich kann Börsenkurse und Staumeldungen abfragen, mir Witze erzählen lassen und Einkaufslisten erstellen.
All das für gerade mal 39 Euro.
Es wäre natürlich technisch möglich (wenn auch aktuell nicht geplant), per Alexa als Sekretärin auch Emails zu lesen, zu verfassen und zu verschicken. Oder den Kontostand abzufragen. Oder Geld zu überweisen. Aber ich verstehe, dass das ein hakeliges Thema ist, weil dann JEDER, der sich in unserer Wohnung aufhält, diese Aktionen einleiten könnte. Um das zu verhindern, müsste ich Alexa entweder exklusiv auf meine Stimme trainieren oder bestimmte Funktionen per Passwort sperren. Beides läuft dem Konzept zuwider, das auf Einfachheit und Bedienungsfreundlichkeit setzt.
Ist das nun sehr geil oder sehr spooky?
Durch die Branche geht seit Jahren der Begriff des “ubiquitous computing”, der allgegenwärtigen und damit wieder unsichtbaren Parallelwelt, die unsere Realität überwacht, ergänzt und steuert. Die Echo Dots sind für mich der erste wirklich erkennbare Schritt in diese Richtung. Die beiden Pucks haben sich in unserem Haushalt eingenistet, fallen nicht auf, warten still auf unsere Kommandos. Platz, Preis und Produktivität gehen hier eine gelungene Symbiose ein.
Wie üblich bin ich allerdings immun gegen Technik als Einstiegsdroge. Ich sehe keinen Grund, über die Echo Dots hinaus weitere Alexa-Hardware zu kaufen. Ich brauche keine Alexa mit Bildschirm und auch keine mit mehr Bass. Allerdings überzeugt mich die Performance, dass eine “home automation” inklusive Licht, Rolläden, Heizung etc. heute schon viel einfacher und preiswerter umzusetzen ist, als ich gedacht hatte. Das kommt auf den mentalen Zettel, falls wir mal wieder umziehen oder renovieren sollten.
Ich würde soweit gehen, dass die Echo Dots unseren Alltag bereichern, ohne sich diesem aufzudrängen. Sie sind ein wenig wie Jarvis bei “Iron Man” – nur ungleich preiswerter.
Gestern sagte meine Frau spontan “Alexa, du machst das toll”. Alexa antwortete:
“Danke, das geht mir runter wie Öl.”
P.S.: Wenn ich eine Liste der Hardware machen sollte, die für wenig Geld den meisten Nutzwert hat, stünde darauf:
Hat zusammen keine 150 Euro gekostet. Und dieser Tage gesellt sich der hier dazu:
“Die Frage des Datenschutzes oder der Privatsphäre scherte mich dabei weniger. Ich werde beizeiten noch darüber schreiben, aber nach 25 Jahren Internet glaube ich nicht mehr an die Mär der Datenkraken, die unser Leben kontrollieren und kapitalisieren. ”
Auf den Beitrag freue ich mich schon, ich habe vor kurzen folgenden lesenswerten Artikel gefunden:
https://apenwarr.ca/log/20190201 “Forget privacy: you’re terrible at targeting anyway”
Audiophilatelisten? Sammler von Briefmarken mit Kabeln und anderem Audio-Equipment drauf? ^^
Einen Witz kann man nur gut finden, wenn man ihn gut findet.
Und dieser Tage gesellt sich der hier dazu
Was ist das…? Eine (Wort-)Vogeltränke?
Mentale Notiz: Torsten Dewi keinerlei persönliche Daten mehr anvertrauen.
Sind deine Socialmediabuttons hier, vor allem der Facebookbutton, eigentlich geschützt? Sonst bekommt Facebook auch hier meinen Besuch und noch vieles mehr mit auch wenn ich den Knopf gar nicht nutze. [Shariff heißt die Open-Source-Technik die sehr verbreitet ist auf deutschen Websites um die strengen Regeln des deutschen Datenschutzes zu erfüllen.](https://www.heise.de/ct/ausgabe/2014-26-Social-Media-Buttons-datenschutzkonform-nutzen-2463330.html)
Ich nutze das auch alles und bin begeistert von dem Komfort. Mir ist aber bewusst dass die permanente Dauerüberwachung von fast allem was wir online machen, die größte Gefahr für die Demokratie und Gesellschaft ist. Eine solch nahezu lückenlose Überwachung gab es noch nie zuvor. Auch die DDR, wo jeder 7. Bürger ein Spitzel war, wusste bei weitem nicht soviel intimste Details wie Google und Facebook. Und Staatsorgane haben darauf in Echtzeit Zugriff (und sehr viele Personen, die diese Daten an Kriminelle weiterverkaufen).
