13
Sep 2023

Fantasy Filmfest 2023, Tag 7, Film 2: TIGER STRIPES

Themen: Fantasy Filmf. 23, Film, TV & Presse |

Malaysia / Taiwan / Singapur / Frankreich / Deutschland / Niederlande / Indonesien / Katar 2023. Regie: Amanda Nell Eu. Darsteller: Zafreen Zairizal, Deena Ezral, Piqa, Shaheisy Sam, Jun Lojong, Khairunazwan Rodz, Fatimah Abu Bakar

Offizielle Synopsis: Ein BH löst in einer Mädchenschule große Verunsicherung aus. Zaffan hat ihn sich heimlich besorgt und probiert ihn auf der Toilette mit ihren Freundinnen an. Noch mehr Furore macht dann aber die Neuigkeit, dass Zaffan als erste ihre Periode bekommen hat. Die abergläubischen Mitschülerinnen reagieren angewidert und von einem Tag auf den anderen ist das Mädchen ganz allein. Gleichzeitig schreiten die unheimlichen Veränderungen ihres Körpers in beängstigendem Tempo voran.

Kritik: MENSTRUATION – DER FILM. Hurra?

Ich hatte Angst vor dem Dienstag, denn es sah nach einem Triple feministischer Betroffenheits-Filme aus, bei denen ich mich gerne im Kinositz winde. Den Auftakt machte TIGER STRIPES aus Malaysien, der von fast einem Dutzend Ländern koproduziert wurde. Man darf durchaus die Frage stellen, warum z.B. die Filmförderung NRW hier Geld zuschießen musste – zumal das Budget nur minimal gewesen sein kann. Ist das wieder so eine Nummer, bei der keiner nicht dabei sein wollte, um sich hinterher keine Vorwürfe anzuhören, man unterstütze nicht ausreichend junge Mädchen in unterentwickelten Ländern?!

Und ja, TIGER STRIPES läuft weitgehend genauso ab, wie man es erwartet – die etwas rebellische Zaffan hat ihre erste Periode, bekommt Hautausschläge, verliert Haare. Eine Klassenkameradin nutzt die Veränderungen, um sie sozial auszugrenzen, auch die Eltern sind wenig begeistert. Zaffan hat das Gefühl, die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren – aber auch die Chance, die Kontrolle über ihr Leben zu übernehmen. Die Sache eskaliert etwas, als Mitschülerinnen angesichts der Ausbrüche Zaffans in eine kollektive Hysterie verfallen und eine Art Hexendoktor gerufen wird….

TIGER STRIPES trägt sein Anliegen wie eine Uniform, er will Mädchen “empowern”, ihnen die Angst vor dem eigenen Körper und ihrer Rolle in der Gesellschaft nehmen. Go, girl! Wenn die UNESCO Filme produzieren würde, wären es solche.

Und jetzt kommt die Pointe: Abgesehen von der Tatsache, dass die fantastischen Elemente nur minimal sind und ich mal wieder die Eignung für das Festival zumindest in Frage stellen möchte, ist TIGER STRIPES ein überraschend bunter, unterhaltsamer und humorvoller Film. Dazu trägt nicht nur das exotische Setting bei. Zaffan ist ein faszinierendes Mädchen, eine geborene Rebellin, die an den Widerständen wächst. Die Schule, in der sie lernen soll, ist weitgehend ein Ort mit Minimalanspruch, der den Mädchen “basic skills” beibringt, damit sie später den Herd bedienen können und nicht vom Tiger gefressen werden. Dass selbst Lehrerinnen dem Veitstanz anheim fallen und man einen mediengeilen “Exorzisten” zu Hilfe holt, verwundert nicht.

Vor allem aber zeigt TIGER STRIPES die Sollbruchstellen der Gesellschaft – die Mädchen hier haben iPhones, schauen Videos auf Social Media, und der Waschraum ist der Ort, an dem sie Modernität leben. Hier, und in diesem Alter, wird sich entscheiden: passt man sich mit der Pubertät den gesellschaftlichen Normen an oder versucht man den Ausbruch?

Fazit: Ein kurzweiliger und exotischer Film über das Erwachsenwerden mit ein paar minimalen Genre-Andeutungen, die ihn gerade so noch für das Festival qualifizieren. Traditionelle Filmfest-Nerds werden abwinken, aber Zuschauer mit breiterem Fokus werden belohnt. 7 von 10 Punkten.

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