Kino Kritik: SPIDER-MAN: ACROSS THE SPIDER-VERSE
Themen: Film, TV & Presse, Neues |USA 2023. Regie: Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson. Sprecher (Original): Jake Johnson, Shameik Moore, Hailee Steinfeld, Issa Rae, Oscar Isaac, Jason Schwartzman, Shea Whigham, Jorma Taccone, Rachel Dratch, Daniel Kaluuya, Brian Tyree Henry, Luna Lauren Velez, Karan Soni, Andy Samberg
Story: Miles Morales, der Spider-Man seines Universums, hat keine Ahnung, wie es mit seinem Leben weitergehen soll und wie er seine Nemesis Spot bekämpfen kann. Plötzlich taucht Spider-Gwen auf, die Heldin einer Alternativwelt, die mittlerweile zu einem Elite-Trupp von Spider-Men/Women unter der Führung von Miguel O’Hara (Spider-Man 2099) gehört, der Störungen des Zeitstroms ausgleichen will, die das Multiversum vernichten könnten. Miles ist entschlossen, sich den Variationen anzuschließen, verursacht damit aber mehr Probleme, als er ahnen kann…
Kritik: Disclaimer: Ich habe SPIDER-MAN – INTO THE SPIDER-VERSE nicht gesehen. Ist mir irgendwie durchgerutscht, trotz der Begeisterung diverser Freunde und Kollegen. Das ermöglicht mir aber zumindest eine kompetente Einschätzung, ob man für das Sequel den Vorgänger gesehen haben muss. Antwort: muss man nicht. Sicher findet man leichter in das Geschehen rein und ein paar Gastauftritte haben mehr Impact, aber ich fühlte mich nie verloren oder desorientiert. Nicht bestreiten lässt sich aber, dass INTO THE SPIDER-VERSE einen prima Prolog darstellt und man ihn im Idealfall gesehen haben sollte.
Und damit kommen wir zum Film selbst…
Man kann Miles Morales als Spider-Man nervig und zu gewollt divers finden (Team Parker for life!). Man kann die Trickfilme als Bastarde des Marvel-Canon ablehnen. Man kann die übergreifende Geschichte des Marvel-Multiversums bereits als weitgehend gescheitert ansehen. In spätestens zwei Monaten gibt es den hier auch im Streaming.
Genug Gründe also, sich den Kinobesuch zu sparen – aber dann würde man den vermutlich krachendsten Comic-Blockbuster des Jahres verpassen. Und ja, ich habe GUARDIANS OF THE GALAXY 3 gesehen. SPIDER-MAN – ACROSS THE SPIDER-VERSE ist mehr als ein exzellenter Trickfilm – er ist eine Offenbarung, eine Leistungsschau in Sachen Technik, die alles ausreizt, was Design, Software und die Kreativität der Macher momentan hergeben. Ein Film, in dem nicht jede Sekunde, sondern jeder einzelne Frame bis ins Detail durchdacht ist.
Die Action als "rasant" zu bezeichnen, würde ihr nicht gerecht. Gegen SPIDER-MAN – ACROSS THE SPIDER-VERSE wirkf FAST X wie WARTEN AUF GODOT. Die Möglichkeit, mit Spider-Man die Welt aus jeder Perspektive zu sehen, wird erstmals konsequent umgesetzt. Oben wird unten, links wird rechts, Bewegung wird Geschwindigkeit. Unterstützt wird die Achterbahnfahrt durch mehrere Varianten von Manhattan von einem hyperaktiven, nie willkürlichen ständigen Wechsel der Stilmittel. Der Film ist Pop Art und Graphic Novel, Art Book und Punk-Collage, Lego und Scherenschnitt – je nachdem, was die Figur oder die Dimension gerade verlangen. Man möchte jede Szene ausdrucken und einrahmen.
