26
Jul 2024

Weltexklusiv! Nicht Adele in München!

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Die Stadt ist in Aufruhr! Morgen und übermorgen wird die bayerische Metropole von Swiftmania überrollt, wenn die knackige Pop-Chanteuse im Olympiastadion ihre "Eras"-Show präsentiert. Ohne mich, wie üblich.

Aber es kommt noch dicker (no pun intended): Megastar Adele folgt am nächsten Wochenende und fährt so richtig auf. Einzige Konzerte in Deutschland, ach was, in Europa! 10 Shows an 10 Tagen! Eine eigens erbaute Arena auf dem Messegelände in Riem! Ein 200m langer Screen – Weltrekord!

Uns schert’s nicht. Wir finden Adele zwar gut, aber dieser Overkill schreckt uns ab. Das Robbie Williams-Konzert vor zwei Jahren auf dem Gelände war ja auch keine Offenbarung. Adele wird’s verkraften.

Tatsächlich können wir das Konzert aber live hören. Wir wohnen nämlich Luftlinie drei Kilometer ohne schallstoppende Gebäude vom Konzertgelände entfernt. Und gestern Abend sitzen wir auf der Terrasse, da weht plötzlich "Skyfall" von Adele herüber! Was für ein exklusives Erlebnis!

Wir entscheiden uns aus pubertärer Neugier, mal zum Konzertplatz zu fahren, um zu sehen, was dort vor sich geht. Generalprobe? Soundcheck?

Tatsächlich ist schon von der Straße aus das Gelände gut einsehbar und ca. ein Dutzend Fans hat sich eingefunden, um als Zaungäste einen Blick zu riskieren.

Die folgenden drei Minuten sind allerdings eher unschön. Ich halte den Wagen an, um für mein Blog ein Bild dessen zu machen, was zu sehen ist. Ich habe kaum den Fuß aus der Tür, da hält ein Motorroller und ein Mann von einer Security-Firma bellt mich an, ich solle gefälligst sofort weiterfahren, da sei kein Parkplatz.

Ehrlich? Der Mann hat keine Legitimation, mich zu drangsalieren. Die hat auf einer öffentlichen Straße nur die Polizei. Security ist dafür bekannt, gerne mal über die Stränge zu schlagen – viele von denen wären gerne Polizisten geworden. Aber ich schlucke eine entsprechende Replik runter und bitte meine Frau, einmal um den Block zu fahren, bis ich mein Bild gemacht habe.

Statt eines Bildes entscheide ich mich allerdings dafür, ein Video zu machen, weil man vom Bürgersteig aus nicht nur die riesige Adele-Arena von außen ganz gut sehen kann, sondern auch einen Teil der Leinwand und der Performerin. Ich komme genau 13 Sekunden weit:

Nach 13 Sekunden bellt mich ein weiterer Security-Mann mit Leuchtweste an:

"Hatte ich Sie nicht eben schon mal hier? Hören Sie sofort auf zu filmen oder zu fotografieren!"

Als ich mich zu ihm drehe, wird ihm klar, dass er mich nicht "schon mal hatte" – ich bin ja gerade erst gekommen. Aber der patzige Spruch ist raus und er sieht sich außerstande, ihn zurückzunehmen. Allerdings hat er bei mir damit den Geduldsfaden durchschnitten, zumal ich als Journalist durchaus weiß, was erlaubt ist und was nicht. Darum beende ich meine Aufnahme und wende mich freundlich, aber bestimmt an den Herrn:

"Nun mal halblang, guter Mann. Ich befindet mich auf einem öffentlichen Bürgersteig. Ich kann hier so oft und so lange filmen, wie ich will."

Er atmet durch, streckt den Brustkorb raus:

"Die Messe-AG wünscht keine Aufnahmen des Geländes."

Ich lächele ihn an, weil ich wirklich keinen Konflikt will, nur Klarheit:

"Genau. Die Messe-AG kann sich das wünschen. Das war es dann aber auch schon. Ich höre gerne auf zu filmen, wenn Sie mich darum bitten. Ich bin nicht hier, um Ärger zu machen oder zu provozieren. Aber erzählen Sie mir bitte keinen vom Pferd, Sie könnten hier irgendwas von mir verlangen."

Er schweigt zwei Sekunden. Er weiß, dass ich Recht habe. Dann:

"Darf ich Sie bitten, keine Aufnahmen mehr zu machen?"

Ich zeige ihm mein Handy – es ist längst abgeschaltet:

"Klaro. Ich verstehe ja auch Ihre Situation. Hier ist vermutlich gerne mal richtig was los."

Er entspannt sichtlich und lächelt nun auch:

"Sie haben keine Vorstellung. An den Konzertabenden ist das hier draußen ein Zirkus. Immer wieder."

Ich lache, während ich mein Handy wegstecke und mich nach meiner Frau umsehe:

"Dann ist heute mit knapp 20 Leuten und einem Hund ein ruhiger Abend."

Er dreht sich kurz zur Adele-Arena um und nickt:

"Das ist ja nicht mal Adele. Das sind irgendwelche Background-Sängerinnen für die Lichttests. Die Musik kommt von CD."

