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Okt 2023

Mädchen an die Front: Widerstand zwecklos

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Ich fühle mich mal wieder genötigt, einen Beitrag im SPIEGEL Zeile für Zeile auseinander zu nehmen – wobei weniger Wut meine Motivation ist als vielmehr schieres Unverständnis. Das Problem von Anna Clauß und ihrer “Elternkolumne” ist nämlich nicht, dass sie empörenden Unfug präsentiert – sondern dass sie es schmerzhaft offensichtlich selbst merkt und mit großen Mühen um das Offensichtliche herum schreibt, und das auf Kosten ihres eigenen Sohnes. Hier ist eine Frau, die gegen jede Vernunft und das Wohl ihres Kindes tapfer eine Fahne hochhält, deren Verteidigung einen totalen moralischen Bankrott darstellt. Ich möchte dem Text daher weniger widersprechen, als ihn geraderücken.

Was ist der Aufhänger?

Klassensprecherwahl an der Grundschule

Worum geht’s?

Mein Sohn, ein Opfer der Frauenquote

Kurioserweise ist diese Überschrift die ehrlichste Aussage im ganzen Text, weil sie klar darlegt, wie die Schuldfrage einzuordnen ist. Ihr Sohn ist ein Opfer, in diesem Fall der “Frauenquote” (eigentlich “Mädchenquote”). Nur leider wird Anna Clauß in der Folge fast 2000 Worte ver(sch)wenden, um genau das zu bestreiten. Weil ihr Mutter-Ich und ihr sozialpolitisches Ich den Vorgang nicht in Einklang bringen können. Und das Mutter-Ich wird verlieren.

Wie begeistert man Kinder für die Demokratie? Vielleicht indem man sie einen Klassensprecher und eine Klassensprecherin wählen lässt.

Korrekt. Ist ja auch nicht erst seit gestern so.

Aber dann kandidieren nur Jungs.

Diese Aussage steht komplett im luftleeren Raum – meine eigene Ehefrau war in ihrer Klasse Klassensprecherin. Vor 40 Jahren. Ich kann mich erinnern, dass in meiner eigenen Schule gerne Mädchen gewählt wurden, weil die als zuverlässiger galten. Und die haben sich gerne wählen lassen. Woher kommt diese pauschale Behauptung, nur Jungs würden für so etwas kandidieren?

Wahlen sind eine großartige Erfindung. Frei, gleich, geheim, unmittelbar finden sie statt. Vergangenes Wochenende zum Beispiel in Hessen und in Bayern, wo ich mit meiner Familie lebe. Demokratie kann aber auch hart, zwiespältig, überraschend sein. Zum Beispiel in der Münchner Grundschule meines Sohnes.

Klingt nach einem Klassen(zimmer)kampf. Dabei ist es vergleichsweise banal.

Zu Beginn des Schuljahres fand in der 3a eine Klassensprecherwahl statt. Unser Sohn eröffnete uns in der Woche davor am Abendbrottisch: »Ich kandidiere.« Sein Wahlversprechen: »Wer mich wählt, muss nie wieder Klassendienste erledigen.« Aufräumen, putzen, den kranken Kindern die Hausaufgaben vorbeibringen – all das wollte er künftig freiwillig und für andere erledigen? Mein Mann und ich konnten es kaum glauben. Offenbar war ihm die Sache ernst.

Auch ein Wahlplakat malte er mit großer Ausdauer und sehr viel Wasserfarbe. Am Ende prangte sein Gesicht – vielleicht besser: ein Gesicht – auf knallrotem Grund. Stolz und freudig wie selten rollerte er am entscheidenden Tag in die Schule.

Nun gibt es in so einem Fall zwei mögliche Szenarien: Der Junge gewinnt oder der Junge verliert. Beides keine Katastrophe. Es geht ja nicht um den Nobelpreis. Aber als Mutter sollte man erstmal stolz auf den Einsatz des Juniors sein.

Leider war das Ergebnis ähnlich wie das der SPD bei der Landtagswahl in Bayern: ziemlich bitter. Unser Sohn hatte es zwar in die Stichwahl geschafft, unterlag aber mit zwei Stimmen einem Mitschüler.

Viele Stimmen und knapp unterlegen gilt heute schon als “ziemlich bitter”? Für den Jungen oder für die ambitionierten Eltern?

Damit wäre er prädestiniert gewesen für den Posten des stellvertretenden Klassensprechers.

Nur Amerikaner glauben, dass der zweite Gewinner immer schon der erste Verlierer ist. Dann halt Stellvertreter. Hurra? Nein:

Aber: Dieses Ehrenamt bekam jemand anderes. Ein Mädchen. Es hatte zwar gar keine Drittklässlerin kandidiert. Aber die Klassenlehrerin ermunterte die Mitschülerinnen meines Sohnes so lange, bis sich schließlich eine Kandidatin fand, die mangels Konkurrenz dann auch einstimmig zur Klassensprecherin gewählt wurde.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Kein Mädchen hat kandidiert. Trotzdem wird durch massive Einmischung (hier: “Ermunterung”) der Klassenlehrerin eine Schülerin förmlich genötigt, den Stellvertreter-Posten ohne Gegenkandidaten zu übernehmen.

Demokratie 2023.

Ich muss gestehen, dass ich Empörung in mir aufsteigen fühlte, als unser Sohn von seiner Niederlage erzählte. Mein Sohn, ein Opfer der Frauenquote!

Und das ist auch die einzige richtige Reaktion. Aber es ist nicht die, zu der sich Anna Clauß förmlich zwingen wird.

Was mich von einem Wutanfall abhielt: Ihm schien es vollkommen einzuleuchten, dass ein so wichtiges Amt von einem Jungen und einem Mädchen gemeinsam ausgeübt werden sollte.

