“Liebe Boomer*innen…”: Gegenrede
Themen: Neues |Bei Meedia (ich übernehme jetzt einfach mal die Formulierung)
“schreibt die 58. Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule über ihre Perspektiven auf den Journalismus und ihre Visionen für seine Zukunft.”
Und ich gestehe: da lese ich viel halbgaren, argumentativ nicht durchdachten und widersprüchlichen Unfug. Das mag dem Alter des Journalistennachwuchses geschuldet sein – mit 21 beim GONG habe ich auch viel halbgaren, argumentativ nicht durchdachten und widersprüchlichen Unfug geredet. Gottdseidank wurde der nie gedruckt und ich hatte noch kein Blog. Der Mangel an Podium und Plattform ist in vielen Fällen rückblickend ein Segen.
Normalerweise winke ich das durch, weil diese Meinungsbeiträge die Mühe nicht wert sind, sie zu zerlegen. Das wäre mehr als eine Vollzeitbeschäftigung. Oder um es mit Drosten zu sagen: “Ich habe Besseres zu tun.”
Dieser Text hat mich aber motiviert, doch mal wieder eine Zeile für Zeile-Analyse zu versuchen. Weil es Dinge gibt, die ich nicht unwidersprochen lassen möchte.
Es fängt an mit dem Titel:
Liebe Boomer*innen, wieso seid Ihr eigentlich gegen das Gendern?
Mal abgesehen davon, dass man niemanden, den man überzeugen will, in der Ansprache schon herabwürdigen sollte, sollte man auch niemanden pauschal verurteilen. Der Titel unterstellt nämlich, Boomer seien gegen das Gendern. Das ist genau so falsch wie die These, Millennials seien für das Gendern. Das stimmt schlicht nicht. Und was noch schlimmer ist: diese Unterstellungen bauen ein billiges und banales Gut/Böse-Schema auf, das primär dazu geeignet ist, den Diskurs zu verhindern, der hier ja angeblich versucht wird.
Es ist eine sehr durchsichtige Taktik in dieser Zeit, laut nach Debatte zu rufen, aber gleichzeitig die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass eine Debatte gar nicht wirklich stattfinden kann. Man könnte diesen Titel problemlos auch so formulieren:
Hey alte Säcke! Warum seid ihr nicht unserer richtigen Meinung?
Gleich mal weiter:
Wisst Ihr es nicht besser oder ist das Eure Unfähigkeit, sich auf Veränderungen einzulassen?
Das sind die zwei Optionen: Leute meines Alters (dazu kommen wir gleich noch) sind entweder ignorant oder renitent. Vermutlich beides. Eine andere Möglichkeit ist für den Autor augenscheinlich nicht denkbar. Ich würde hingegen als Alternativen anbieten:
- Vielleicht haben wir Recht
- Vielleicht ist die Zeit noch nicht so reif, wie sich die Progressiven das wünschen
- Vielleicht ist es legitim, dass es verschiedene Meinungen gibt
- Vielleicht baut sich jede Generation ihre Sprache – und das ist unsere
Schauen wir uns mal seinen Argumentationsstrang an.
Liebe Boomer*innen,
Okay, an dieser Stelle muss ich unterstellen, dass Boomer hier nur als Kampfbegriff gebraucht wird, denn die Demarkationslinie des Genderns ist NICHT das Alter und damit die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation. Nach den anerkannten Definitionen bin ich kein Boomer, sondern ein Gen X-er. Die ganze Aufteilung in willkürliche “Generationen” erinnert mich an die Aufteilung der Menschen in Rassen. Hochgefährlich, zumal gerade die, die es als Kampfbegriff nutzen, es eigentlich besser wissen sollten.
eigentlich wollte ich Euch in dieser Kolumne mit Argumenten überzeugen.
Ein wahrer und warnender Satz. Es geht nicht um Argumente. Außerdem ein Taschenspielertrick, denn natürlich meint der Autor, die besseren Argumente zu haben. Was er mit diesem vorgeblich offenen Bekenntnis erreichen will, ist transparent: er will gleich vorweg schicken, dass er die andere Seite für so renitent hält, dass sie mit Argumenten nicht zu erreichen ist. Also braucht man es eigentlich gar nicht versuchen. Der Schuss geht nach hinten los, weil er damit das Gegenteil belegt. ER ist es, der sich immun erklären möchte für alle auch nur möglichen Argumente – siehe weiter oben.
Euch sagen, wieso Ihr meiner Meinung nach gendern solltet – vor allem im Journalismus.
Wieso “vor allem im Journalismus”? Weil das der Multiplikator ist? Weil Journalisten Vorbildfunktion haben? Besteht nicht vielmehr die Gefahr, dass solche Journalisten einer Bevölkerung, die mehrheitlich das Gendern nicht befürwortet, als herablassend und oberlehrerhaft erscheinen? Sollte man nicht zumindest die Frage diskutieren, ob der Journalismus Veränderungen in der Sprache aufnehmen, sie aber nicht erzwingen sollte? Offensichtlich nicht.
Wieso es ein Problem ist, dass ein ganzer Teil der Menschen, über die und für die Ihr schreibt, nur mitgemeint und nicht mitgenannt wird.
Es ist das alte und immer noch (in meinen Augen) falsche Argument: das generische Maskulinum ist inklusiv, es nennt eben nicht nur die Männer. Nur wenn man es bewusst als exkludierend auslegt, wird ein Schuh draus. Dass man das aber nicht muss, ist eine Binsenweisheit. Hier geht es nämlich um etwas anderes: die Frage, ob man angesprochen wird oder sich angesprochen fühlt. Ist es ein Problem – oder macht man eins draus?
Um es in ein einfaches Bild zu fassen: Wenn ich in die Kneipe nebenan gehe (es ist ein Bild – ich lebe in Trudering, da gibt es keine Kneipe nebenan) und rufe: “Alle Studenten mal die Hand hoch!” – dann werden vermutlich auch Frauen die Hand heben. Mehr noch: es wäre albern, wenn eine die Hand unten lässt und auf Nachfrage erwidert “ich bin StundentIN!”. Jeder weiß, dass das generische Maskulinum in der Frage keine Reduzierung der Ansprache auf ein Geschlecht bedeutet.
Ehrlich: ich bin da flexibel. Wenn es gewollt ist, können wir auch gerne künftig “Studierende” sagen und schreiben. Der Widerstand gegen das Gendern ist nach meiner Erfahrung kein Widerstand gegen Gleichberechtigung oder Inklusion, sondern gegen eine unnötige und leicht zur Waffe umzufunktionierende Verkomplizierung der Sprache, die von der breiten Öffentlichkeit weder gewollt noch bisher auf einen Konsens gebracht wurde.
Es führt zu weit, meine gesamte Meinung zum Thema hier auszubreiten, darum nur ein Absatz. Sprache entwickelt sich von unten nach oben, sie reflektiert gesellschaftliche Veränderungen, sie erzeugt sie aber nicht. Sprachliche Anpassungen wurden auch nie erfolgreich erzwungen oder in Gesetz gegossen. Fortschritt passiert und man kann sein Tempo nicht gewaltsam beschleunigen (und nicht verlangsamen). Wer die unterschiedlichen Prägungen unterschiedlicher Generationen nicht respektiert, respektiert die Generationen nicht. Und im konkreten Fall: Wenn z.B. die Gender-Pronomen reine Geschmackssache jeder eigenen Person sind, dann lösen wir notwendige Unterscheidungen, die zumindest für die breite Basis der Bevölkerung absolut gelten, auf. Das schafft keine Differenzierung, sondern Verunsicherung und Konflikt.
Aber weiter im Text:
Dann habt Ihr Ende August einen Gastbeitrag bei MEEDIA veröffentlicht. Er hieß: Warum gendern sinnlos ist. Mir wurde klar, dass es Euch gar nicht um das beste Argument geht.
Im Gegensatz zu diesem Autor, dem es (s.o.) gar nicht um Argumente geht.
Ihr seid einfach dagegen – aus Trotz oder aus Angst vor Veränderung.
So sieht man das, wenn man (s.o.) nur diese beiden Optionen anerkennt.
Die Gegenargumente des Autors (51, weiß, männlich)
Es ist erstaunlich, wie wichtig die angeblich nicht existente Hautfarbe und das angeblich nicht existente Geschlecht sind, wenn es um die Gegenseite geht. Es ist nur eine entzückende Randnotiz, dass ich selber 51, weiß, männlich bin.
sind entweder wissenschaftlich längst widerlegt (Sprache präge nicht das Bewusstsein) oder doch wirklich zu schwach (die Ästhetik der Sprache leide).
Ich halte die Frage (um Marx zu paraphrasieren), ob Sprache das Bewusstsein prägt oder das Bewusstsein die Sprache, für durchaus relevant und wahrlich nicht wissenschaftlich entschieden. Das ist auch wieder so eine Finte – man erklärt ein Argument für erledigt, selbst wenn es um ein Feld geht, in dem es keine finalen Antworten gibt. Soziologie und Linguistik sind nicht Physik oder Chemie.
Was die Ästhetik der Sprache angeht: kann man auch drüber diskutieren. Würde ich mit dem Autor bei einer Party zusammen stehen. würde ich vermutlich sagen: “Ich verstehe das Argument, dass die Ästhetik der Sprache ihrer Wahrheit oder ihrer sozialen Gerechtigkeit nicht im Wege stehen sollte – aber ist mit der Ästhetik in diesem Fall nicht viel eher eine Funktionalität gemeint, eine klare Verbindlichkeit?”
Aber dabei würde ich vergessen, dass es ja nicht um Argumente geht – und schon gar nicht um eine offene Diskussion.
Mein Dilemma: Wie überzeuge ich Menschen, denen gendergerechte Sprache nicht nur egal ist, sondern die sogar dagegen sind?
Mit Argumenten – aber die scheiden ja aus, wie es scheint. Full disclosure: Ich gehöre zur Fraktion des ersten Teils der Frage. Gendergerechte Sprache ist mir vergleichsweise egal, weil ich unsere Sprache nicht für grundsätzlich genderungerecht halte und außerdem kein Problem damit habe, wenn die nachfolgende Generation das anders handhabt. Weil ich (im Gegensatz zum Autor dieses Textes) damit leben kann, dass unterschiedliche Generationen unterschiedliche Prägungen nicht nur besitzen, sondern auch leben.
Wieder ein Beispiel: Als Zivildienstler (*in?) habe ich alte Leute gepflegt, oft genug Damen, deren Geburtsjahr noch mit einer 18 begann. Denen waren Schwule suspekt und Schwarze waren noch “der Neger”. Und ich habe keine Minute damit verbracht, denen das ausreden zu wollen. Sympathisch gesagt: Die sind auch nur Produkte ihrer (Kaiser)Zeit und müssen sich von einem 20jährigen Rotzbengel nix vorschreiben lassen. Unsympathisch gesagt: das Problem erledigt die Zeit.
Die so überzeugt dagegen sind, dass sie sich die Zeit nehmen, Texte dazu zu schreiben?
Im Gegensatz zu diesem Autor, der sich die Zeit scheinbar nicht nimmt.
Es ist nicht so, als könnte ich euch überhaupt nicht verstehen. Ich (26, weiß, männlich) habe bis vor einem Jahr auch nicht gegendert. Ich habe nicht eingesehen, wieso ich es tun sollte. Meine Argumente waren die gleichen wie Eure: „Es sieht nicht gut aus, und eigentlich gibt es auch echt andere Probleme bei der Gleichberechtigung, die angegangen werden müssten.“ Ich fand es einfach nicht wichtig.
Wieder so ein billiger Taschenspielertrick. Die “ich verstehe das, ich war früher auch so doof”-Nummer. Es gibt nix Nervigeres als militante Ex-Raucher, als erwachte Veganer, als wiedergeborene Christen. Weil sie ein “Argument” heranziehen, das eine arrogante Ungleichheit zwischen Ihnen und den Diskussiongegnern behauptet (denn machen wir uns nichts vor – es geht nicht um Diskussionspartner): “Du bist nur noch nicht so weit wie ich.”
Doch ich habe Menschen getroffen, die lange Gespräche mit mir geführt haben. Ich habe Texte über gendergerechte Sprache gelesen. Ich habe die Argumente abgewogen und versucht, meine Position als Mann zu verstehen, der sich angesprochen fühlt, wenn von Journalisten geredet wird.
Habe ich auch alles gemacht. Ich wurde nur nicht davon überzeugt. Und nun?
Mir wurde klar, dass es unfair ist, dass ich immer gemeint bin, die Hälfte der Menschen aber nicht.
Mir wird gerade klar, dass es arrogant ist, immer zu denken, man sein gemeint, nur weil ein generisches Maskulinum verwendet wird. Ich z.B. habe das nie so empfunden.
Die meisten Menschen denken nicht an eine Frau, wenn sie Arzt, Anwalt oder Kanzler lesen und hören.
Deswegen werden auch Begriffe wie Ärztin, Anwältin und Kanzlerin gerne verwendet.
Und das hat Auswirkungen: Studien haben gezeigt, dass Frauen sich eher auf Stellen bewerben, wenn sie direkt angesprochen werden, dass Schülerinnen sich eher vorstellen können, einen bestimmten Job zu machen, wenn er auch in der weiblichen Form genannt wird.
Die alte Leier (und ich will DIESES Wespennest nicht auch noch weiter aufstemmen): Gemeint sind Jobs wie Ärztin, Anwältin und Kanzlerin, nicht Jobs wie Straßenreinigerin, Soldatin und Türsteherin. Weil die Forderung nach der Gleichberechtigung, der Gleichstellung und der Quote da endet, wo die Jobs nicht ganz so attraktiv und prestigesträchtig sind. Oder wo die Frauen sowieso schon Vormachtstellung haben.
Sehr viel schlauere Menschen als ich haben sich noch weitere Gedanken zu dem Thema gemacht und ihre Argumente aufgeschrieben. Sie stehen frei verfügbar im Netz.
Man sollte jeden angehenden Journalisten, der die “steht alles im Netz – google doch selber!”-Nummer probiert, gleich mal herzhaft auslachen. Weil es ein Armutszeugnis ist. Und weil es sich mit “Die Gegenargumente auch” augenblicklich aushebeln lässt.
Nur sind die fehlenden Argumente ja nicht Euer Problem. Das Problem ist vielmehr, dass ihr anscheinend nicht bereit seid, sie zu reflektieren.
Wie man sowas schreiben kann, ohne sich selber die Stirn zu patschen, ist mir ein Rätsel. Keine Argumente zu bringen, das aber mit der Ausrede zu entschuldigen, die andere Seite wolle ja eh keine hören, spielt auf dem Niveau der Frau, die ihren Mann angiftet und auf die Frage, was er denn angestellt habe, böse zischt: “Wenn du DAS nicht weißt, werde ich es dir bestimmt nicht auch erklären.”
Es wird kein Schuh draus, die Überlegenheit des eigenen Arguments zu bekräftigen, ohne damit rausrücken zu wollen, und dann die Verantwortung für den mangelnden Diskurs der Gegenseite zuschieben zu wollen, die das Argument ja “sowieso nicht hören will”. Der Begriff “unredlich” wird in diesen Zeiten immer weniger verwendet, aber immer wichtiger.
Euch ist es so wichtig, Eure Sprachgewohnheiten nicht zu ändern, dass jedes Gegenargument gut genug ist, um auf keinen Fall auf das generische Maskulinum verzichten zu müssen.
Räusper… hüstel… ich probiere das jetzt auch mal:
Euch ist es so wichtig, Unsere Sprachgewohnheiten zu ändern, dass jedes Gegenargument gut genug ist, um auf jeden Fall auf das generische Maskulinum verzichten zu müssen.
Gar nicht so schwer. Braucht auch keinen Beleg oder Beweis. Vielleicht sollte ich auch mal häufiger auf der Schiene diskutieren. Wäre weniger anstrengend.
Boomer*in. Das Wort, wie es umgangssprachlich benutzt wird, definiert nicht Menschen eines bestimmten Alters, sondern Menschen mit einer bestimmten Persönlichkeit.
Das ist nur dann so, wenn man es für die eigene Argumentation nutzen will. Und selbst das bekommt der Autor nicht ordentlich hin, denn er verweist ja mehrfach darauf, dass es eine Altersfrage zu sein scheint.
Dazu gehört auch eine Unfähigkeit, sich auf Veränderungen einzulassen.
Das sind keine Boomer, das sind Konservative. Beliebter Fehler.
Solange ihr euch wie Boomer*innen benehmt, kann also kein Argument der Welt euch dazu bringen, eine gendergerechte Sprache zu benutzen.
