15
Jul 2022

Putzen, Pech und Pannen: Bodenhaftung

Themen: Neues |

Das hier ist eine kleine Geschichte, die ich einfach archiviert wissen möchte und die euch Gelegenheit zu hämischer Schadenfreude bietet.

Die relevanten Fakten: Wir haben eine ziemlich große Wohnung. Bad und Diele (und ein Teil der Küche) sind gefliest, der Rest ist Parkett. Zur Reinigung haben wir mehrere Möglichkeiten: einen Saugroboter, einen Dampfmop, einen regulären Mop, Staubsauger, etc. Was wie verwendet wird, überlassen wir unserer Putzfrau.

Aus hygienischen Gründen betreiben wir Saugroboter und Dampfmop mit destilliertem Wasser, das hinterlässt weniger Rückstände auf dem glatten Boden. Das destillierte Wasser ist letzte Woche aus, darum fahre ich am Wochenende zum Baumarkt, um einen neuen Kanister zu kaufen. Ich frage einen der Mitarbeiter, der auf eine Palette mit den typischen 5 Liter-Kanistern aus Weichplastik verweist: “Stehen heute dort.”

Neben dem Kanister kaufe ich noch ein paar Blumentöpfe und zwei 40 Liter-Säcke Erde, denn die LvA gärtnert fleißig und erfolgreich auf der Terrasse.

Dienstag kommt die Putzfrau pünktlich wie immer. Als sie auf den leeren Tank des Dampfmops verweist, kann ich auftrumpfen: “Destilliertes Wasser habe ich gekauft”. Ich hole den Kanister vom Regal und fülle den Tank.

Zwei, drei Stunden arbeiten die LvA und ich im Homeoffice an unserer neuen Ausgabe. Dann gehe ich in die Küche, um mir einen frischen Kaffee zu machen.

Mir fällt was auf. Beziehungsweise: mir sticht was ins Auge. Unübersehbar.

Der gesamte Boden der Wohnung sieht aus, als wäre Säure drauf verschüttet worden. Ein Schmier überzieht Parkett und Fliesen, wirft bizarre Muster wie Eisblumen am Fenster. Entsprechend entgeistert frage ich die Putzfrau: “Was ist denn hier los?! Wie sieht das denn aus?”

Sie schaut betreten drein: “Habe ich auch gerade gemerkt, als alles trocknete.”

Okay, Fehlersuche. Debugging. Es gibt nicht viele Möglichkeiten. Der Boden ist überall da versaut, wo sie mit dem Dampfmop säubert, der aber nur heißen Wasserdampf ausstößt und seit zwei Jahren klaglos seinen Dienst versieht.

Es sei denn…

Ich gehe in die Abstellkammer und schnappe mir den Kanister. Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass ich das erste Mal das Label lese.

Ich habe Harnstofflösung in den Dampfmop geschüttet. Wider Erwarten ist das Zeug weder blau, noch riecht es nach Pisse. Der Unterschied zu destilliertem Wasser ist natürlich da – aber nur, wenn man aufpasst.

Ich fange ein wenig an zu hyperventilieren. Harnstofflösung – das klingt nach was, das den Boden nicht nur versaut, sondern irreparabel beschädigt. Die Fliesen mögen das vielleicht noch vertragen, aber das teure Parkett?

Die Putzfrau ist sichtlich überfordert, will sich entschuldigen, aber ich winke ab: “Gehen Sie ruhig heim, ich kümmere mich darum.”

Die LvA kommt dazu, nimmt es souverän, weil sie sieht, wie gestresst ich bin. In meinem Kopf krame ich den Preis für die Parkettsanierung raus, die ich in meiner alten Wohnung bezahlt habe. Ein teurer Spaß. Und wenn die Fliesen auch noch Schaden genommen haben, muss der ganze Mist rausgebrochen werden.

Was kann ich in diesem Moment tun? Auf jeden Fall will ich die klebrige, schmierige Masse nicht weiter eintrocknen lassen. Ich fülle den Eimer mit heißem Wasser, gebe verschiedene Reinigungsmittel dazu, kippe den Tank des Dampfmops aus und fülle ihn mit frischem Leitungswasser. Es ist die stärkste Kombi, die ich auf die Schnelle zusammen stellen kann. Ich bin überrascht, dass der Dampfmop den Betrieb mit dem AdBlue überlebt hat.

In einer Ecke des Wohnzimmer wische ich drei, vier mal kräftig über den Boden, um zu testen, ob das überhaupt was bringt. Dampfmop und normaler Wischer. Die Diele putze ich auch gleich – der Fliesenboden scheint vielversprechender.

Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon die Möbel beiseite räumen, damit die Handwerker mit der Generalsanierung des Bodens beginnen können.

Die “Testecke” trocknet. Erste vorsichtige Entwarnung: das Parkett ist weitgehend sauber und unbeschädigt. Aber da sind immer noch Flecken und Schlieren. Ich putze erneut zwei, dreimal drüber.

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Eine Viertelstunde später ist klar: Ich kriege das AbBlue wieder runter, ohne das Parkett zu ruinieren. Aber es wird sechs, sieben oder acht kräftige Putzvorgänge mit permanentem Wechsel von Wasser und Wischtuch brauchen und mich bis spät in den Abend beschäftigen.