Es mag sein, dass dem Jungen eine paritätische Aufteilung einleuchtet, aber:

Er war zwar sehr traurig über seine knappe Niederlage.

Weil er den zweiten Platz erkämpft hatte. Weil er ihm zustand. Weil kein Mädchen ihn haben wollte. Weil diese Wahl nicht manipuliert war. Und darum glaube ich den nächsten Absatz von Anna Clauß auch keine Sekunde:

Aber die Tatsache, dass eine Mitschülerin, die ursprünglich gar nicht kandidieren wollte, die kein eigenes Plakat gemalt und keine Bewerbungsrede vorbereitet hatte, seinen kindlichen Traumjob ausüben sollte, schien ihm nicht ungerecht vorzukommen. In seiner Klasse gibt es Jungen und Mädchen, also muss es einen Klassensprecher und eine Klassensprecherin geben. Er fand das logisch.

Der ganze Vorgang geht dermaßen gegen jedes natürliche Gerechtigkeitsempfinden, dass gerade ein Drittklässler sich nicht heroisch einreden wird, dass das schon okay sei.

Was bringt es Drittklässlern über Demokratie bei, wenn sie wählen dürfen, aber Einmischung “von oben” folgt, falls das Ergebnis den Mächtigen nicht genehm ist? Der Zyniker in mir möchte fast antworten “alles, was sie wissen müssen”.

Also ließ ich ihn in diesem Glauben.

Wird sie das auch in Zukunft so halten? Dem Sohn einreden, dass man kampflos aufgibt, wenn es der Quote dient? Dass man verliert, auch wenn man gewinnt? Dass für Mädchen andere Spielregeln gelten? Dass von Jungs Fairness verlangt, sie ihnen aber nicht zugestanden wird?

Man muss eigentlich nur in den frisch gewählten Bayerischen Landtag blicken, um zu sehen, dass die Verteilung von Macht zwischen den Geschlechtern suboptimal läuft. Nur ein Drittel derjenigen, die kandidierten, war weiblich. Der Frauenanteil des künftigen Parlaments liegt bei 25 Prozent. Ein Tiefstwert im Bundesdurchschnitt und ein Rückgang im Vergleich zur letzten Legislaturperiode.

Das ist Fakt. Gestritten wird nie über das “was”, sondern über das “warum”. Wenn Frauen kein Interesse an Politik zeigen, am Militär, an den Naturwissenschaften – es liegt immer an der Unterdrückung, an der Glasdecke, an der mangelnden Bereitschaft des Patriarchats, das andere Geschlecht dafür zu begeistern.

Ich halte diese Antwort für erheblich plausibler: Es gibt gesellschaftliche Bereiche, denen Frauen mehr zugeneigt sind. Wie Jordan Petersen es mal vereinfacht ausgedrückt hat: Männer beschäftigen sich in der Regel am liebsten mit Dingen, Frauen mit Menschen. Wer sich die populärsten Berufe der Geschlechter anschaut, wird das bestätigt finden.

Anna Clauß ist durchaus bewusst, dass das auch völlig Ordnung sein sollte:

Klar kann man davon ausgehen, dass Politiker in einer Demokratie auch für Bürgerinnen Politik machen. So wie sich Politikerinnen ja nicht nur um Frauenthemen kümmern, obwohl sie von den meist männlichen Regierungschefs bevorzugt für Ämter zu Aufgaben wie Soziales, Familie, Senioren, Gesundheit, Bildung nominiert werden.

Sicher ist ein zu drei Vierteln mit Männern besetztes Parlament nicht automatisch ein frauenfeindlicher Haufen.

Man kann sich die Welt aber immer schöner wünschen:

Aber es wäre schon interessant zu wissen, ob ein paritätischer Bayerischer Landtag zu anderen Entscheidungen kommen, andere Prioritäten setzen oder zumindest für einen freundlicheren Umgangston untereinander sorgen würde.

Was, wenn dabei das Gegenteil rauskäme? Wenn ein paritätischer Landtag sich in albernen Streitereien verwickeln würde, in ständigen Grundsatzdiskussionen von “typisch Mann!” und “typisch Frau!”? Es ist eine Non-Frage.

Schon möglich, dass Männer oder Jungs von sich aus mehr natürliche Bereitschaft an den Tag legen, wenn es gilt, ins Risiko zu gehen oder Verantwortung für eine Gruppe zu übernehmen. Aus meiner Perspektive als Jungsmutter scheint eine Frauenquote da irgendwie ungerecht.

Wieder: Anna Clauß hat instinktiv die richtigen Gedanken. Jungs rennen gerne voraus, auch wenn sie das Risiko nicht kennen. Jungs sind gerne Anführer. In unserer heutigen Zeit haben Mädchen das Recht, es ihnen gleich zu tun. Aber wir haben nicht die gesellschaftliche Pflicht, Mädchen und Frauen in Führungspositionen zu boxen, die sie augenscheinlich nicht anstreben – und ihnen dieses Privileg auch noch mit haufenweise geschlechtsspezifischen Erleichterungen schmackhaft zu machen. Es ist das Gegenteil von Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, denn Gleichberechtigung beinhaltet auch das Recht, NICHT an der Macht sein zu wollen. Wie im Fall der Mädchen der dritten Klasse.

Und nun muss Anna Clauß die Kehrtwende vollziehen und um der hehren Sache des Feminismus willen die Rechte ihres Sohnes ans Messer liefern.

Aus Erfahrung als Politikjournalistin, die in einer Männerdomäne arbeitet, weiß ich aber, dass viele Frauen Dinge erst mal ausprobieren wollen, bevor sie sie sich zutrauen. Das ist doch auch richtig. Woher soll ein Mädchen wissen, dass ihr die Klassensprecherrolle Spaß macht, wenn sie es noch nicht versucht hat?

