Kino Kritik: Spider-Man – Far from Home
Themen: Film, TV & Presse |USA 2019. Regie: Jon Watts. Darsteller: Tom Holland, Zendaya, Jake Gyllenhaal, Jon Favreau, Jacob Batalon, Marisa Tomei, Samuel L. Jackson, Cobie Smulders u.a.
Story: Die Welt hat sich nach dem “Blip” verändert – als die Hälfte aller Menschen plötzlich verschwand und fünf Jahre später ebenso plötzlich wieder auftauchte, ohne gealtert zu sein (siehe die Ereignisse von AVENGERS: INFINITY WAR und AVENGERS: ENDGAME). Peter Parker freut sich auf ein bisschen Normalität in Form einer Klassenfahrt nach Europa und auf die Gelegenheit, MJ endlich zu sagen, was er für sie empfindet. Aber es kommt natürlich anders: monströse “Elementals” attackieren Venedig und Prag und ein Superheld namens Mysterio behauptet, diese wären von einer Parallelwelt auf unsere Erde gekommen. Wie es scheint, muss wieder einmal alles, was wir über das Universum wissen, neu justiert werden…
Kritik: Ich hocke in Hamburg im Hotel und kann nur hoffen, dass ich diese Kritik raushauen kann, bevor es “auf Termin” geht – denn dann bin ich den Rest der Woche beschäftigt und werde es sicher nicht mehr schaffen, meine Gedanken zu dem Film zusammen zu fassen. Aufi!
Ich hatte es auf Facebook schon angedeutet: Die Trailer zu SPIDER-MAN: FAR FROM HOME (neue Politik: Titel hier künftig nur in Versalien) ist ein Meisterstück in Sachen Ablenkung. Nicht nur enthält er einen Haufen Szenen, die gar nicht im endgültigen Film zu sehen sind (z.B. der Fight im Restaurant und die Faxereri mit den Cops), er baut auch die Fassade einer klassischen Marvel-Geschichte, die der Film dann relativ schnell wieder einreißt.
SPIDER-MAN müht sich nämlich diesmal, die arg ausgelutschten Versatzstücke der zwei Dutzend Vorgängerfilme nicht noch einmal durchzukauen, Also keine kosmische Entität, die irgendeinen Gegenstand, um damit irgendein Ereignis, das unvorstellbare Macht… etc. pp. Stattdessen ist SPIDER-MAN ein Film über die Verantwortung und die Last der Macht und darüber, dass nicht Kräfte den Helden machen, sondern sein moralischer Kompass. Ebenfalls nicht neu, aber wenigstens nicht ganz so alt.
Es wurde im Vorfeld viel darüber gesprochen, dass SPIDER-MAN der “wahre” Abschluss der dritten Phase des Marvel-Universums ist – in Wirklichkeit ist er allerdings “nur” ein Epilog, der sich ein bisschen mit den Themen beschäftigt, die in den AVENGERS-Film zugunsten der großen Endschlacht unter den Tisch fallen mussten. Es ist ja durchaus relevant, dass die Hälfte der Menschheit fünf Jahre verschwunden war. Was macht das mit den “Hinterbliebenen”? Was macht das mit den Rückkehrern, denen plötzlich fünf Jahre fehlen? Wie füllt man eine Lücke von vier Milliarden – und schafft dann Platz, wenn die vier Milliarden wieder da sind?
Klingt eigentlich super, aber hier verstolpert sich der Film schon erstmals – er nimmt diese Themen nicht ernst genug, nutzt sie eigentlich nur als Lametta, statt aus ihnen auch die Weltsicht der Figuren zu bauen. Kaum jemand scheint nachhaltig traumatisiert, es herrscht eine seltsam unwirkliche “weiter wie bisher”-Atmosphäre. Die Leichtigkeit des SPIDERversums mit seinen Teenagers und den Highschool-Problemchen ist für so ein kosmisches Problem vielleicht zu pubertär und regional.
Im Fortgang verfestigt sich dieses Problem: wie schon in SPIDER-MAN HOMECOMING scheint man entschlossen, den regionalsten und an seine Umgebung gebundensten Helden des MCU nicht zu bedienen. Raus aus New York, raus aus der Highschool, rein in eine ultimative Schlacht um die Vorherrschaft der Erde. Mir ist klar, dass Peter Parker hier erwachsen werden soll, aber nicht nur ihn überfordert diese Aufgabe – als Zuschauer wurde ich mit globalen CGI-Schlachten um den kleinen Spider-Man nie wirklich warm. Das sind Aufgaben für Thor, Doctor Strange, Captain Marvel, Black Panther, etc. – und dass die sich hier überhaupt nicht sehen lassen, wird nur sehr kümmerlich erklärt (“nicht da”, “hat keine Zeit”).