Wieder die Unterstellung, man müsse gar nicht diskutieren, weil eine Diskussion aufgrund der “Persönlichkeit” des Gegenübers sinnlos ist. Der nächste konsequente Schritt wäre, alle Menschen, die sich dem Gendern nicht anschließen wollen, als klinisch renitent einweisen zu lassen. Eine andere Erklärung kann es eigentlich nicht mehr geben.
Deswegen folgende Bitte: Überlegt Euch einmal wirklich, wieso Ihr gegen das Gendern seid.
Mich amüsiert das “wirklich”. Weil es unterstellt, wir hätten uns vorher noch nie “wirklich” diese Frage gestellt. Danke, Nicolas Wildschutz! Meine Augen sind geöffnet und dir habe ich es zu verdanken, dass ich nun wirklich kritisch mit mir in Klausur gehen kann.
Das “wirklich” entlarvt auch wieder einen Denkfehler, der jede Diskussion mit einem Menschen wie Wildschutz fruchtlos macht: in seiner Welt muss jeder, der “wirklich” über das Thema nachgedacht hat, seiner Meinung sein. Eine andere Option ist für ihn im wahrsten Sinne des Wortes undenkbar. Es gibt keine zwei Meinungen mehr – es gibt nur noch die/seine Wahrheit und den/unseren Irrtum.
Habt Ihr Euch genügend mit dem Thema beschäftigt? Wenn ja, überzeugen Euch die Argumente nicht oder reagiert Ihr aus Trotz?
Zur ersten Frage: ich glaube ja. Aber was heißt schon “genügend”? Zur zweiten: Argumente finde ich hier zumindest keine und der Trotz scheint eher auf der Seite von Wildschutz zu liegen. ICH bin jeder Diskussion offen und unterstelle eben nicht, dass jedes Argument vergebliche Liebesmüh’ ist.
Vielleicht werden einige von Euch nach dieser Kolumne noch einmal überdenken, wieso sie glauben, gendergerechte Sprache bekämpfen zu müssen.
Nein.
Wenn nicht, wäre das natürlich schade, aber auch nicht schlimm.
Wenn’s doch wurscht ist, warum dann der ganze Aufstand?
Denn meistens seid Ihr Boomer*innen alt und geht irgendwann in Rente. Nach und nach wird eine andere Generation in die Redaktionen kommen, und mehr Menschen werden sich für gendergerechte Sprache einsetzen.
Ganz genau. Und hier hätte der Artikel mit einem versöhnlichen, vernünftigen und durchaus interessanten Gedanken enden können. Sprache ist auch ein Generationending und wenn die Mehrheit des Nachwuchses das will, wird sich das Gendern ganz von selbst durchsetzen. Und die Generation 2050 wird sich dann neue Themen suchen, über die sich die grau gewordenen Millennials dann die Haare raufen können.
Aber das wäre ja versöhnlich, vernünftig und durchaus interessant gewesen. So kriegt man keine Klicks und keinen Schulterklopfer von der gewünschten Seite. Also noch mal richtig Nachtreten zum Ausklang:
Euch steht es dann frei, wütende Briefe in generischem Maskulinum an die Redaktion zu schreiben. Interessieren wird es dann keinen mehr.
Ich muss alt werden, damit meine Meinung keinen mehr interessiert. Wildschutz ist mir da voraus – seine Meinung interessiert mich schon heute nicht mehr. Ist damit wirklich was gewonnen?
Es wäre einfach gewesen, diese Kolumne zu ignorieren. Aber sie zeigt sehr schön und exemplarisch, was schief läuft. Es wird als Debattenbeitrag missverstanden, was eigentlich nur eine Ansammlung von “Ich habe Recht – wieso seht ihr das nicht ein?”-Phrasen ist. Dann wundert man sich, dass keine echte Diskussion zustande kommt, dass in den Kommentarspalten nur Wut und Beleidigung Ausdruck finden – und nimmt es als weiteren Beleg, dass mit der Gegenseite halt nicht zu reden ist. Man erschafft eine Kluft, um sich über sie zu beschweren, statt zu schauen, ob es nicht doch einen gemeinsamen Nenner geben könnte.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass man den gemeinsamen Nenner mittlerweile immer mit einem erklärenden Wikipedia-Link versehen muss.
Weil ICH mich aber keiner Diskussion entziehe, biete ich Nicolas Wildschutz an, sich mir im direkten Gespräch zu stellen, gerne in Form eines podcastigen Interviews. Auch wenn er meint, dass mich Argumente nicht erreichen, würde ich es gerne mit meiner Strategie versuchen, Gemeinsamkeiten zu finden, selbst wenn man auf verschiedenen Seiten der Debatte steht. Ich würde Nicolas außerdem gerne die Möglichkeit geben, seine These von der mangelnden Erkenntnisfähigkeit der Boomer am lebenden Objekt zu testen.
Nicolas, are you game?
P.S.: Nur damit wir uns nicht missverstehen – ich VERSTEHE das Problem, dass es immer “Wir brauchen einen Arzt!” heißt und man bei Risiken und Nebenwirkungen eben den Apotheker und nicht die Apothekerin um Rat fragen soll. Es geht mir darum, wie die Diskussion geführt wird.
Ich dachte, die Nachfolge von “Bento” hätte die “Jetzt” mit ihren unsäglich inhaltslosen Jammerartikeln, die durch keinerlei Wissen über das jeweilige Thema getrübt sind, angetreten. Aber das hier ist auch niedlich.
Eine absolute Goldgrube ist auch die “opinions/my story”-Sektion bei der britischen HuffPo.
Versuchen Sie mal tageblatt.lu
https://www.tageblatt.lu/headlines/neues-virus-in-luxemburg-1d10t-ie-fuehrt-zu-akuter-hirnfaeule/
Als ehemaliger Krankenpfleger entgegne ich auf Nachfrage gern “ich war 20 Jahre Krankenschwester. ”
Ist das jetzt politisch korrekt oder nicht?
Was ein grottiger Text. Welcher Editor winkt so einen Müll durch? Das hat ähnliches Niveau wie die Geschichte mit den Polizisten und den Müllmännern letztens. Wer die “richtige” Meinung hat denkt sich mittlerweile nur noch das berechtigt zu allem. Auch eine Art von Verdummung.
Ich lehne gegenderte Sprache eher aus ästhetischen Gründen ab. Tiefe und Gelegenheit über einen Text nachzudenken ergeben sich gerade aus der Ungenauigkeit von Sprache, aus dem ungesagten, aus den Interpretationsmöglichkeiten. Das Gendern ist ein Trend dahin dass jeder Text, egal worum es geht wie von einem Anwalt verfasst wirkt. Da muss einfach jede Grauzone, jeder Interpretationsspielraum ausgeschlossen sein damit es unmöglich ist dass jemand sich ausgeschlossen oder empört fühlt. Das ist für mich eine absolute Dystopie. Die Grundhaltung mit der man an jeden Text rangeht ist nicht mehr “Was möchte ich sagen?” sondern “Wie stelle ich sicher dass nicht interpretiert wird ich könnte xyz gesagt haben?”. Die Befürworter haben sicher Recht dass Sprache das Denken beeinflusst. Ich befürchte aber dass die Änderungen die sie deshalb herbeiführen wollen das Denken eher permanent beschädigen als dass sie helfen.
sehr schön gesagt!!
Ihnen geht die Mystik im Text verloren wenn statt generischem Maskulinum gegendert wird. “Die Ärzte operierten die ganze Nacht” – Spannung, Mystik – war wohl auch eine Ärztin dabei?
“Die Ärzt*innen operierten die ganze Nacht” – Ah schade jetzt weiß ich es war eine Frau dabei, Mystik dahin.
Was sie als Text bezeichnen, ist entweder ein Kommentar, ein Artikel, eine Posse, Lyrik wie auch immer und die textform gibt Genauigkeit, die Einmischung von Meinung und Prosa vor.
Deswegen sind auch die beiden genannten Texte zwar zu vergleichen aber da aus einem anderen Genre stammend nicht das gleiche.
Da bin ich nicht so sicher, mittlerweile wird auch oft genug Ärzt*innen verwendet, wenn keine Frau dabei war.
Was aber falsch ist. Und genaugenommen, ist das in so einem Fall sogar eine Lüge. Die Motivation hinter solchen Formulierungen in solchen Fällen würde mich auch interessieren. Ist das, weil Frauen gerne dabeigewesen wären? Oder weil man damit ausdrücken will, daß Frauen das auch können? Was für Minderwertigkeitskomplexe muß eine Frau haben, die letzteres ständig betonen will?
Im Gegensatz zum Autor bin ich übrigens nicht der Meinung, das “generische Maskulinum” sei ein Problem. Und zwar deswegen, weil diese Form in Wirklichkeit eben überhaupt keine Information über das natürliche Geschlecht der so bezeichneten Personen enthält. “Die Ärzte” bezeichnet eigentlich nur eine Personengruppe, die diesen Beruf ausübt, das Geschlecht interessiert bei dieser Formulierung eben nicht. Damit kann man also eine Gruppe Männer, eine Gruppe Frauen oder eine gemischte Gruppe bezeichnen. Die sogenannten “gendergerechten” Formulierungen bringen aber das Geschlecht der Personen in den Vordergrund, wo sie (in den meisten Fällen) gar nichts verloren haben.
Link zum Nachlesen für alle, die es interessiert: https://www.belleslettres.eu/content/deklination/genus-gendersprech.php
Und, das meine ich ganz ernst: Wir kümmern uns um Männer und Frauen und das soll total gendergerecht sein. Nett. Und die Diversen? Wo bleiben die? Ich warte nur darauf, dass irgendeine woke Dame aufmacht, einen diversen Suffix herbei zu schwafeln, der zu verwenden wäre.
Man sollte sich vielleicht an die Vorstellung gewöhnen, dass die Menschheit ihren evolutionären Höhepunkt in den 1980ern hatte. Falco war der Kwisatz Haderach. Seither geht es mit Siebenmeilenstiefeln in Richtung Morlocks, schneller als Wells es hätte ahnen können. “Video killed the radio star” und guckt rüber zu Total Terminator Idiokratie. Die frisst die Demokratie bei lebendigem Leib. Nur Romero klatscht. Im Hintergrund johlt ein oranger Affe und wift mit frisch ge- und verzapfter Scheiße. 99 Luftballons – geplatzt.
Wannabe-Inquisitoren wie jenen hier kenne ich im Real Life. Sie leben! Sohn einer Ex. 19 oder 20, vergessen. Greta als bobygebuildeter Stichling. 10 Minuten lang maßlosen, selbstgerechten Standpunkten zu Boomern (der Begriff geht ihnen hemmungslos über die Lippen), Gesellschaftsordnung, Kapital, Sozialpolitik und, sehr wichtig, Work-Life-Balance lauschen, dann möchte man ihn in der Teetasse ertränken. Geht nicht, zu viele Zeugen im Café.
Die globale Gutmensch-Hysterie als Gegengewicht zum Hate Monger im Weißen Haus ist so tragisch. Teils sinnige Gedanken, alle außer Rand und Band. Hysterie wie im Salem-Schlussverkauf. Jeder ist Rassist, toxisch, Teilnehmer im Blame Game. Die gute Nachricht: Everyone’s awinner! Darauf eine Hot Chocolate. Skynet heißt Twitter und lacht sich ‘nen Ast – warum gutes Metall im Krieg verschwenden, wenn es auch so geht? Kumpel Chrom klatscht ab.
Winter einer Spezies. Geschlechterkrieg, Rassenkonflikt, Maskulinitäts-Zerstörung usw. werfen weiter Scheite auf die Verbrennungsstätte. Das Wasser darunter in Tarans Zauberkessel blubbert schon. Spritzer verpuffen an Blasen, die nichts mehr durchdringt. Der Siedepunkt naht.
Möge das weiße Rauch der Immolation den Venus-Lemuren eine Warnung sein.
Ich gebe zu, ich habe nicht so richtig verstanden, was du hier sagen wolltest. Irgendwie erscheint mir der Rant wir das exakte Gegenstück zu den sturen so genannten “Millenials” mit einer Wut auf die so genannten “Boomer”: Einfach mit unreflektierten Phrasen alles raushauen, was man gegen die Jugend so vorbringen kann oder meint zu können, auch wenn mir gerade absolut nicht einleuchtet, was nun Greta Thunbergs (nachvollziehbarer) Kampf gegen den (existenten) weltweiten Klimawandel mit dem (zumindest diskussionswürdigen) Kampf einiger junger Menschen gegen (existente?) Genderungerechtigkeit der deutschen Sprache zu tun hat.
Dieser Ausbruch, für mich ohne ersichtliche Argumente, macht dich in meinen Augen nicht besser als den hier kritisierten Autor. Vielleicht habe ich den Text aber auch nur nicht verstanden.
Besoffen an der eigenen Ausdrucksfähigkeit..
Oder der Versuch einen Guinness-Eintrag für die meisten popkulturellen Verweise in einer Diskussion zu gewinnen.
Ich find´s nett. 🙂
Das, unbekannter Autor namens Walter K., halte ich für Literatur. Sehr assoziativ. Gefällt mir.
Mir fehlen schon immer die weiblichen Bezeichnungen in den Polizeimeldungen: es muß doch auch Einbrecherinnen, Raserinnen … und und und geben.
Nein nein… Frauen machen so etwas nicht.
Ich warte schon seit Jahren auf ‘die Nationalsozialist*innen …’
Das wird in link(sliberal)en Artikeln verwendet. Genau so wie Faschist*innen.
Leider habe ich gerade kein Beispiel parat
Kann dir da nur absolut zustimmen. Argumentativ ist das eine Nullnummer und anders auch nicht gewollt.
Dabei ließe sich ja durchaus diskutieren. Ich empfinde das generische Maskulinum nicht als ein Problem, aber ich kann nachvollziehen, wenn es jemand als Geschlechterungerechtigkeit aufgreift, da es nunmal konsequent auch Frauen unter einen maskulinen Sammelbegriff fasst. Allerdings ist gerade die deutsche Sprache voll von wirrem Umgang mit Genera, sodass man die ganze Sprache umbauen müsste, um hier Gerechtigkeit zu schaffen.
Die bestehenden Alternativen überzeugen mich alle nicht.
Sprachästhetik: Es sieht bei vielfacher Anwendung halt nach dem Werk von Chaot:innen aus und erschwert das Lesen. Mag auch Gewohnheit sein.
Gesprochenes Wort: Ein Begriff wie Kanzler*in lässt sich in dieser Form nicht aussprechen. Das finde ich problematisch. Wie lese ich einen solchen Text vor? Wie diktiere ich ihn?
Orthographische Sinnhaftigkeit: Beispiel AnwältIn: orthographisch ist das Quatsch. Man hängt hinten etwas an, verändert das Wort aber vorher schon. Es gibt aber keinen Anwält. Und auch keinen Ärzt.
Und der bedeutenste Punkt, über den ich mich stets wundere, dass Verteidiger des Genderns ihn selber offenbar nicht so sehen: Scheininklusion
Für mich macht all dieses Gendern die Frau zwar sichtbar, setzt sie aber gleichzeitig herab. Ein Wort wie Fahrer_in ist keine Gleichberechtigung. Es gliedert die Frau aus dem generischen Begriff aus statt ein. Der “Fahrer” ist jetzt nicht mehr beide. Er ist nur noch der Mann. Die Frau ist nur noch “_in”. Und kommt immer am Schluss.
Wenn mal jemand mit einer überzeugenden Idee kommt, wie sich unsere Sprache gerecht gendern lässt, habe ich nichts dagegen. Aber die aktuellen Ideen halte ich begründet für untauglich.
Das meinte ich mit “eine unnötige und leicht zur Waffe umzufunktionierende Verkomplizierung der Sprache, die von der breiten Öffentlichkeit weder gewollt noch bisher auf einen Konsens gebracht wurde.” – es sind sich die Sprachrevoluzzer ja nicht mal untereinander einig.
Die Frauin, pardon, Männin, pardon… kommt ja eben nicht immer am Schluss, sondern zwangskorrekterweise immer zuerst. Es ist immer von “liebe Genossinnen und Genossen” oder “liebe Bürgerinnen und Bürger” oder “Wählerinnen und Wähler” oder “Leserinnnen und Leser” die Rede, nie umgekehrt, weil das wäre ja diskriminierend…
Das hat allerdings nix mit den Wortneuschöpfungen und Gendersternchen, -punkten, -strichen etc. zu tun.
Davon ab stimmt das schon irgendwo. Du bekommst zu hören “Ich will nicht, dass ein Mann mir die Tür aufhält und mir immer den Vortritt lässt”, aber wenn du von “Bürger und Bürgerinnen” sprichst bekommst du garantiert auf den Sack.
Finde es selbst in der Form allerdings sprachästhetisch auch deutlich ansprechender, weil das Grundwort den gesamten Ausdruck links und rechts klammert und auch die anderen oben genannten Boxen tickt es positiv, daher für mich völlig in Ordnung.