Woher weiß ein Junge, dass ihm die Klassensprecherrolle Spaß macht, wenn er sie noch nicht versucht hat? Was wird Mädchen hier unterstellt?

Manche Talente, die sich Jungs gern einreden, müssen Mädchen vielleicht erst entdecken. Natürlich hilft da eine Frauenquote.

Das ist so blöd, dass es fassungslos macht. Frauen sollen alles erstmal “probieren” dürfen und zu diesem Zweck nicht über Leistung oder Kandidatur an die Macht kommen, sondern über die Quote? Weil wir von Frauen nicht erwarten, dass sie eine Entscheidung a priori treffen können?

Lassen wir mal außen vor, dass man auch Klassensprecherin werden und sich später entscheiden kann, dass das doch nicht das Richtige ist. Siehe Katrin Habenschaden, die zweite Bürgermeisterin von München, die nach drei Jahren im Rathaus entschieden hat, dass ihr Politik doch zu stressig ist und sie lieber das große Geld in der Privatwirtschaft machen möchte.

Man stelle sich das nur mal auf breiter Front vor: Männer übernehmen Verantwortung, verpflichten sich, reiben sich auf – Frauen dürfen aber erstmal in alles “reinschnuppern”. Nur mal so gucken. Unverbindlich. Man übertrage das Konzept auf die Mondlandung (“das mit der geringen Schwerkraft war mir dann doch zu heavy”), die Entdeckung Amerikas (“ich hatte meine Tampons vergessen, darum haben wir nach einer Woche abgebrochen”), oder die Schwangerschaft (“dass einem dabei so oft schlecht wird, konnte ich ja nicht ahnen”).

Es mag Anna Clauß komisch vorkommen, aber auch ihr Sohn wird sehr bald und sehr schnell merken: Die Welt hat kein Tablett mit Probierstückchen wie die Käsetheke im Supermarkt. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Es braucht keine Entscheidungen “unter Vorbehalt”, keine Entscheider, die nicht mal wissen, ob sie Entscheider sein wollen. Und vor allem: Wer meint, hier die Demarkationslinie zwischen Frauen und Männern ziehen zu können, redet die Frauen schwach.

Zeit für Anna Clauß, den Sohn der sozialen Räson zu opfern:

Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass die frisch gewählte Klassensprecherin der 3A größeren Durchhaltewillen beim Klassenzimmeraufräumen an den Tag legt als unser Sohn.

Anna Clauß kennt das Mädchen vermutlich nicht. Wir wissen nur: Es hat nicht kandidiert, hat keinen Wahlkampf betrieben, musste für den Posten massiv überredet werden – klingt nach Top-Motivation für die Kleine. Und ist so gar kein Schlag ins Gesicht des Sohnes, den Anna Clauß eigentlich vorbehaltlos unterstützen sollte.

Ihr meint, dümmer geht’s nimmer? Doch, doch:

Sie hat außerdem den Vorteil, dass sie ein solches Wahlversprechen gar nicht gegeben hat und damit auch keines brechen kann.

Ich kann ehrlich gesagt nicht fassen, dass eine Politikjournalistin einen solchen Satz schreiben und abliefern kann, ohne sich zu schämen. Wer nix verspricht, bricht wenigstens kein Versprechen? Das ist keine Einstellung für eine Demokratie, sondern für eine Diktatur. Vielleicht braucht Kim Jong-un noch eine Pressesprecherin. Der verspricht seinem Volk ja auch nix.

Vielleicht ist sie am Ende die richtige Wahl. Und kandidiert im nächsten Schuljahr von sich aus.

Sie. Ist. Keine. Wahl. Dazu hätte sie sich zu einer Wahl aufstellen lassen müssen. Demokratie funktioniert so nicht, Gesellschaft funktioniert so nicht, Politik funktioniert so nicht.

Die Tagline von DER PATE III lautete grob übersetzt: Wahre Macht wird einem nicht gegeben – man muss sie sich nehmen. Es ist eine der großen Weisheiten der Menschheitsgeschichte, von der Höhle bis ins Penthaus. Jemand, der keine Macht will, wird sie nicht zu nutzen wissen.

“Du musst jetzt stellvertretende Klassensprecherin machen, weil du keinen Schniedel hast” kann nicht die Strategie für dieses Amt sein – und vor allem nicht der Maßstab, den wir unseren Kindern beibringen sollten.

Es ist unfair, wenn nur Jungs die Posten besetzen? Dann sollen die Mädchen kandidieren, sollen kämpfen, sollen siegen. Es ist das Mindeste, was wir an Einsatz erwarten können – auch wenn sie dann im Amt lieber den ganzen Tag Taylor Swift-Bilder in ihr Poesiealbum kleben. Der Feminismus unter Alice Schwarzer wusste das noch. Durch die Institutionen muss man marschieren, man wird nicht auf der Sänfte an die Fleischtöpfe getragen. Mädels, kauft euch Stiefel statt Pumps!

Wie abstrus die gesamte Argumentation ist, merkt man wie so oft sehr schnell, wenn man sie umdreht. Angenommen, zwei Mädchen hätten bei der Wahl zur Klassensprecherin gewonnen. Hätte die Lehrerin dann eine von ihnen wieder rausgenommen und versucht, einen Jungen als Ko-Klassensprecher zu gewinnen? Wohl kaum. Den folgenden empörten Aufschrei hätte sich die Lehrerin erspart.

Nochmal zurück zu Anna Clauß, die auf der Zielgeraden genau die Details auslässt, die ihre verheuchelte Argumentation entlarven könnten:

Vielleicht wird aus unserem Jungen einmal ein Mann, der im späteren Leben nicht Gemeinheit, Leistungsfeindlichkeit, Übervorteilung wittert, wenn ein Posten nicht an ihn, sondern an eine Frau geht.