Einige der Passanten sind nun sichtlich enttäuscht. Ich wünsche dem Security-Mann noch einen schönen Abend. Er wirkt erleichtert, dass der Konflikt nicht eskaliert ist. Aber ehrlich? Was für eine Wurst würde so einem Mann denn das Leben schwer machen, auch wenn er genau genommen seine Kompetenz überschreitet? Der macht das ja nicht aus Spaß, sondern selber nur auf Anweisung.

Mittlerweile freuen wir uns auf den 2. August – wir hören dem Konzert von unserer Terrasse aus zu, mit einem Cocktail in der Hand. Taylor Swift wäre uns allerdings lieber gewesen. Tay-Tay!



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S-Man
26. Juli, 2024 11:56

Ich finde deine Wortgewandheit immer wieder beeindruckend. Ich selbst hätte genau zwei extreme zur Antwort:

1. Kleinlaut beigeben.
2. (deutlich wahrscheinlicher) Komplett an die Decke gehen und dem Typen lautstark (und sicher nicht wortgewand) die Meinung geigen. Ich fahre bei sowas hoch. Mir geht es gegen den Strich, angeschnauzt zu werden für Dinge, für die ich nix kann oder aus Gründen der Inkompetenz des Gegenüber. Runterfahren ist dann leider in den meisten Fällen die nächsten 2h nicht drin.

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dermax
dermax
29. Juli, 2024 12:11
Reply to  Torsten Dewi

Kudos an den Hausherren, die Regel "erstmal freundlich" hab ich mir hier abgeguckt.

Frank B.
Frank B.
26. Juli, 2024 15:45

Hallo, ich war am Dienstag vor dem Volksparkstadion (Hamburg) aus dem selben Grund. Das Konzert von Taylor Swift war ungefähr seit einer Stunde im Gange, vor dem Platz am Eingang ungefähr 400 Sfifties, deutlich mehr Mädchen und Frauen als Männer, darunter auch wohl auch einige Familienväter, die auf ihre Töchter warteten. Man konnte ebenfalls jedes gesungene Wort verstehen. Zwischen den Songs kurze Pausen, die dann von ohrenbetäubendem Jubel beendet wurden. Wahrscheinlich fand ein Kostümwechsel statt. Die Schar auf dem Platz war trotz fehlendem Ticket euphorisiert, beglückt, tanzte oft mit (Swiftquake?) … sie warteten auf das Swift-Ufo, das nicht kam. Egal.

Thies
Thies
26. Juli, 2024 23:28
Reply to  Frank B.

In einem Artikel der MoPo wurde erwähnt, dass die Konzertveranstalter keine sogenannten Listening-Partys vor dem Stadion dulden würden. In dem Artikel wurde aber auch das Ordnungsamt zitiert, dass sie für öffentliche Wege zuständig seien und nicht der Veranstalter. Offenbar gab es dann bei euch kein übereifriges Security-Personal.

Feivel
Feivel
27. Juli, 2024 02:28

"Aber es kommt noch dicker (no pun intended)"

Schau nochmal nach, wie Adele mittlerweile aussieht. Da ist nichts mehr mit "rolling in the deep" – sie hat ihre Gesundheit ganz enorm unter Kontrolle gebracht. Sehr gut für sie!

Daniel
Daniel
28. Juli, 2024 22:38

Spielt zwar kaum eine Rolle, aber m.W. gibt es keine Messe AG, sondern "nur" die Messe München GmbH, die mehrheitlich der LH München und dem Freistaat Bayern gehören. 100% öffentliche Hand. Die sollten eigentlich nicht zu bissig sein. Zudem ist es ja vielleicht auch eine gute Werbung bei den imposanten Ausmaßen.

Birgit
Birgit
29. Juli, 2024 21:43

Sehr schön! Vielen Dank für diesen kleinen Einblick ins heutige Leben. Das hat mir (abgesehen von der Wortgewandtheit) sehr gefallen. Ich sitze ebenfalls auf meinem Balkon in der Nähe und habe überlegt, was da vor sich geht. Jetzt habe ich einen Eindruck (und beschlossen, mich nicht auf den Weg zu machen;).
Viele Menschen könnten sich von Deinem "charmant-klaren" Umgang mit dieser Situation eine Scheibe abschneiden. Danke, dass Du das hier teilst und damit ein Beispiel für einen möglichen Umgang mit derartigem Eskalationspotential, dem man heutzutage durchaus öfter mal begegnet, bietest. Workshop, ja, gute Idee. Oder ein Buch? Schönen Abend:) Birgit

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
30. Juli, 2024 13:39

Kann man in München (wie jetzt bei TS) das Konzert nicht einfach auf dem Berg hinter der Konzerthalle verfolgen? Oder ist die Location für Adele anders aufgebaut?
Die Tickets scheinen ja auch nicht so begehrt zu sein (oder ursprünglich schlicht zu teuer), wenn die jetzt für u.a. 35€ rausgehauen werden.

dermax
dermax
31. Juli, 2024 09:56
Reply to  Rudi Ratlos

Adele ist am Messegelände, da gibts nicht wirklich nen brauchbaren Berg wie im Olympiapark. Und die 35€-Tickets sind quasi Auffüller, wenn irgendwo noch was weg muss, da kann man ja nicht aussuchen, wo man sitzt/steht.

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
1. August, 2024 14:23
Reply to  dermax

Ah, danke für die Aufklärung 🙂

Sergej
Sergej
5. August, 2024 13:24

Und, wie war es jetzt?