Allerdings auch nur in Anreden und ähnlichem. Ersetze ich in einem längeren Text jeden Sammelbegriff damit, dann werden es unleserliche Bandwurmsätze.
Es ist aber auch immer die Frage des “slippery slope” – was meinst du, wie schnell nach so einer Umstellung verlangt wird, dass rückwirkend Texte “angepasst” werden müssen?
Ich sag nicht, dass etwas umgestellt oder angepasst werden MUSS. Nur, dass das eine Variante ist, mit der ich persönlich gut leben kann und warum.
Schon klar. Und mein Argument ist, dass es dann bei der Variante nicht bleiben wird.
Die lösung wäre zumindest in diesem Fall einfach. Es ist eine höflichkeitssache und sollte so betrachtet werden und in Folge wird immer erst das Gegengeschlehct genannt, damit ist die Regel simpel und einfach und dient dem erhlat der heute hart gebeutleten Umgangsformen.
Ich die Verwendung von korrekter Rechtschreibung nicht ebenfalls eine Frage der Höflichkeit?
sorry, Doppelpost
Neulich habe ich gelesen, wer Verein aussprechen kann, kann auch Kanzler*in aussprechen, mit einem leicht abgesetzten -in. In Podcasts höre ich das in letzter Zeit häufiger, und empfinde diese Variante als kaum störend. Man muss sich halt nur dran gewöhnen, dass Männer mitgemeint sind.
Schwierig wirds meiner Meinung nach erst bei Personalpronomen, da sind Varianten wie “seine/ihre” tatsächlich sehr holprig. Da ist uns Englisch mit dem neutralen they etwas voraus.
Das Englische braucht nur noch den Standard-Genus, den wir maskulin nennen: “The” = “der”. So wie “tu” zu “du” zu “you” weicher wurde, wurde das “D” zu “Th” und das “R” schwand.
Dieses “nur mitgemeint” verkennt ein wesentliches Detail: Männer sind in unserer Sprache immer nur mitgemeint, Frauen manchmal: Die sprachlichen Generika (Femininum wie Maskulinum) schließen immer alle Elemente der bezeichneten Menge ein*, unabhängig vom biologischen Geschlecht. Ein “Schüler” bezeichnet erst einmal nur einen Menschen, der zum Lernen in die Schule geht. Der Begriff “Schülerin” indessen legt das biologische Geschlecht eindeutig auf “weiblich” fest. Während also die männlichen Schüler immer nur im Begriff “Schüler” mitgemeint sind, gibt es mit “Schülerin” für die weiblichen Schüler einen Begriff, der explizit nur sie bezeichnet.
Ich weiß nicht, warum wir im Deutschen häufig eine explizit weibliche Form von Funktionsbezeichnungen haben. Vielleicht wollten unsere Vorfahren die Frauen** ganz besonders ehren. Aber die weibliche Funktionsbezeichnung ist eine sprachliche Hervorhebung, deren Existenz am Anfang bewusst und heute immer häufiger aufgrund von Halbwissen missinterpretiert wird als ein Beweis für das “nur Mitgemeintsein”. Und das wo eigentlich, wie gerade erläutert, das Gegenteil der Fall ist. Es ist schon witzig und es wäre spannend, welche Ursachen Psychologen aus diesem Fakt herausorakeln können.
Die “Person” übrigens ist ein generisches Femininum. Da gibt es keine äquivalente Möglichkeit, das männliche Geschlecht seperat zu meinen, wie das für “Schüler” umgekehrt für weibliche Schüler möglich ist.
Alle genderinduzierten Probleme würden sich in Luft auflösen, wenn wir uns wieder auf einen Merksatz zurückbesinnen würden, der Jahrhunderte lang gegolten hat, und den heute eine laute Minderheit partout nicht mehr anerkennen will:
Der Genus ist nicht identisch mit dem Sexus!
* Weil sie eine Funktion bezeichnen, kein biologisches Geschlecht.
** Schon der Begriff “Frau” zeigt eine besondere Ehrung gegenüber dem Begriff “Mann”. “Frau” kommt von “Frouwe” = “Herrin”, das sprachliche Äquivalent zum Begriff “Mann” wäre “Weib”.
“Beispiel AnwältIn: orthographisch ist das Quatsch. Man hängt hinten etwas an, verändert das Wort aber vorher schon. Es gibt aber keinen Anwält. Und auch keinen Ärzt.”
Ich bin weit entfernt von einem Sprachwissenschaftler, von daher verzeih, wenn ich da gerade etwas sehr erstaunt bin, ob Du das ernst meinst oder nur ich etwas falsch verstanden habe?
Der Wortstamm wird etwa bei der Mehrzahl genauso verändert, da beschwert sich meines WIssen aber doch auch keiner drüber, “dass man hinten was anhängt, aber vorne das Wort verändert”?!
Bäume ist die Mehrzahl von Baum. Man hängt hinten was an. Und ändert das Wort vorne.
Schlimm, oder?
PS: Ah, beim nochmal Lesen, verstehe ich jetzt doch, was Du meinst: Du beschwerst Dich nicht über das gegenderte, typische KanzlerIn, SpielerIn etc – sondern die Fälle, bei denen das “In” anhängen keinen Sinn mehr ergeben, da die weibliche Form eben nicht nur durch das “In” sich ergibt sondern durch einen anderen Wortstamm. OK, da geb ich Dir recht, dass das eigentlich Quatsch ist. Und ein “Anwä/alt/in” würde es auch nur noch viel, viel schlimmer machen :). Vielleicht wie in der Suchfunktion mit einem Joker als WIldcard: “Anw*ltIn” :))
Da liegt für mich in der Tat der Hase im Pfeffer, dass selbst wenn man die Argumente (so sie denn mal geäußert werden) für “gendergerechte Sprache” akzeptiert oder teilt, dies nicht zwangsläufig heißt, dass man die angebotenen Lösungen sinnvoll findet.
Das eigentliche Problem ist ja schlicht die Uneindeutigkeit bei Verwendung des generischen Maskulinum oder Begriffen, die nur Männer umfassen. Dies liegt aber nicht wie dann behauptet an einer Unsichtbarkeit von Frauen im generischen Maskulinum, sondern daran, dass es eigentlich gar kein Maskulinum gibt! Bei Begriffen wie Lehrer, Bäcker oder Wissenschaftler handelt es sich gewissermaßen um geschlechtslose Stammformen, die für Frauen um die Endung -in/-innen ergänzt werden. Und für Männer? Nichts.
Anstatt die vorhandene, etablierte, schlichte, alle Geschlechter und Identitäten umfassende (mit dem irreführenden Begriff des generischen Maskulinum versehene) Stammform für unaussprechliche Konstruktionen mit Binnenmajuskel oder Genderstern über Bord zu werfen, die die Geschlechtlichkeit unverhältnismäßig in den Vordergrund rücken, wäre die einfache und offensichtliche Lösung, ein tatsächliches Maskulinum zu etablieren, das eindeutig von besagten Formen wie Lehrer, Bäcker und Wissenschaftler zu unterscheiden ist.
Aus irgend einem Grund traut man sich da nicht ran. Meine Vermutung ist, dass man Männern prinzipiell nichts zugestehen will.
Mögliche Varianten gibt es auch hier zuhauf.
Beispiele:
Lehrerich, Lehrerer, Lehrermann, Lehrerrüde
Klingt albern? Nun ja, vielleicht sind einige Veränderungen gegenüber doch nicht so aufgeschlossen, wie sie denken.
Großartig! 😀
Nie vergessen: Das alles geht in der aktuellen Inkarnation auf die Weinstein-Anschuldigungen zurück. Absolut kurios, was #MeToo losgetreten hat. Gremlins als Feuerwehrmä–, –leute. Man kann das alles auch brüllkomisch finden.
Sozialempirisch betrachtet sehr spannend, ob ein präsidial inthronisierter Demokrat auf die hochgetaktete Linke als Korrektiv deeskalierend einwirken würde (zeitversetzt natürlich). Denke da mehr an Harris als an Biden.
Das wird das spannendste Jahrzehnt seit mindestens dem letzten.
Wie kommst du denn auf das schmale Brett. Gender-Sternchen gabs schon lange vor #MeToo.
Schrieb ich das irgendwo? Ich spreche vom Feuersturm der entrüsteten Rechtschaffenheit.
Das Sprechen wirkt ein wenig wie Labern.
Eines meiner Lieblingsthemen derzeit. Jetzt ist es zu spät, um Deine Widerrede angemessen zu genießen. Aber das Wochenende naht, und ich freue mich auf die Lektüre.
Was mir persönlich bei der Debatte um das “Gendern” häufig fehlt (und weder der Originaltext noch die hiesige Replik beziehen sich darauf) ist, dass in der Regel völlig vernachlässigt wird, in welcher Textsorte oder in welchem Zusammenhang “gegendert” werden soll.
Denn während ich die Problematik bei der täglichen Kommunikation (mündlich oder schriftlich) i.d.R. für nicht gegeben halte (und niemandem den Gebrauch des generischen Maskulinums verwehrt werden soll), so finde ich es z.B. bei Stellenausschreibungen oder im öffentlichen Sektor (Behörden, Universitäten, Schulen, etc.) essentiell, möglichst inklusiv zu formulieren. Der Journalismus bildet da eine Zwischenstufe (zumindest, wenn es sich nicht um Meinungsartikel/Kommentare handelt): hier halte ich die Präzision für den wichtigsten Aspekte – daher nicht: “Die Wissenschaftler haben herausgefunden…” im generischen Maskulinum, sondern “Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben herausgefunden…” (sofern es sich um ein gemischtgeschlechtliches Team handelt, was inzwischen nicht selten der Fall ist).
Im Satz “Wissenschaftler haben herausgefunden…” (ein wunderschönes Beispiel übrigens) erfüllt das Wort “Wissenschaftler” aber lediglich den Zweck, die FUNKTION der handelnden Personen klarzustellen. Ihr Geschlecht ist völlig gleichgültig.
Würde ich nun “Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler” o.ä. schreiben, würde ich die Aufmerksamkeit des Lesers viel zu stark auf das Geschlecht lenken, das, wie gesagt, in 99% der Fälle bei dem Satz keine Rolle spielt.
Sehr schön in der Praxis ausprobieren kann man das beispielsweise im “Magazin für neugierige Forscher”, Ausgabe Nr. 1 April 2020, einer Kinderpublikation des Bildungsministeriums, die meinem Sohn und mir letztens beim Arzt in die Hände fiel. Da stehen beispielsweise Sätze wie “Nicht nur Reisen geht heute blitzschnell. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können über das Internet weltweit zusammenarbeiten”, was zumindest mich erstmal gedanklich in die Irre geführt hat.
Interesssant auch folgendes Zitat: “Schon bald sollen Elektrobakterien in Klärwerken eingesetzt werden, um aus Abwasser Strom zu machen. Wissenschaftlerinnen interessieren sich außerdem für [Geobacters] Haare, denn sie sind hauchdünn und leiten Strom genauso gut wie Metalldrähte. In Zukunft könnten sie als Kabel in winzig kleinen Computerteilen verbaut werden.”
Jetzt ist natürlich gut möglich, dass das entsprechende Team rein weiblich ist, aber dennoch wirkt dieser Satz irritierend. Ich habe mich tatsächlich gefragt, ob das Geschlecht was damit zu tun hat, dass sich die Wissenschaft für die Haare des Bakteriums interessiert [sexistischen Spruch hier einfügen].
Die deutsche Sprache bietet übrigens oft wunderschöne Möglichkeiten, das Geschlecht ganz zu meiden: Z. B das von mir eben benutzte Generikum “Die Wissenschaft”, oder auch das Adjektiv “wissenschaftlich”: “Es wurde wissenschaftlich herausgefunden, dass….”
Alternativ auch: Wissenschaffende, Sporttreibende, Arbeitende (oder besser Werktätige?) usw.
Man(!) merkt schon: einige sprachliche Kapriolen sind durchaus zu schlagen um alles korrekt(?!) und gerecht zu schreiben und zu reden.
Sehr schön ist ja auch die Argumentationskette:
“Boomer*in. Das Wort, wie es umgangssprachlich benutzt wird, definiert nicht Menschen eines bestimmten Alters, sondern Menschen mit einer bestimmten Persönlichkeit. Dazu gehört auch eine Unfähigkeit, sich auf Veränderungen einzulassen. Solange ihr euch wie Boomer*innen benehmt, kann also kein Argument der Welt euch dazu bringen, eine gendergerechte Sprache zu benutzen.“
Im Klartext: ich gendere nicht, deswegen bin ich ein*e Boomer*in und daher unfähig, mich auf Veränderungen einzulassen. Lieber Herr Wildschutz, ich habe mich in meinem Beruf ständig auf Veränderungen einzustellen. Das heißt für mich aber nicht, dass ich jedem Modetrend hinterherhecheln muss. Dass die Sprache das Bewusstsein prägt, stelle ich nicht in Abrede, aber angesichts der Probleme, vor der die Welt steht, ist die ganze Genderei für mich tatsächlich “Gedöns”, diese Schere im Kopf tu ich mir nun wirklich nicht an.
“Boomer*in” ist unkorrekt, da “Boomer” nicht deutsch gegendert werden darf – kommt aus dem englischen Sprachraum und bedeutet eigentlich was ganz anderes als das, was in diesem Kontext verwendet wird.
Ich frage mich immer warum für das Gendern diese Form gewählt wurde, Boomer*in.
Das ist doch immer noch eine Sonderbehandlung fürs Maskulinum und Femininum und der Rest läuft unter sonstige.
Ich hätte einfach Wortstamm plus allgemein anerkanntes Symbol für alle gewählt: Boomer*, Lehrer*, Gärtner*, etc.
Beim Pronomen würde ich auf das genetische Pronomen wechseln. Wer mindestens ein Y-Chromosom hat, ist er ansonsten sie.
Klar, der erwähnte “Kommentar” in Meedia ist kein gelungener Text, einfach ein naiver Rundumschlag.
Im Grunde sagt der Text aber nur, dass der Autor Gendern im Journalismus befürwortet. Und du verstehst das Problem nach eigener Aussage ja sehr wohl (siehe dein letzter Absatz).
Auch dein Artikel ist voller (aber viel besser begründeter Spitzen) gegen den Autor und seinen Artikel.
(Viele Argumente die man allgemein gegen das Gendern liest, finde ich persönlich echt schwach: Ästhetik der Sprache? Echt jetzt? Das interessiert doch sonst auch niemanden großartig, aber jetzt auf einmal. Das ist meine persönliche Meinung, aber nicht soo wichtig, also in Klammern)
Vielleicht sollte man sich einfach mal nicht an diesen oft unreflektierten Schlagabtausch beteiligen und auch nicht davon provozieren lassen, sondern sich auf die Problemlage konzentrieren und gute Vorschläge machen!
Das gilt für sehr viele Themen unsere Gegenwart: Klimawandel? Ja, jeder sieht ihn, man merkt, dass die Zeit knapp wird, die Gletscher schmelzen, es herrscht Dürre, Rekordhitze aber lieber hackt man auf Greta rum. Dadurch verschwindet doch der Klimawandel nicht!
Die Welt wird nicht gerechter, ein Missstand ändert sich nicht, wenn man die Gegenseite argumentativ auseinandernimmt, scheint mir. Aber sich nicht provozieren lassen ist schwierig, klar.
Du scheinst den letzten Satz meines Artikels (bewusst oder unbewusst) zu ignorieren.
Was meinst Du, ist denn die Problemlage, auf die man sich konzentrieren sollte?
“Der Widerstand gegen das Gendern ist nach meiner Erfahrung kein Widerstand gegen Gleichberechtigung oder Inklusion”
Das Gendern ist Exklusion.
Ich arbeite in der Bildung von Menschen mit Sprachschwierigkeiten. Menschen die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben aber auch die Schwierigkeiten beim Spracherwerb haben.
Der Partizip I verändert den Sinn des Inhalts. Es ist ein Unterschied, ob jemand ein Sänger oder Singender ist. Und Fußgänger bin ich auch während ich nur auf dem Bürgersteig stehe. Ich bin es nicht nur wenn ich zu Fuß gehe. Beides gleichzusetzen verwirrt Menschen. Ganz egal ob sie Lernschwierigkeiten haben oder nicht.
Doppelformen verlängern den Text. Das verlängert die Zeit zum Lesen und Schreiben. Das hemmt bei manchen bereits den Lernerfolg. Ihre exzessive Anwendung verhindert aber auch bei vielen Menschen das Textverständnis.
Binnenmajuskeln erzeugen einen Abriss mitten im Wort beim Lesen. Und beim Schreiben sind sie für die Schreibschrift ungeeignet. Schreiben in Schreibschrift hilft meines Erachtens aber beim Lernen viel besser als Druckschrift oder Schreiben mittels Tastatur.