Daran ist nichts auszusetzen, es sei denn, man ergänzt den Satz um den relevanten Teil, der hier fehlt:

“wenn ein Posten, den er sich verdient hat, nicht an ihn, sondern an eine Frau geht.”

Das Schlusswort soll versöhnlich klingen, ist aber blanker Zynismus:

Und ganz sicher bleibe ich eine Mutter, die auf ihren Sohn auch dann stolz ist, wenn er Wahlen knapp verliert.

Soll sich der Sohn für die Mindestleistung seiner Mutter bedanken? Oder darf er wenigstens sauer sein, wenn er ihr erklärt, dass er die Wahl nicht knapp verloren hat, sondern um Sieg und Posten betrogen wurde?

Hätte ich einen Sohn in dem Alter, ich wäre erst bei der Klassenlehrerin, im Notfall auch beim Rektor vorstellig geworden. Man kann keine Wahl veranstalten, dann aber das Ergebnis nicht akzeptieren. Das vermittelt eine völlig falsche (oder doch wieder richtige?) Vorstellung von demokratischen Abläufen – und sendet ein katastrophales Signal, weil es unterstellt, dass Gerechtigkeit problemlos gesellschaftlichen Interessen wie dem vermeintlichen Feminismus geopfert werden kann/muss/wird. Es ist nicht gerecht, es ist nicht fair.

Damit festigt man eine Gesellschaft nicht, man sprengt sie. Und nichts daran hilft den Frauen – oder lässt sie auch nur gut aussehen.



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S-Man
S-Man
24. Oktober, 2023 09:12

Volle Zustimmung! Und das sage ich als mehrfacher Grundschulklassensprecher. Insbesondere wurde ich einmal tatsächlich gegen meinen Willen “gewählt”. Das geschah zwar durch die Schüler und nicht den Lehrer, aber doof fand ich es schon. Weil ich durch die Erfahrungen der vorigen Jahre einfach keinen Bock mehr hatte auf den Posten. Klar, ich war auch geschmeichelt, aber es war klar gegen meinen Willen: Es gab einen klaren Grund, nicht mehr zu kandidieren. Ich wurde im Übrigen voller Überzeugung auch von vielen Mädchen gewählt, ebenso wie der Sohn in dem Text. Dass diese eine Notwendigkeit sehen würden, von einer Person weiblichen Geschlechts vertreten werden zu müssen, glaube ich keine Sekunde.

Und ich gebe dir auch Recht: Ein Drittklässler wird absolut NICHT den dargelegten Gedanken haben. Er wird NICHT dem (abstrusen) Gedanken der Mutter folgen, sondern sich einfach nur ungerecht behandelt fühlen. Das bestätige als jemand, der ca. 10000 Kinder in dem Alter betreut hat. Die lassen sich zwar viel einreden, weil sie noch sehr beeinflussbar sind oder die Reiferen sagen auch schnell mal das was du hören willst, damit du Ruhe gibst. Aber deren Gefühl ist es eben nicht.

Generell zeigt das alles, was ich an der Frauenquote kritisiere – ebenso wie du. Dass Frauen bei GLEICHER Leistung heute gern noch benachteiligt sind, ja das ist Mist, keine Frage. Und dass das evtl aus Gründen geschieht, weil da irgendwo noch verstaubte, selbstsüchtige, frauenfeindliche Arschlöcher an den Hebeln sitzen, glaube ich auch. Und das muss durchbrochen werden. Wenn das aber dadurch geschieht, dass dies zwanghaft geschehen muss, auch wenn die Leistungen und Qualifikationen und Ambitionen eines Mannes klar besser sind (oder überhaupt vorhanden!), dann ist das Bevorteilung und hat nichts mehr mit Gleichberechtigung zu tun. Warum sollten Männer sich dann noch anstrengen?

Dass es viele Probleme gibt, auf dem Weg zur echten Gleichstellung, das glaube ich sofort. Dass man bspw. darüber diskutieren sollte, wie man die Zeit der Schwangerschaft und des Mutterschutzes nicht als “verlorene Zeit” im Sinne der Karriere anrechnet oder Frauen nicht benachteiligt, weil sie “ja noch jung sind und vielleicht mit einer möglichen Schwangerschaft ausfallen könnten”. Oder darüber, dass man nicht schon im Kindesalter Mädchen und Jungen in der Gesellschaft völlig unterschiedlich behandelt und Mädchen selbstverständlich Puppen statt Lego schenkt und Mädchen nicht einredet, dass “schlecht sein in Mathe ja nicht so schlimm ist, brauchst du später eh nicht”, während Jungen zum Nachsitzen verdonnert werden, dass man im Werkunterricht eben nicht unterscheidet zwischen Stickarbeiten und Laubsägearbeiten (wer durfte wohl was machen…) oder im Sportunterricht zwischen Ausdruckstanz und Basketball, wo man durchaus lernt, auch mal den Ellenbogen einzusetzen. Alles leider oft erlebt. Und das wohlgemerkt auch oft genug bei Familien, die sich für ach so fortschrittlich und feministisch halten. Denn Feminismus heißt meiner Beobachtung leider oft genug eben nicht “Gleichberechtigung”, sondern schlicht einfachere Besserstellung der Frauen. Gleichberechtigung würde eben auch bedeuten, für Mathe auch mal pauken zu müssen, anstatt Defizite runterzuspielen.

Hier ist ein Denkumbruch in der Gesellschaft notwendig. Durch die Quote hat die Politik mal wieder versucht, einen einfachen, populistischen Weg zu schaffen, für ein mal wieder deutlich komplexeres Problem.

