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Feb 2024

Preiskrieg der Jahrzehnte: Inflation, Deflation, Manipulation? (1)

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Das hier wird ein etwas längerer und komplizierter Beitrag. Ich habe ihn seit Monaten auf der to do-Liste, aber mir war bisher unklar, wie ich ihn angehen soll. Es scheint mir am vernünftigsten, das gesamte Thema in zwei separate Beiträge zu splitten und diesen ersten Beitrag in zwei Bestandteile zu zerlegen. Ich hoffe, dass ich es verständlich aufarbeiten kann.

Es geht heute erstmal um Preise. Für Lebensmittel, Miete, Elektronik. Um Lebenshaltungskosten und Lebenslügen. Um den Mythos “früher war alles besser” im Sinne von “früher war alles billiger”. Ich hatte neulich schon darüber gesprochen, dass Menschen dazu neigen, die Vergangenheit in der Erinnerung zu vergolden. Zeit macht milde. Die Ängste der Gegenwart sind immer präsenter, immer schlimmer. So, wie aktueller Zahnschmerz immer schlimmer ist als der Zahnschmerz vom letzten Jahr. Es liegt wohl in unserer Natur.

Boah, sechs Hamburger für 25 Cent!

Wir blenden aus, dass sich der Typ im Türrahmen vermutlich nicht mal einen davon leisten konnte. Auch ein niedriger Preis ist zu hoch, wenn man arm ist.

Es ist auch ein Verteidigungsmechanismus. Je besser man sich die Vergangenheit redet, desto weniger tut sie weh, desto weniger muss man sich mit ihr beschäftigen – desto weniger muss man aus ihr lernen. Das ist okay.

Was mich aber ärgert, ist die Renitenz vieler Leute, selbst angesichts harter Zahlen, Fakten und Statistiken darauf zu beharren, dass die anekdotische Erinnerung der historischen Wahrheit überlegen ist. Wer nicht weiß, was ich damit meine, kann gerne noch mal die Diskussion über den Preis der Weihnachtsbäume nachlesen.

In den letzten Monaten habe ich sehr oft den Satz gehört “früher konnte man sich das noch leisten” oder “früher war das noch bezahlbar”. Manchmal habe ich instinktiv zugestimmt, aber dann doch mal recherchiert oder den Inflationsrechner angeschmissen. Sind Sprit und Kaffee, Pizza und Urlaub tatsächlich so exorbitant im Preis gestiegen, dass der vielbeschworene “Normalbürger” an ihnen bankrott zu gehen droht? Zu meiner Überraschung lautete die Antwort oft “im Gegenteil”.

Und weil sich dabei eine beachtliche Menge an Fallbeispielen auf meiner Festplatte gesammelt hat, sortiere ich das heute mal für euch.

Vorab: Ich bleibe strikt bei den Preisen von Waren und Dienstleistungen in Relation zur Inflation. Natürlich ist neben der Inflation auch die generelle Gehaltsentwicklung wichtig. Diese betrifft aber weniger, wie viel etwas anteilig kostet, sondern wie groß der Anteil der Bevölkerung ist, der es sich leisten kann. Das ist eine Diskussion für den zweiten Artikel, den ich hoffentlich im März schreiben werde.

Zudem ist die Auswahl der Beispiele völlig willkürlich, subjektiv und ungefähr. Ich konzentriere mich weitgehend auf meine eigene Lebensspanne, weil ich da viele der Vergleiche aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

Klar ist auch: Es gibt nicht EINE Wahrheit. Nur weil “früher war alles billiger” nicht stimmt, stimmt “früher war alles teurer” noch lange nicht. Es lohnt sich, das aufzuschlüsseln. Was ich zu tun beabsichtige.

Was teurer wurde

In meiner Kindheit Anfang der 70er kostet eine Kugel Eis zwischen 15 und 25 Pfennig. Rechnet man die Inflation ein, entspricht das in etwa dem Gegenwert von knapp 50 Cent. Tatsächlich bezahlt man in aber Eisdielen locker 1,50 Euro bis 2 Euro – obwohl der Preis für das Eis im Supermarkt tendenziell eher gesunken ist. Der Ehrlichkeit halber: es ist aber auch besser und vielfältiger geworden.

Die Mieten in vielen Großstädten sind abgekoppelt von der Inflation ziemlich drastisch gestiegen. Meine erste 1 Zimmer-Wohnung in der Maxvorstadt in München kostete 1990 540 DM inkl. Nebenkosten.