Ich kann mich wieder mal nur vor den Autoren verbeugen, denen es gelingt, in ein Mega-Spektakel mit einem Mega-Cast noch eine persönlich berührende Geschichte einzubauen. Miles Morales kennt nur "sein" Universum – es ist sein Mittelpunkt und seine Herzensangelegenheit. Our house, in the middle of our street. Die Idee, dass er womöglich schmerzhafte persönliche Opfer für "die Sache" bringen muss, ist ihm fremd – und wird zu Schlüsselentscheidung des Films. Verschiedene Aspekte dieses Themas spiegeln sich in fast allen Spider-Men/Women, denen Miles begegnet – und die Dimensionshüpferei hält für ihn ein paar amüsante und ein paar sehr düstere Überraschungen bereit.
Apropos Überraschungen: als "vollgepackt mit Insider-Jokes" zu bezeichnen, würde ihm ebenfalls nicht gerecht. Er ist ein Konzentrat, eine Parade, ein Best Of, eine Achterbahnfahrt durch die Geschichte der Figur Spider-Man. Jede Variante, die uns in den letzten 50+ Jahren begegnet ist, spielt irgendeine Rolle, teilweise mit grandiosem Meta-Kommentar wie im Fall von Ben Reilly. Sobald der Film auf Scheibe und im Streaming verfügbar ist, werden die Nerds Jahre brauchen, um per Standbild jede Referenz zu katalogisieren.
Und so hangelt sich der Film dynamisch von Highlight zu Highlight, von Wow-Effekt zu Wow-Effekt – um dann mit einem großen Reveal so unvermittelt auf die Bremse zu treten, dass man als Zuschauer ein Schleudertrauma bekommen könnte. "Spider-Man will return… in SPIDER-MAN – BEYOND THE SPIDER-VERSE!". Wie bei FAST X und demnächst bei MISSION: IMPOSSIBLE bricht dieser Trickfilm gemäß dem Hui Buh-Mantra "Immer wenn’s am Schönsten ist…" vor dem Finale ab und verweist auf einen zweiten Teil. Ich halte das für eine Frechheit, die endlich mal abgestellt gehört, aber als Kinogänger hat man kaum Druckmittel, sofern man nicht Verweigerung leben will.
Egal. Alles egal. Reingehen. Größtmöglicher Saal. Gut gelaunt. Womöglich leicht angetrunken. Augen auf. Mitreißen lassen.
Spider-Man, Spider-Man, does whatever a spider can…
Fazit: Ein hyperkinetisches, knallbuntes Feuerwerk von hohem ästhetischen Wert, das Drama, Comedy und Action zu einem 140minütigen Meisterwerk zusammenschweißt. Teil 2 kann nicht schnell genug kommen.
Teil 1 gibt es im Prime und Disney+-Abo, falls Informationsbedarf besteht 🙂
Ich hatte den sogar jahrelang hier rumliegen – er hat mich nur nicht geschert. Wäre es keine Einladung zu einer Pressevorstellung gewesen, hätte mir das mit diesem auch passieren können.
Teil 1 war ein echter Rocker und hat mir sogar den in den Comics furchtbar langweiligen Miles Morales sympathisch gemacht. Ich freue mich auf Teil 2, die Trailer lassen wieder viel Spaß erwarten
"Die Möglichkeit, mit Spider-Man die Welt aus jeder Perspektive zu sehen, wird erstmals konsequent umgesetzt. Oben wird unten, links wird rechts, Bewegung wird Geschwindigkeit. Unterstützt wird die Achterbahnfahrt durch mehrere Varianten von Manhattan von einem hyperaktiven, nie willkürlichen ständigen Wechsel der Stilmittel. Der Film ist Pop Art und Graphic Novel, Art Book und Punk-Collage, Lego und Scherenschnitt – je nachdem, was die Figur oder die Dimension gerade verlangen. Man möchte jede Szene ausdrucken und einrahmen."
Nicht erstmals, zweitmals. Das alles gab es schon im ersten Teil. Die Fusion von Comic und Film war nie beeindruckender. Freue mich schon auf den Kinobesuch von ACROSS THE SPIDERVERSE.
Ich habe mal quer durch INTO reingeschaut – gut gemacht, aber mit dem hier nicht vergleichbar.
"Teil 2 kann nicht schnell genug kommen."
