Fantasy Filmfest 2023, Tag 4, Film 4: THE ANIMAL KINGDOM
Themen: Fantasy Filmf. 23, Film, TV & Presse |Frankreich 2023. Regie: Thomas Cailley. Darsteller: Romain Duris, Paul Kircher, Adèle Exarchopoulos
Offizielle Synopsis: Émile und sein Vater sind auf dem Weg ins Krankenhaus, wo sie Émiles Mutter besuchen wollen. Im einen Moment unterhalten sie sich noch darüber, was schädlicher für die Gesundheit sei, Chips oder Zigaretten, im nächsten bietet sich ihnen ein beängstigendes wie faszinierendes Schauspiel: Sanitäter zerren einen Mann, der an der Stelle eines Armes einen riesigen Flügel hat, in eine Ambulanz. Verzweifelt schlägt dieser um sich und stößt vogelartige Laute aus, die durch Mark und Bein dringen, bevor er überwältigt wird. Auch Émiles Mutter ist von dieser neuen „Krankheit” befallen, die die Menschen schrittweise in Tiere verwandelt. Die Ursachen sind ungeklärt, der Umgang mit den Betroffenen heikel und die Stimmung in der Gesellschaft angespannt – denn es kann jeden jederzeit treffen. Während eines Krankentransports kommt es zu einem Unfall, bei dem einige der „Kreaturen” in den dichten Wald fliehen. François sucht mit der Hilfe einer örtlichen Polizistin nach seiner Frau, Émile dagegen dringt auf eigene Faust immer tiefer in das Königreich der Tiere, mit dem er doch mehr gemeinsam hat, als er glaubte.
Kritik: Das hier ist einer der Filme, der mich nach dem ersten Eindruck im Vorfeld gar nicht interessierte. Französisch, vage in der Story, Familiendrama. Das verspricht kaum großes Entertainment, sondern schwermütige Gespräche bei einer Packung Gauloises Blondes und Pastis.
Erfreulicherweise mitnichten. Thomas Cailleys Film ist weniger an einer konkreten Story oder an einer Erklärung des Phänomens interessiert, sondern an der sehr breit gefächerten Beschreibung eines gesellschaftlichen Umbruchs anhand einer einzelnen Familie. François hat seine Frau an die Mutation verloren auch wenn mit der Polizistin Julie ein potenzieller "Ersatz" bereitsteht. Sohn Émile würde sich gerne der Pubertät und seiner ersten Liebe widmen, verwandelt sich aber selbst und wird dadurch langsam auf die Seite der Tiermenschen gezogen. In der Bevölkerung sorgt die Angst vor den Mutationen für die üblichen Reaktionen: wegsperren, abschießen, ausgrenzen.
Das ist gar nicht melodramatisch und schwermütig erzählt, sondern mit hohem Tempo, viel Action und glaubwürdigen Figuren, die in einer Welt agieren müssen, die uns alle überfordern würde.
Gesondert erwähnen muss man noch die technische Umsetzung: Die Tierwesen sind schlichtweg phänomenal und an keiner Stelle so absurd, wie sie eigentlich erscheinen müssten. Was das VFX-Team hier mit (vermutlich) begrenzten Mitteln gestemmt hat, ist gerade angesichts der Diskussion um die CGI-Misere in Hollywood ein kleines Wunder.
Was gibt es zu kritisieren? Nun, der Frankster und ich waren uns einig, dass THE ANIMAL KINGDOM mit 129 vielleicht ein paar Minuten zu lang geraten ist und in der zweiten Hälfte ein paar Schnitte vertragen hätte. Das macht ihn aber nicht lang-sam oder gar lang-weilig.
So sieht gutes Kino aus. So sieht ein guter Festival-Film aus.
Fazit: Die Sorte Film, von der ich mich auf dem FFF gerne überraschen lassen. Eine vielschichtige Parabel über den Umgang den Menschen mit dem Neuen, dem Fremden, dem Unerwarteten. 9 von 10 Punkten.
Genau so. 9/10.
Nach DOGMAN war das der zweite Film auf dem diesjährigen FFF, bei dem ich ein paar Tränen verdrücken musste. Ein wirklich bezauberndes Coming-of-Age-Drama mit übernatürlichem Anstrich und starken Darstellern.
Ein würdiges Centerpiece!