Es hilft nicht, dass man über das Drehbuch keine zwei Sekunden nachdenken darf. Bewundert man über die Laufzeit noch die vielen Twists und Überraschungen, die von den Autoren aus dem Hut gezogen werden, so kann man nach Ende der Vorstellung nichts davon mehr logisch rechtfertigen. Hier werden Motivationen an den Haaren herbei gezogen, Erkenntnisse aus dem blauen Himmel generiert und Dinge passen nur deswegen zusammen, weil sie zusammen passen müssen, um den Film voran zu bringen. Es ist sehr offensichtlich, dass die Dramaturgie nach dem Prinzip “whatever needs to happen” gezimmert wurde.
Und so ist SPIDER-MAN nun eine Mischung aus EURO-TRIP und IRON MAN 3, die primär von unserer Vertrautheit mit dem MCU und unserer Sympathie für die Figuren zehrt. Hier ist eine Maschine am Werk, die selbst in einer schwachen Stunde perfekt voran wälzt und den Zuschauer niemals ohne anständigen Gegenwert fürs Geld aus dem Kino schickt. Dass das hier seltsam unausgegoren und überfordert wirkt? Geschenkt.
Ihr merkt es: es gibt viel zu meckern, aber ich WILL nicht zuviel meckern, weil ich mich eben doch gut unterhalten habe, weil Peter, Happy und Nick tolle Figuren sind, weil ein paar der Sprüche sitzen und ich wirklich JEDEN Schauplatz des Films schon persönlich besucht habe (Manhattan, Prag, Venedig, Berlin, London).
Der Budenzauber des Trailers und die Tatsache, dass viele MCU-Elemente hier nur wie pflichtbewußt in die Gegend gestellt wirken, könnte durchaus als Spiegelung des Plots gelten. Mehr sei dazu allerdings nicht verraten.
Ja, es gibt zwei zusätzliche Szenen in den Credits. Nein, die wollt ihr nicht verpassen. Ja, ich war auch begeistert, Nein, ich weiß auch nicht, was die Konsequenzen sein werden.
Fazit: Ein konzeptionell mutiger und schnittiger, erzählerisch aber auch hanebüchen wirrer Film, der besser zu einem der Top-Avenger als zu Spider-Man gepasst hätte. Als reine Fußnote damit ein passender Ausklang der Phase 3.
Daniel freut sich wie Bolle auf den Film. In den nächsten Tagen geht´s da rein, wenn ich wieder auf den Beinen bin.
War unterhaltsam, kam aber nicht an den Vorgänger ran. Mysterios Illusionsszenen erinnerten an die Scarecrow-Szenen in den Batman-Arkham-Spielen 😀
Ich kann auch nicht viel Negatives zu dem Film sagen. Ich habe mehrfach gehört, dass die charmante Schulausflug-Atmosphäre und Romanze sich nicht mit dem Action-Bombast verträgt – aber das Gefühl hatte ich eigentlich nie.
Zwei Dinge haben mein persönliches Filmerlebnis besonders versüßt: Ich bin dem Film tatsächlich auf den Leim gegangen und hab den Twist nicht kommen sehen, OBWOHL ich es mit meiner Kenntnis der Comics besser hätte wissen müssen. Die Erklärung davor war einfach glaubhaft genug. In der Hinsicht enthält der Film durchaus einen interessanten Kommentar, sowohl auf die Welt des MCU als auch auf unsere eigene.
Und dann hab ich mich noch richtig bei der Mid-Credit-Szene gefreut. Ich hab tatsächlich im Kino geklatscht.
BTW: In unseren Kino hier in Tschechien waren die Leuten hörbar amüsiert über die Darstellung von Prag im Film. Naja, so stellen sich die Amis das halt vor…
Im Gegensatz zu “Homecoming” hat mich das ganze Teenie-Theater diesmal ziemlich genervt, das war mir alles zu albern und aufgesetzt lustig (besonders die Lehrer, die waren richtig schlimm). Ned lasse ich mir als Figur noch gefallen, aber MJ und Flash sind dermaßen fehlkonstruiert, dass sie mit den Vorlagen nur noch den Namen gemeinsam haben. Mysterio fand ich aber richtig gut und Gyllenhall hätte vor 15 Jahren auch einen sehr guten Peter abgegeben. Mir kam der Streifen auch deutlich zu langsam in die Gänge, der wurde erst nach dem Twist wirklich spannend, davor fand ich ihn “nur” unterhaltsam. Die erste Post Credit Scene fand ich toll, die lässt auf einen deutlich dramatischeren dritten Teil hoffen, und das Cameo bleibt hoffentlich kein Einzelfall. Die zweite ergibt aber innerhalb der Filmlogik überhaupt keinen Sinn und hat zumindest bei mir nur für Kopfkratzen gesorgt.
