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Sep 2023

Fantasy Filmfest 2023, Tag 7, Film 4: GIRL UNKNOWN

Themen: Fantasy Filmf. 23, Film, TV & Presse |

Spanien 2023. Regie: Pablo Maqueda. Darsteller: Laia Manzanares, Manolo Solo, Eva Llorach, Blanca Pares

Offizielle Synopsis: Leo steht auf junge Mädchen. Online gibt er sich als gleichaltrig aus, verwickelt sie in peinliche Offenbarungen, um sie dann zu einem persönlichen Treffen zu zwingen. Auch bei Carolina glaubt er sich am Ziel und übt beim ersten Rendezvous weiter massiv Druck auf sie aus. Aber die Dinge liegen anders als gedacht. Aus dem makabren Spiel aus Macht und Dominanz wird ein düsterer Angsttraum, dessen Folgen nicht mehr abzusehen sind.

Kritik: GIRL UNKNOWN ist ein Film über das “grooming”, die weit verbreitete (?) Taktik, junge Mädchen unter Druck zu setzen und sie dann mit begangenen Fehlern zu erpressen. Toxische Maskulinität trifft auf weibliche Unschuld/Unreife. Weil das als Film aber nicht reicht, hat sich Pablo Maqueda entschieden, schon zum Ende des ersten Akts die Karten neu zu mischen: “Carolina” entpuppt sich als Profi, wenn es darum geht, Perverse ans Messer zu liefern. Aber sie hat ihre eigenen dunklen Geheimnisse und der überforderte “Leo” könnte das ideale Versuchskaninchen sein, um diese neu zu ordnen.

Hier haben wir es erneut mit einer Unterlaufung meiner Erwartungen zu tun – leider in der falschen Richtung. Ich hatte gedacht, GIRL UNKNOWN würde den mentalen Machtkampf zweier sehr unterschiedlicher Charaktere zeigen, den ständigen Wechsel der Opfer/Täter-Rollen. Das versucht er auch, zumindest in der ersten halben Stunde. Da ist GIRL UNKNOW zeitweise schmerzhaft in der Perfektion, mit der er die (unterstellte) intellektuelle Überlegenheit von Leo präsentiert, die Cornelia stärker bindet als jede Fessel. Was immer sie sagt, um sich zu entfernen, kontert er eiskalt und mit erwachsener Perfidität. Wir können uns gut vorstellen, dass solche Gespräche genau so ablaufen.

Im zweiten Akt scheint Maqueda dann das Vertrauen in dieses Duell im Stadtpark zu verlieren – oder es ist ihm nicht eingefallen, wie er es weiterentwickeln könnte. Er beginnt mit teilweise nervig überlangen Flashbacks, in denen Cornelia erklärt, wie sie Leo auf die Spur gekommen ist, statt ihm auf den Leim zu gehen. Wir lernen Leos Frau kennen, seine Tochter. All das ist komplett unnötig, die Dramaturgie ausbremsendes Füllmaterial. Einzig die (ebenfalls zu lang ausgewalzten) Einblicke in Cornelias eigene Obsessionen helfen uns, die Dynamik der beiden etwas besser zu verstehen.

So wird zunehmend unklarer, was Cornelia eigentlich will – und welche Rolle Leo dabei spielt. Sein Charakter rückt in den Hintergrund und am Ende steht ein Arrangement, das man nicht glauben mag und das auch seltsam unausgesprochen bleibt. Regisseur Maqueda braucht sich nicht sorgen, dass ich den Film spoilere – dafür hätte ich ihn verstehen müssen.

GIRL UNKNOWN hat eine gute Grundidee, ein paar hervorragend authentische Dialoge und zwei exzellente Darsteller – aber weiß damit nichts anzufangen und müht sich zu sehr, Spielfilmlänge zu erreichen.

Es würde mich freuen, wenn es zeitnah einen ähnlichen Film unter umgedrehten (aber nicht weniger realen) Vorzeichen geben würde: Ein Mann lässt sich leichtsinnigerweise auf Video-Cybersex mit einer Frau ein, die alles aufzeichnet und dann konsequent beginnt, ein Leben zu zerstören.

Fazit: Ein mentales Duell zwischen einem Psychopathen und einem… Opfer? Nach einem faszinierenden Start leider durch zu viele Rückblenden und ein vages Ende um einen Großteil der Schlagkraft gebracht. 6 von 10 Punkten.

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4 Kommentare
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S-Man
S-Man
13. September, 2023 16:53

Klingt nach einer schlechten Version von Hard Candy oder Julia X. Oder täuscht das?

Nummer Neun
13. September, 2023 21:15
Reply to  S-Man

Den Hard Candy Vergleich hatte ich vorher auch im Kopf – aber die beiden Filme entwickeln sich anders.

m3adow
13. September, 2023 20:28

Typo in der Überschrift? “Uknown”

Matts
Matts
26. September, 2023 10:49

Der Vergleich mit HARD CANDY ist ja schon gefallen. Nach dem Trailer und der Beschreibung hatte ich so etwas in der Richtung erwartet. Und auch wenn es um ein Szenario geht, wo der Spieß zwischen Sexual Predator und Opfer umgedreht wird, wird das allerdings, wie der Wortvogel sagt, erheblich verschwurbelter erzählt.
Zusätzlich wird die Laufzeit noch gestreckt durch die Marotte des Regisseurs, mehrere Szene erheblich länger laufen zu lassen als nötig. Dabei sind es meistens nicht mal unangennehme sondern sehr banale Szenen, also bin ich nicht ganz sicher, was die Idee dahinter war.
Trotzdem hat mich die Story bis zum Ende gut bei der Stange gehalten, also bin ich etwas gnädiger mit Film als der Hausherr.