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Jun 2018

B-Film Basterds 2018 (1): Vier Tage Schmerz

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse |

Nürnberg sexy – von meinem Hotelzimmerfenster aus gesehen:

Mir ist es wurscht – ich habe gut geschlafen und es ist nur ein kurzer Fußweg zum Kino. Nachteil heute: Fastentag. Mehr als Wasser und ein paar Babykarotten sind also nicht drin. Das ist bei einem Filmfestival natürlich kacke und beim großen FFF in Berlin werde ich das definitiv anders handhaben. An cineastischen Delikatessen laben, aber an kulinarischen Delikatessen darben? Nicht mit mir!

Ich bin gestern sehr zeitig nach Nürnberg gefahren, weil es hieß, dass sich die Jungs vorher bei Uschi (vulgo O’Shea) treffen würden. Mit fünf Stunden war dieses Vorglüh-Happening sicher etwas zu üppig bemessen, hatte aber einen Vorteil: ich kam trockenen Fußes ins Kellerlokal. Die Teilnehmer, die eine Stunde später durch die Tür traten, sahen aus, als wären sie nach Nürnberg geschwommen. Sintflutartige Regenfälle nennt man das wohl. Kann für die Tausende Zelthocker, die schon für das Rock im Park-Festival aufgebaut haben, nicht schön gewesen sein.

Nun denn – ab 21.15 Uhr sollte es dann endlich losgehen. Zwei Filme aus dem Handkantenschrott-Genre standen auf dem Programm.

Brut des Bösen

Mehr als ein Film. Ein Klassiker. Vergleichbar vermutlich und glücklicherweise allenfalls mit “Macho Man”, starring René Weller, dessen Sequel sich hier auch gut gemacht hätte. Schlager-Legende und Freizeit-Guru Christian Anders bruceleet sich durch einen Dünnplot, nach dem ein Zwerg namens von Bullock aus unerfindlichen Gründen seine Karateschule übernehmen will und zudem noch seinen Sensei ermordet hat. So ziemlich alle Versatzstücke des Hongkong-Bahnhofskinos der 70er werden in die deutsch-spanische Arena geworfen, ohne dass man auch nur eine Sekunde das Gefühl hat, Christian Anders hätte sie in Form oder Funktion verstanden. Putzig in seiner dramaturgischen Hilflosigkeit und dem ersichtlichen Bemühen, aus seinem Protagonisten so eine Art Herrenmenschen-Heiligen zu machen. Für die gleichzeitig eingängige und unsägliche Musik von Monsieur Anders gibt es ein Fleißkärtchen.

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Anzumerken ist nur noch, dass Anders selbst nicht das Problem seines eigenen Films ist – das bisschen, was an Ausdruck von ihm verlangt wird, kann er (nachsynchronisiert) liefern, und auch in Sachen Fitness und Fausthiebe ist er kompetent. Das Problem des Darstellers Christian Anders liegt viel mehr darin begründet, dass er für den Producer, Drehbuchautor und Regisseur Christian Anders arbeiten muss. It’s a dead end, indeed…

Karato – der Knochenbrecher aus Singapur

Hier wird es ein bisschen obskur – es gibt mehrere, augenscheinlich nicht zusammengehörige “Karato”-Filme, teilweise sogar aus dem Historien-Bereich:

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Da haben die deutschen Verleiher (unter Komplizenschaft mit den Synchronstudios, die immer in irgendeinen Nebensatz das Wort “Karato” reinpfriemeln) versucht, eine Marke zu bauen, wo keine Marke ist. Das ist in diesem Fall besonders absurd, weil der Film in Hongkong spielt und demnach “Kung-Fuo” heißen müsste. Überhaupt ist dieser nur sehr grob geschnitzte Handkanten-Holzklotz ein sehr obskures Produkt, dessen primäres Alleinstellungsmerkmal die Anwesenheit des sehr jungen Sammo Hung ist.

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Zum Inhalt: Ein Gangsterboss macht einen anderen Gangsterboss platt. Dessen Witwe will Rache und akzeptiert das Angebot eines selbsternannten “Killers mit der schwarzen Hand” an, diese zu nehmen. Was Karato letztlich will, warum der Gangster ihn nicht einfach über den Haufen knallt, wieso weitere Fressetreter aus anderen Landesteilen eingeflogen werden – der Film bleibt da sehr vage. Ähnlich wie Jaguar Wong im steilen “Ninja Terminator” begegnet Karato alle fünf Minuten ein paar Handlangern, auf dass er Backpfeifen und Arschtritte austeile. Zwischendrin darf er noch kraft seiner Libido eine Gangsterbraut drehen. Der Rest ist grimmiges Gegucke, aggressiven Fingerzeigen und zustimmendes Grumpfen – 70s Style. Nicht gut, aber wenigstens schlecht.

Der Genuss einer Kopie, die aussieht, als wäre sie mehrfach durch das Kino-Urinal gezogen worden, ist durch nichts zu ersetzen.

Und wir alle so:

Jetzt wird noch eine entspannte Runde geschämt – und dann weiter geguckt.



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4 Kommentare
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Markus
2. Juni, 2018 11:46

“Nicht gut, aber wenigstens schlecht.” Grandios. Davon bitte T-Shirts und Autoaufkleber.

heino
heino
4. Juni, 2018 17:55

Ach ja, die waren einrecht guter Einstieg, konnten aber nicht auf den noch lauernden Wahnsinn vorbereiten:-)

Marcus
Marcus
4. Juni, 2018 19:02

MACHO MAN und BRUT DES BÖSEN – zwei Filme, die mir gezeigt haben, wo die Grenze meiner Schundfilmliebhaberei ist….

Heino
Heino
5. Juni, 2018 07:25
Reply to  Marcus

Ach komm, “Brut des Bösen” ist lustig. “Macho Man” fand ich auch nicht so schlimm, gegen “Daniel der Zauberer” ist das sogar Oscar-Kino