Und zu guter Letzt verstehe ich auch die Frauen nicht, die sich nur aufgrund der Quote in bestimmten Positionen befinden. Das muss doch entweder einen ewig schalen Beigeschmack haben. Oder es sind eben Frauen, die eben auch nur machtgierig sind, ohne etwas leisten zu müssen und diesen Schlag von Menschen verachte ich aus tiefster Seele – egal welchen Geschlechts.

Last edited 6 Monate zuvor by S-Man
S-Man
S-Man
24. Oktober, 2023 09:35
Reply to  Torsten Dewi

Für mich stellt sich die Frage, warum die Tochter sich das wünscht. Ich vermute Umwelteinflüsse, bspw. das gelebte Rollenbild der Freundinnen. Aber das kann die eine Familie nicht ändern, das ist wie gesagt aber ein gesamtgesellschaftliches Thema. Oder ja, sie hat halt wirklich Spaß daran. Ich kenne auch Jungen, die gern mit Puppen spielen und dann nicht dürfen. Ich halte das ja sogar für schädlich.

Bzgl. letzter Absatz: Glaube ich auch für die meisten Menschen. Ich persönlich finde es jedoch oft doof, etwas zu bekommen, das ich eigentlich nicht verdient habe, insbesondere wenn ein anderer es klar mehr verdient hätte. Nicht immer, aber oft genug. Vielleicht ist da mein Gerechtigkeitssinn aber auch irgendwie ausgeprägter…

Robert
Robert
24. Oktober, 2023 09:51

Spannend. Übrigens war das bei uns an der Schule (1980er) bereits genauso. Es wurde nicht der Zweitplatzierte Stellvertreter, sondern ein Mädchen. Allerdings traten genug Mädchen an, so dass es zumindest der heutigen Politik ähnlich war. Was mich störte: Dass die “Quote” vorher nicht transparent mitgeteilt worden war.
(und es gab ein Jahr, da wollte niemand Klassensprecher sein. Irgendwann fanden sich zwei Freiwillige).

Bastian
Bastian
24. Oktober, 2023 09:55

Hallo Torsten, mangels Spiegel-Abo kann ich mir den Originalartikel leider nicht anschauen, deswegen mal kurz die Nachfrage, ob die von dir zitierten Stellen den gesamten Originalartikel abbilden?
Ich stolpere nämlich über diese Stelle: “die mangels Konkurrenz dann auch einstimmig zur Klassensprecherin gewählt wurde.” (Ich nehme mal an, hier müsste es “stellvertretende Klassensprecherin” heißen, um den Klassensprecher ging es ja bei der vorherigen Wahl, bei der der Sohn der Autorin Zweiter wurde.)
Aber das würde doch dann bedeuten, dass der Sohn der Autorin zwar als Klassensprecher, aber gar nicht als stellvertretender Klassensprecher kandidiert hat. Klassensprecher und Stellvertreter werden ja üblicherweise in getrennten Wahlen ermittelt, und so scheint es hier ja auch gewesen zu sein.
Steht da im Originalartikel noch mehr?

Bastian
Bastian
24. Oktober, 2023 10:40
Reply to  Torsten Dewi

Danke für die Antwort. Kann es dann sein, dass die ganze Aufregung nur auf einem Missverständnis beruht? Die Autorin mischt die Wahl des Klassensprechers und des stellv. Klassensprechers zusammen, obwohl das allem Anschein nach zwei voneinander völlig unabhängige Wahlen waren. Und als stellv. Klassensprecher wollte sich gar niemand aufstellen lassen, bis sich dann ein einzelnes Mädchen auf Zureden der Lehrerin dazu durchgerungen hat, der Sohn der Autorin aber offenbar nicht.

dermax
dermax
24. Oktober, 2023 12:44
Reply to  Bastian

Da fehlen einige Details. Die Verteilung der Geschlechter wäre durchaus auch relevant. Aber zur Wahl zum Stellvertreter hat Frau Lehrer ja nur Mädchen zugelassen, und dann gabs logischerweise eine einstimmige Wahl der semi-freiwilligen Bewerberin.
Nebenbei: dass Sohnemann tatsächlich versprochen hat, komplett alle Tätigkeiten zu übernehmen, halte ich für BS.

Bastian
Bastian
24. Oktober, 2023 13:14
Reply to  Torsten Dewi

Ich finde auch, dass die Schilderungen aus dem SPIEGEL-Artikel lückenhaft sind. Anhand dessen kann man doch gar nicht nachvollziehen, was da überhaupt geschehen ist. Zumindest steht da nirgends, dass die Wahlordnung an irgendeiner Stelle vorsah, dass der Zweitplatzierte der ersten (?) Wahl automatisch Stellvertreter wird. Es wird auch nicht klar, ob die zweite Wahl von vorneherein vorgesehen war (wie vom ISB vorgschlagen LINK) oder ob das eine spontane Idee der Lehrerin war. Und es wird auch nicht gesagt, dass bei der zweiten Wahl keine Jungs zugelassen waren, sondern nur, dass die Lehrerin die Mädchen im besonderen Maße ermutigt hat.

Stephan
Stephan
24. Oktober, 2023 10:02

@S-Man
Ich habe als Kind (es waren die 80er…) auch einiges an Puppen geschenkt bekommen. Und ich habe wirklich gerne mit ihnen gespielt. Zum Beispiel Cowboy&Indianer, Krieg, Weltraumschlacht, Ritterturnier oder Baustelle. Auf die Idee “Mama, Papa, Kind” zu spielen, wäre ich nie gekommen. Und wenn ich das mit den Nachbarmädels doch gespielt habe, dann war das Mama, Papa, Kind auf dem Kampfstern Galactica.

