04
Apr 2022

Fantasy Filmfest Nights XL 2022: INCREDIBLE BUT TRUE

Themen: FF Nights XL 2022, Neues |

Frankreich 2022. Regie: Quentin Dupieux. Darsteller: Roxane Arnal, Alain Chabat, Benoît Magimel, Léa Drucker

Offizielle Synopsis: Alain und Marie kaufen sich ein Haus. Dies besitzt einen „Clou“, erklärt der Makler und führt sie zu einem Loch im Keller. Wenn sie bereit sind, in dieses Loch hinabzusteigen, wird sich ihr Leben auf immer verändern. Unglaublich, aber wahr!?

Kritik: Ohne recherchiert zu haben behaupte ich kackfrech, dass Quentin Dupieux der Regisseur ist, der die meisten aktuellen Filme auf dem FFF präsentieren durfte. Den neuen Dupieux ins Programm zu nehmen ist quasi Verpflichtung – auch wenn Filme wie WRONG COPS sich jeglicher Klassifizierung als Genre-Beitrag widersetzen. Ich selber hatte ja immer ein sehr ambivalentes Verhältnis zu seinen flach und farblos gedrehten, eher an Gedankenspiele als an Geschichten erinnernde Kabinettstückchen.

Das hat sich über die Jahre allerdings deutlich geändert – mittlerweile freue ich mich auf jeden Dupieux. Bin ich gereift oder hat der Mann auch gelernt, mehr den Mainstream und die Publikumserwartungen zu bedienen?

Trotz der schrägen Grundidee (im Grunde genommen sind es drei Ideen, die ineinander verhakt sind) entwickelt sich INCREDIBLE BUT TRUE folgerichtig – die gemachten Entdeckungen sind nicht Auslöser, sondern nur Katalysator geheimer Wünsche und Sehnsüchte, sie entlarven den letztlich hoffnungslosen Traum von ewiger Jugend, ewiger Schönheit, ewiger Potenz. Kein Wunder, dass nur Schluffi Alain, der keinerlei nennenswerte Ambitionen besitzt, von den Wunderdingen um ihn herum nicht korrumpiert wird.

Wie üblich erzählt Dupieux diese Farce in gleichbleibendem Tempo, mit weitgehend unaufgeregter Kamera und teilweise kindlicher Tingeltangel-Musik. Die Charaktere hinterfragen nichts, ein “schon komisch, oder?” bei einem guten Glas Rotwein muss als Introspektion reichen. Es ist dieser absurde Disconnect, aus dem INCREDIBLE BUT TRUE seinen beträchtlichen Humor zieht.

Stärker noch als seine früheren Filme hat Dupieux hier auch ein tatsächliches Thema gefunden, einen roten Faden – es ist die ewige Suche nach dem perfekten Leben, dem perfekten Selbst.

Nun sind Dupieux-Filme gerne mal nicht sehr lang. Der hier ist aber mit 74 Minuten besonders kurz geraten. Grund dafür ist u.a. ein Taschenspieler-Trick, den man clever finden kann, der aber durchaus auch einer mangelnden Geduld des Regisseurs geschuldet sein könnte: ungefähr die Hälfte des zweiten Akts wird in einer Art Schnelldurchlauf erzählt, sich wiederholende Elemente werden nur noch angedeutet. Der Film spult sich quasi selber vor bis zum Finale.

Ich werde in meinem Leben nicht mehr der ganz große Dupieux-Fan. Aber es lässt sich kaum bestreiten, dass es wenige Regisseure gibt, die eine derartig einzigartige Vision haben, eine derart klare Sprache, die nur sie sprechen. Dafür allein gebührt ihm mein Respekt. Gäbe es einen Kinoabend mit dem Triple MANDIBLES, INCREDIBLE BUT TRUE und KEEP AN EYE OUT – ich würde reingehen.

Fazit: Ein Dupieux-Film durch und durch, der alle Kennzeichen des Meisters trägt, aber mit einer interessanten Grundidee und einem stimmig erzählten Skript auch für Dupieux-Anfänger geeignet ist. Perfekt für eine “was würdest DU denn machen?”-Diskussion im Anschluss. 8 von 10 Punkten.

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