Was für Binnenmajuskeln gilt das gilt für Gendersternchen noch viel mehr.
Das alles betraf vorwiegend Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben. Gesprochen hat so fast niemand im Alltag. Und wenn dann nur die Doppelformen zu offiziellen Anlässen als Anrede.
Der gesprochene Genderstern betrifft jetzt aber auch Menschen mit Schwierigkeiten beim Spracherwerb.
Die richtige Anwendung des Genderns stellt eine zusätzliche Hürde auf. Beim Schreiben und bald auch beim Sprechen oder Hören.
Ich möchte nicht, dass Menschen, denen ich helfen will zusätzliche Steine in den Lebensweg gelegt werden. Deshalb verzichte ich auf das Gendern.
Doch sehe ich auch die künftigen Probleme. Menschen mit Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben wurde lange stigmatisiert. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Das Gendern bedeutet einen Rollback.
Wie es Menschen gehen muss, deren Erstsprache nicht Deutsch ist kann ich nur mutmaßen.
Ich erwarte ja nicht alle Texte auch in leichter Sprache. Aber wer gendert sollte erkennen und sagen: “Es ist mir egal, ob ich Ableismus fördere. Ich betreibe absichtlich Exklusion.”
Sehe und beobachte ich im Schulbetrieb ganz genau so. Die “Genderfans” und “Genderfaninnen” sehen es aber nicht so. Sie finden diese scheinbare “Gerechtigkeit” hoch wichtig.
“Gemeint sind Jobs wie Ärztin, Anwältin und Kanzlerin, nicht Jobs wie Straßenreinigerin, Soldatin und Türsteherin.”
Mir fällt gerade auf, dass ich in Texten, in denen es um Sexualstraftaten geht, noch nie das Wort “Kinderschänder*Innen” gelesen habe. Es gibt wohl Bereiche, wo es nicht so wichtig ist, wenn das weibliche Geschlecht nicht explizit mitgenannt wird.
P.S.: Klasse Text!
Ganz im Gegenteil: In manchen Bereichen scheint es den Autoren wichtig zu sein, Frauen nicht mitzunennen, um die negative Assoziation allein auf Männer zu richten.
Der Vergewaltiger ist ein sehr beliebtes Beispiel. Schon mal die Vergewaltigerin gehört?
An meiner hiesigen Universität legen Studentinnen mehrerer Jahrgänge Wert darauf, dass bei weiblichen Leistungen auch das Weibliche per Nennung unterstrichen wird. Männliche Leistungen werden allerdings bitte unter “Studierende” zusammengefasst, man möchte bitte nicht exkludieren! Solche Dinge werden inzwischen offen und ohne mit der Wimper zu zucken ausgesprochen. Ebenso wie das schlicht beleidigende “Boomer”.
Danke für den Artikel.
Man sollte aber vielleicht auch nicht übersehen, dass das Ganze eine regelmäßige Kolumne zu sein scheint, die den “Boomer” schon im Titel trägt. Da ist der Kampfgeist Programm.
Und solange ein Artikel wie dieser in einem Magazin erscheint, das seine Artikel in die Rubriken “Marken, Medien, Macher” einteilt*, brauche ich das erst recht nicht ernst zu nehmen.
*Gestern übrigens noch prominent in der Kopfzeile, heute hinter dem Menübutton verschwunden. Hm. Zufall?
Liebe Leserinnen des Textes und dieses Kommentars,
ich schreibe mal als Experiment im generischen feminin. (Das wird mit sicherheit auch für mich eine Interessante Erfahrung, da ich mir vor ca. 2 Jahren eine ziemich Geschlechtsneutrale sprache angewöhnt habe)
Ja, der Text von Nikolas Wildschutz ist schlecht. Er pauschalisiert und die Analyse der nicht vorhandenen Argumentationslinien auf dieser Seite ist gut gelungen.
Dennoch halte ich eine geschlechtergerechte Sprache für so wichtig, dass ich den Diskusionsteilnehmerinnen hier unter dem Artikel auch einige Gedanken näher bringen möchte:
Ich rechne es dem Autor hoch an, dass er in seinem P.S. noch einmal klar stellt, dass sich seine Kritik auf die Art, wie die Diskussion geführt wird, bezieht und nicht um das eigentliche Ziel. Ich weiß, ich bin nur ein unbedeutender, männlicher Sozialarbeiter aus der Generation Y und erwarte nicht, dass sich jemand, die das hier liest, wegen dieses Kommentars eine andere Sprache angewöhnt. Es würde mich aber freuen, wenn das hier ein wenig zum Denken anregt.
Da kann ich dir nur zustimmen. Das nervt mich auch total und es ist auch nicht mehr besonders originell.
In der Wissenschaft von “abschließenden Meinungen” zu sprechen, ist aus meiner Sicht nicht besonders zielführend. Es gibt so etwas wie eine “gängige Lehrmeinung”, von der nur wenige abweichen. Im Idealfall ist diese aber niemals abschließend, sondern immer offen für Anpassungen. Selbst etwa bei der Evolutionstheorie (die wahrhaftig gut belegt ist) könnten Gegenbeweise ohne weiteres die Lehrmeinung ändern – in diesem Fall ist das nur bislang niemandem überzeugend gelungen und ich halte es selbst für unwahrscheinlich, dass das passiert, aber ausschließen würde ich es deswegen nicht.
Nun kenne ich die psychologische Studienlage hinsichtlich der Wirkung von Sprache tatsächlich nicht genau. Es überzeugt mich aber grundsätzlich nicht, wenn irgendjemand einfach nur schreibt, dass das “längst nachgewiesen” sei. Da will ich persönlich etwas mehr hören – gerade wenn ich deswegen meine Gewohnheiten ändern soll.
Ganz so simpel ist es nicht. Ich hasse das sich aus konsequentem Gendern ergebende Text- und Sprachbild. Einer der Vorredner hat es schon erwähnt – von “Studierenden” oder (auch beliebt) “Mitarbeitenden” zu schreiben ist sprachlich erst einmal schlicht falsch. Damit sind an sich Menschen gemeint, die gerade in diesem Moment (und nur da) mitarbeiten oder studieren – “sterbende Studierende” etwa wären demnach Menschen, die gleichzeitig sterben und studieren, was vollkommen unsinnig ist.
Natürlich könnte man das in einer sich entwickelnden Sprache auch umfunktionieren, mir selbst rollen sich da aber die Fußnägel auf.
Auch das wurde schon erwähnt – erst einmal müsste man sich doch über das “korrekte” Gendern einig sein. Binnen-I, Gendersternchen, abwechselnd wechselndes generisches Maskulinum oder Femininum, einfach immer beide Varianten hinschreiben (was ich besonders unschön finde) – überzeugt hat mich bislang nichts davon.
Als ebenfalls undeutender Sozialarbeiter aus der Generation Y danke ich dir dafür, dass du das nicht erwartest. 😉
Du hast Recht. Ich hätte “gängige Lehrmeinung” schreiben sollen.
(Wow: Echt ein Rückfall! Will zu Bett gehen, und da fällt mir etwas ein, was ich noch schreiben wollte, dann aber nicht daran dachte. Muss jetzt raus:)
Wenn Du eine “echte” weibliche Bezeichnung für die Frau haben willst, kommst Du auch im Englischen nicht weit: Da sind Frauen “woman”, also Weibsmänner/Weibsmenschen. Die einzige richtige Frau ist die Queen (kommt aus dem indogermanischen kwen, was noch in Gyn- von Gynäkologie steckt). Das Weib an sich ist aber schon wieder sächlich.
Ach, ist das nicht irgendwie ärgerlich, dass so gar nichts richtig passt, wenn man meint, dass sprachliche Genera natürliche wären?
Moment mal: “Ironisches Gendern von Begriffen, bei denen es keinen Sinn ergibt”? Das sehen wir uns doch mal genauer an:
Ironie bedeutet, dass ein Begriff, der nach deinem Sprachverständnis als eindeutig einzustufen wäre, umgedeutet würde. Wie Heinz Erhardt, als er sagte, man betrete den Wald und links stehe ein Baum, rechts eine Bäumin. Nur ist beispielsweise “Bürger” ein solch eindeutiger Begriff. Ganz eindeutig! Er kommt Dir nur nicht mehr so vor, weil durch die ständige, anbiedernde Benutzung von “Bürgerinnen und Bürger” das Sprachgefühl per Willensakt gebeugt ist. “Bürger” entspricht “Gast”. Bei “Gast” spüren wir den Fehler noch, bei “Bürger” nicht mehr.
Die Gender-Ideologie, und nichts anderes ist sie als eine Ideologie, geht davon aus, dass die Genera geschlechtlich sind, aber das sind sie eben nicht. Wenn sie das wären, hätten die Frauen echt Pech! Denn “Frau” kommt von “frouwe” und “frouwe” entspricht dem “Herren”. Deshalb heißt der Feiertag “Leichnam des Herren” auch “Frohnleichnam”.
Die Genera sind in der indogermanischen Sprache, die unserer Sprache zugrunde liegt, aus einer sprachlichen Notwendigkeit heraus entstanden, um syntaktischen (!) Sinn zu ergeben. Es ist komplett albern anzunehmen, dass sich die Menschen darüber Gedanken gemacht hätten, welches Geschlecht etwas hätte. Zumal sie sich ständig bei jedem Wort einigen müssten.
Das Maskulinum ist der Standardgenus, in das alles fällt, was nicht Verlauf oder Ergebnis eines Geschehens ist; auch, wenn diese Herkunft uns verborgen sein mag: Unser Sprachzentrum “weiß” das automatisch. So automatisch, wie der Darm verdaut. Denn Gehirnfunktionen sind Körperfunktionen und unterliegen damit evolutiven Prozessen.
Wir nennen “der” maskulin, “die” feminin und “das” weiblich. Würde Sprache sich um Genera scheren, müssten die Fragewörter dem entsprechen. “Wer” fragt aber nicht (!) nach den Männern sondern nach allen Personen! Das -er als Suffix ist kein (!) Zeichen des Maskulinum. Die weibliche Frage müsste, entsprechend dem “sie”, “wie” lauten. Gibt es aber nicht, ist vielmehr die Frage nach der Art und Weise.
Maskulinum, Femininum und Neutrum bezeichnen keine natürlichen Geschlechter. Die Tür ist keine Frau, und es gibt keinerlei Grund anzunehmen, dass sich die Indogermanen eine Frau vorstellten, als sie das Wort “dhwer” aus ihrer Vorgänger-Sprache entwickelten.
(Oh verdammt! Ich verfalle gerade in ein altes, überwunden geglaubtes Muster: Ich fange an, ausführlich zu debattieren. Schreiben wir es als vorübergehenden Rückfall ab, bitte!)
Mit Deinem Kommentar habe ich, abgesehen von dem schon Bemerkten, doch noch ein paar Probleme:
Aber vielen Dank: Hier zeigt sich wieder, dass man sich mit dem Sprachzentrum nicht anlegen kann, ohne unauflösliche Widersprüche zu erzeugen. Gendersprache ist nicht gleichzusetzen mit dem gerechtfertigten bewussten Änderungen im Sprachgebrauch (beispielsweise die Regionen südlich der Sahara nicht mehr als “Schwarzafrika” zu bezeichnen). Sprache ist eine evolutiv wachsende Eigenschaft des Körpers, nämlich des Gehirns. Und das “weiß”, warum die Straße weiblich ist, das Auto sächlich und der Idiot immer männlich. Es sei denn, die Geschlechtsmerkmale spielten irgendeine Rolle. Was sie beispielsweise bei einer Gabel oder einem Löffel selten tun.
Aber künftig rühre ich dann eben mit einer Löffelin in meiner Kaffeein, damit sich meine Kolleginnen inkludiert fühlen.
Dietmar, ich kenne dich hier nur als Stamm-Kommentatoren mit kurzen Kommentaren – gerade bist du ja wirklich on fire. Muss wohl nochmal alte Blogeinträge durchgehen und dein Gesamtwerk neu bewerten.
Bloß nicht!
Proletarierinnen und Proletarier … vereinigt euch!
Das kann tatsächlich sehr erbaulich sein. 🙂
“You’re a better man than I am, Gunga Din.”
Ich habe nach c.a. einem Drittel angewidert aufgehört, Wildschutzens Artikel zu lesen.
Aber er illustriert m.E. sehr schön den illiberalen, z.T. auch totalitären Zeitgeist, der Unterschiede und Diversität nur in einem sehr eng (und selbst-) definierten Rahmen ertragen kann.
Ein Grund, warum solche Debatten i.A. fruchtlos bleiben ist für mich, dass die Kämpfer für z.B. das Gendern sich um das Thema selbst eigentlich gar nicht scheren — sondern das nur als Aufhänger nehmen, um ihren Drang zur Simplifizierung einer unerträglich komplexen Welt auszuleben.
Wenn heute alle gendern würden, würden die jetzigen Verteidiger vermutlich zum grossen Teil ganz selbstverständlich vehement dagegen polemisieren …
PS:
”
Das sind keine Boomer, das sind Konservative. Beliebter Fehler.
”
Konservative lehnen Veränderung um der Veränderung willen ab, aber nicht absolut.
So hart es ist, Herr Dewi, auch Sie sind ein Konservativer.
“Herr Dewi, auch Sie sind ein Konservativer.” – das ist wahr. Und gar nicht hart.
Schöner könnten Sie sagen: Der Konservative will das Gute nur gegen das Bessere tauschen .
Ein Text mit berechtigter Kritik, aber ein Abschnitt missfällt mir (abgesehen von der generell etwas herablassenden Art):
“Mir wird gerade klar, dass es arrogant ist, immer zu denken, man sein gemeint, nur weil ein generisches Maskulinum verwendet wird. Ich z.B. habe das nie so empfunden.”
Diskriminierung funktioniert nicht so, dass ein Nicht-Diskriminierter sagt, er selbst empfinde etwas nicht als Diskriminierung. Es ist einzig und allein Sache der Betroffenen, das zu entscheiden! Das läuft leider immer wieder falsch. Letztens gab es Diskussionen darüber, ob eine Statue, die in Hamburg vorm Tierpark steht (Schwarzer sitzt auf Giraffe) rassistisch ist oder nicht. Und anstatt, dass irgendjemand auf die Idee kommt, die schwarze Community zu fragen, diskutieren lauter Weiße darüber, warum das rassistisch bzw. nicht rassistisch ist. Grundlegender, kapitaler Fehler, der immer wieder begangen wird!
Des Weiteren macht man es sich zu einfach, indem man so tut als wäre das generische Maskulinum neutral und meine alle. Ein Gedankenexperiment hilft hier weiter: nach vielen Jahrzehnten des generischen Maskulinums wäre es offensichtlich nur fair, jetzt mal für begrenzte Zeit (sagen wir 50 Jahre?) auf ein generisches Femininum zu wechseln. Und ich wette, das würde der Antigenderfraktion überhaupt nicht gefallen. Seid ehrlich, nur weil es eh nie passieren würde, braucht ihr jetzt nicht zu sagen das wäre ok…
“Es ist einzig und allein Sache der Betroffenen, das zu entscheiden!” – Irrtum. Ein beliebter.
Mit dieser Ansicht wird die Diskriminierung noch weiter zementiert, da Betroffene nicht mal mehr die Deutungshoheit über ihre eigenen Gefühle haben.
Siehe das Zitat von Fry oben. Was Diskriminierung ist, entscheidet der gesellschaftliche Konsens, nicht der Betroffene – Frauen entscheiden auch nicht was Vergewaltigung ist.
Das Zitat von Fry ist ohnehin daneben: “offended” = beleidigt.
Es ist Ihnen demnach egal, wenn Sie jemanden beleidigen?
Und Sie wollen hier anderen Autoren einen schlechten Umgang attestieren??
Und zu Diskriminierung als Beispiel Rassismus: Wenn Schwarze sagen, dass Tönnies sie letztes Jahr rassistisch beleidigt hat, warum haben sie dann Unrecht? Nur weil Sie persönlich (evtl. ohne weitere Vorbildung in dem Bereich) der Meinung sind, dass das kein Rassismus war?
So funktioniert es nicht.
Der Kommentar ist so ignorant, dass ich nur einmal versuchen werde, etwaige Missverständnisse aufzuklären – danach wird kommentarlos gelöscht.
“offended” = beleidigt. Nein, das greift zu kurz. Es ist eindeutig die empfundene Empörung gemeint. Und was hat Frys Zitat mit der Frage zu tun, ob es MIR egal ist, ob ich jemanden beleidige?