Beim Komfort mussten zwar Abstriche gemacht werden, aber 540 DM damals entsprechen ziemlich exakt 540 Euro heute – und dafür bekommt man in der Innenstadt keine Wohnung mehr, sondern schallendes Gelächter.

Zwischen den Stühlen stehe ich bei der Frage von Kauf-Immobilien. Ja, die sind teilweise extrem teuer geworden – dafür wurde ihre Finanzierung im neuen Jahrtausend (und bis zum letzten Jahr) erheblich günstiger. Meine Eltern haben für ihre Eigentumswohnung 1977 Hypotheken mit klar über 10 Prozent aufnehmen müssen, ich selbst konnte vor ein paar Jahren noch mit weniger als einem Prozent rechnen:

Ich weiß durch Zufall, dass der legendäre Karmann Ghia in meinem Geburtsjahr als Sondermodell für 7777 DM angeboten wurde, was heute 18.000 Euro entspricht – ein gleichwertiger Wagen wäre teurer, würde aber auch mehr bieten, was die Ausstattung angeht. Von Navi, Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern und Servolenkung konnte man beim Ghia damals ja nur träumen.

Gehört Benzin zu den Dingen, die sich drastisch verteuert haben? Das ist auch eine Frage der Zeitspanne, die man anlegt. Im Vergleich zu 2022 ist Benzin wieder sehr günstig, im Vergleich zu 2020 ist es sauteuer. So verhält es sich durch alle Jahrzehnte: Die Fluktuationen am Markt machen eine genaue Einschätzung schwierig. Nehmen wir mal diese düstere Prognose der BILD von 1973:

Ölkrise, Benzinknappheit, Rezession, autofreie Sonntage waren die Folge. Wegen einer müden Markt pro Liter?! Verständlich ist das, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das erstaunlich aktuellen 1,94 Euro entspricht.

Ach ja: Erheblich unverschämter ist der Preisanstieg der BILD selbst – damals 20 Pfennige, was heute 40 Cent entspricht. Aber Springer verlangt für das Hausblatt satte 1,30 Euro. Das hat zu keiner Empörung geführt. Wären die Menschen 1973 wohl bereit gewesen, knapp 70 äquivalente Pfennige am Kiosk zu bezahlen?

Es sind viele Printprodukte teurer geworden. Als ich 1982 anfing, JOHN SINCLAIR zu lesen, kostete das Heft wöchentlich 1,60 DM und ich habe mich über jede Preiserhöhung geärgert. Rechnet man die Inflation ein, dürfte ein solcher Romane mittlerweile ganz knapp unter zwei Euro kosten. Tatsächlich verlangt Bastei 2,40 Euro. Das halte ich aber noch für im Rahmen. Generell sind Bücher deutlich stärker im Preis gestiegen.

Ein besonders beliebter Aufreger ist die Rundfunkgebühr. In den 80ern war die Welt noch in Ordnung, da bezahlte man pro Monat gerade angemessene 8,50 DM! Deutsche Mark, nicht Euro! Tatsächlich haben die Anstalten da ordentlich an der Preisschraube gedreht. An der Inflation orientiert müsste die Haushaltsabgabe aktuell bei 9,40 Euro liegen. Real sind es knapp 19 Euro. Es gilt zu bedenken: Man bekommt dafür erheblich mehr als 1985 – ob man es will oder nicht…

Zum Thema Urlaub kann ich kaum eine Aussage treffen. Tatsächlich sind z.B. Flugreisen im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren deutlich günstiger geworden, aber als direkte Reaktion darauf leisten sich die Deutschen immer mehr und immer teurere Reisen zu exotischen Zielen, die für unsere Eltern noch unerreichbar gewesen wären. Ich sehe an mir selbst, dass ich heute deutlich mehr in Fernreisen investiere als früher, auch wenn einige Bestandteile davon weniger kosten. Der Flug nach London ist z.B. heute günstiger als vor 30 Jahren, das Hotel aber erheblich teurer. Und die Theaterpreise in der britischen Metropole spotten jeder Beschreibung – aktuell soll man für Sarah Jessica Parker und Matthew Broderick 300 Pfund (!) pro Karte zahlen:

Das entspricht dem Trend, dass auch Konzerte immer teurer geworden sind, Kinobesuche auch, Festivals sowieso.