Wer trägt nun die Verantwortung, wer die Schuld? Der Verkäufer im Baumarkt, der mir eine Palette AdBlue als destilliertes Wasser angedient hat? Die Putzfrau, die spätestens nach dem ersten Raum hätte merken können, dass was nicht stimmt? Die LvA, die alle Haushaltsarbeiten sowieso selber überwachen sollte?

Alles Quatsch. Meine Schuld, meine Verantwortung. Ich hatte zwei Gelegenheiten, den Fehler zu erkennen – im Baumarkt und beim Befüllen des Tanks. Ich habe nicht aufgepasst. Meine Schuld, meine Verantwortung. Und darum lehne ich auch jede Hilfe der LvA ab, die wahrlich Besseres zu tun hat. Ich rechne es ihr hoch an, dass sie kein Fass aufmacht. Es wäre angebracht.

Die ganze Woche hole ich den Wischer und die Putzmittel immer wieder raus, wenn ich im einfallenden Sonnenlicht übrig gebliebene Flecken sehe. Mittlerweile macht mir der Fliesenboden mehr Sorgen. Der bleibt schmierig, egal wie oft ich putze. Also hole ich im Drogeriemarkt einen speziellen Fliesen-Reiniger. Mit ihm wische ich zweimal die gesamte Fläche von Diele und Bad – endlich wird alles sauber. Ich hatte schon befürchtet,  zur chemischen Keule greifen zu müssen. Das wäre auch wegen der Katzen die letzte Option gewesen.

Das Drama ist mittlerweile drei Tage her und so langsam sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Allerletzte kleinere Flecken von AdBlue “erwische” ich bis zum Wochenende. Weder Parkett noch Fliesen haben Schaden genommen und sind jetzt auch so sauber wie nie zuvor. Die Wischlappen mussten wir allerdings entsorgen, die haben es nicht überstanden.

Lasst euch das eine Warnung sein. Verpackung lesen hilft. Immer.



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Spandauer
Spandauer
15. Juli, 2022 11:04

Wie immer toll geschrieben und mein Kompliment, sehr souverän Fehler zuzugeben, dies passiert selten.
Normalerweise sind allen anderen Schuld, nur man selbst nicht. Das zeugt von wahrer Größe, die Schuld bei sich selber zu suchen.

Frank
Frank
15. Juli, 2022 11:39

Mein Beileid und Daumen gedrückt dass alles wieder runter geht.
Solche Sachen sind mir auch schon passiert – Schwamm drüber. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Sebastian Felzmann
Sebastian Felzmann
15. Juli, 2022 12:00

Oh verdammt – ich wünsche Dir gutes Gelingen bei der Anschlussreinigung!
Und danke für den Text. Ich dachte eigentlich, mit der explodierten Leberwurstdose im Wohnzimmer hätte ich auf ewig den Vogel abgeschossen.

Andy Rx
Andy Rx
15. Juli, 2022 13:19

hmm… als der Hund Durchfall hatte und der Saugroboter alles schön im Wohnzimmer verteilte… musste ich eine ähnliche Aktion mit Wischmop, Wasser und Eimer starten…

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
15. Juli, 2022 14:53

Oh weh… in dem Moment wäre ich wahrscheinlich über meine eigene Unachtsamkeit ausgerastet. Aber was macht man denn mit dem Zeug?
Destilliertes Wasser gibt’s übrigens auch im DM, da dürfte die Gefahr geringer sein, daneben zu greifen 😉
Aber schön, dass du den Boden noch retten konntest!

P.S. Ich hab die Woche vergessen, die Kaffeekanne in die Maschine zu stellen, dementsprechend sah früh die Küche aus…

Zeddi
Zeddi
15. Juli, 2022 15:31
Reply to  Rudi Ratlos

Idr. braucht eine bestimmte variante moderner Dieselmotoren das zur Abgasreinigung und das muss neben Diesel ab-und-an Getankt werden.

Kann man entsprechend oft auch an der “Tanke” tanken, ist dort aber oft teurer als es sein müsste.

Wenn ich mich recht erinnere war das auch teil des damaligen Dieselskandals.
Man hat den Nutzern / Käufern nicht zugetraut das AdBlue selbstständig nachzufüllen und / oder fand es wohl als schlechtes Marketing in Zukunft 2 Flüssigkeiten zu tanken. Deshalb hat man wohl Motoren mit Abgasreinigung mit Selbstregeneration (Die aber wohl nicht so toll bei Leistungshungrigeren Motoren funktioniert, deshalb da das beschummeln) ohne ad-blue forciert und bei den Ad-Blue Modellen so geschummelt das man AdBlue nur bei der Routineinspektion nachfüllen musste.

Thomas Bunzenthal
Thomas Bunzenthal
17. Juli, 2022 05:33

Hättste das nicht bereits beim Preis merken müssen?
Keine Ahnung, weder das Eine noch das Andere je gekauft…

Dr. Nick
Dr. Nick
18. Juli, 2022 10:19

Ich könnte noch eine abenteuerliche Geschichte mit Augentropfen und von der Fläschchenform bedenklich ähnlich wirkendem Sekundenkleber beisteuern. Echt passiert und glücklicherweise – wie bei Dir – nach dem Riesenschock erstaunlich glimpflich ausgegangen. Sorgt heute bei jeder Party für großes Gelächter – wird Dir auch so ergehen.