“Wenn Schwarze sagen, dass Tönnies sie letztes Jahr rassistisch beleidigt hat, warum haben sie dann Unrecht? ” – Recht haben sie, wenn es passiert ist. Unrecht, wenn es nicht passiert ist. Eigentlich nicht schwer. Und was hat das mit mir und diesem Text zu tun?
“So funktioniert es nicht.” – in der Tat.
Ich kenne die Umstände von Frys Zitat nicht, ich kann nur übersetzen, was oben steht. Und da Sie dieses Zitat in Ihren Artikel eingebunden haben und hier nochmal darauf verweisen, liegt natürlich der Schluss nahe, dass Sie es damit Ernst meinen. Und “offended” ist nunmal beleidigt. Wegen mir auch gekränkt, angegriffen, zu Nahe getreten.
“Was hat das mit mir zu tun?”
Sie schreiben, dass der gesellschaftliche Konsens entscheidet, was Diskrimierung ist. Demnach waren die Jim-Crow-Gesetze also nicht diskriminierend, da die Gesellschaft sie ja mehrheitlich unterstützt hat. Rechtlich gesehen war es so, aber um diese Ebene geht es ja hier nicht.
Zum Begriff “empfundene Empörung” – wie wirkt sich denn bei Ihnen eine Beleidigung aus? Empfinden Sie dann keine Empörung? Z.B. bei dem von Ihnen besprochenen Artikel. Vielleicht wars keine Empörung, aber etwas in dieser Richtung wird er doch ausgelöst haben, sonst hätten Sie den Ihren nicht verfasst.
Ich denke, das ist ein Stammtischniveau, auf dem ich so relevante Themen nicht diskutieren will. Sie sind auf Krawall aus, ich nicht.
@Sebastian Thiel: Wer sich beleidigt fühlt, hat nicht automatisch Recht. Wer am lautesten schreit, auch nicht. Deal with it.
Ja, mir ging der Hut hoch, nicht nach dem größtenteils vernünftig argumentierten Artikel, sondern nach Ihren Kommentaren hier. Fry kann es egal sein, ob sich jemand angegriffen fühlt. Ihnen vielleicht auch. Das ist aber keine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die ich mir wünschen würde.
Ja, solche Artikel wie von Wildschutz bringen uns auch nicht weiter.
Aber, auch @ Jake, wer sich beleidigt fühlt, fühlt sich aus einem bestimmten Grund beleidigt. Oder kommt Ihnen beim Morgenkaffee der Gedanke, dass Sie heute mal ganz spontan so richtig beleidigt durch die Gegend stapfen wollen? Das ist natürlich Unsinn. Es hat auch niemand was davon, einen Tönnies oder wen auch immer mal so richtig rund zu machen.
Wenn Sie nun schreiben: “Was Diskriminierung ist, entscheidet der gesellschaftliche Konsens, nicht der Betroffene”, dann möchte ich wirklich gerne wissen, was Ihnen zu meiner Frage mit den Jim-Crow-Gesetzen einfällt. Vielleicht trifft Ihr Satz nicht so vollumfänglich zu, wie er hier steht?
Sie verwechseln Recht und Gerechtigkeit. Auch das: nicht selten. Schwarze Nigger zu nennen, war lange Zeit gesellschaftlicher Konsens und damit rechtens. Dann haben die Schwarzen die Mehrheit überzeugt, dass das zwar rechtens, aber unrecht ist. In der Folge änderte sich der gesellschaftliche Konsens. So funktioniert das. Immer schon. Und ich gehe auf die Jim Crow-Gesetz aus dem selben Grund nicht ein, aus dem ich auf die Aussagen von Tönnies nicht eingehe: weil das rein gar nichts mit dem Thema hier zu tun hat.
Fry haben Sie übrigens auch falsch verstanden: Es geht darum, dass Empörung für sich genommen kein politischer Hebel ist. Empörung wohnt keine Macht inne, sie erhebt den einen Anspruch nicht über den anderen. Und ich habe für mich selbst entschieden, dass ich rationale Argumente für wichtiger halte als billige Empörung.
“Was Diskriminierung ist, entscheidet der gesellschaftliche Konsens, nicht der Betroffene”
Genau diese Meinung ist ein Grund dafür, warum es immer noch so viel Diskriminierung gibt. Was ist so schlimm daran, einfach mal den Betroffenen zuzuhören?
“Wenn Schwarze sagen, dass Tönnies sie letztes Jahr rassistisch beleidigt hat, warum haben sie dann Unrecht? ” – Recht haben sie, wenn es passiert ist.
Das funktioniert nicht, da “rassistisch beleidigt” subjektiv ist. Jeder Rassist wird es so darstellen, als habe Tönnies doch nur die Wahrheit gesagt und es mit den Einwohnerzahlen Afrikas belegen. Das ist demnach die denkbar schlechteste Art, eine Gesellschaft zu gestalten.
Diese Argumentation ergibt keinerlei Sinn. Wenn Rassismus subjektiv ist, dann kann in der Tat ein Schwarzer sagen, es sei Rassismus, und ein Weißer das verneinen – beide hätten dann Recht. Erst wenn es einen gesellschaftlichen Konsens gibt und Rassismus “rassenübergreifend” verbindlich definiert ist, kann man mit der Aussage “er hat hat mich rassistisch beleidigt” tatsächlich Recht haben. Weil es dann eben nicht mehr subjektiv ist. So, wie das Reinstecken meines Penis in eine unwillige Frau Vergewaltigung ist, ob ich das nun so sehen will oder nicht. Was aber eben nicht geht: dass die Frau subjektiv entscheidet, meine Frage nach der Uhrzeit sei eine Vergewaltigung. Betroffene sind per Definition die am wenigstens objektiven Beurteiler – und jede gesellschaftliche Änderung wurde von betroffenen Minderheiten nicht direkt durchgesetzt, sondern durch Überzeugung der nicht betroffenen Mehrheit. Das Recht der Frau auf eigene Kontoführung wurde ebenso mehrheitlich von Männern in Gesetz gegossen wie die Schwulenehe von Heten. Und ja, genau deshalb überlasse ich nicht den Betroffenen, ob etwas rassistisch oder sexistisch ist, sondern erwarte, dass man mich überzeugt.
Nein, ihr Vergleich ist einfach falsch: Vergewaltigung lässt sich klar abgrenzen und objektiv definieren, Beleidigung werden sie dagegen niemals objektiv beurteilbar machen können. Gehen sie doch einfach auf das Beispiel von Tönnies ein: aus welchen objektiven Regeln wollen sie ableiten, das seine Aussage rassistisch war? (Ich gehe mal davon aus und hoffe es sehr, dass sie nicht der Meinung sind, das wäre ok gewesen).
Faktentreue fällt schon mal weg, denn faktisch war nichts falsch.
Sie verstehen auf wirklich ALLEN Ebenen nicht, wovon ich spreche: wenn Vergewaltigung klar abgrenzbar wäre, hätte es z.B. den Kachelmann-Prozess nie gegeben. Und Hate Speech ist eine sehr klare auch rechtliche Definition von Rassismus. Auf das Beispiel von Tönnies gehe ich nicht ein, weil ich immer noch nicht einsehe, was das Thema Rassismus bei einem Wurstfabrikanten mit meiner Auseinandersetzung mit einem Artikel über Gendersprache zu tun hat. Ich erwarte von meinen Lesern, wenigstens in Sichtweite des Themas zu bleiben.
Kann ich ihnen sagen: indem wir feststellen, warum es sinnvoll ist bei Rassismus auf die Gefühle der Betroffenen einzugehen, können wir auf das Thema Gendersprache zurückkommen und feststellen, dass zumindest einige Frauen das generische Maskulinum als diskriminierend empfinden, sonst gäbe es ja keine Diskussionen ums Gendern.
Und daran schließt sich dann natürlich die Frage an, warum diese Frauen nicht gehört werden sollten. Es ist halt eine Frage des Respekts, ob man dafür, dass sich Menschen nicht mehr diskriminiert fühlen müssen, in Kauf nimmt ein paar Gewohnheiten zu ändern. Ich empfinde es als sehr festgefahren und egoistisch, das nicht zu tun.
Auf meinen entlarvenden Vorschlag vom generischen Femininum sind sie ja nicht eingegangen.
“Auf meinen entlarvenden Vorschlag vom generischen Femininum sind sie ja nicht eingegangen.” – richtig. So wenig, wie ich mir Sprache aufzwingen lasse, lasse ich mir Themen aufzwingen. Und “entlarvend”? Na na, da wollen wir den Wert des Vorschlags mal nicht gar so hoch hängen.
“Und daran schließt sich dann natürlich die Frage an, warum diese Frauen nicht gehört werden sollten.” – die werden gehört. Immer und permanent. Die Frage, ob sich 80 Millionen Menschen wegen einer nur sehr vage definierten Minderheit (es sind ja längst nicht alle Frauen für die Gendersprache) umstellen sollten, das wird hier und an anderer Stelle diskutiert. Meine Einstellung dazu habe ich klar gemacht.
Es ist natürlich sehr einfach, wenn man auf Gegenargumente nicht eingeht und sagt ich lasse mir keine Themen aufzwingen…
Der Vorschlag ist insofern entlarvend, als dass es erstens kein sinnvolles Argument gibt, warum ein generisches Maskulinum sinnvoller ist als ein g. Femininum, und zweitens es die Möglichkeit bietet, sich in die Situation der Betroffenen hineinzuversetzen.
Würde es ihnen gefallen, wenn ich sie permanent als Bloggerin anspreche, selbst wenn ich betone, dass ich es generisch verwende? Ich vermute Nein. Warum sollte es einer Frau dann gefallen, als Blogger angesprochen zu werden, auch wenn es als generisch gilt?
Übrigens: für jemanden, der betont, dass seine Leser nah am Thema bleiben sollen, ist der Sprung von Gendern zu Minderheiten-Diktaturen sehr beeindruckend.
Sie unterstellen sehr viel – ärgern Sie sich ruhig weiter, dass ich nicht über Ihr Stöckchen springe. Sie dürfen mich dafür auch gerne Blogger, Bloggerin, Bloggerinchen oder gar Bloggöse nennen.
Keine Sorge, ich ärgere mich nicht. Ich finde es einfach nur traurig, wie jemand, der einen größtenteils sinnvollen und m.E. bis auf die von mir erwähnten Stellen auch konstruktiven Blogeintrag schreibt in der Kommentarspalte so dünnhäutig sein kann und so wenig Kritik verträgt. So schlecht der von ihnen kritisierte Artikel auch sein mag, in einem hat er Recht: einige Leute sind unfähig und unwillens, sich auf kleinste Veränderungen einzulassen, um anderen Menschen Leid/Frust zu ersparen. Ich finde das sehr schade.
Und einige Leute sind notorische Besserwisser, die sich gerne über andere erheben, ohne das nötige Rüstzeug mitzubringen. Jeder trägt sein Päckchen.
Hmmm, ist mit dem nötigen Rüstzeug die Fähigkeit gemeint, als Erster vom Thema Gendern auf Vergewaltigungen zu kommen und dann, wenn jemand als Beispiel Rassismus ins Spiel bringt, ihm vorzuwerfen, nicht beim Thema zu bleiben?
Oder ist damit gemeint, jemandem grundlos vorzuwerfen, er würde sich über andere erheben?
Ich denke hier ist alles gesagt, jedes weitere Wort ist verschwendete Zeit, ich bin raus hier.
Tschö mit ö.
Oh, der Tim ist wohl schon weg? Schade, ich hätte ihm gerne noch mitgeteilt, dass viele Farbige sich beleidigt fühlen, wenn er sie als “Schwarze” bezeichnet, so wie sich auch viele Schwarze beleidigt fühlen, wenn sie “Farbige” genannt werden, und ihn gefragt, wie er da jetzt rauskommen will.
Ja, damit bin ich auch schon im Netz, wo sonst, auf die Klappe gefallen. Man ist automatisch der Verlierer. Auch wenn man das Richtige meint.
Das ist halt das Grundproblem – es wird immer unterstellt, dass man das schlecht Möglichste meint. Was falsch ausgelegt werden kann, wird falsch ausgelegt. Im Zweifelsfall für den (nicht mal) Angeklagte gilt im sozialen Umgang nicht mehr.
Dafür gibt es sogar zwei sinnvolle Argumente:
Das, was Sie als generisches Maskulinum fassen, hat sich historisch als neutrale Grundform entwickelt und wird daher auch als solche verstanden. Für Ihr “generisches Femininum” gilt das demgegenüber nicht.
Und der Grund dafür ist einigermaßen naheliegend: Sprache ist ein Gebrauchswerkzeug. Daher werden kurze, möglichst einfache Formen in der Schrift- wie der gesprochenen Sprache bevorzugt. “Ärzte” ist kürzer als “Ärztinnen” und sehr viel leichter zu erfassen – und zu sprechen – als “ÄrztInnen”, “Ärzt*innen”, “Ärzt_innen”, “Ärzt:innen” oder “Ärztïnnen” (wenn wir mal davon absehen, dass diese Formen nicht “gendersensibel” sind, sondern in der Schreibung dem Femininum ähneln und ihm in der Aussprache – je nachdem, wie schnell gesprochen wird – entsprechen).
Dass glauben siue nur solange bis ich ihnen erkläre das es beleidigend ist einem Mann nicht mit Kniefall zu Grüssen. Müssen sie auch nicht verstehen wieso ich das beleidigend finde, nach ihrer Systematik reicht es das ich das so empfinde. Ich bin betroffen, ich darf entscheiden, sie haben zu schweigen und zu knien.
Oder aber: Gesellschaft funktioniert nur über gemeinsame Standards und die können nur funktoinieren wenn sie auch allen klar und verständlich sind und von allen akzeptiert werden. Das heeisst sie müssen ausgehandelt werden und nciht von einzelenen beschlossen. Glauben sie das nciht knien sie lieber, sie könnten mich treffen und Beleidigen, das möchten sie doch nicht.
Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich hier einmische.
Der Vorschlag “Wie würden Sie sich fühlen, wenn auf einmal auf generisches Femininum umgestellt werden würde?” gehört zum Standardrepertoire in intersektionalistischen Diskussionen (Schwerpunkt Frauen). Es gibt tatsächlich einen Grund, der gegen eine solche Umstellung spräche, das ist der grundlegende Aufbau von Wörtern. Ein Wort, dass aus einem Wortstamm besteht, der verlängert wurde, trägt die Bedeutung des Wortstammes, aus dem es hervorgegangen ist, noch in sich und bezieht sich auf ihn. Den Begriff “Schüler” pauschal durch “Schülerin” zu ersetzen, bräche diese Regel und würde deshalb zu Komplikationen führen, die mir schwerwiegender scheinen als der Nutzen dieser Maßnahme.
Wenn aber dadurch solche Unsinnkonstruktionen wie Bürger*innenmeister*innen vermieden werden können, könnten wir uns gerne darauf einigen, nur noch weibliche Generika zu verwenden, im Sinne von alle Funktionsbezeichnungen haben weiblichen Genus (z.B. “die Schüler”). Dann klänge ich beim Sprechen wie ein Franzose, das wäre doch charmant. Und die weiblichen Formen streichen wir alle.
Noch besser wäre allerdings der kleinen, aber lautstarken Minderheit, die noch nicht weiß, das im Deutschen der Genus ungleich dem Sexus ist, diesen Sachverhalt zu erklären, anstatt mit dem Impetus der moralischen Überlegenheit von der Mehrheit Veränderung zu fordern. Das wäre günstiger und weniger anmaßend. Dieses “Mach was ich will, sonst bist Du ein Nazi!” ist einigermaßen infantil und wir sollten, US-amerikanischen Intersektionalismus hin oder her, dieser Denkweise bei uns außerhalb des Kindergartens auch weiterhin keinen Raum geben.
Das Problem ist doch, dass der gesellschaftliche Konsens nicht objektiv ist. Es ist richtig, dass es eine übergreifende Norm geben muss, aber wer sagt, dass der Konsens hinreicht, um einer Norm Gültigkeit zu verleihen? Beispiele für unmoralischen Konsens in der Geschichte gibt es ja zuhauf.
Absolut. Das System ist immer im Fluss. Und jede Gerechtigkeit erzeugt Ungerechtigkeiten. Aber ich lebe lieber in einer Gesellschaft, in der sich die Mehrheit müht, auch allen Minderheiten gerecht zu werden, als in einer Gesellschaft, in der Minderheiten in der Lage sind, die Mehrheiten zu kontrollieren. Fast alle Diktaturen der Weltgeschichte waren Diktaturen der Wenigen über die Vielen, nicht umgekehrt.
“Aber ich lebe lieber in einer Gesellschaft, in der sich die Mehrheit müht, auch allen Minderheiten gerecht zu werden, als in einer Gesellschaft, in der Minderheiten in der Lage sind, die Mehrheiten zu kontrollieren.”