Etwas schwierig ist die Einordnung bei der Gastronomie. Momentan ist die Empörung groß, weil viele Restaurants für das Wiener Schnitzel über 30 Euro berechnen. Das klingt schon arg überteuert. Andererseits war “nett essen gehen” noch nie ein billiger Spaß – den können sich nur heute erheblich mehr Menschen leisten. Noch in meiner Kindheit war der Gang zum Restaurant die absolute Ausnahme für Feiertage. Wir aßen damals im Jahr so oft auswärts wie heute in einem Monat. Etwas billiger war es schon – das hier ist aus einem Restaurantführer von 84/85:

Gulasch mit Knödeln und Gemüse für 12,60 DM. Das entspricht heute knapp 14 Euro. Wird in den Großstädten nur noch schwer zu finden sein.

Als ich in Düsseldorf Zivi war, kostete die Pizza Salami beim Lupo in der Altstadt 3,50 DM. Das wären heute 3,70 Euro. Dank Google Maps kann man auch von München aus die aktuellen Preise checken:

Und das gilt immer noch als sehr günstig.

Was billiger wurde

Als Dr.Oetker 1970 die erste Tiefkühlpizza auf den Markt brachte, war das eine Revolution – und nur auf den ersten Blick eine günstige Alternative zum Italiener:

3,45 DM für eine Pizza von 350 Gramm. Inflation eingerechnet entspricht das erstaunlich satten 7,68 Euro. Es dürfte jedem von euch schwer fallen, heute eine Tiefkühlpizza für einen solchen Premiumpreis zu finden. Nach unten ist hingegen noch viel Luft:

Ich weiß, es ist unfair, eine Aktionspizza vom Discounter zum Vergleich heranzuziehen, aber tatsächlich entspricht der Preis dieser LIDL-Pizza zurückgerechnet gerade mal 50 Pfennig im Jahr 1970!

Bleiben wir beim Discounter, weil viele Markenprodukte eine sehr eigenwillige, von Produktionskosten und Inflation abgekoppelte Preispolitik fahren. Ich habe als Teenager Mitte der 80er für den Videoabend immer die Topstar-Cola in der 1 Liter Glasflasche für 79 Pfennig gekauft (kein besseres Bild vorhanden, sorry):

Heute heißt die Cola angepasst River-Cola und wird in 1,5 Liter PET-Flaschen für 79 Cent verkauft. Das entspricht 53 Cent pro Liter, also grob 1,10 DM. Ist die Cola teurer geworden? Nein, billiger, denn die 79 Pfennig von 1985 entsprechen einem Gegenwert von 87 Cent pro Liter.

Etwas knapper wird es bei den geliebten Kartoffelchips. Auch diese kosteten 1985 pro Tüte 79 Pfennig. Wir wissen: Das entspricht 87 Cent. Aktuell bezahlt man allerdings 1,09 Euro dafür. Aber das ist eine Milchmädchenrechnung, denn 1985 waren nur 125 Gramm in der Tüte. Heute sind es 200 Gramm. Und diese 200 Gramm kosteten 1985 dann doch wieder einer Entsprechung von 1,39 Euro.

Und so geht das weiter – Schokolade, Kaffee, Orangensaft, Honig. Sobald man die Inflation einrechnet, sind die Lebensmittelpreise in Deutschland gesunken. Das könnt ihr anhand dieser Preisliste von 1982 auch selber sehen:

Sogar bei den abgebildeten Uhren greift der Preisverfall: Die sportliche Herrenarmbanduhr von ALDI mag mit 49,90 DM preiswert gewesen sein, aber das entspricht halt doch knapp 62 Euro im Jahr 2024. Da komme ich bei anderen No Name-Anbietern mit einem protzigeren Klotz für 44 Euro am Arm nach Hause:

 

Geradezu schockierend der Preisverfall beim Kaffee – 1982 musste man selbst für eine Discounter-Marke knapp 10 DM pro Pfund berappen. Das sind heute 12,33 Euro. Sogar der Platzhirsch Jacobs Krönung geht momentan nur für 7,49 Euro über den Ladentisch. Das ist allerdings kein Grund zum Jubeln, wenn man die Ausbeutung beim Kaffeeanbau bedenkt.

Auch Ketten wie McDonald’s müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, immer teurer zu werden – und das ist bei vielen Produkten sicher auch nicht ganz falsch. Aber ich schrieb in meiner McDonald’s-Festschrift vor ein paar Jahren bereits:

95 Pfennig für den Hamburger. Heute 1,29 Euro (billiger im Menü). Inflationsbereingt ist er damit im Preis gesunken.

Um das zu konkretisieren: 95 Pfennig hatten 1971 einen Wert, der heute satten 2 Euro entspricht. Und bereits Mitte der 70er zahlte man für den Burger 1,40 DM.