Was mir bei den MCU-Filmen immer wieder negativ auffällt:ich hatte gestern im Anschluss direkt “X-Men:Dark Phoenix” gesehen, und obwohl das der deutlich schwächere Film ist, hat er mal wieder einen viel besseren Score. Da scheint Marvel überhaupt keinen Wert drauf zu legen, das kann ich absolut nicht nachvollziehen.
Dass MJ und Flash derart anders sind als in den Vorlagen, hat wohl hauptsächlich lizenzrechtliche Gründe, auf die Art behält Sony die exclusiven Rechte an den originalen Versionen, wenn sie die Spiderman-Lizenz ohne Marvel weiter nutzen wollen. Wobei ich mit dieser MJ in FFH tatsächlich warm geworden bin, in HC war sie noch komplett uninteressant.
Die zweite Post Credit Szene erklärt zumindest das Verhalten dieser Personen während des Filmes, insoweit hat es schon seinen Sinn.
Das erste Drittel war mir fast zu ruhig und Teenie-Komödie, aber das hat der Film in der zweiten Hälfte mehr als wett gemacht.
Ich glaube nicht, dass das an den Lizenzen liegt, denn der Film wurde ja von Marvel produziert und nur von Sony abgesegnet. Ich denke eher, die Macher wollen sich da mit Gewalt von den vorherigen Filmen abheben.
Was die zweite PCS angeht, habe ich gestern auf io9 zwei einleuchtende Möglichkeiten gelesen, nämlich dass dadurch entweder SWORD oder Alpha Flight ins MCU eingeführt werden sollen. Mag sein, aber trotzdem glaube ich keine Sekunde, dass ein paranoider Spion wie Fury sich so verhalten würde.
Unterschätze nicht die Lizenzproblematik, schon bei Quicksilver/Scarlet Witch mit Fox waren massive Verhandlungen nötig und Sony arbeitet eher mangels anderer Alternativen mit Marvel zusammen und behält seine Interessen im Blick.
Okay, jetzt frage ich doch, obwohl das etwas peinlich ist: Wer war Flash im Film? Ist an mir total vorbei gegangen.
Ich habe da mal geguckt: Das war für mich einer der Jungs. Mehr nicht. Hat auch Vorteile, die Comics nicht wirklich zu kennen.
Da mich die umgemodelte Darstellung nicht stört, ist die Kenntnis der Vorlage kein Problem, Flash war in den Comics uninteressant, später wurde er anscheinend ein guter Venom, aber das war deutlich nach meiner aktiven Lesezeit der Hefte.
Aha! So, jetzt sage ich Dir mal, was ich dachte: Ich dachte Flash wäre so etwas wie der Rote Blitz oder so und der Junge bekäme später oder hätte schon heimlich die Superkraft, total schnell zu laufen.
Halbwissen kann so unterhaltsam sein 🙂
Stimmt auch – aber bei DC und nicht bei Marvel. Wobei der Flash/Rote Blitz in den Comics auch schon 3 oder 4 Inkarnationen haben müsste, bei Marvel ist Flash Thompson (sp?) ein Sport-Star, der den Nerd Peter Parker drangsaliert.
Stimmt ja! Dass Flash zu DC gehört, weiß ich eigentlich. Eieiei.
Flash Thompson ist in den Comics zunächst ein typischer Bully und Kapitän des Footballteams, der den schwächeren Peter drangsaliert. Die beiden werden später sehr gute Freunde. Flash Thompson ist hier Mitglied in der Wissenschafts-AG und ein halbes Hemd, das Peter auch ohne Kräfte locker umhauen könnte. Das passt einfach nicht, so einer ist als Bully keine wirkliche Bedrohung und würde sich auch nicht so verhalten.
Jetzt verstehe ich die Kritik!
Gesehen und für unterhaltsam befunden. Die Lehrer waren mir zu sehr Parodie. Aber da bin ich vielleicht jetzt empfindlich geworden 😉 Die Idee des Films fand ich überraschend (habe alle Trailer vermieden) und ausgezeichnet, denn zuerst fand ich die Elementals zu unglaubwürdig und fand die Auflösung deshalb klasse. Gut auch, dass die Lösung nicht so einfach blieb. Ich finde Kirsten Dunst als MJ (bis sie zur selbstsüchtigen Nervensäge mutiert) ideal, aber Zendaya ist schon wirklich niedlich, also geht das okay. Peter kann ein bisschen zu viel einstecken, aber weil ich die Comics nicht gelesen habe, weiß ich nicht, inwieweit das Kanon ist.
Das war über weite Strecken eine Teenie-Komödie, und die hat mich auch deshalb amüsiert, weil sie Daniel amüsierte. Wir waren toll unterhalten und hatten einen schönen Abend. Also alles tiptop.
