26
Jun 2023

Filmverbrechen-Fotostory: DIE PINUPS UND EIN HEISSER TYP oder: Sascha Hehn beim Schlägerfestival (2/3)

Themen: Film, TV & Presse, Fotostory, Neues |

Wo waren wir stehengeblieben? Richtig: “Musikproduzent” Fredy fickt alles, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Ihm ist egal, ob die Mädels anderweitig verbandelt sind, kein Interesse zeigen, oder ob er ihnen seinen Schniedel aufdrängen muss. Genau die Sorte Mann, die Produktionsfirmen wie LISA und CCC in den 70er und 80er Jahren als “romantische Helden” verkaufen wollten. Es wäre einfacher, das mit Humor zu nehmen, wenn man dahinter nicht tatsächlich ein abgrundtief frauenfeindliches Weltbild vermuten müsste – und wenn Darsteller wie Sascha Hehn und Wolfgang Fierek es nicht so einfach gemacht hätten, Schauspieler und Schauspiel für deckungsgleich zu halten.

Ich will mich damit nicht zu lange aufhalten, denn es ist mir gelungen, die Zahl der Screenshots mit eiserner Disziplin auf 120 zu beschränken – wäre doch gelacht, wenn wir diese Fotostory nicht etwas knapper bemessen über die Ziellinie bringen können (future me: nein).

Nachdem Eva am Versuch, den kümmerlichen Song “Where are you now, my Number One?” einzusingen, krachend gescheitert ist, glauben Fredy und Rolf erst recht, dass sie einen Megahit in der Pipeline haben. Mit ihrer Angeberkarre fahren sie die großen Musikverleger der Stadt ab, um einen Deal zu machen.

Der Wagen hat – kaum überraschend – keine Ähnlichkeit zu dem Auto, das auf dem Filmplakat präsentiert wurde:

Doch ach: Die Verleger sind allesamt fiese Kapitalisten, die dem aufrechten Fredy nicht die angemessenen Bündel 1000 Mark-Scheine in die Taschen stopfen wollen:

Die beiden Freunde wollen nicht einsehen, was für uns längst offensichtlich ist – ihre Musik ist einfach scheiße:

“Euch hat man wohl ins Gehirn geschissen, mir solchen Schwachsinn anzubieten. Das könnt ihr als Toilettenpapier benutzen.”

Eine korrekte Aussage.

Fredy lässt sich aber nicht entmutigen – ein Mangel an Selbsterkenntnis ist dieser Sorte Mann in die Wiege gelegt. Wenn erstmal genug Blondinen geschworen haben, dass er ein “heisser Typ” ist, dann muss das doch stimmen. Der folgende Dialog repräsentiert die Einstellung der Figuren UND der Macher des Films:

FREDY: Ich kann mir keinen bekannten Sänger leisten, der mir ein Demo-Band aufnimmt.

ROLF: Ein paar von deinen Schnepfen haben noch richtige Schlafzimmerstimmen. Da suchen wir uns die besten raus und produzieren eine Platte.

FREDY: Mann, die singen bloß im Bett. Die haben sonst nichts weiter zu bieten.

ROLF: Da mach dir mal keine Sorgen. Mit ein bisschen Technik und ein bisschen Hall kann jeder singen.

FREDY: Weißt du was? Ich hasse dich.

ROLF: Warum?

FREDY: Weil du immer wieder so gute Ideen hast.

Und wie bestellt meldet sich nun Annabelle, die Blondine mit dem Mechaniker-Freund Günter.

Erneut ist es ein Telefonanruf aus der Twilight Zone: Annabelle ruft ihn an, Fredy kann sich nicht an sie erinnern. Wir erfahren nie, warum sie anruft. Es gibt keine Plauderei, keinen Austausch von Interessen. Annabelle sagt, dass sie im Supermarkt arbeitet. Fredy sagt, er kommt gleich vorbei.

WA-RUM?!

Fredy ist bar jeglicher Indizien so überzeugt, dass er Annabelle zum Star (also seinem Betthäschen) machen kann, dass er gleich mal durch Großkotzigkeit dafür sorgt, dass sie ihren Job verliert. Danke, Fredy!

Rolf ist nicht gerade begeistert, dass Fredy gleich die nächste Ische anschleppt:

“Das hier ist ein Plattenstudio und kein Puff!”