Anders bei Getränken, denn da wird in der Gastronomie gerne zugelangt: 1,45 DM für 0,4 Liter Cola waren 1975 zwar schon Apothekerpreise und entsprachen 2,45 Euro. Aber für 0,5 Liter nimmt der Filialist mittlerweile satte 3,24 Euro.

Alle diese Berechnungen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, denn beim Fastfood reduziert sich der Preis der einzelnen Komponenten im Menü erheblich.

Ein ganz neues Wespennest kann man mit Elektrik und Elektronik aufmachen. Es liegt in der Natur der Sache, dass neue Entwicklungen besonders üppig bepreist werden, weil man die “early adopter” ködern will. So hatte ein deutsches Versandhaus 1970 (aus Amerika importierte) Mikrowellenherde im “Angebot”:

1275 Mark – das war damals ziemlich exakt ein Brutto-Monatsgehalt eines Arbeiters! Heute bekommt man eine Marken-Mikrowelle für unter 100 Euro.

Ähnlich die brandneuen Taschenrechner:

Das entspricht 2500 Euro! Abgesehen davon, dass sich heute niemand mehr vorstellen kann, warum ein Taschenrechner so viel kostete wie eine Mikrowelle – wer braucht heute noch einen Taschenrechner? Das ist kein Gerät mehr, das ist eine App. Und die ist kostenlos.

Erstmals selbst konfrontiert mit diesem Phänomen wurde ich Ende der 70er, als mit dem Atari VCS die erste wirklich brauchbare Spielkonsole auf den Markt kam – und die war nix, was der Papa eben mal aus der Stadt mit heim brachte:

Umgerechnet 545 Euro – plus 128 Euro, um wochenlang so etwas zu daddeln:

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Wer Mitte der 80er einen C64 mit allem drum und dran wollte, musste seine Eltern wieder tief in die Tasche greifen lassen:

Ihr braucht keinen Taschenrechner rausholen, das habe ich bereits für euch getan: 2394 DM für das Set aus Rechner, Diskettenlaufwerk und Monitor. Das wären heute 2700 Euro – dafür kann man einen top ausgestatteten iMac samt Laserdrucker ins Home Office stellen:

Fernseher, Waschmaschinen, Fritteusen – ich könnte Dutzende weiterer Beispiele bringen. Das war alles früher nicht nur deutlich teurer, sondern auch für den Normalbürger erheblich weniger erschwinglich. Es waren keine Alltäglichkeiten, sondern Statussymbole.

Mein erstes Autoradio war Anfang der 90er ein Blaupunkt Bremen mit 10er CD-Wechsler. Super edles Teil, Luxusgut, organisiert von einem Kollegen, dem es “vom Laster gefallen” war. Habe ich damals “günstige” 800 Mark inklusive Einbau bezahlt. Entspricht heute 800 Euro. Ein Top-Autoradio von Kenwood mit Alexa, Sprachsteuerung und allem erdenklichen Schnickschnack? 149 Euro.

Das hat sich übrigens bis in die Gegenwart nicht geändert. Ich habe schon früher mal die Rechnung aufgemacht, dass mein erster USB-Stick mit 128 Megabyte um 2003 herum noch 55 Euro kostete, während ich heute einen Stick mit 128 Gigabyte für einen Zehner bekomme – oder oft genug als Werbegeschenk.

Zum Abschluss und als besonders krasses Beispiel – die ersten Handys in den 90er Jahren. Damals waren ja nicht die Geräte teuer, sondern vor allem die Tarife:

48 Mark für so einen klobigen Knochen klingt attraktiv, aber da kamen dann eben 44 Mark Grundgebühr pro Monat dazu und satte 1,64 Mark für jede Minute tatsächliches Telefonat. SMS kosteten extra. Von all inclusive-Tarifen wie bei ALDI Talk konnte man damals nur träumen:

Ich hoffe, mit diesen Beispielen nur ansatzweise verdeutlicht zu haben, was zu beweisen war: Es war früher wahrlich nicht alles billiger. Verbesserte Produktionsmethoden, Mikroelektronik, aber auch die Verlagerung von Fabriken nach Fernost und die fortschreitende Ausbeutung der Dritten Welt haben dafür gesorgt, dass wir heute oft viel weniger bezahlen als früher.

Natürlich ist das ein zweischneidiges Schwert. Es haben sich die Gewichtungen verschoben. Während wir Deutschen immer noch skandalös wenig für Lebensmittel bezahlen, wird der Anteil der Miete an unseren Gesamtkosten immer größer, für viele Menschen fast unstemmbar. Ich wollte ja auch nicht andeuten, dass alles rosig ist.

