Fantasy Filmfest Nights 2024 (14): LATE NIGHT WITH THE DEVIL
Themen: FF Nights 2024, Film, TV & Presse, Neues |Australien, Vereinigte Arabische Emirate 2023. Regie: Cameron Cairnes, Colin Cairnes. Darsteller: David Dastmalchian, Laura Gordon, Ian Bliss, Fayssal Bazzi, Ingrid Torelli u.a.
Offizielle Synopsis: Die Zuschauerzahlen befinden sich schon seit Langem im freien Fall: Die Sendung der Halloween-Nacht von 1977 ist für die Late-Night-Talkshow „Night Owls“ und ihren Moderator Jack Delroy die letzte Chance, sich beim Publikum zu bewähren. Demgemäß plant er mit seinen Gästen die spektakulärste Horror-Show des Jahres: Ein Hellseher nimmt Kontakt zu toten Verwandten auf, bevor er auf offener Bühne einen gewaltigen Schleimstrahl erbricht. Ein Zweifler versucht sich an der Aufdeckung der unerklärlichen Phänomene, die diesen Abend heimsuchen. Und dann ist da noch eine Parapsychologin in Begleitung der 13-jährigen Lilly, die als einzige den Massenselbstmord einer satanischen Sekte überlebt hat und vom mysteriösen Mr. Wiggles besessen sein will. Während sich hinter den Kulissen zunehmend Panik über die beängstigenden Vorkommnisse und die gefährdete Quote breitmacht, nimmt die Show ihren verhängnisvollen Verlauf. Der letzte Mitschnitt wurde nie gesendet… bis heute.
Kritik: Die australischen Cairnes-Brüder machen es gerne “meta” – Film über Film, eine Geschichte über das Erzählen von Geschichten, der Spiegel auf die Macher, eine vorgeblich offene Analyse der Mechanismen, künstlich überhöht zum sozialkritischen Kommentar. Ihr LATE NIGHT WITH THE DEVIL ist aktuell der “hot shit” der Saison, mit 97 % bei Rotten Tomatoes ein absoluter Kritikerliebling. Wer den nicht mag, hat ihn nicht verstanden, lautet die Botschaft.
Tatsächlich ist LATE NIGHT zuerst einmal eine nicht nur liebevolle, sondern auch extrem akkurate Nachzeichnung der Late Night-Kultur der 70er Jahre – das sage ich als jemand, der sich mit diesem Genre und dieser Ära unbescheiden gut auskennt. Hier stimmt alles, von den Polyester-Anzügen bis zu den Fönfrisuren, von der Farbchoreographie bis zu den Pausentafeln, vom Sidekick bis zum “ratings war”. Die Gäste von Jack Delroy (einer fiktionalen Mischung aus Johnny Carson und Tom Snyder) lassen sich relativ einfach auf reale Vorbilder zurückführen: Christou ist Criswell, Carmichael Haig ist James Randi, das Stanford Research Institute gibt es wirklich. Die gesamte Inszenierung ist so echt, dass die Eskalation der Ereignisse sich nicht minder authentisch anfühlt.
Ich kann allerdings die vorbehaltlose Begeisterung vieler Kritiker-Kollegen nicht vollumfänglich teilen. LATE NIGHT WITH THE DEVIL funktioniert so lange, bis er “Butter bei die Fische” geben muss, bis es zum tatsächlichen Ausbruch dämonischer Aktivitäten kommt. Im Finale misslingt der Versuch, die Geschichte nur mit “authentischem” Filmmaterial zu erzählen ebenso wie das Bemühen um eine adäquate Auflösung. Was präsentiert wird, kann in keiner Weise mit dem Prolog übereinstimmen, der die Ereignisse als “true story” darstellt. Die Konsequenz, mit der LATE NIGHT das Erscheinen des Bösen visualisiert, konterkariert jede Behauptung eines ominösen “man weiß bis heute nicht genau, was damals geschah…”. Alder, wir haben es gerade GESEHEN!
Gestört hat mich persönlich auch die Charakterisierung des Skeptikers. Hier gilt, was ich zu seinerzeit zu GHOST STORIES schrieb:
Skeptizismus und mangelnder Aberglaube werden sehr höhnisch als dumm und fantasielos abqualifiziert – weil der Film kackfrech die Existenz des Übernatürlichen behauptet und damit natürlich jede Forschung wider den Dummfug ad absurdum führt. Ein Taschenspielertrick.
Und schließlich: Es bleibt abzuwarten, inwieweit ein deutsches Publikum an den Plot andocken kann, denn weder gab es bei uns die “satanic panic”, noch hatten wir in den 70ern typische Late Night-Shows. Es ist einfach nicht unsere Kultur. Ich habe dem Frankster während des Films mal zugeflüstert “bei Harald Schmidt ist sowas nie passiert”…
Fazit: Ein bis ins Finale großartiges Filmexperiment, das eine fiktionale Talkshow zur Showbühne für den Teufel macht. Auf der Zielgerade stolpern die Macher aber böse bei der Unterscheidung, was genau sie erzählen wollen und was sie nur andeuten dürf(t)en. Dennoch 8 von 10 Punkten.
Puhh…., wir nähern uns der Ziellinie. 😉
Beim Abschluss-Film mache ich es mir wieder leicht und stimme dem oben geschriebenen weitgehend zu. Die Kritik am Schluss ist wohl wahr, aber er hat trotzdem für mich funktioniert. Irgendwo muss das Konzept dann einfach mal dem Genre nachgeben. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass das ein Blockbuster wird, aber eine hübsche Fingerübung war es auf jeden Fall.