Mal ernsthaft, wo sehen Sie bitte in Deutschland eine Minderheit, die die Mehrheit kontrolliert? Es gibt teilweise viel Theater, aber jede*r kann sich immernoch öffentlich äußern. Auch einem Tichy wird seine Seite nicht gesperrt.
Und Stichwort Mehrheit: Das sind ja die Frauen! Also sollten wir zum generischen Feminum wechseln? 😉
“Mal ernsthaft, wo sehen Sie bitte in Deutschland eine Minderheit, die die Mehrheit kontrolliert? Es gibt teilweise viel Theater, aber jede*r kann sich immernoch öffentlich äußern. ” – eben. Tolles Land, oder?
Rassismus ist objektiv wahrnehmbar, auch durch Weiße. Subjektiv ist nur die Empfindung, die dann eben Schwarze haben und Weiße nicht.
Das die juristischen Änderungen durch die Mehrheitsgesellschaft durchgesetzt werden, ist in einer Demokratie ja notwendig. Und dass die Vergewaltigung in einer Ehe juristisch erst in den 90ern akzeptiert wurde, erscheint heute lächerlich, wurde damals aber auch argumentativ bekämpft. Selbst Vergewaltigungen sind demnach nicht eindeutig, “0” oder “1”, ja oder nein. Das gilt natürlich erst Recht für Beleidigungen.
Argumente in Bezug auf Rassismus, auch in Deutschland, bekommen Sie z.B. von Noah Sow, Alice Hasters oder Tupoka Ogette.
“Argumente in Bezug auf Rassismus, auch in Deutschland, bekommen Sie z.B. von” – ich sehe da bei mir keine Defizite. Abgesehen davon, dass es in diesem Beitrag immer noch nicht um Rassismus geht.
“Abgesehen davon, dass es in diesem Beitrag immer noch nicht um Rassismus geht. “
Deshalb wollte ich die Argumente auch nicht ausführen, sondern weiter verweisen.
Und Sie sehen den Tatbestand der Diskriminierung scheinbar erst dann als erfüllt an, wenn dieser gesellschaftliche Konsens erreicht wurde. Wobei es hier nicht immer eine klare Linie gibt, etwa in Form eines Gesetzes, sondern eher auch so ein “Gefühl”, dass z.B. keiner mehr “Neger” hören möchte, dass also die Mehrheit das akzeptiert hätte. Vielleicht ist das auch ein Merkmal eines Konservativen.
“Und Sie sehen den Tatbestand der Diskriminierung scheinbar erst dann als erfüllt an, wenn dieser gesellschaftliche Konsens erreicht wurde. ” – Sie sollten wirklich aufhören, auf mich zu projizieren. Sie liegen notorisch daneben.
“Informed consent”…
“…abgesehen von der generell etwas herablassenden Art” Und – schwupps – Das Lesen Deiner Kommentare eingestellt. Weil: Nachtigall, ick hör´ dir trapsen.
Es ist Sache der Betroffenen, zu entscheiden, wie sie etwas empfinden. Und es ist Sache der Nichtbetroffenen, zu entscheiden, wie sie etwas empfinden. Wobei in Ihrem Beispiel keineswegs klar ist, wer von der Frage “betroffen” ist.
Wichtig ist aber, dass subjektive Empfindungen keine objektiven Fakten schaffen. Ob ein Verhalten beleidigend, rassistisch, diskriminierend ist, hängt nicht davon ab, ob es jemand so empfindet.
Meinungen sind keine Tatsachen.
Ich halte es da eher wie FFF in Bezug auf den Klimawandel: Unite behind the science. Und da muss ich leider sagen, dass Hr. Wildschutz wohl näher am aktuellen Wissenschaft der Linguistik ist, als Ihre Replik. Sehr schade finde ich, dass hier ja auch jegliche substantielle Auseinandersetzung mit geschlechtergerechter Sprache direkt abgeblockt (sei ja alles nur “alte Leier”). Insofern ist diese Replik keinen Deut besser, als der kritisierte Artikel und läuft damit ins Leere.
Kann das Karussel der Nichtigkeit dann bitte an dieser Stelle gestoppt und endlich wieder inhaltlich diskutiert werden? An diesem Punkt stimme ich Hr. Wildschutz ebenfalls zu: Außer “sieht scheiße aus”, “ist kompliziert” und “hat man halt immer so gemacht” habe ich selten tiefergreifende Argumente gegen geschlechtergerechte Sprache gelesen.
Ich habe mich in wenigen Wochen problemlos an das Lesen geschlechtergerechter Sprache gewöhnt und es hat gar nicht wehgetan. Fällt aber wahrscheinlich Leuten über 30 schwerer sich an neue Dinge zu gewöhnen, kann ich schon verstehen.
Sind Sie SICHER, nicht Herr Wildschutz zu sein? Weil ich hier auch nur wieder Behauptungen lese, keine Argument finde außer dem, dass man doch eigentlich kein Argument mehr brauche – und dann wieder der alberne Verweis auf das Alter. Ja ja, die Jugend von heute, sie hat fürwahr Tomaten auf den Ohren.
Das heißt Bohnen in den Ohren – die Tomaten hat man auf den Augen. Ansonsten d’accord. Was ich hier mitnehme ist die Tatsache, dass es Themen gibt, die so ideologisch überfrachtet sind, dass mit dem Austausch von Argumenten kein Konsens erzielt werden kann. Gegenseitiger Respekt sollte aber gegeben sein, und den hat der behandelte Meedia-Beitrag doch arg vermissen lassen.
Das mit den Tomaten war ein Scherz – mag manchmal durch den Rost fallen, weil ich prinzipiell keine Emoji verwende.
Gib nicht auf! Man darf eben nicht zu früh das Kind ins Korn werfen.
Herr Wildschutz darf meinetwegen gendern bis er schwarz wird, das ist sein gutes Recht, das ihm hier ja auch niemand abgestritten hat. Genau so nehme ich für mich das Recht in Anspruch, so zu denken, zu reden und zu schreiben, wie ich es für richtig halte. Und das geht völlig ohne gendern. Sprache und Denken gehört halt zusammen und das Denken lasse ich mir weder verbieten noch vorschreiben .
Jetzt bin ich aber doch gespannt, wieso Wortvogel auf einen inhaltslosen, logisch widersprüchlichen und beleidigenden Kommentar, der nichts sagt, außer “Ich habe recht, stimmt ihr renitenten alten Dummköpfe mir doch endlich zu” mit einer substantiellen Auseinandersetzung geschlechtergerechter Sprache reagieren soll.
Er hat das getan, was man öfters tun sollte: Laut sagen, dass Wildschutz keinen Debattenbeitrag geliefert hat.
Der zweite Teil (ab “Kann das…”) ist dann das, was Wildschutz schon tut und noch mal in Kurzform: Diese Ihre Auflistung von Behauptungen, Unterstellungen und Beleidigungen ist kein Debattenbeitrag, sondern eine weitere Umdrehung dessen, was Sie “Karussell der Nichtigkeit” nennen. Fangen Sie mit dem an, was Sie fordern: Inhaltlich diskutieren, dann gibt es hier (Wortvogel an vorderster Stelle) bestimmt Dutzende, die das mit Ihnen machen würden und wollen.
“…dass Hr. Wildschutz wohl näher am aktuellen Wissenschaft der Linguistik ist…” Naja, dieser Satz von Dir ist ja schon mal nicht nahe dran, aber gut…
Nein, Wildschutz ist so weit von Linguistik entfernt, dass sie hinter dem Horizont verschwindet: Er hat nicht ein einziges linguistisches Argument, außer, dass das Standardgenus “männlich” genannt wird. Und das ist eine etwa 3.000 Jahre alte philosophische Kategorisierung aus Griechenland, mindestens 7.000 Jahre nach Entstehung der Genera, denn ob die Vorläufersprachen des Indogermanischen Genera verwendeten, kann man nicht sicher sagen. Die ältesten Wörter des Indogermanischen enden auf -er. Man kann sicher sagen, dass diese Wörter bereits unsere heutigen Genera besaßen. Beispiele seien der Vater, die Mutter, die Schwester, der Bruder, das Feuer, das Wasser. Sieht ja ganz gut aus, nicht wahr? Wären da nicht solche Sachen wie die Leber. Weiblich, aber keinerlei Geschlechtsmerkmale. Eine Göttin der Leber gab es auch nie. Wie kommt so etwas? Daher, dass Feminina nicht nur “weiblich” sind, sondern vor allem auch eine syntaktische Funktion haben. Eine Leber tut nichts, außer herumglibbern und lecker schmecken, wenn man sie gut zubereitet. “Leber” und “Lippe” sind ursprünglich dasselbe Wort und, man staunt und staunt, auch die Lippe ist nach Deinem Verständnis eine Frau.
Jetzt gibt es genau zwei Möglichkeiten:
Es gibt da so einen schönen wissenschaftlichen Grundsatz (und ja: Linguistik ist eine Wissenschaft, und maße Dir ja nicht an, sie dem Schmierfinken der ursprünglichen Streitschrift zuzuordnen!), den man Ockhams Rasiermesser nennt…
Aber die Genderidiologen sind zu eingefahren auf ihre Politisierung der Sprache.
Danke.
Lust diese Diskussion mal einen durchschnittlichen Arbeiter oder eine durchschnittliche Arbeiterinnen bei Bosch lesen: die fragt sich, die Leute hier einen Psychiater brauchen.
Ich empfinde es als übergriffig und anmassend, wenn mir jemand vorschreiben will, wie ich zu sprechen habe. Ich meine damit nicht eine abschätzige Wortwahl und abschätzige, beleidigende Bezeichnungen, sondern den Eingriff in die Struktur der Sprache.
Das Gendern wurde ausgedacht, um eine politische Botschaft zu transportieren. Die erzwungene Verwendung des Genderns ist der symbolische Kotau vor den Fanatikern einer Ideologie, deren Ziel es ist, ihre Ideologie sicht- und hörbar in der Sprache zu verankern.
Nicht ich bin es, der ihnen ihren Sprachgebrauch vorschreibt – sie dürfen gendern, so viel sie wollen – sondern sie sind es, die mir Ausdrucksformen aufzwingen wollen, die meinem Sprachgefühl widersprechen. Das Gendern ist kein natürlich gewachsener Sprachgebrauch, sondern etwas Ausgedachtes, was ideologischen Vorgaben genügen soll.
Gegenderte Texte sind ausnahmslos sexistisch. Spricht man von Ärzten geht es um Medizin, bei Anwälten um Rechtsprechung, bei Piloten ums Fliegen, unabängig, ob sich um Männer oder Frauen handelt. Bei Ärzt*innen, Anwält*innen, Pilot*innen geht es um das Geschlecht, bei dem Frauen besonders betont werden. Gendergerechtigkeit heißt aber Genderneutralität, und das kann die ganze Verzierung mit Binnen-Is, Sternchen und Doppelpunkten nicht herstellen.
Einen gewissen Vorteil der Genderei ist aber nicht zu unterschätzen: auf den ersten Blick ist erkennbar, ob es sich um einen lesenswerten Test handelt oder nicht.
Mein persönliches Problem bei einem Zwang zum Gendern: dadurch wird man gezwungen, immer und überall “Geschlecht” mitzudenken.
D.h es wird mir die Möglichkeit genommen, auszudrücken, dass das Geschlecht gerade irrelevant ist.
Das Problem hier im Deutschen ist, dass man für die 3 Kategorien “geschlechtsübergreifend bzw nicht ausgedrückt”, “männlich” und “weiblich” nur zwei Formen hat: z.B “Arzt” und “Ärztin”.
Eigentlich bräuchte man einen speziellen “Marker” für “männlich”, sowas wie einen “Ärzterich”.
Andererseits:
Wenn die Genderisten recht hätten, würde bei “einer Fachkraft für Bergbau” (zB) niemand an einen Mann denken, weil es ja “die Fachkraft” ist. Genauso denkt natürlich niemand, dass mit “einer Person” auch ein Mann gemeint sein könnte, oder?
Zum Thema: Sprache und Bewusstsein: mMn beeinflussen sich beide gegenseitig je nach Situation, es gibt da kein entweder – oder (das genauer auszuführen lass ich allerdings sein, sonst wird der Kommentar zu lang)
PS: 61, weiss, männlich 😉
Es ist schon aberwitzig: Was, wenn nicht die geistige Grundlage des Gendersprechens wurde von Babyboomern in den 1980ern entwickelt und wer will bis heute partout nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Genusforschung heute .. etwas weiter ist als die Grammatik der Antike?
Vielleicht haben die Babyboomer seit den 80ern erkannt, dass ein derart radikaler Umbau der Sprache eben nicht hilfreich ist?
Ich meinte: Es waren “Babyboomer”, die die Gendersprache erfunden haben und es waren und sind “Babyboomer”, die sie maßgeblich vorantreiben. Und diese Teilgruppe der “Babyboomer” weigert sich beharrlich zur Kenntnis zu nehmen, dass es neuere Ansätze in der Genusforschung gibt – weil sie ihre Ansichten seit den 1980ern nicht weiterentwickelt haben. Die Stereotypisierungen, die Herr Wildschutz zu Babyboomern anstellt, fallen also auf ihn selbst zurück.
Aber ja: Ich bin selber Babyboomer und kenne die Debatte seit den 1980ern. Da gab es immer wieder Phasen, in denen die Sau mal wieder recht erfolglos durchs Dorf getrieben wurde. Bis man in den 1990ern erkannt hat, dass das Ganze linguistischer Unfug und eine Sprachqual ist. Und gerade auch im Sinne von Feminismus nur kontraproduktiv ist.
Jetzt taucht die ganze Debatte wieder auf, und fällt zurück auf den Stand der 1980er.
“Es ist das alte und immer noch (in meinen Augen) falsche Argument: das generische Maskulinum ist inklusiv, es nennt eben nicht nur die Männer.” Wie ich mich immer freue, wenn ich bei Dir etwas lese, das so grundrichtig ist, hat irgendwie etwas Pathologisches. 🙂 Aber ich bin mit Lesen noch nicht durch. Wollte ich nur loswerden.
Das Thema brennt mir doch auf den Nägeln. Also noch vor dem vollständigen Gelesen-Haben:
Im Urindogermanischen gab es keinen bestimmten Artikel (der, die, das). Wie es beispielsweise das Latein beibehielt, erfüllten beugende Anhänge am Wort die erforderlichen Funktionen. Hier gab es zunächst genau zwei Formen von Nomina: Dinge, die Subjekt eines Satzes sein konnten, und Dinge, die das nicht sein konnten. Dinge, die nicht Subjekt eines Satzes sein konnten, waren Dinge, die selbst nichts tun konnten, sondern mit denen etwas getan wird oder eine Entwicklung oder Verlauf abbildeten. Subjekte eines Satzes fielen in das Standard-Genus. Dieses Standard-Genus wird heute “maskulin” genannt.
Es wird also unterstellt, dass da Männer dachten, hey, alles ist männlich! Wir sind viel toller als Frauen und ihnen überlegen! Und dann sind sie sich einig geworden, bei jedem neuen Wort sofort und ohne Internet, was männlich, weiblich und sächlich wäre. So funktioniert Sprache aber nicht. Auch diese Menschen haben wie wir ein Sprachzentrum ererbt, das funktioniert, ohne dass wir echten Einblick hätten, wie.
Das Sprachzentrum selbst hat keine Vorstellung von Mann und Frau. Das ist ihm komplett egal. Das Sprachzentrum regelt Sprache, nicht Gesellschaft oder Sex. Das Sprachzentrum arbeitet im Unbewussten. Wir haben deshalb ein Sprach-Gefühl. Niemand denkt beim Sprechen oder Schreiben aktiv ständig über Deklination, Konjugation etc. nach. Das ist ein deskriptives Verfahren, das seinen Sinn haben kann, wenn man jemanden in Fremdsprachen unterrichtet. Sprache selbst findet aber auf einer ähnlichen Ebene wie das Atmen, das man ja auch willentlich in gewissem Rahmen steuern und bewusst ausführen kann, automatisiert statt.
Das, was wir heute “Maskulinum” nennen, ist dieses alte Subjekt. Es ist das, was etwas tut. Deshalb ist das weibliche Geschlechtsorgan im Kamasutra, yónis, der (!) yónis. Grammatikalisch ist das Geschlechtsorgan der Frau im Sanskrit “männlich”. Als indogermanische Sprache hat diese unsere Genera. Yónis ist der “Halter” beim Akt und während der Schwangerschaft. Warum ist in unserer Sprache die Scheide weiblich? Die Wasserscheide ist auch weiblich, denn da wird Wasser voneinander geschieden. Feminina sind wie Neutra Worte, die einen Verlauf oder das Ergebnis eines Ereignisses darstellen, oder aufgrund ihrer Endung vom Sprachgefühl her in diese Kategorie fallen. Das Mädchen ist keine Sache, die Nase ist so wenig weiblich wie die Gabel. Feminina sind nur dann “weiblich”, wenn sie sich ausdrücklich auf Weiblichkeit beziehen.