Ich habe selbst heute einen Jungen und ein Mädchen. Zu behaupten, es gäbe keine natürlich induzierten Geschlechtsunterschiede ist einfach falsch. Das sehe ich jeden Tag (anekdotische Empirie!).

Das Problem ist doch (wie bei so vielen, vielen, vielen Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft), dass grundsätzlich gute Ansätze völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Aus “Der Junge darf nicht mit Puppen spielen, sonst wird der schwul” (was zurecht bekämpft wurde) wurde mittlerweile “Der Junge muss mit Puppen spielen und das Mädchen mit Baggern, ob sie wollen oder nicht”. Wünschenswert wäre, “Lass doch das Kind spielen was es will” und dann aber auch zu akzeptieren, wenn 4 von 5 Mädels zur Barbie greifen. Genauso wie das fünfte Mädel mit dem Bagger (man verstehe das bitte als gesamtgesellschaftliche Analogie).

S-Man
S-Man
24. Oktober, 2023 14:13
Reply to  Stephan

Dem zweiten Teil stimme ich voll zu.

Den ersten Teil habe ich nie widersprochen, jedenfalls nicht absichtlich. Aber ich bin ein große Verfechter von wissenschaftlichen Nachweisen. Mir geht es dabei lediglich darum, zumindest in Erwägung zu ziehen, dass derartige Verhalten auch andere Ursachen als eine genetische Prägung haben. Ich kann mir schon vorstellen, dass sich Mädchen/Frauen aus biologischen Gründen irgendwie zu kindähnlichen Spielsachen, repsektive Puppen, hingezogen fühlen könnten. Ich überlege nur, ob eine Prägung durch Umwelt eben vielleicht einen größeren Einfluss haben könnte: Wenn dem Mädchen das Spielen mit Puppen untersagt ist, sie aber in der Schule/Kindergarten/Spielplatz damit permanent damit konfrontiert ist, dass ihre Freundinnen mit den Puppen spielen, dann werden diese natürlich auch für das Mädchen interessant. Wie gesagt, eine These meinerseits.

Am Ende ist es auch wurscht. Sie wollte es, sie bekam eine, sie war glücklich. Fertig.

Stephan
Stephan
24. Oktober, 2023 14:55
Reply to  S-Man

Zum Thema genetische Disposition bin ich Torstens Ansicht, das deckt sich mit dem, was ich darüber gelesen habe.

Aber das ist m.E. gar nicht der entscheidende Punkt. Ist es nicht relativ egal, warum die Menschen denn nun machen, was sie eben machen? Sollte es aus gesellschaftlich-politischer Sicht nicht nur darum gehen, gleichartige Chancen und Rahmenbedingungen zu schaffen? Reicht es nicht, den Mädchen zu sagen “Du kannst alles werden, mach draus was Du willst und kannst” und dafür zu sorgen, dass sie – nach ihren Fähigkeiten – Schulen und Universitäten besuchen können?

Ich tue mich – nicht nur bei diesem Thema – sehr schwer mit dem überfürsorglichen, allwissenden Staat (bzw. den Sozialwissenschaftlern, die hier den Takt vorgeben), der am besten weiß, was für die Menschen am besten ist. In meiner Idealvorstellung, gibt es (abseits vom Strafrecht) kein erwünschtes Verhalten, das besonders zu fördern oder unerwünschtes, das zu sanktionieren ist. Nicht der Bürger hat zu tun, was der Staat für gut hält, der Staat hat das zu ermöglichen was der Bürger will. Aber ich bin auch ein alter Liberal-Romantiker…

S-Man
S-Man
24. Oktober, 2023 16:37
Reply to  Stephan

ACK

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
24. Oktober, 2023 11:40

Oh boy, da wurde echt mal ein Bärendienst für die Unterstützung von Frauen gemacht imo. An sich ist die Idee ja wirklich gut, aber was bitte lief falsch VOR der Wahl. Die Autorin schildert es so als ob die Lehrer erst einmal normal aufstellen ließen und dann wählen lassen und erst DANACH merkten, dass da kein Mädchen mitmachen wollte. So wäre das ja wirklich grotesk, wenn erst NACH der Wahl nach einer potentiellen Kandidatin gesucht wurde. Da würde ich aber sowas von zum Direktor gehen und dem meine Meinung sagen.

ABER es ist definitiv wichtig, dass Frauen unterstützt werden, wenn sie den Wunsch haben MINT zu studieren oder in der Politik Karriere zu machen. Es wird definitiv besser, denn die Altherren sterben langsam aus. Aber eben noch nicht lange. Vor 10 Jahren war noch Brüderle im Amt bei der FDP, Seehofer in der CSU. Deren Geist ist noch präsent und schwindet langsam und es gibt aktuell noch genug Politiker, die deren Meinung nahe stehen – es aber wenigstens inzwischen wissen, nicht öffentlich preiszugeben. Trotzdem ist es da wichtig, Frauen Vorbilder zu geben, denn Vorbilder sind wichtig.
Nehmen wir NASA als Beispiel. Warum wollen wir Astronauten werden? Weil wir faszinierend vom Weltall sind oder weil Armstrongs Job (Testpilot/Ingenieur) cool aussah? Deswegen waren Astronautinnen wie Sally Ride eben wichtig, weil sie Frauen zeigen konnten, dass nicht nur Männer ins All können. Und damals war das sicherlich nicht einfach. Jeder Mensch braucht Personen zu denen er aufgucken kann, wir als Männer können das recht einfach, bei Frauen ist das schon schwieriger, viel weniger sichtbar. Und früher wurden den Damen auch gerne noch massive Steine in den Weg gelegt, deswegen ist es schon gerecht, wenn ihnen jetzt der Weg freigeräumt wird. Allerdings sollte auch nicht alles geschenkt werden, aber das sehe ich normalerweise auch nur aktiv in Fällen, wo dann überkompensiert wird. Es ist aber imo nicht verwerflich, wenn man bei zwei gleichwertigen Kandidat:innen die Kandidatin wählt. Im von der Autorin beschriebenen Fall wäre es halt nicht gleichwertig, weil das Mädchen angeblich erst nach der Wahl aufgestellt wurde. Es ist aber trotzdem gut, dass der Junge selbst nicht sauer ist, das seine Mitschülerin den Posten bekommen hat, weil sie an sich gleichwertig sein sollten in diesen jungen Jahren. Der Aufschrei sollte einzig wegen der Wahl sein.