Woran es liegt, dass wir immer den Eindruck haben, früher war alles billiger? Weil unser Gehirn sich nur die Preise merkt, aber die Inflation nicht einrechnet. Weil es noch weiß, dass ein Johnny von Langnese “nur” eine Mark kostete -nicht aber, dass man damals nur zwei Mark Taschengeld die Woche bekam. Zeit macht milde.

Wie geht es euch damit? Sehe ich das alles falsch? Habe ich den einen oder anderen überraschen könnte? Gibt es weitere Beispiele – oder Gegenbeispiele?

Zum Wochenende, im zweiten Teil dieses ersten Artikels, reden wir über Einsparungen durch Dinge, die man heute nicht mehr braucht – und Zusatzkosten durch Dinge, die es früher nicht gab.



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Edin Basic
Edin Basic
21. Februar, 2024 19:55

Bei der Unterhaltungs-Elektronik habe ich auch ein Beispiel.1984 ein VHS-Videorekorder für satte 2000 DM gekauft.

Peter
Peter
16. April, 2024 19:57
Reply to  Edin Basic

Mein erster Telefunken Mono VHS-Videorecorder hat damals Anfang der 80er sogar stolze 3299 DM gekostet und musste gleich nach dem Kauf repariert werden.
War ich sauer darüber…..

Marko
16. April, 2024 22:34
Reply to  Torsten Dewi

Und mein Vater war Elektriker. Deswegen hatten wir in den gesamten 80ern einen riesigen Telefunken-Fernseher, weil er das Kackteil immer wieder repariert bekommen hatte. Ich kann heute noch das beeindruckende fump! hören, mit dem das Gerät die gesamte Wohnung abdunkelte, wenn es eingeschaltet wurde. Wilde Zeiten.

Alph
Alph
21. Februar, 2024 20:19

Stimme dem zu. Was oftmals auch vergessen wird, ist der immense Komfortgewinn und der nicht zu unterschätzende Zeitvorteil, der ja auch mit eingepreist werden sollte. Das Beispiel mit dem Taschenrechner verdeutlicht es: Computer und spätestens Smartphones haben unser Leben deutlich vereinfacht. Früher war vor jeder Zug- oder Busfahrt erst einmal Anstehen am Schalter angesagt (später dann zumindest am Automaten). Heute ist der Ticketkauf in ein paar Sekunden am Smartphone zu erledigen.
Wenn man die von dir erwähnte Elektronik besorgen musste, war ein Besuch im Kaufhaus oder Elektronikfachgeschäft nötig. Für mich als Dorfkind war das immer mit 45 Minuten Autofahrt verbunden, nur um dann vielleicht festzustellen dass der Artikel gar nicht vorrätig ist.
Zudem ist die Auswahl an Produkten in sämtlichen Bereichen immens. Früher hatte man die Wahl zwischen einigen wenigen Marmeladensorten, heute gibt es unzählig viele Varianten. Beim Joghurt, bei der Schokolade, bei Gummibärchen, beim Brot, fast überall ist die Auswahl exorbitant gestiegen. Luxus, der natürlich auch kostet und entsprechend bezahlt werden will.

Last edited 2 Monate zuvor by Alph
LiLaLaunebär
LiLaLaunebär
21. Februar, 2024 20:34

Ein repräsentativer Warenkorb ist jetzt “inflationsbereinigt” genauso teuer wie früher. Das liegt schlichtweg an der Berechnung der Inflation. Ein Bezug zum mittleren oder Durchschnittseinkommen o.ä. wäre vermutlich aussagekräftiger.

Hans
Hans
21. Februar, 2024 21:51
Reply to  Torsten Dewi

Der Einwand ist aber durchaus berechtigt: Die Inflation bemisst ja gerade die Preissteigerung von Waren (Nicht die Lohnsteigerungen). Inflationsbereinigt, also preissteigerungsbereinigt, sollten Waren im Preis per Definition also stabil sein. Natürlich im Mittel, Eiskugeln sind heute relativ teurer, Taschenrechner billiger. Das ist aber eine Nullaussage, es geht ja gerade um die Rrage, ob alles teurer geworden ist. Die Antwort ist die Inflationsrate

Hans
Hans
22. Februar, 2024 08:45
Reply to  Torsten Dewi

Ich hab tatsächlich nicht verstanden, worauf du in dem Artikel hinauswillst. Deine Eingangsfragestellung lautete doch, den Mythos “Früher war alles billiger” zu widerlegen bzw. zu überprüfen. Und ja, du hast ein paar Beispiele, wo etwas nicht ganz so stark im Preis gestiegen ist wie anderes, oder, im Fall von Taschenrechnern, sogar billiger geworden ist. Aber das widerlegt ja nicht den “Mythos”, das früher tatsächlich *im Schnitt* alles deutlich billiger war – dafür muss man sich eben nur die Inflationsraten anschauen, die genau das ja messen: War 2022 im Schnitt alles billiger als 2023? Ja, und zwar genau um 5,9%, laut statistischem Bundesamt. Dass Taschenrechner im Preis vielleicht nicht gestiegen sind, ist dabei doch egal, niemand würde behaupten, dass ausnahmslos alle Produkte immer gleich stark im Preis gestiegen sind.