Gegen das Tracking und Verknüpfen mit echten Personen benötigen wir grundlegend neue Datenschutzgesetze. Als die jetzigen gemacht wurden, war es technisch schlicht nicht machbar.
Und nur weil ich das Zeug nutze bin ich nicht damit einverstanden dass alles über mich gesammelt wird und ich keine Kontrolle und keine Übersicht habe wer was über mich weiß.
Es einfach nicht zu nutzen ist keine Lösung, da man dann von einem immer größer werdenden Teil der realen Welt abgeschnitten wird.
” Mir ist aber bewusst dass die permanente Dauerüberwachung von fast allem was wir online machen, die größte Gefahr für die Demokratie und Gesellschaft ist.” – ich höre das seit satten 25 Jahren. Klar kann man immer in Drohszenarien denken. Ich selber warte allerdings darauf, dass irgendeine der düsteren Prophezeiungen mal tatsächlich eintritt. Staat UND Wirtschaft haben sich bisher unfähig gezeigt, aus “big data” eine nutzbare Quelle zu generieren.
Man könnte die russischen Onlineaktivitäten da durchaus als bereits eingetretenes Fallbeispiel nehmen.
Oder die ganzen Untersuchungen dazu, wie Social Media auf Vertrauensfähigkeit, Informationsverarbeitung, sprachliche Fähigkeiten, Konzentration etc. wirkt.
Ist wie bei den Umweltthemen ein langsamer aber kontinuierliche Prozess.
Papperlapapp – ich kann mich nicht erinnern, dass die “russischen Onlineaktivitäten” etwas mit Amazon oder Google zu tun hatten. Und dass Social Media auf Vertrauensfähigkeit, Informationsverarbeitung, sprachliche Fähigkeiten, Konzentration etc. wirkt, mag zwar wahr sein, ist aber ebenfalls kein Bestandteil der Datenkraken-Thematik.
Ich bin mit dem Dot der 2. Generation ins Rennen gestartet und aufgrund des damals noch gruselig blechernen Sounds relativ schnell auf den größeren Echo umgestiegen. Den Dot überließ ich meiner Mutter, die so begeistert von dem Teil war, dass ich ihr zwischenzeitlich ein Update auf die deutlich ohrenfreundlichere 3. Dot-Generation spendiert habe.
Ich selbst nutze das Teil vorwiegend als Wecker, Timer, zum Musikhören und zum Vorlesen der Nachrichten. Auch sehr praktisch: Mittels Bluetooth besteht eine ständige Verbindung zwischen meinem Fire Tablet HD 8 und dem Echo. Stöbere ich auf dem Tablet in Prime Music oder gucke mir YouTube-Videos an, ersetzt der Echo die popeligen Tablet-Lautsprecher.
Ein befreundetes Ehepaar mit zwei kleinen Kindern hat ebenfalls einen großen Echo im Einsatz, welcher vor allem wegen dem Nachwuchs zu einem unverzichtbaren Helferlein geworden ist. Dank Music Unlimited gibt’s Zugriff auf unzählige Kinder-Hörspiele, quadrillionen Kinderlieder und sonstige Bespaßungs-Songs. Das ist echt Gold wert.
Das Thema Datenschutz schert mich persönlich weniger. Ich habe meine Seele eh längst an Amazon verkauft. Da macht so ein Echo das Kraut auch nicht mehr fett…
Hier steuert Alexa mittlerweile auch das Licht und dient als Wecker und so weiter. SmartHome mit Alexa macht schon Spaß.
Schlagt zu.Heute für 19,99 bei Amazon.
Habe mir gleich 2 besorgt.
Die 3.Generation.