Fred ist empört – empört, sage ich euch!

“Hör mit deinen Sprüchen auf! Was denkst du denn, wozu sie hier ist? Sie kann wirklich singen, Mann.”

Woher Fredy das wissen will? Your guess is as good as mine.

Ich erkenne aber an, dass Annabelle als einzige Ische im Film tatsächlich kein Interesse an Fredy zeigt und tapfer zu ihrem Günter steht, auch wenn der nur Mechaniker ist. Eine Umkehrung der Realitäten: Heute nagen Musiker “dank” Spotify am Hungertuch, während ehrliches Handwerk einen goldenen Boden hat.

Fredy holt nun Hilda und Eva dazu, um mit dem Trio den Song sexy neu einsingen zu lassen:

Ich könnte das Ergebnis beschreiben, aber nur ein Clip wird der Sache gerecht:

Selbst Fredy wird klar, dass hier “irgendwas fehlt”. Mit irgendwas meint er nicht etwa Talent oder Erfahrung, sondern eine vierte Ische. Das Trio muss ein Quartett sein! Wie gut, dass es mit Lisa eine weitere ehemalige Bettgenossin gibt, der er den Job versauen und damit keine andere Wahl lassen kann:

“Lisa” wird gespielt vom Kem McLeroy, die entweder ein Pseudonym benutzt hat oder weltweit nie wieder anderweitig in Erscheinung getreten ist. Ihrer Bio zufolge stammt sei aus Florida, sang bei den besten Gospelchören des Landes, besaß eine eigene Boutique, und gehörte 1980 zu den “gefragtesten Newcomerinnen der Filmbranche”.

And monkeys fly out of my butt.

Es ist aber nicht auszuschließen, dass wir es mit einem der vielen Flüchtigkeitsfehlern in den Credits zu tun haben – das spätere Videocover nennt die Darstellerin Kim McLeroy, was erheblich mehr Sinn macht. Über die konnte ich allerdings auch nix finden.

Endlich, endlich haben wir das Quartett beisammen und die Mädel können mehr schlecht als recht mit ein paar Studiomusikern den Song einspielen…

Die Studiomusiker werden von Fredy unsanft abserviert – der Chor hat seine Schuldigkeit getan, der Chor kann gehen:

Es scheint mir angebracht, exemplarisch auf eins der Outfits hinzuweisen, die man Sascha Hehn in der Boutique “Sweet Heart” auf den Leib geschneidert hat:

Begeistert fahren Fredy, Rolf und die Mädels durch Berlin, als hätte “Where are you now?” gerade Platin gemacht:

Doch oh weh – es zeigen sich erste Risse in der Gruppe. Beim Eisessen lässt Lisa raushängen, dass sie Annabelle als Konkurrenz um die Gunst von Fredy sieht:

“Du meinst wohl, du kennst ihn im Bett noch nicht, hm? Erzähl uns dein Märchen. Wenn du im Bett genauso geil bist wie hier nach dem Eiscreme, dann musst du ja ein richtiger Vulkan sein.”

So reden die Mädels in DIE PINUPS UND EIN HEISSER TYP. Es macht fassungslos, dass Taugenichts Fredy als “der große Preis” angesehen wird, von dem jede Blondine froh sein kann, wenn sie ihn abkriegt. Sind Frauen wirklich so dämlich und lassen für die Gunst der Alphamännchen jede Form von Solidarität, Würde, Scham und Vernunft sausen? “Der fickt jede, also muss ich unbedingt auch von dem gefickt werden”? Oder denken/dachten das nur die Filmemacher der CCC?

Auf jeden Fall hat Rolf nun die offensichtliche Idee, die Mädels nicht nach der ersten Aufnahme im Studio fallen zu lassen, sondern als Girlgroup zu etablieren. Fredy warnt, dass das “harte Arbeit” wird – was er nicht gewohnt ist.

DIE PINUPS UND EIN HEISSER TYP firmiert ja als “romantische Musik-Komödie”. Davon kann ich wertfrei bestenfalls die Musik durchgehen lassen. Romantisch ist hier gar nichts und es gibt auch kaum Versuche, witzig zu sein. Dass die PINUPS ihren ersten Auftritt in einer Berliner Aso-Kneipe haben, soll reichen:

Es wird suggeriert, dass wir es gemein finden sollen. dass die Mädchen mit Bierdeckeln und Servietten beworfen werden, aber bei Gott: Angesichts der Performance wäre “teeren und federn” auch nicht übertrieben gewesen.