Aber auf deine Frage “Woran es liegt, dass wir immer den Eindruck haben, früher war alles billiger?” ist die Antwort: Weil früher eben (im Schnitt) alles billiger war, und nicht weil unser Gehirn uns böse mitspielt.

Eine andere Frage ist, wie du ja auch schreibst, ob ich mir heute weniger (oder vielleicht sogar mehr) leisten kann. Dafür müsste man die gestiegenen Kosten mit den gestiegenen Löhnen ins Verhältnis setzen, was du an einer Stelle ja auch machst – aber eigentlich auf den zweiten Artikel verschoben hast. Inflation beschreibt ja eben nicht, dass alles – Preise wie Löhne – um einen einheitlichen Faktor steigt, und man sie daher einfach rausrechnen kann, sie beschreibt nur die Preisseite.

Um etwas grundsätzlicher auf die Frage einzugehen, ob früher “alles besser” war: Ja, ich glaube, die wirtschaftliche Situation, dass eine Familie mit einem Normalverdiener sich ein Eigenheim erarbeiten konnte, wie es die Generation meiner Eltern massenhaft gemacht hat, ist heute nicht mehr gegeben. Wenn du heute als Sachbearbeiter oder KfZ-Mechaniker arbeitest und deine Frau (oder dein Mann) die Kinder versorgt, wirst du ohne Erbschaft kaum mehr ein Häusschen oder eine Eigentumswohnung finanzieren können. Früher ging das, da kenne ich haufenweise Beispiele. Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass das nicht ausschlließlich an gestiegenen Preisen, Steuern und schwacher Nettolohnentwicklung liegt, sondern auch an den gestiegenen Ansprüchen für das tägliche Leben: Handy, Netflix, Nagelstudio, (Fern-)reisen, regelmäßig Essen gehen, etc. – das gab es in der Häuslebauer-Generation eher nicht.

Hans
Hans
22. Februar, 2024 09:38
Reply to  Torsten Dewi

kradolfte” ?

Hans
Hans
22. Februar, 2024 10:15
Reply to  Torsten Dewi

jetzt bin ich erst recht neugierg – ich hab eigentlich alles von ihm gelesen, das Wort kann ich aber nicht erinnern

Hans
Hans
22. Februar, 2024 13:19
Reply to  Torsten Dewi

ah, gut dass ich das noch im Schrank hatte, jetzt hab ich die Beleidigung auch verstanden…

Hans
Hans
22. Februar, 2024 13:54
Reply to  Torsten Dewi

naja, wer lässt sich schon gerne stammtischartiges auf-den-tisch-hauen vorwerfen wenn man gerade ein fein differenziertes Argument vorgetragen hat 🙂 Aber alles gut, und danke für die Douglas Adams Referenz

Stefan
Stefan
22. Februar, 2024 09:56
Reply to  Torsten Dewi

Ich versuche es lieber mit “überleg mal, wie lange du dein kümmerliches Taschengeld für einen C64 sparen musstest”.”

Aber genau das hast du ja nicht gemacht, weil du es nicht in Relation mit dem damaligen “kümmerlichen Taschengeld” (Einkommen/Rente/…) gesetzt hast.

Bin da beim Lesen genauso drüber gestolpert wie Hans und LiLaLaunebär. Ich finds schon durchaus interessant zu sehen, was _unverhältnismäßig_ im Preis gestiegen ist. Aber gerade am “früher war alles billiger” widerlegt das doch nichts. Da könntest du in ein Land/eine Zeit mit Hyperinflation gehen, wo die Menschen ihre Geldscheine von vorgestern sinnvoller benutzen, um den Kamin zu befeuern statt damit noch etwas kaufen zu können und genauso sagen “inflationsbereinigt ist im Schnitt doch gar nichts teurer geworden!”. Und das ist gleichzeitig wahr und überhaupt keine sinnvolle Aussage.