Mich nervt deshalb ein wenig das “Der” vor “Virus”. Virus ist ein Wort aus dem Lateinischen. Der Lateiner oder der gebildet scheinen Wollende weiß, dass Virus im Lateinischen ein Neutrum ist. Das ist es, weil es den Verlauf von Vergiftung und Schleimen beschreibt. Für uns fällt es im Sprachgefühl in den Standardgenus, den wir leider “männlich” nennen. “Der Virus” sagt man aus vernünftigem Sprachgefühl. “Das Virus” sagt man, weil man Bildung zeigen will oder weil es jetzt eine gesellschaftliche Norm ist.
Zum Beispiel heißt es “der Tempel”, nicht “das Tempel”. Das ist genau wie mit “Virus”: templum steht in Latein für “Abstecken, Abzirkeln, Abgrenzen” und ist ein Neutrum. Diese Vorstellung haben wir aber nicht. Wir sind keine Lateiner und unser Sprachzentrum erkennt die Tätigkeit dahinter nicht wie in “das Laufen”. Und, plumps, fällt “Tempel” in den Standardgenus. Zu recht. Wer jetzt käme und erzählen wollte, es müsse “das Tempel” heißen, ist jemand, der beim Schulsport immer als letzter gewählt und zu keiner Party eingeladen wurde. Zu recht.
Es war es eine Idee der klassischen Antike, die Genera in männlich, weiblich und sächlich einzuteilen. Alles deutet darauf hin, dass die Vorstellungen zur Zeit, als urindogermanisch gesprochen worden ist, anders waren: Man (kommt aus dem gleichen Wortstamm wie homo und Mensch, der sich auf die Erde bezieht) sah sich als Bewohner der Erde im Gegensatz zu den Göttern, die keine “Erdlinge”, kein Homo, kein Mann, kein Mensch waren.
“Damen und Herren” bezeichnet ausdrücklich das Geschlecht. “Bürger” ist der Oberbegriff für alle (!) in der Gemeinde mit Bürgerrechten ausgestatteten Bewohner. Das schließt die Frauen ein. Ebenso wie alle Blauäugigen, Krummbeinigen, Nasepopelnden etc. Man muss die nicht erwähnen, sie gehören dazu. Sprachlich müssten deshalb zuerst “Bürger” und dann “Bürgerinnen” als Bestandteil der Bürger genannt werden, wenn sie besonders erwähnt werden sollen. Das sagt unser Sprachzentrum, wenn es nicht vom Ideologen und seine Idiotie dauerbelästigt wird. Durchgesetzt hat sich jetzt aber “Bürgerinnen und Bürger”. “Gast” ist ein eben solcher Oberbegriff, der aber noch nicht so verwurstet wurde und deshalb vielleicht eindeutiger fühlen lässt, wie unsinnig dieser Quatsch ist. Aber irgendwann, befürchte ich, kommt “Gästinnen und Gast”; und das meine ich ernst.
Wir müssen in Unterrichtsentwürfen “Schülerinnen und Schüler” schreiben und kürzen das mit “SuS” ab. Tun wir das nicht, und schreiben vielleicht auch als Abkürzung nur “S”, woran man ja nun wirklich nicht erkennen kann, ob ein weibliches oder männliches “S” gemeint ist, unterdrücken wir die Mädchen und werden gerügt! Oder gewürgt. Das weiß ich nicht so genau.
Dieses Konzept geht davon aus, dass die Wortendung -er (hier bei “Schüler”) Männlichkeit andeutet, -in (hier bei “Schülerin”) Weiblichkeit. Dummerweise ist aber auch in “Schülerin” das -er enthalten. Die “gendergerechte Sprache” geht also davon aus, dass ein “männliches” Wort durch eine angehängte Endung weiblich wird. Das Wort bleibt aber das Wort und das Sprachzentrum kennt kein Geschlecht. Nur die Bedeutung (!) wird auf den weiblichen Anteil spezifiziert, aber nicht das Wort geändert. “Schüler” ist 1. der Oberbegriff für alle, die beschult werden, und 2. bleibt dieses Wort im Standardgenus, auch wenn es die sprachliche Konkretisierung auf die weiblichen Schüler mit dem Wort “Schülerin” gibt.
Würden die Endungen so funktionieren, wie es die “gendergerechte Sprache” gerne hätte, müsste es “Schüler” für die männlichen und “Schülin” für die weiblichen Schüler heißen. Tut es aber nicht, wie wir alle wissen.
Sprache funktioniert eben nicht so, wie es die Ideologen gerne hätten.
Mir geht die “gendergerechte Sprache” (seit mindestens 10.000 Jahren waren unsere Sprachfamilien dann wohl genderungerecht und die Frauen waren, seit sich die Kasus in der Sprache entwickelten, unfähig, sprachlich gegenzusteuern; aber die waren ja auch nicht so tough und aufgeklärt wie die heutigen Genderkriegerinnen…) auf den Keks. Gewaltig.
Danke für diese Ausführung. Hab was gelernt.
@Nick ua: Das ist das, was mich auch wundert. Wir waren doch schon einmal weiter. Die grammatischen “Geschlechter” im Deutschen als männlich, weiblich, und sachlich zu bezeichnen ist im Wesentlichen eine Erfindung des 19. Jhd. und inhaltlich unzutreffend, das ist eigentlich längst bekannt. Das angeblich männliche Geschlecht ist das in allen indogermanichen Sprachen existierende geschlechtslose Standardgenus (Vermeidung von Zuordnungsfehlern bei Wortneuschöpfungen, im Zweifel -> Standardgenus) und hat mit biologischer Männlichkeit nicht das Geringste zu tun. Erst durch das in wenigen Fällen auf das biologische Geschlecht verweisende Femininum ist es überhaupt möglich, eine Dichotomie zum Standardgenus zu konstruieren (“liebe Bürger und Bürgerinnen”), was aber sprachhistorisch wie auch allgemeinsprachlich falsch ist.
Bürger ist kein “generisches Maskulinum”, das ist gleich doppelt falsch: erstens, weil es kein Maskulinum, sondern geschlechtsloses Standardgenus ist, und zweitens, weil der Begriff aus dem Englischen entlehnt ist (“generic masculine”), in dem es bekanntlich keine allgemeine *innen-Endung gibt und deshalb vom generischen Maskulinum gesprochen wird, eine Ausgangslage, die im Deutschen gerade nicht zutrifft.
Die metaphorische Nomenklatur als männlich/weiblich/sachlich, jedenfalls die als männlich, sollte eigentlich aufgegeben werden, da hätte man schon rein sprachlich eine deutliche Präzisierung der Begriffe. Im Übrigen müssten das gerade die Proponenten der gendersensiblen Sprache begrüßen, ist doch ein wesentlicher Pfeiler ihres Denkgebäudes die Hypothese, dass ausnahmslos Sprache das Bewusstsein schafft und nicht umgekehrt.
Erst durch den seit ein paar Jahren wieder zunehmenden politischen Sprachaktivismus fangen Leute nun an, ihren natürlichen Sprachgebrauch mit Gender-Sprache zu überschreiben (das ist ja eine bewusst gewählte Intervention) und sind in der Folge davon überzeugt, die Sprache sei geschlechtlich dichotom – was sie aber nicht ist und nie war.
Auch die zweite Grundannahme der Sprachaktivisten, dass jedenfalls Studien für den Alltagsgebrauch der Sprache deren tiefe Diskriminierungsproblematik bewiesen hätten, wird zwar gern bis zum Erbrechen wiederholt, ist aber nicht wahr. Die Studien die es gibt, und es sind bei Weitem nicht so viele, wie man angesichts der Allgegenwärtigkeit dieses Arguments denken könnte, haben ganz sicher nicht im Entferntesten einen wissenschaftlichen Konsens zu diesen Fragen etabliert. Zumal es offensichtlichste Gegenbeispiele gibt.
Erwähnt wurde ja schon, dass zB das Türkische keine grammatischen Geschlechter kennt (bzw. nur eines). Nach der Theorie der bewusstseinsschaffenden Sprachdiskriminierung müsste es sich in solchen Fällen bzgl. des Zusammenlebens der Geschlechter um sehr gleichberechtigte Länder handeln. Tja nun, die Türkei. Alles klar. Dagegen benutzt zB das Isländische ausschließlich das “maskuline” Standardgenus für allgemeine (Berufs-)Bezeichnungen, und schafft es trotzdem regelmäßig auf Spitzenplätze in Gender Equality Indizes.
Es stimmt auch nicht, dass ein durchschnittlicher Deutsch-Sprecher bei “eine Gruppe Lehrer stand vor der Schule”, “liebe Autofahrer, bitte schnallen Sie sich an!” oder “alle Studenten bitte kurz noch im Hörsaal bleiben” nur an Männer denken würde. Eine breit anerkannte Studie, die explizit diese (oft behauptete) Hypothese nachgewiesen hätte, gibt es nicht. Und da das sog. Maskulinum das geschlechtlose Standardgenus ist, werden Frauen auch nicht “mitgemeint”, sondern genauso gemeint oder nicht gemeint wie Männer.
Linguistisch wird umgekehrt ein Schuh daraus: es gibt nur ein biologisches Geschlecht, das von der deutschen Sprechgemeinschaft eine gesonderte, explizite grammatische Ansprache spendiert bekommen hat: die Frauen. Klarer Fall: benevolenter Sexismus!
Nicht, weil ich Deiner Meinung bin: Kommentare wie Deiner hier steigern für mich den Wert dieses Blogs noch zusätzlich.
Sie sagen es!
Was das Denken insbesondere prägt ist das irreführende, antike Metawissen über die Sprache. Wenn wir diese Nomenklatur in der Schule lernen ist es kein Wunder, dass Viele denken “der Bäcker” sei die “männliche Form” – als Pendant zur movierten Form (“die Bäckerin”).
Die Movierung halte ich, in den allermeisten Anwendungsfällen, für eine rein grammatische Angelegenheit. Sie kommt meistens dann zum Einsatz, wenn wir sonst aufgrund der Kongruenzregel in die Verlegenheit kämen, uns im nächsten Satz mit einem falschen Pronomen auf eine konkrete(!) weibliche Person zu beziehen. (“Der Lehrer meiner Tochter nimmt ihren Beruf ernst” -> der Beruf meiner Tochter??)
Es geht dabei in aller Regel nicht um die Mitteilung des Geschlechtes, es bringt einfach nur sprachökonomische Vorteile, wenn wir – für Belebtes ebenso wie für Unbelebtes – regelhaft unterschiedliche Pronomen in der 3. Person Singular haben. Und nur dort haben wir sie!
Man muss das falsche Metawissen ent-lernen: “Der Bäcker” beinhaltet keine Aussage über das Geschlecht des Bäckers. “Die Person” ja auch nicht.
Liebe Feministinnen: Nehmt doch lieber den phösen Männern ihr angebliches Maskulinum weg, anstatt es ihnen erst zuzuschreiben! Auf den Gedanken, dass das Patriarchat in der Antike und im Biedermeier den Defaultgenus erst als männlich reklamiert hat kommt ihr nicht?
Sehr gute und richtige Beiträge, ich bin beeindruckt bis begeistert. Nick: Im Kern sind wir damit auch wieder bei meiner Aussage
“Jeder weiß, dass das generische Maskulinum (…) keine Reduzierung der Ansprache auf ein Geschlecht bedeutet.”
Es ist eine Entscheidung, es dergestalt zu interpretieren und sich davon angegriffen oder zurückgesetzt zu fühlen.
@Luc 26. September, 2020 22:58:
Diese Beobachtung ist richtig. Der politische Sprachaktivismus produziert hier einem eklatanten inneren Widerspruch mit anderen Intervention bzw. Theorien, die in der kurzen Formulierung als “Geschlecht ist sozial konstruiert” ein bekanntes Dogma sind. Behauptet wird hier, daß alles, was man mit einzelnen Geschlechtskategorien verbindet (Kleidung, Verhalten, Berufswahl usw.usw.) sozial konstruiert ist, also reine Willkür und Unterdrückung ist und genausogut beliebig anders sein könnte.
Offensichtlich sind die Sprachaktivisten dabei, mit ihren Interventionen ihre eigene Gender-Sprache (speziell die Semantik von “männlich”) sozial zu konstruieren. Nach ihren eigenen Theorien ist diese semantische Verschiebung aber reine Willkür und das Ergebnis nicht besser als die herrschende Semantik. Alle Argumentationen, die Gender-Sprache sei sozusagen naturgesetzlich notwendig, werden damit ad absurdum geführt.
Den Sprachaktivisten fällt auch nicht auf, daß sie auf der einen Seite den Begriff “männlich” semantisch aufweichen wollen (z.B. sollen Männer sich auch wie Frauen verhalten können), bei der Gender-Sprache aber darauf insistieren, daß “männlich” eine sehr spezielle Bedeutung hat und alles Weibliche kategorisch ausschließt.
Wann taucht denn jetzt endlich mal dieser Herr Wildschutz hier auf? Ich habe in den letzten Tagen (aus Versehen) so viel gelernt, dass ich mal eine Erholung in Form einer Popcorn-Unterhaltung brauche 😀
Ich bin auch enttäuscht, dass das hier plötzlich wieder in eine rationale, höfliche Diskussion gedreht hat. Auf niemanden ist mehr Verlass.
Echt mal. Total frustrierend 😀
Warte, ich kann ja mal nen Anfang machen:
Alles doof hier außer Mutti!
Das Problem beim Gendern ist doch, dass es das erste Mal eine Schriftsprache erschafft, die man nicht sprechen kann. Statt Binnen-I oder * kann man doch gleich konsequent sein und die Geschlechter ganz abschaffen. Statt der Apotheker und die Apothekerin sagt und schreibt man einfach das Apothex. Damit fühlen sich auch die dutzenden anderen Geschlechter vertreten, die 0,1 % der Menschen ausmachen. Gibt es eigentlich eine Studie, wie viele Menschen das Gendern für wichtig erachten? Eine Mehrheit ist es sicher nicht.
Aber das ist bei derart radikalen Denkweisen auch nicht wichtig. Das kann man gut am Feminismus, am Sozialismus und an LGBT* sehen. Es reicht aus, die – ich nenne sie mal “Wertevermittler” – umzudrehen bzw. auszutauschen, also die Lehrer, Richter, Promis, Journalisten, Medien allgemein, dazu noch Social Media Plattformen wie YouTube und Twitter. Das ist in Europa leider mit großem Erfolg gelungen.
Die “öffentliche Meinung” ist in Wahrheit die propagierte Meinung dieser Gruppen. Was diesen Gruppen nicht recht ist, wird der Allgemeinheit nicht präsent, sie glaubt deshalb, “alle anderen” würden auch so denken, wie diese Gruppen es darstellen. Und da die meisten Menschen Angst vor Kritik anderer Menschen an sich selbst haben – vor allem die Deutschen, weil sie an allem Bösen schuld sind – sind sie Mitläufer und nehmen die gefühlte Überzeugung der Mehrheit an. So konnten schon immer in der Geschichte einige wenige Menschen ganze Völker kontrollieren, indem sie die “öffentliche Meinung” kontrollierten. Das dritte Reich ist ein gutes Beispiel dafür.
Und wenn es doch einmal so weit kommt, dass man andere Meinungen nicht mehr übersehen kann – wie z.B. auf großen Demos oder bei YouTube Kanälen – dann werden sie als rechtsextrem, Nazis oder Reichsbürger bezeichnet, womit sie keine Gesprächspartner mehr sein können, weil man sich mit “so etwas” nicht unterhält.
Solange die Medien diesen Kurs der Regierung und der kleinen radikalen Gruppen der Spaltung und Unterdrückung bzw. das lächerlich machen anderer Meinungen unterstützen und sogar propagieren, kann sich nichts ändern.
Was muss also passieren, damit sich etwas ändert?
Meiner Ansicht nach wird folgendes in den nächsten Jahr(zehnt)en passieren:
Diese Aufzählung habe ich schon vor Jahren verfasst und ich hoffe inständig, dass es dazu nicht kommen wird. Aber nach allen Aussagen von Finanzexperten wie Markus Krall, wird es so kommen. Gendern wird dann unser kleinstes Problem sein.
Sehr lesenswert ist übrigens das Buch “Wieso schweigen die Lämmer”, in welchem knallhart aufgezeigt wird, wie die Machtelite schon immer die Völker manipuliert und für ihre Zwecke eingesetzt hat. Das reicht bis ins alte Rom zurück.