Bärbel
Bärbel
24. Oktober, 2023 22:44

eine frage, die sich mir schon lange stellt: warum gehen alle davon aus, dass ich als frau weibliche vorbilder brauche? wenn man mir sagt, ich kann alles werden, was ich will und ich astronaut werden will, will ich doch nur astronaut werden und nicht ein mann, nur weil ich buzz aldrin toll finde.

ich verstehe die argumentation und kann mir denken, dass es mit weiblichen vorbildern für einige funktioniert, ich will nur mal den gedanken in den raum stellen.

gibt genug frauen, deren beruf ich interesant finde, aber die mich persönlich abstoßen und deren verhalten ich nicht gut finde. denen eifere ich bestimmt nicht nach, nur weil ich deren beruf ergreife.

Lana
Lana
6. November, 2023 13:50
Reply to  Bärbel

Bei Kindern ist das mit den Vorbildern wahrscheinlich etwas wirksamer als bei Erwachsenen. In UK wurden die Fussballclubs mit Anfragen von Mädchen bzw. deren Eltern überrannt, als die Frauennationalmannschaft letztes Jahr gewonnen hat. Wenn die Kinder auf dem Spielplatz immer nur Jungs bolzen sehen, dann wird das schnell, zumindest im Kopf, zum Jungssport.

flippah
flippah
24. Oktober, 2023 13:39

Ich bin durchaus der Ansicht, dass man Frauen in Führungspositionen fördern sollte – eben weil zusätzlich zu den inhärenten Unterschieden auch traditionelle existieren, und die würde ich gerne überwunden sehen. Sowohl beim Hineinkommen in die Führungspositionen als auch beim dort weiterkommen.

Z.B. denke ich, dass hier der erste Fehler war, dass man, nachdem 2 Jungs gesagt haben, dass sie kandidieren wollen, nicht vorher schon auf die Mädchen entsprechend ein bisschen (! – und nicht mehr!) eingewirkt wurde, dass sie kandidieren sollen, damit am Ende beides vertreten ist.
Wozu dann auch gehört, dass man akzeptiert, wenn sich kein Mädchen dazu bereiterklärt. Dann lebt man damit.
Ich kann auch akzeptieren (auch wenn ich es nicht gut finde), wenn man die Regel aufstellt, dass die Stellvertretung ein anderes Geschlecht haben soll als die Nr. 1.
Hier wurde aber ersteres offenbar nicht gemacht – und dann wurden im Nachhinein(!) die Regeln geändert.
Und spätestens das geht garnicht.

PabloD
PabloD
24. Oktober, 2023 14:56
Reply to  flippah

Man könnte übrigens auch mal überlegen, dass man die durchaus vorhandenen Probleme von “Frauen und Männer in der Arbeitswelt” nicht zwanghaft auf “Mädchen und Jungen in der Grundschule” übertragen muss. Das sind in erster Linie einfach nur Kinder, denen geschlechtsspezifische Rollen und deren Auswirkunden auf das Selbstvertändnis/-vertrauen größtenteils egal sein dürften.
Oder anders ausgedrückt: Für Mädchen in der Grundschule sind Jungs zwar häufig doof, aber eben nicht weil sie unterdrückende Karriereverhinderer sind…

S-Man
S-Man
24. Oktober, 2023 14:22

Es gibt übrigens auch genug Fälle, die genau andersrum liegen. Männer als Friseure? Können ja nur schwul sein! (also oft gehörte Meinung, nicht meine eigene; und natürlich als Abwertung gemeint leider…)

Extreme Bespiele habe ich im Erziehungsbereich selbst erlebt (Durch meine Arbeit mit Kindern früher hatte ich oft mit Pädagogen zu tun bzw. meine Exfrau hat ne Kita geleitet):
Wenn ein Mann sich erdreistet, Erzieher zu werden, wird der oft entweder von den Kolleginnen rausgemobbt oder – leider wahr, mehrfach gesehen – die Eltern laufen Sturm, weil insgeheim unterstellt wird, dass ein männlicher Erzieher ja wirklich nur pädophil sein kann.

Willkommen in unserer total gleichberechtigten und toleranten Gesellschaft!

m m
m m
1. November, 2023 15:57
Reply to  Torsten Dewi

Eine kleine Ergänzung: ich glaube es ist eher kaum bestreitbar dass viel mehr Friseure und Stewards OFFEN schwul sind als in anderen Berufen.
Einfach weil es wenig bis keinen gesellschaftlichen Druck gibt im Vergleich mit anderen Berufen.
Kann man genauso behaupten, dass schwule Männer ungerne Fußballer werden, wo es ja bekanntlich keinen einzigen bekannten schwulen Mann im Beruf gibt.

Bärbel
Bärbel
24. Oktober, 2023 22:47
Reply to  S-Man

mein frisör ist schwul 😉

und in der grundschule meiner tochter war im ganztag der tollste erzieher, den ich mir vorstellen kann. die kids haben den geliebt und der brachte auch mal ein bissi technik mit in den ganztag. hat mit den kids point&click adventures gebaut und so.