Ernüchterung stellt sich ein. Sollte es womöglich doch so etwas wie Talent, Training und gute Songs brauchen, um als Popstars zu reüssieren?!

Fredy und Rolf ertränken ihren Kummer in Alkohol, wie sich das gehört – in Filmen wie DIE PINUPS wird traditionell gesoffen und geraucht, was die 70er hergeben:

Wenn man schon keine eigenen Ideen hat, kann man ja andere klauen – Rolf sieht im Fernseher eine Girlgroup im New Wave-Stil:

Man kann den Dialogen zumindest keine Unehrlichkeit vorwerfen:

ROLF: Kapier doch, wir werden die Musik von anderen Erfolgsnummern benutzen. Damit kommen wir ganz groß raus.

FREDY: Ach, Rolf, du bist schon wieder breit. Du weißt doch, wenn dir der Alkohol zu Kopf steigt, dann kommt bei dir nichts weiter als Scheiße raus.

Die Tatsache, dass man als Girlgroup “hart arbeiten” muss, wird mit einer kurzen Sequenz abgefeiert, in der ein Choreograph die Bühnenpräsenz der Mädchen im wahrsten Sinne auf Spur bringen soll – was erwartungsgemäß nur sehr mittel funktioniert, weil die PINUPS auch im wahren Leben keine wirklich begabten Tänzerinnen waren:

Immerhin wird angedeutet, dass Rolf Eva sogar mit Kind (!) ganz dufte findet – es könnte aber sein, dass er angesichts ihres Outfits die Tochter nicht bemerkt:

Fredy macht derweil einem Diskothekenbesitzer klar, dass er die “nächste große Nummer” an der Angel hat und nur die passende Location braucht:

Die nächste Sequenz spielt entweder in einer Raumstation der ORION oder einer modernen Berliner Großraum-Disse – wer aus der Gegend ist und sich erinnert, soll sich melden. Zu meiner Überraschung ist Rolf plötzlich nicht nur Tontechniker, sondern auch DJ und Ansager:

Die “new and improved”-Version der Girlgroup hat ihren ersten Auftritt:

Es ist anhand zeitgenössischer Videos zu belegen, dass “Bonnie Benedict” bevorzugt das Mikro wie eine Zahnbürste gehalten hat. Sollte wohl “edgy” sein, hat aber ein bisschen was von unbeholfenem Oralverkehr.

Die Band heißt nun offiziell DIE PINUPS (oder PINUPS oder THE PINUPS, der Film verhaspelt sich mehrfach) und das Outfit ist entsprechend:

Ich möchte die Gelegenheit beim Pferdeschwanz ergreifen und einige der größten Defizite von DIE PINUPS UND EIN HEISSER TYP ansprechen. Die Story ist ja so alt wie unkaputtbar: Eine Band will nach oben. Das sollte sich von selbst schreiben. Der CCC-Film lässt aber immer genau die Teile aus, die so etwas wie Drama oder Konflikt versprechen. An dieser Stelle z.B. wird ausgelassen, warum die Band “Die Pinups” heißt und sich die Mädels bereit erklären, teilweise in Dessous auf die Bühne zu wackeln. Szenen wie diese, in denen die Figuren entwickelt und Beziehungen etabliert werden könnten, werden bequem übersprungen. Ich wiederhole mich, aber: WA-RUM?!

Gesungen wird übrigens nicht der bisher so groß in Szene gesetzte Song “Where are you now?”, sondern das aus dem Nichts hervorgezauberte Stück “New Wave Lover” – übrigens als Plural auch der Titel des Films im anglo-amerikanischen Raum. Ihr seid nicht vorbereitet auf das, was jetzt kommt:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Tatsächlich ist der Auftritt in der Disko ein derart großer Erfolg, dass der Besitzer die PINUPS als seine Hausband anstellt – es scheint, als habe Fredy komplette Entscheidungshoheit, egal wie mies der Deal ist.

Und weil er der Macker ist, kann er sich nun auch gleich mal aufspielen – er scheißt den armen Günter zusammen, der mit seiner Annabelle tanzt:

Dialogzeilen für die Ewigkeit: “Suchst du Streit, Punk-Baby?”