Leider liest ein Großteil der Menschen solche Werke nicht (laut Gerüchten lesen Menschen unter 30 keine Texte, die länger als 4 Sätze sind) und ist sprichwörtlich “unbelesen”, um nicht die Wörter dumm oder unwissend zu gebrauchen.
In dem Buch wird als ein wichtiger Faktor die “gefühlte Informiertheit” erklärt. Das bedeutet, dass die meisten Menschen denken, sie wüssten Bescheid, wenn sie BILD lesen und die Tagesschau sehen.
Wie kommen wir aus dieser Bredouille?
Wenn die Medien nicht umschwenken, wird es gemäß meiner Aufzählung oben zum Zusammenbruch kommen. Danach werden die Starken überleben und nach 2-3 Generationen etwas Neues aufbauen. Mit “die Starken” meine ich nicht Leute, die andere zu ihrem Vorteil unterdrücken, sondern Menschen, die zum Wohl aller arbeiten.
Folgende Kausalität – ich kenne den Verfasser nicht – ist wohl richtig:
Wir befinden uns in der letzten Phase.
Das ging jetzt ein wenig über das Thema hinaus, aber ich musste es mal loswerden. Ich bin übrigens 55 Jahre alt, weiß und männlich. 🙂
Danke übrigens, dass es hier keine Längenbeschränkung gibt.
Länge? Nein. Verschwörungstheorien mit rechtem Einschlag? Meist recht strikt.
Schade, die Beiträge hier waren bis zu diesem wirren Pamphlet, was so gar nichts mit dieser Gender-Debatte zu tun hat, so schön von Aluhüten verschon geblieben.
Für alle, die nicht so in der Materie drin sind:
Der von Thomas als “Finanzexperte” titulierte Markus Krall handelt erstens als CEO von Goldhändler Degussa in ziemlich starken Eigeninteresse, wenn er immer und immer wieder vom Zusammenbruch von Euro/pa faselt, und zweitens beschreibt das Handelsblatt schön, in was für einer Ecke der Herr so fischt:
“Noch weiter gehen die Thesen, die Krall auf zahlreichen Vorträgen vertritt, die ihn zuletzt etwa zur AfD-andtagsfraktion in Schleswig-Holstein oder zur Hayek-Gesellschaft nach Hannover führten. So ist Krall der Meinung, dass Transferempfänger kein Wahlrecht haben sollten.
„Rechtschaffende Bürger“ sollen nach Meinung des Degussa-Chefs eine Waffe tragen dürfen. Und was gegen den drohenden „Klimasozialismus“ zu tun sei, der unter dem Deckmantel des Schlagworts Nachhaltigkeit in Deutschland Einzug halte, will er in seinem im Januar erscheinenden Buch „Die bürgerliche Revolution“ beschreiben.”
Und das von Thomas als “sehr lesenswert” empfohlene Buch “Wieso schweigen die Lämmer” ist im wohlbekannten Kopp-Verlag erschienen, dem Sammelbecken für verschwörungstheoretische bis rechtsextreme Schriften, Eva Herman lässt grüßen.
“Und das von Thomas als “sehr lesenswert” empfohlene Buch “Wieso schweigen die Lämmer” ist im wohlbekannten Kopp-Verlag erschienen, dem Sammelbecken für verschwörungstheoretische bis rechtsextreme Schriften, Eva Herman lässt grüßen.”
Da bist du falsch informiert. Das Buch von Prof. Mausfeld ist im Westend Verlag erschienen und nicht im Kopp-Verlag. Und es ist wirklich empfehlenswert. Mit dem Thema “Gendern” hat es allerdings nichts zu tun.
Der Kopp-Verlag vertreibt es aber. Es passt in deren Programm, was für sich genommen auch schon eine Aussage ist.
Das ist in meinen Augen eine unredliche Argumentation, da hier mit Kontaktschuld gearbeitet wird. Nach der Logik wäre John Grishams Roman “Manuskript” auch verdächtig, denn dieser wird dort auch vertrieben. Ebenso “Der Kleine Prinz” von Antoine de Saint-Exupéry.
Das der Kopp-Verlag zumindest zwielichtig ist, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber normale Bücher, die von ihm lediglich vertrieben werden um sein Image aufzupolieren, zu diskreditieren ist meiner Meinung nach falsch.
Das ist eine Non-Diskussion. Es geht um Inhalte.
“Das ist eine Non-Diskussion. Es geht um Inhalte.”
Das ist richtig. Und deswegen sollte man das Buch zumindest mal anlesen, um Kritik üben zu können. Das Argument “Der Kopp-Verlag vertreibt es aber” ignoriert Inhalte.
Da ich das Buch nicht kritisiert habe, ist die Aufforderung, es zu lesen, überflüssig. Wenn ich jeden depperten Schmöker lesen, den mit VT’ler mit einem hysterischen “DAS hier musst du mal lesen – da gehen dir die Augen auf!” unter die Nase halten, hätte ich keine Zeit für gute Bücher mehr. Ich habe abstrusen Unfug gelesen, bis ich 20 war – dann bin. ich da raus gewachsen. Kann ich empfehlen.
@Torsten
Ich werde das Gefühl nicht los absichtlich falsch verstanden zu werden. Ich wollte keine Diskussion eröffnen, sondern lediglich auf einen Fehler hinweisen, da man mit dem Kopp-Verlag-Argument dieses Buch diskreditieren kann. Das man es lesen müsste, um eine fundierte Kritik zu üben, sollte sich auch von selbst verstehen. Das ist keine Aufforderung es zu lesen, sondern ein Rückgriff auf deine Aussage: “Es geht um Inhalte.”
@Alle
Jetzt kommt eine Leseempfehlung:
Das Buch befasst sich mit Manipulationstechniken. Das ist nicht neu oder einzigartig, aber interessant und verständlich geschrieben. Ich finde es stellenweise zu pessimistisch, aber trotz alledem empfehlenswert.
@Torsten
So würde bei mir eine “Aufforderung” aussehen.
Ich bin jetzt gerade völlig irritiert. Bücher des Westend-Verlags werden bei Kopp “vertrieben”? In welchem Sinn? Werden gedruckt und versendet?
Der Westend-Verlag hat fast nur politisch links stehende Autoren, s. https://www.westendverlag.de/verlag/ueber-den-verlag/, ich habe selber von Albrecht Müller “Glaube wenig, hinterfrage alle, denke selbst” im Regal, auch dort erschienen. Auch die Elitenkritik von Mausfeld ist ganz klar links positioniert. Eine irgendwie geartete Kooperation mit dem Kopp-Verlag scheint mir undenkbar.
Nichts gegen den Westend-Verlag, es geht nur darum, dass man das Buch auch über den Kopp-Verlag bestellen kann, weil der es auch vertreibt. Ist so.
My fault, Du hast natürlich recht. Wenn man sich seinen Youtube-Vortrag sowie die Kurzrezension (natürlich der “Lug-und-Trug-Presse”) anschaut, wird aber (mal wieder) diese berühmt berüchtigte Machtelite beschwört, die der restlichen Gesellschaft nur die Karotte vor die Nase hält – ohne allerdings in irgendeiner Form zu konkretisieren, wer denn diese ominöse Machtelite wäre (oder zu erwähnen, dass es durchaus genügend Wirtschafts- wie Gesellschaftslenker gibt, die intrinsisch und umfassend die Demokratie, das Wahlrecht und die sozialen Aufgaben festigen.
“Ich bin übrigens 55 Jahre alt, weiß und männlich.” Also sind wir etwa gleich alt. Und das heißt jetzt was genau? Dass ich mit Typen wie Dir mein Leben lang zu tun hatte. Schön ist anders.
Mich fasziniert vor allem dieses Untergangs-Geraune, mit dem die Verschwörungstheoretiker und politischen Stellentreter immer wedeln, weil sie einfach nicht fassen können, dass sich Dinge ändern, ohne dass alles vor die Hunde geht. Zu der düster prophezeiten Apokalypse kommt es dann allerdings nie. Dazu noch dieses Gefasel von “Machteliten”, die “das Volk” manipulieren. Dumpfer Stammtisch. Dabei braucht es nicht viel historische Vorbildung, um zu erkennen, dass in den letzten 6000 Jahren der Lebensstandard der breiten Masse ins fast Unfassbare verbessert wurde (auch, was Rechte und Schutz angeht), während die Reichen lediglich geblieben sind, was sie immer waren – reich. Wie ich den Leuten, die von der BRD GmbH unken, gerne sage: Selbst WENN die BRD eine GmbH ist und ich Personal, dann ist sie eine so erfolgreiche, dass ich nicht kündigen möchte.
Einer meiner Kollegen hat auf die Anweisung ab sofort alle Mails gegendert zu verfassen mit der Anrede “Sehr geehrte Kollegenperson…” reagiert – war aber auch nicht recht.
Mal etwas off-topic, aber da es bei den 150 Kommentaren hier mir mal wieder extrem negativ auffällt:
@Torsten: So sehr ich Deinen Blog nicht nur inhaltlich sondern inzwischen auch designtechnisch extrem stark finde, so sehr ist die Ansicht der Kommentare ein absolutes Chaos. Sorry, das so zu sagen, aber es ist in dem momentanen Stil leider fast vollkommen unmöglich zu erkennen, welche Antworten/Zitate sich auf welchen Kommentar beziehen.
Kann Dein “Maschinenraum” bitte beim nächste Update sich zuallererst um die Kommentarfunktion kümmern? Also ich lebe lieber mit strikt untereinander stehenden Kommentaren, in dem das Zitat nochmal aufgeführt wird (und damit manchmal leider die Volltextzitierer das Lesen auch etwas erschweren) als mit hierarchisch sortierten Kommentaren, bei denen man die Bezüge und Hierarchien leider gar nicht bzw. nur mit Scrollen und Augenmaß erkennen kann.
Danke 🙂
Da hast du nicht Unrecht. Wir schauen uns das noch mal an.
Von wegen nicht “mitgemeint”: gemeint zu sein, heisst ggf vor allem, Verantwortung zu tragen. Dementsprechend wird den Damen lediglich eine weitere Möglichkeit gegeben, sich mit der Behauptung, frau habe sich nicht angesprochen gefühlt, der Verantwortung zu entziehen. Es ist also mitnichten ein “zusätzlicher überflüssger Denkschritt”, sondern es ist eine zusätzliche Entscheidungsmöglichkeit für Frauen, die ggf einzeln überdacht werden kann. Ich seh darin eher einen Vorteil als einen Nachteil 🤗
Ein Experiment:
Man denke sich eine Welt, in der über – sagen wir – 50 Jahre schon nicht mehr für die deutsche Sprachbeschreibung von »Maskulinum«, »Femininum« und »Neutrum« und auch nicht mehr vom »generischen Maskulinum« die Rede wäre, sondern, von »Utrum«, »Femininum« und »Neutrum«.
Plötzlich brauchte es der generisch erklärten Männlichkeit des Maskulinums gar nicht mehr – es wäre bei Lebewesen und Menschen das »Utrum« als »Beides«-Genus ja sui generis generisch. Nunmehr müssten sich die Männer einfach nur mitgemeint fühlen, während Frauen mit der Kategorie »Femininum« extra herausgehoben werden.
Anstelle der Anpassung der Sprache, des Sprechens und des Schreibens wird einfach die tradierte, aufs Latein fixierte und fürs Deutsche unpassende Terminologie an den bestehenden Mehrheitssprachgebrauch angepasst.
Mehr noch, die Vorstellung der die »Männlichkeit« ausdrückenden Kategorie wäre futsch. Also nicht sofort, zwei, drei Schülergenerationen – und viel Deutschlehrerverzweiflung später. Sowas muss sich erst setzen. Schon die alten lateinischen Grammatiker wussten, dass die Bezeichnungen der Genera nur Etiketten für eine behelfsmäßige Einordnung sind. Und an der Form ist ja eh nichts zweifelsfrei erkennbar: Tempus ist Neutrum, Domus Femininum, dafür ist Poeta maskulin. Warum heißt es eigentlich nicht »Die Kölner Dom«?
Überhaupt »Genus«: von »Geschlecht« ist da im Lateinischen nicht die Rede. Da wird ganz neutral vom Knie, von der Beuge, dem Beugen von Wörtern durch die Kasus gesprochen.
Und wenn wir bei bestehender Sprachpraxis mit der Neuformulierung der Genusbeschreibung fertig sind, können wir bei den Tempora gleich weitermachen: die Annahme der Formen eines »Futur I« im Deutschen als Zeitkategorie ist völlig entbehrlich. Wo doch die modalen Funktionen als Absicht (1.Pers.), Befehl (2. Pers.) und Vermutung (3.Pers.) viel prominenter und eingängiger sind. Für die Zukünftigkeit genügt das Präsens plus Kontext oder plus zeitanzeigende Adverbiale.
“Man denke sich eine Welt” – okay. Und dann?
… hätte, ohne dass an der Sprache oder dem Mehrheitsgebrauch selbst etwas geändert worden wäre, niemand mehr die Veranlassung, sich »als Frau nur mitgemeint« zu fühlen.
Denn es bestünde ja gar nicht mehr die Vorstellung, es handele sich bei der Kategorie um ein »Maskulinum«; vielmehr ist es in Übereinstimmung mit dem eh praktizierten mehrheitlichen Gebrauch (etwa bei Tätigkeitsbezeichnungen) eben das »Utrum«, das »Beides-Genus«, das dann auch keiner Vorstellung eines als generische postulierten Maskulinums bedarf.
Ich vermute (oder soll ich schreiben, befürchte) nun einmal, dass sich die feministische Betrachtung an den Wortbildern festmacht, die mit »maskulin« vs. »feminin«, »männlich« vs. »weiblich«, dem »Mann« dann zu allem Überfluss als »generisch« oder »Geschlecht« (als beirrende Übertragung zu »Genus«) herausgebildet haben.
Völlig richtig, wie ich finde, haben die Befürworter einer gendergerechten Sprache ja erkannt, dass die Wortwahl, die grammatische Terminologie das Denken beeinflusst und bestimmt.
Mein Ansatz beruht aber ebenso auf dieser Erkenntnis.
Nur passe ich eine tradierte aber ungeeignete Begrifflichkeit dem bestehenden faktischen Mehrheitssprachgebrauch an – und versuche nicht genau umgekehrt, (pro)aktiv und künstlich einen neuen Sprachgebrauch über eine weiterbestehende (und weiterhin ungeeignete) Terminologie zu stülpen.
Das Ergebnis – zuendegedacht – ist dann ebenfalls ein gendergerechter Sprachgebrach.
Nun habe ich es verstanden, danke. Ja, ein interessantes Modell. Aber natürlich nicht umsetzbar.
Hmm? – Doch. Man müsste es nur machen. Gegen eine nunmehr ebenfalls jahrhunderte alte tradierte Weise, diesen Teil der Grammatik zu lehren, gegen eine Phalanx an Germanisten und Deutschlehrern, die selber ja keine Veranlassung haben, das ihrerseits mühselig Gelernte zu ändern, anzupassen.
Ich befürchte bei Germanisten und Deutschlehrern eine Form der Resilienz, die ich aus meiner Perspektive als Sprachwissenschaftler gerade nicht haben darf, wollte ich neue andere Betrachtungsweisen propagieren.
(Obwohl, bei der Rechtschreibungsreform hat’s ja auch geklappt. Wennauch ich diese in einem Teil für übers Ziel hinausschießend und im anderen für nicht weit genug reichend empfinde.)
Auch die (etwas sehr verkürzt bezeichnet) Stimmritzenverschluss- Sternchen- und Binnengroß-I-Apologeten machen es ja einfach.
Für meinen Geschmack aber versuchen diese das richtige Ziel gendergerechter Redeweise auf zú aggressivem Wege zu erreichen.
“Gegen eine nunmehr ebenfalls jahrhunderte alte tradierte Weise, diesen Teil der Grammatik zu lehren, gegen eine Phalanx an Germanisten und Deutschlehrern, die selber ja keine Veranlassung haben, das ihrerseits mühselig Gelernte zu ändern, anzupassen.” – das ist meine Definition von “nicht umsetzbar”.
Ist das so?
Nunja, wenn ich mir die aktuelle Diskussion ansehen, die als »Schwarzfahren« sogenannte Beförderungserschleichung von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen oder einen §218 auch nur zu novellieren, kann man an der Hartnäckigkeit tradierter (hier eben) Gesetzestexte verzweifeln.
Trotzdem ist es meist, gerade bei beschreibenden Wissenschaften, einfacher, die Beschreibung einer Sachlage an die faktische Ausprägung der Sachlage anzupassen, als die Sachlage auf Biegen und Brechen zu verändern oder gar neu erfinden zu wollen.
😉
Eben.
Bezieht sich dein Eben auf meinen ersten oder meinen zweiten Absatz?
😉