S-Man
S-Man
25. Oktober, 2023 08:13
Reply to  Bärbel

Ist übrigens die gleiche Erfahtung, die ich damals gemacht habe: Die männlichen Betreuer waren oft die beliebteren. Keine Ahnung warum. Vielleicht weil sie eben nicht dieses Mütterliche haben sondern Kiddies auch einfach mal machen lassen haben oder sich eben auch mal mit in den Dreck geschmissen haben – was ich bei den Damen nur sehr selten erlebt habe. Weiß nicht.

Feivel
Feivel
24. Oktober, 2023 15:19

Angenommen, zwei Mädchen hätten bei der Wahl zur Klassensprecherin gewonnen. Hätte die Lehrerin dann eine von ihnen wieder rausgenommen und versucht, einen Jungen als Ko-Klassensprecher zu gewinnen? Wohl kaum.

Das ist jetzt aber pure Spekulation und der Lehrerin gegenüber nicht fair.

Ansonsten volle Zustimmung. Ich würde den pädagogischen Schaden sogar noch etwas spitzer formulieren: Kinder kriegen hier beigebracht, dass jedes Geschlecht nur seine eigenen Interessen vertreten KANN – sonst bräuchte es den ganzen Paritäts-Klimbim ja gar nicht.

Feivel
Feivel
24. Oktober, 2023 20:13
Reply to  Torsten Dewi

Weil du der Frau etwas vorwirfst, was sie nicht gemacht hat? Das ist jetzt aber Kinderkram, Torsten..

Helter
Helter
25. Oktober, 2023 10:39

Vielleicht ist dem Jungen nach der Wahl aufgefallen das sein Wahlversprechen jetzt ja eingefordert werden könnten. Als die Lehrerin ihm die Last mit dem Quotenargument genommen hat, war er ganz dankbar und hat daher keinen Aufstand gemacht.

Feivel
Feivel
26. Oktober, 2023 16:32
Reply to  Torsten Dewi

Nein, eine legitime Vermutung.. 😉

Olaf
Olaf
25. Oktober, 2023 13:00

Frau Clauß ist mir in der „Phoenix Runde“ auch schon als eine „besondere“ Journalistin aufgefallen.

https://www.phoenix.de/sendungen/gespraeche/phoenix-runde/nach-der-wahlklatsche—w-a-3249942.html

Lothar
Lothar
26. Oktober, 2023 16:52

Ich habe mal bei den mir im Zugriff befindlichen Grundschülern nachgefragt. Es scheint so festgelegt zu sein, dass es eine Parität bei Sprecher und Stellvertreter geben muss. Das wird so auch im Vorfeld erklärt. Dem fraglichen Sohn muss mit seiner Wahlniederlage im ersten Durchgang daher schon klar gewesen sein, was folgen wird, entsprechend dürfte das seine “Coolness” zu dem Thema erklären.

Über die Frauenquote im Allgemeinen mag man sich streiten, ich finde sie im vorliegenden Fall aber für sinnvoll. Ein Klassensprecher ist ja keine Führungsposition sondern man dient eben als Sprecher(in) für die Klasse und in dem Alter beginnt so langsam die Zeit von “Mädchen/Jungs sind doof”. Entsprechend wird auf diese Weise sichergestellt, dass niemand davor zurückschreckt, ein eventuelles Anliegen vorzubringen. Gewisse Anliegen will man vielleicht auch nicht unbedingt einem Vertreter des anderen Geschlechts erzählen (gerade in der hormongeschwängerten Zeit an den weiterführenden Schulen).

Lothar
Lothar
26. Oktober, 2023 18:39
Reply to  Torsten Dewi

Das Verfahren wird wie gesagt im Voraus beschrieben und auf die Parität hingewiesen. Daher gab es kein Einmischen, eher im Gegenteil: Man hätte ja schon zum ersten Wahlgang darauf drängen können, dass sich ein Mädchen aufstellen lässt. Dass es sich “nur” um Drittklässler handelt, ist auch egal: Das Verfahren ist halt über alle Stufen hinweg einheitlich geregelt. Unabhängig davon sei aber angemerkt, dass das Realisieres des “kleinen Unterschieds” schon in dieser Zeit zu bemerken ist, die Geschichte ist daher nicht so komplett unnötig wie von dir angenommen.

Und ja: Wenn die Notwendigkeit der Parität im Vorfeld bei der Erklärung des Wahlverfahrens beschrieben wurde, ist das Vorgehen meiner Ansicht nach so in Ordnung. Existent ist diese Vorgabe und beschrieben wird sie. Und was die Wahl ohne Gegenkandidatin angeht: Auf diese Weise werden Ministerpräsidenten gewählt, warum also nicht auch (stellvertrende) Klassensprecher?

Lothar
Lothar
26. Oktober, 2023 19:31
Reply to  Torsten Dewi

Wie gesagt: Bei den Grundschulkindern Hier[TM] nachgefragt, wie bei denen das Vorgehen vor einem Monat war. Ich gehe davon aus, dass sich das bei den Münchner Grundschulen nicht wesentlich unterscheiden wird.

Mencken
Mencken
26. Oktober, 2023 19:39
Reply to  Lothar

An unserer Schule gab es das Verfahren nicht, bei meinem Neffen ebenfalls nicht, muss also nicht unbedingt auch in München so ablaufen.

S-Man
S-Man
27. Oktober, 2023 14:04
Reply to  Torsten Dewi

Habe auch mal die eine Grundschülerin gefragt, die ich “greifbar” hatte: 3. Klasse, Berlin: Es wurde explizit VOR der Wahl darauf hingewiesen, dass es ein Mädchen UND einen Jungen geben muss. Es gab aber für beides auch Kandidaten, insofern kann ich nicht sagen, was passiert wäre, wenn nicht.