Lisa kriegt einen Einlauf, weil sie es wagt, mit “Henry” einen Drink zu nehmen:

Merkt euch das, “Henry” wird noch wichtig.

Hilda tanzt mit einem Afroamerikaner, was Fredy ebenfalls nicht passt – als er dazwischen geht, bekommt er aber böse was auf die Fresse:

Die Frage “Für was hält der sich?” ist sehr leicht zu beantworten: Zuhälter.

So ist die Stimmung bei der Heimfahrt trotz des erfolgreichen Auftritts und des Vertrags geknickt. Wie geknickt? Hilda will nicht mit Rolf knattern und Fredy will Lisa nicht mit in seine Wohnung nehmen. SO geknickt.

Macht nix – Eva lässt sich nicht so leicht abschütteln:

Nächster Koitus mit folgendem Piepmann-Gefummel.

“Wo ein Willy ist, ist auch ein Weg.”

Die Sexszenen lässt DIE PINUPS übrigens völlig aus – könnten ja versehentlich sexy sein. Andererseits: nicht in diesem Film.

So, die 10.000 Zeichen Schmerzgrenze ist längst überschritten und es trifft sich gut, dass ich diesen Teil mit einer der bizarrsten Szenen beschließen kann, die DIE PINUPS UND EIN HEISSER TYP zu bieten hat.

Was wohl passieren soll: Am Morgen nach dem Koitus mit Eva bekommt Fredy einen Anruf des Musik-Promoters “Klaus Richter”, der sich die PINUPS mal anschauen möchte – eine weitere Sprosse auf der Erfolgsleiter ist erklommen! Das wäre logisch und auch im Vollrausch nachvollziehbar – weshalb es nicht der Ablauf ist, für den sich dieser Film entscheidet.

Stattdessen bekommt Fredy ein Einschreiben von Klaus Richter. Ein Einschreiben?! Wer schickt so eine Ankündigung als Einschreiben?! Und wie kann das Einschreiben schon am frühen Morgen nach dem ersten Auftritt in der Disco bei Fredy reinflattern?!

Nun gut, aber Fredy freut sich trotzdem angemessen:

“Eva, hast du das gehört? Die erste Antwort, die ich bekomme – und noch dazu von dem bekanntesten Produzenten, Klaus Richter!” 

Zu unser aller Überraschung findet Fredy aber nicht Eva, sondern Hilda in seinem Bett vor, die ihm eine hanebüchene Geschichte erzählt, dass er wohl vergessen habe, dass sie und Eva mit ihm in der vorigen Nacht einen Dreier durchziehen wollten, Eva aber mittlerweile abgehauen sei.

Das. Ergibt. Keinen. Sinn. Es war nur Eva, die auf Fredy wartete. Es war nur Eva, mit der er Sex hatte. Das hier ist kompletter Dummfug. Zumal es nicht dazu passt, dass der Film vage etablieren möchte, dass Hilda mehr Interesse an Rolf als an Fredy hat.

Meine Vermutung: Susanne Tarleton stand am Drehtag unerwarteterweise nicht zur Verfügung und “Bonnie Benedict” musste einspringen. Inhaltlich wurde das ad hoc (und sehr schlecht) angepasst. Es gibt keine andere Erklärung.

Fredy, gerade noch begeistert von dem Einschreiben, findet es nun unerhört:

“Dieses arrogante Schwein!”

Lassen wir es damit gut sein. Ich habe Kopfschmerzen. Im nächsten Teil geht es richtig los – versprochen. Ein Verbrechen steht ins Haus…



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

3 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Reini
Reini
29. Juni, 2023 16:18

Bei der Berliner Großraum-Disse dürfte es sich um das Cheetah handeln, später unter dem Namen „Pleasuredom“ bekannt…
https://www.tip-berlin.de/stadtleben/geschichte/12-legendaere-clubs-in-west-berlin/

Reini
Reini
29. Juni, 2023 16:21
Reply to  Reini

„Pleasure Dome“…. sorry.

Matts
Matts
29. Juni, 2023 16:25

Ich hasse dich dafür, dass du diesen Audioclip eingefügt hast – und mich dafür, dass ich draufgeklickt habe.