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Okt 2021

Fantasy Filmfest 2021 Tag 5, Film 2: COMING HOME IN THE DARK

Themen: Fantasy Filmf. 21, Film, TV & Presse, Neues |

Neuseeland 2021. Regie: James Ashcroft. Darsteller: Matthias Luafutu, Miriama McDowell, Erik Thomson, Daniel Gillies

Offizielle Synopsis: Das Picknick sollte zum Höhepunkt eines Kurztrips durch die fast unberührte neuseeländische Natur werden, doch kaum haben Alan und Jill mit ihren Söhnen für das Erinnerungsfoto am See posiert, nähert sich das Unglück in Form der bedrohlichen Drifter Mandrake und Tubs. Innerhalb weniger Minuten schlägt die Familienidylle um in ein Inferno psychopathischer Gewalt – und für die hilflosen Opfer beginnt eine Autofahrt ins Grauen, an deren Ende ein Ort wartet, der sein in der Vergangenheit begrabenes Geheimnis nur langsam enthüllt. Bis dahin wird Blut fließen. Viel Blut.

Kritik: Alle, die schon mal in Neuseeland waren, sind begeistert. Alle, die noch nicht in Neuseeland waren, wollen da hin. Und alle Filme aus Neuseeland transportieren die Botschaft: lasst es. Hier muss man damit rechnen, auf offener Straße entführt, vergewaltigt und/oder abgeschlachtet zu werden.

COMING HOME IN THE DARK (ein mehrfach zu deutender Titel) wäre ideal für einen räudigen Brutalo-Fetzer im Stil von RABID DOGS oder HITCHER – maximal 85 Minuten lang, geprägt von unvorhersehbaren Gewaltausbrüchen und einer nihilistischen Weltsicht, in der am Ende nur der Stärkere gewinnt.

Das alles ist auch durchaus enthalten. Mandrake und Tubs sind unberechenbare Killer, die weder mit sich verhandeln noch sich einschüchtern lassen. Die Familie hat augenblicklich schwere Verluste zu verkraften (ich wundere mich, dass es keinen Hund gab, den man zuerst opfern konnte), und der Widerstand gegen die Entführung ist erwartbar aussichtlslos.

Aber COMING HOME IN THE DARK viel mehr sein, will seiner relativ geraden Geschichte einen düsteren Background aus der neuseeländischen Vergangenheit geben. Es geht um jahrzehntelangen Kindesmissbrauch in Heimen und Waisenhäusern. Um Dinge, die brave Bürger gerne verdrängen, selbst wenn sie sich schuldig gemacht haben. Die neuseeländische Version von “das haben doch alle gemacht! Ich habe nur Befehle ausgeführt!”.

Und da hakt es dann auch schon. Weil es dem Film wenig hinzu fügt. Weder rechtfertigt es die psychopathischen Ausfälle von Mandrake und Tubs, noch relativiert es das Grauen, das der Familie angetan wird. Es gaukelt eine Ambivalenz vor, die letztlich nicht existiert, weil Gewalt eben keine Gewalt rechtfertigt und das Killer-Duo an keiner Stelle als ernsthaft gebrochen dargestellt wird.

So bleibt der Background, der COMING HOME IN THE DARK Gewicht verleihen soll, nur Ballast, der die Laufzeit streckt. Gerade über das Mittelmaß hievt den Film der Schluss, der zumindest plausibel andeutet, dass man das Geschehen auch als Metapher über die Gewalt in der kaukasischen neuseeländischen Bevölkerung lesen kann, die immer auf Kosten der Ureinwohner geht – und von der man sich endlich befreien muss.

Fazit: Ein harter und gut gefilmter Abduction-Thriller, der sich letztlich an der behaupteten Relevanz überhebt und selbst mit 93 Minuten zu lang wirkt. Kratzt mit 6 von 10 Punkten gerade so am grün.

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4 Kommentare
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Matts
Matts
29. Oktober, 2021 12:22

Ich stimme zu, dass der Hintergrund der beiden Täter letztlich nicht wirklich was zum Film beigetragen hat. Aber mit der beklemmenden, dichten Athmosphäre, die der Film sehr schnell aufbaut, hat er mich die meiste Zeit ganz gut bei der Stange gehalten.
Die Hilflosigkeit de Familie ist permanent spürbar. Immer wieder hab ich mich dabei ertappt, mich zu fragen: Verdammt, was würde ich jetzt machen?

Thies
Thies
18. April, 2022 19:29

Da der Film bald im Heimkino veröffentlicht und dementsprechend beworben wird möchte ich kurz meine Abneigung gegenüber diesem Film im besonderen und dem Genre im allgemeinen kund tun:

Ich bin es inzwischen wirklich leid dabei zuzusehen wie zufällig ausgewählte Opfer leiden müssen, bis es nach 90 Minuten irgendeine Form von Erlösung gibt. In Gedanken bin ich da bei “Funny Games” von Michael Haneke, in dem öfters das Publikum direkt angesprochen wurde: “Ist das nicht das, was sie sehen wollten?”
NEIN! Will ich nicht mehr! Weder für Schocks oder eine drüber gestülpte Message.