Kino-Kritik: FAST X
Themen: Film, TV & Presse, Neues |USA 2023. Regie: Louis Leterrier. Darsteller: Vin Diesel, Jason Momoa, Jordana Brewster, Brie Larson, John Cena, Ludacris, Tyrese Gibson, Jason Statham, Alan Ritchson, Charlize Theron, Scott Eastwood u.v.a.
Story: Vor zehn Jahren hat Dom Toretto bei einem Job in Rio den Tod eines Gangsters verursacht – und damit die Rache des Sohnes auf sich gezogen, der nun “die Familie” zerstören will. Toretto muss auf neue Freunde und alte Feinde zurückgreifen, um das Schlimmste zu verhindern. Die Hetzjagd geht von Rom nach Rio, von London nach Los Angeles, von den Südstaaten bis in die Arktis. Wer bleibt Sieger im letzten Duell?
Kritik: Ich bin nicht besonders gut geeignet, diesen Film zu besprechen – ich habe vor über 20 Jahren den ersten Teil gesehen (in dem es u.a. um geklaute DVD-Player ging!) und fand ihn sauber inszeniert, aber thematisch gänzlich uninteressant. Bevor daraus eine erfolgreiche Franchise werden konnte, bauten die Filme erstmal konsequent ab, bis wieder Vin Diesel das Ruder übernahm und herumriss. Unter seiner Patronage wurde FAST & FURIOUS so etwas wie die Roger Moore-Bonds oder MISSION: IMPOSSIBLE für das Dosenbier-Publikum: immer größer, immer blöder, immer absurder. Ich habe das weitgehend ignoriert bis auf einen Teil (4? 5? 6?), den ich in einem türkischen Hotelkino gesehen habe – zum Glück, denn er bildet das Story-Fundament für den aktuellen Film.
FAST X ist so etwas wie der AVENGERS: INFINITY WAR der Franchise, in dem alle Fäden und Figuren zusammenfinden und der den Auftakt zum ultimativen Showdown bildet – denn wahrlich, das hier ist mal wieder ein Kind der großen Kino-Unsitte des neuen Jahrtausends: ein Blockbuster, der mittendrin abbricht und ohne befriedigende Auflösung auf den zweiten Teil verweist.
Fuck. That. Shit.
Ich bin also nicht nur der falsche Kritiker für den Film, ich bin auch voreingenommen, weil mir diese Geldschneiderei unheimlich auf die Eier geht. Ist ja nicht so, dass FAST & FURIOUS so sehr vor Story strotzt, dass man den Kram nicht in einem Film unterbringen könnte. Es ist nur gelebte Gewinnmaximierung.
Aber werft mich zu Boden und gebt mir Tiernamen – FAST X ist ein Knaller, das größte Spektakel jenseits des MCU, mit sich ständig überbietenden Actionsequenzen, die nur selten spaßverderbend nach CGI aussehen, und einem Cast aus Actionstars, der seinesgleichen sucht. Im Grunde genommen ist das hier ein Klassentreffen der Superhelden des neuen Jahrtausends: Bloodshot, Aquaman, Captain Marvel, Hawk, Black Adam, Blackguard, Wonder Woman, Peacemaker, Aeon Flux, etc. – alle dabei.
Ich bin beeindruckt, dass es dem Film gelingt, bei allem eskalierenden Wahnsinn die Kontrolle über die Action und ein gutes Dutzend an Protagonisten zu behalten. Er suhlt sich auch nie in billiger CGI – was als echter Stunt geht, wird auch als echter Stunt durchgezogen. Wie es den Autoren und dem Effekt-Team gelingt, dabei immer noch einen drauf zu setzen, nötigt mir Respekt ab.
Natürlich kann man immer noch mäkeln. Hier ergibt nichts Sinn, die Handlung wird komplett von abstrusen Behauptungen und einer kompletten Verweigerung von Physik und Realität am Leben gehalten. Menschen können sein, wo immer sie sein wollen, finden immer die richtigen Gadgets, haben immer schon vorher gewusst, was sie nicht mal hinterher kapieren dürften. Ganze Innenstädte werden zerlegt, ohne dass auch nur Blut fließt. Wer Freund oder Feind ist, wird von Szene zu Szene neu ausgewürfelt. Jason Momoa kann man als queeren Kindskopf albern finden. Die Rollenmodelle sind erschütternd altmodisch. Vin Diesel ist immer noch die Leerstelle im Zentrum des Films und wird in seiner tumben Müdigkeit sogar von Nebenfiguren an die Wand gespielt.
Aber das ist letztlich wurscht, weil FAST X pures Kino reinen Herzens ist, ehrlich bemüht, dem Zuschauer das Maximum an Entertainment zu bieten – und das macht er richtig gut. Der Gegenwert stimmt und das ist gerade in einer Zeit, in der so viele Action-Filme mit der Verachtung des Publikums hausieren gehen, ein ausdrückliches Lob wert.
Und so ist FAST X angesichts der Geschichte der Franchise und Skripts der Filme besser, als er jedes Recht hat zu sein. Klar mag man ihn knorker finden, je blöder und/oder besoffener man ins Kino geht, aber in Sachen “Hirn aus”-Blockbuster spielt das hier in einer ganz eigenen Liga.