Hans
Hans
22. Februar, 2024 10:16
Reply to  Torsten Dewi

Volkswirtschaft wäre besser 😉

Selle
Selle
22. Februar, 2024 11:11

Ich glaube, dass viele relative Veränderungen sich durch veränderte Präferenzen (z.B. die Mieten folgen der Einschätzung, wo die Lebensqualität hoch ist), veränderte Möglichkeiten (z.B. unabhängig vom Durchschnittseinkommen sind die Haushaltseinkommen höher weil es kaum noch Einverdiener-Mehrpersonenhaushalte gibt) und veränderte Rahmenbedingungen (z.B. auswärts essen gehen bedingt durch Lebensrhythmus) entstehen und dann von denen, die diese Veränderungen nicht vollzogen haben als Teuerung wahrgenommen werden.

Bei den Lebensmittelpreisen glaube ich übrigens, dass die im wesentlichen nicht durch niedrigere Erzeugerpreise günstiger geworden sind sondern durch brutal effiziente Logistik und den großen Wettbewerb der Supermärkte, speziell in Deutschland.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
22. Februar, 2024 11:11

Erst einmal sollte man nicht vergessen, dass wir in den 90ern/2000ern echt satte Jahre hatten, wo sich fast jeder was leisten konnte. Das ändert sich jetzt aber wieder. Es ist immer einfacher etwas zu gewinnen als zu verlieren. Wenn man in den 70ern nicht den Komfort der 90er hatte, war das OK, aber den Komfort der 90er in den 2010ern zu verlieren, merkt man sehr wohl.
Und hier kommt das Problem, die Mittelschicht bricht weg. Es hilft den vielen Geringverdienern nichts, wenn dafür einer fett Kohle macht. Gut für den einen, aber schlecht für die anderen. Das hat aber natürlich Auswirkungen auf das Durchschnittsgehalt. Es macht eben einen Unterschied, wenn wir 3 Leute mit 50.000 Euro Jahreseinkommen haben oder einen mit 110.000 und zwei mit jeweils 20.000. Und das passiert aktuell. Das ist, wieso sich so viele beschweren. Früher konnte man eben noch als Geringverdiener noch gut über die Runden kommen. Heutzutage geht das eben nicht mehr, da eben zB die Mieten massiv gewachsen sind und die eben bei Geringverdienern dann nicht die empfohlenen 30% ausmachen, sondern mindestens 50%. Ich habe das beim Job meiner Frau gesehen, als sie solch einen Job angenommen hatte. Die Arbeitszeiten sind dann nicht nur grottig, nein, die Kollegen konnten sich dann halt kein Essen in der Mittagspause leisten, weil das mal locker eine Stunde Bruttolohn gekostet hat.
Ich bin zu jung um das mit den 90ern direkt zu vergleichen zu können, aber ich weiß, dass unsere Nachbarin ihre 3 Kinder allein als Verkäuferin in einer Bäckerei durchbekommen hat. Ich bezweifle, dass das heutzutage noch so klappen würde.
Meine Mutter berichtet auch von den Tafeln, wo halt der Andrang auch immer mehr in den letzten 20 Jahren wurde. Dabei bekommt man da nur Einlass, wenn man vom Amt einen Schein hat.

Aber natürlich, in unserer normalen Blase ist das genau so ein blödes Gerede wie das Merz immer ein normaler Mittelschichtler war. Denn wir haben eine gute Ausbildung und auch gutes Einkommen. Für uns ist es ein Ärgernis, aber kein echtes Problem. Unser größtes Problem ist eben, wann wollen wir denn nächstes mal nach London fliegen und nicht gibt es auch noch nächste Woche einen vollen Teller zum Essen.

Inzwischen sind 100 Jahre vergangen und wie wir zu der aktuellen Situation gekommen sind, ist verschieden. Aber leider ähnelt sich doch aktuell sehr viel mit der Lage, die wir in den 1920ern hatten. Ich hoffe halt nur, dass der nötige Reset nicht in gleicher (oder schlimmerer) Konsequenz daherkommt.