Yep, sehr gut beschrieben, die übliche Marvel-Filmwalze, großartige Unterhaltung über 2 Stunden. Aber eben tatsächlich einige Schnitzer, die man so von dieser Maschinerie nicht kannte, mir fiel zusätzlich noch auf:
– der Klamauk durch die Lehrer extrem einfallslos
– so einen dicken langen Erklärbär wie nach dem grossen Twist hab ich noch nie erlebt, auch ned außerhalb Marvel, äußerst uninspiriert
– Midcredit 1 ist natürlich für Spideyfans großartig, andererseits inhaltlich auf der gleichen Unfugsebene wie der Epilog von “Glass”
Ich habe irgendwie mit Endgame abgeschlossen. Den habe ich 3x im Kino gesehen und liebe ihn. Irgendwie war aber der hier der erste Marvel, bei dem ich absolut keinerlei Vorfreude oder Erwartungen oder sonstige Emotionen hatte. Ich habe ihn gesehen, weil halt ein Kumpel reingegangen ist. Ich fand auch HC ziemlich mau, aber eben noch in Marvel-Maßstäben, bei denen jeder einzelne Film besser ist als jeder einzelne DC-Film (ja, Hulk über Wonder Woman!)
So saß ich nun in dem Kino. Die erste Hälfte fand ich unerträglich. Und war durchaus geneigt, zu gehen. Das war unterstes Niveau. Die zweite Hälfte war dann launiger und hat den Film wieder deutlich gehoben.
Generell fand ich ihn aber wirklich nicht würde, als Epilog herzuhalten. Wie der WV schon gesagt hat: Die eigentlichen Probleme wurden einfach zu sehr weggewischt. Auch, dass der Einfachkeit halber alle wichtigen Personen eben wege”blipt” wurden (was für ein gruseliges Wort!), hat mich wirklich gestört. Viel zu einfach alles.
Das Outfit von Mysterio war auch das erste Outfit der Marvel-Reihe, das ich einfach nur hässlich fand. Keine Ahnung, ob man aus der Vorlage einfach nicht mehr machen konnte. Aber das hat für mich die Gesamtästhetik deutlich gestört.
Was ich auch sehr schade war, daran haben aber auch in gewissem Rahmen schon die Vorgänger geschwächelt, war das behauptete Berlin. Außer der 2 Sekunden mit der “BERLIN”-Einblendung war absolut nichts echt. Da fehlte einfach jegliche Möglichkeit der Identifizierung. Das hätte einfach weggelassen werden können oder wenigsten 10 Sekunden Mühe gemacht werden können, wenigstens ein Bild vom Hauptbahnhof rausgesucht werden können. (Es gab in den Credits keine Berlin-Unit, somit bleibt es bei der Behauptung der Stadt).
Was mich bisher am Marvel Spider-Man störte, war die völlige Abwesenheit der eigentlichen Superkraft, des Spinnensinns. Nun wird allerdings in dem Film plötzlich von einer solchen Kraft gesprochen und sie auch genutzt. Wo die plötzlich doch herkam, bleibt aber genauso ungeklärt.
Für mich wirkte der Film alles in allem einfach lieblos und schnell hingerotzt. Weit unter Marvel-Qualität und damit eigentlich irgendwie die Bestätigung, dass man in Endgame wirklich ein gutes Ende sehen sollte, wie meine Emotionen im vorhinein schon orakelten, wenn man so will.
Ich auch. Aber hinterher ergab es Sinn: Es ist kein “echtes”.
Das hat mich überhaupt nicht gestört: Ich war vor über 30 Jahren nur einmal in Berlin. Ich war aber mehrmals in London, und da habe ich viel wiedererkannt 🙂
Blockquote versaut. Mist.
Gerade das Outfit von Mysterio – das in den Comics immer furchtbar albern war – fand ich hier gelungen. Der Spinnensinn hat sich auch in den Comics, je nach Version, erst später entwickelt, daher hat mich das nicht gestört. Ebenso wie Dietmar würde ich Berlin nur an den bekannten Touri-Hotspots erkennen, deshalb war mir das auch relativ egal. Beim Rest würde ich dir zu 90% zustimmen, fand es aber nicht ganz so unerträglich. “Thor Ragnarök” fand ich schlimmer, weil der einfach nur noch eine peinlich auf lustig getrimmte Klamotte ohne jeden dramatischen Tiefgang war.
Finde ich auch.
Den mochte ich hingegen, für mich hat der als Auflockerung vor dem Finale funktioniert. (Thor in Endgame hingegen…)
So sind Geschmäcker verschieden: Meine Frau freute sich, ich weiß das und verstehe es, auf Thor in Endgame. Was habe ich gelacht! 😀