Teil 3 kann nicht schnell genug kommen. 😉
Der zweite Teil dieses Films – nicht albern werden.
"aber dann würde man den vermutlich krachendsten Comic-Blockbuster des Jahres verpassen."
Keine großen Erwartungen an "The Flash"? 😉
Siehe "vermutlich". Genaueres weiß ich nächsten Dienstag.
Bei irgendeiner Rezension hattest du kürzlich etwas in der Art gepostet, dass dies offensichtlich einfach nicht mehr für dich gemacht wäre, und das ok sei. So in etwa ging’s mir mit dem hochgelobten ersten, der mir irgendwie zu hyperaktiv war, und mich nie so recht begeistern wollte. Habe den Eindruck, bei dem wird es ähnlich sein, weshalb ich wohl doch lieber auf den Release bei Disney+ warte.
Kein Wunder, dass man den Film ohne den davor gesehen zu haben versteht. Der erste wird hier ja dutzende Male durchgekaut.
Wisst ihr, dass Miles' Onkel der Prowler war? Der war der Prowler! Ihr wisst schon, dass der der Prowler war?
Und das macht der Film mit jeder Info an das Publikum.
Auf der Hälfte war mir öde und am Ende war ich sauer. Das Skript hätte man nicht nur kürzen können, sondern müssen! Hier ist wirklich (fast) jede Szene zu lang, zu ausgewalzt.
Ich versteh ja, dass wenn man das absolute Toplevel an Animation und Design zur Verfügung hat, man das leicht übertreiben kann, aber das hier war Spider-Man: Die Wiederholung.
Noch ein paar Origins nachdem wir die der Charaktere aus dem Ersten nochmal erzählt bekommen, noch ein Multiversum in der Krise, noch ein und noch ein und noch ein Wiedermal.
Interessant – dann mag der Film besser sein, wenn man den Vorgänger NICHT kennt.
95/97 bei RT, 86/8.5 bei MetaCritic.
Wer mit der eigenen Meinung nie in der Minderheit ist, der hat keine.
Der Film macht ja auch vieles richtig und wird viele begeistern. Die Vaterfiguren gefallen mir sehr. (Bis auf Peter, leider, das ist doofer Klamauk.) Rio hat leider etwas wenig zu tun bis jetzt.
Trotzdem:
Bis zur Wiedervorlage 2024 bleibe ich skeptisch, ob die Geschichte dann im fünf Stunden Komplettepos nicht wirklich arg durchhängt. LotR this ain’t.
Nope, den ersten schon dreimal gesehen, aber die Wiederholungen waren hier absolut im Rahmen, bis auf Spider-Gwen und Miles keine großen Nach-Intros und bei Gwen ging es deutlich mehr in die Tiefe als beim Vorgänger, die anderen Varianten (Noir, Spider-Pig, Penny, Peter B. Parker) wurden nur gezeigt ohne große Hinweise, ausser dass er mit ihnen schon was erlebt hat. Einzelne Optiken haben mir nicht gefallen, aber die Masse war phantastisch. Ich frage mich nur, was die ganzen Welten ohne ihre Spider-Men machen, wenn die alle in Spider-Man-City abhängen und hoffe, dass noch genug Story übrig ist, um Teil 2 vernünftig zu füllen…
Mein lieber Scholli, was für ein Brett!
Mit dem Film und GUARDIANS kann man sich dieses Jahr in punkto Superheldenfilme echt nicht beschweren.
Ich bin einfach komplett überwältigt. Beim ersten war ich schon spontan schockverliebt, aber der hier? Perfekt. Einfach nur perfekt. Bis auf dieses "Fortsetzung folgt."
Und nein, mich hat das Wiederholen der wichtigsten Fakten aus dem ersten Film nullkommanada gestört.
Yep, wie Teil 1 macht der Film monströs viel Spaß und ist in jeder Sekunde eine Augenweide. Mir war er nur etwas zu lang und ich hatte vergessen, dass es ein Zweiteiler ist, deshalb war ich von der doch sehr geringen Rolle von Spot und dem abrupten offenen Ende überrascht.