Daniel H.-P.
Daniel H.-P.
22. Februar, 2024 17:28

“Und hier kommt das Problem, die Mittelschicht bricht weg. Es hilft den vielen Geringverdienern nichts, wenn dafür einer fett Kohle macht. Gut für den einen, aber schlecht für die anderen. Das hat aber natürlich Auswirkungen auf das Durchschnittsgehalt. Es macht eben einen Unterschied, wenn wir 3 Leute mit 50.000 Euro Jahreseinkommen haben oder einen mit 110.000 und zwei mit jeweils 20.000.”
Das ist der Grund, warum kein Durchschnittslohn, sondern ein Medianlohn errechnet und dargestellt wird – er ist nämlich verzerrungsresistenter.
>> Vorab ist die Unterscheidung zwischen Medianeinkommen und Durchschnittseinkommen wichtig: Beim Median wird der mittlere Wert einer Grundgesamtheit betrachtet. Wenn also 1000 Arbeitnehmer ihr Gehalt angeben, ist das Medianeinkommen der 500-höchste Wert. Beim Durchschnittseinkommen wird das Gehalt aller 1000 Arbeitnehmer zunächst addiert und dann durch 1000 geteilt. Der Nachteil ist, dass Ausreißer stärker ins Gewicht fallen. Deshalb ist das Durchschnittseinkommen in der Regel auch höher als das Medianeinkommen und wird allgemein als das schlechtere Maß wahrgenommen. Der Medianlohn liegt deutlich näher am realistischen Mittel als das Durchschnittseinkommen. Ein weiterer wichtiger Maßstab ist zum Beispiel das Nettoäquivalenzeinkommen, bei dem das verfügbare Einkommen eines Haushalts durch die Zahl der Haushaltsmitglieder dividiert wird. Es werden also nicht nur Einkommensbezieher betrachtet, sondern auch etwaige Kinder. Zuletzt lag dieses Nettoäquivalenzeinkommen bei etwa 25.000 Euro.” (Auszug aus dem Link)
… womit auch die sich in der Gesellschaft veränderten Lebenslagen und Wohnsituationen etwas miteinberechnet werden.

Last edited 2 Monate zuvor by Daniel H.-P.
Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
22. Februar, 2024 13:43

Den Konsolenpreisvergleich finde ich spannend, deckt sich aber auch ein wenig mit den (+-) konstanten Spielepreisen von 120 – 140 DM bzw. jetzt halt 70€, obwohl die Budgets der Titel inzwischen Blockbuster-Ausmaße haben.

jimmy1138
jimmy1138
22. Februar, 2024 15:41
Reply to  Rudi Ratlos

Einerseits ist subjektiv gesehen ein AAA Game genauso teuer (oder sogar billiger) als ein Vollpreistitel in den 90ern, andererseits hat sich die Monetarisierung von Spielen komplett geändert – siehe Season Passes, Microtransactions, Loot Boxes oder DLCs. (Wenn ich mich recht erinnere, muß man glaub ich in etwa 1000€ hinblättern, wenn man jedes DLC von The Sims besitzen will.) Dazu noch Subscription Modelle wie GamePass.
Das ist mMn generell ein Punkt in Hinblick auf Inflation – vergleicht man tatsächlich dasselbe? Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte sind zweifellos viel billiger geworden. Gleichzeitig hat mMn aber die Frequenz zugenommen, in der man sich einen neuen Fernseher anschafft – früher war das gefühlt ein epochales Ereignis. Und wenn ein Fernseher – Hausnummer – halb soviel kostet, aber gleichzeitig halb so lange hält, dann gebe ich am Ende genausoviel Geld aus…

Karsten Scholz
24. Februar, 2024 18:29
Reply to  jimmy1138

AAA-Produktionen werden mit jeder Generation teurer, weil die Entwicklungszyklen immer länger dauern und man über Jahre Teams aus hunderten Leuten bezahlen muss. Das frisch veröffentlichte Skull and Bones soll 200 Millionen Dollar gekostet haben. Horizon Forbidden West 212 Mio. Dollar. The Last of US 2 220 Mio. Dollar. Marketing kommt jeweils noch dazu. GTA 6 wird, was die Kosten angeht, sicherlich einen neuen Rekord setzen.

Zeddi
Zeddi
3. März, 2024 12:12

Finde das insgesamt sehr Onpoint, den Artikel werde ich mir als Bookmark ablegen.

Noch ein kleiner Gedanke: Gebrauchtmarkt funktioniert, auch weil viele Produkte eh schon günstig sind vor allem aber durch ebay-kleinanzeigen und Co sehr viel besser als früher, für beide Seiten aber ganz besonders für Käufer.

Nen wenige Jahre alten 48″ Full-HD-Fernseher von Samsung für dtl. unter 100 EUR – kein Problem.

Dazu gibt es X Produkte die sich technisch nur mäßig weiterentwickelt haben, ne “Stereoanlage” aus den 90ern bietet genauso guten Sound, villeicht sogar besseren als eine aktuelle Soundbar ist oft für lau zu bekommen. Damit ist man nicht im Premiumsektor aber fürs normale Fernsehen allemal gut aufgestellt.