Fazit: Ein Action-Porno, der Kerosin furzt, Adrenalin pisst und Testosteron kotzt. Zwei Stunden Turbo-Kino der gnadenlos hohlen, aber auch unbestreitbar unterhaltsamen Art. Ein “best of”, die Quintessenz UND der Höhepunkt der FAST & FURIOUS-Franchise – die allerdings in der Mitte abbricht, damit ihr zweimal zahlt.
Ätsch.
Wichtige Nachspann-Sequenz, also sitzenbleiben!
Ich würde mich sogar als Fan erster Stunde der Reihe bezeichnen. Habe alle Teile im Kino gesehen. Mein Urteil nach dem grossartigen siebten Teil war, dass man die Reihe damit hätte abschließen müssen. Dies war der letzte Teil mit dem damals frisch verstorbenenen Paul Walker, und auch inhaltlich war die Reihe auserzählt, Walkers Charakter ging in einer emotional sehr berührenden Schlusszene in den “Ruhestand”. Das hatte zumindest emotional wirklich was von Return of the King oder Babylon 5 in der finalen Episode Sleeping in light. Ernsthaft.
Aber alles was Geld abwirft muss in Hollywood natürlich künstlich am Leben gehalten werden also machte man weiter. Bis dahin geschmeidig abgeschlossene Hanflunggstränge wurden wieder eröffnet und mit Teil 8 und 9 ad absurdum geführt und Charaktere rückwirkend beschädigt.
In meinem “head canon” zählen daher nur die Teile 1-7. Auf die Teile bis zum siebten habe ich mich immer im Vorfeld schon gefreut, Teil 8 war dann eine Pflichtveranstaltung die immerhin noch halbwegs ok war, aber im 9. Teil habe ich bei einer bestimmten Szene Szene im Kino laut lachen müssen was mir selten passiert. Es war aber eher eine Art Galgenhumor. Ich sage nur The final frontier. Moonraker war Realismus dagegen.
Auch Teil 10 werde ich mir wieder geben. Aber nur aus nostalgischer Verpflichtung wegen.
Leider gibt es mittlerweile viel zu viele Fast-Filme und zuwenig Riddick-Filme. Ich glaube Vin Diesel selbst sieht es genauso.
Ich lese deine Kritiken, ja erst, nachdem ich im Kino war. Oder wenn ich weiß, das wird so ein Müll, da gehe ich eh nicht rein. Und so freute ich total auf einen guten Wortvogelschen Verriss… Und wurde enttäuscht. 🙁
Aber ok, dann wird das mal einer fürs Heimkino an einem verregneten, einsamen Sonntag. Ich kann ja nicht sagen, dass ich die anderen nicht auch irgendwann mal alle gesehen habe (und eigentlich immer wieder doof fand – aber wie du schreibst: Für “Hirn Aus” funktionieren sie ja doch irgendwie).
Und weil ich vollständige Listen mag, würde ich gern noch um Raphael erweitern, auch wenn er vermutlich nicht zu erkennen ist 🙂
Vom Bild her hätte ich beinahe noch Rogue eingefordert (hach, was war ich damals verknallt!), aber dann war das doch Brie Larson.
Im Prinzip war der erste Teil nichts anderes als eine “Point Break” Kopie im Straßenrennmilieu. Die Franchise hat aber erst so richtig abgehoben, als man die Formel in Richtung Heist-Movie geändert hat.
Ich schätze an der Fast-Reihe gerade diese frontale Dämlichkeit. Da wird mit ernster Miene der größte Unfug von sich gegeben.
Irgendwann wird Diesel mal durch die Luft geschleudert und überlebt nur, weil er in eine Windschutzscheibe kracht. Wodurch andere sterben, taugt hier zur Rettung. Als wäre das nicht so schon stumpf genug, wird er wenig später auch noch darauf angesprochen: „Woher wusstest du, dass die Windschutzscheibe deinen Sturz bremsen wird?“ Herrlich!
Dennoch verfolge ich die Reihe nicht aktiv und schaue die Film dann irgendwann wenn sie bei Prime sind. Müsste auch nachsehen, ob ich nun 1 oder 2 Filme noch nicht gesehen habe. Eigentlich wäre dieses Spektakel jetzt mal was fürs Kino, aufgrund der Teilung spare ich mir das aber.
Hmm, ich glaube ich habe noch nie was für einen FF Film bezahlt, so werde ich es auch diesmal halten.
Den achten Teil konnte ich mir schon nur noch etappenweise geben, weil er so ein Humbug war. Auch wenn das dann teilweise spaßig anzusehen war: https://youtu.be/ZvYMCdOlK3Q
Beim 9ten hab ich dann nach dieser Szene endgültig abgebrochen: https://youtu.be/WZ-zBzn-whg
Die Flashbacks zu Doms Vater/Bruder hatten mir da schon zu arg zugesetzt um dann noch sowas zu ertragen.
Physics my ass!
Verdammt, hatte hier jetzt auf einen ordentlichen Verriss gehofft und gerade nach dem saublöden 9ten Teil bin ich jetzt maximal unschlüssig, ob der Kinobesuch (mit viel Bier) nicht doch eine Option ist…