Hit-Jingles als Hit-Singles: Werbung als Pop
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Es zeigt sich, dass im Thema Musikvideos mehr Saft steckt, als ich dachte. Für mindestens zwei weitere Beiträge habe ich noch Material. Muss ich langsam mal angehen, denn angesichts der momentanen Entwicklung ist nicht sichergestellt, dass diese Leckerbissen auf ewig bei YouTube zu finden sein werden. Was Grund genug ist, mal wieder das Hohelied von YouTube zu singen. Als die Plattform Ende der 00er-Jahre durchstartete, habe ich noch gedacht, sie würde sich nie durchsetzen, weil kaum jemand sich die Mühe macht, Videos zu digitalisieren und hochzuladen, wenn er nix davon hat. So kann man sich irren.
Auch heute ist meine Auswahl durch mein Alter und meine Prägung gefärbt.
Das Thema: Pop macht Werbung. Werbung macht Pop.
Ein Beispiel aus "vor meiner Zeit" ist eine Werbung von Coca Cola, die bis weit in die 70er als das perfekte Beispiel galt, wie man ein Produkt emotional an den Wunsch der Menschen andockt, in Frieden und Harmonie zu leben:
Ja, das Lied wurde unter dem Titel "True love and apple pie" eigentlich als Schlager geschrieben, aber erst die Werbung machte es so bekannt, dass es in einer neu aufgenommenen Version der New Seekers einschlug. Für mich einer der ersten großen Chart-Hits, die aus dem Produktmarketing hervorgegangen sind.
Als ich ein Kind war, wurden viele Werbungen hierzulande noch mit bestenfalls neu eingespielten und umgetexteten Melodien unterlegt. Ein sehr typisches Beispiel ist die Hymne des Reinigungsmittels "Der General", die vermutlich jeder in meinem Alter noch mitsingen kann:
Ich dachte immer, das wäre der Radetzky-Marsch. Eine kurze Recherche hat mich belehrt, dass es sich um "Stars and Stripes Forever" handelt.
Fast noch größeren Kultcharakter genießt die Melodie von Gard Shampoo – und ihr müsst gleich ganz stark sein:
Ich musste 50 Jahre alt werden, um zu erfahren, dass es sich hierbei um einen angepassten Song von fuckin' ABBA handelt ("Move on")! Kein Wunder, dass die Melodie derart in den Ohren stecken bleibt…
In den 80er Jahren kam es dann zu einem großen Retro-Trend, dem wir auch Werbe-Compilations wie "Rendezvous unter dem Nierentisch" verdanken. In diesem Kontext ist zu verstehen, dass Levi’s ein unfassbares Comeback erlebte, weil man die Jeans im Stil der 50er mit entsprechender Musik, aber deutlich sexier bewarb. Den Anfang machte dabei dieser Spot mit dem kürzlich verstorbenen Nick Kamen, der wie kaum ein Zweiter das Kultsiegel verdient:
Sogar für Benzin kann man mit Pop-Klassikern Werbung machen, wie Aral ein paar Jahre später bewies. Ich bewundere die Agentur, der es gelungen ist, den Besuch an der Tankstelle sympathisch zu verkaufen:
Aber gerade Firmen, die auf ein jüngeres Publikum schielten, die aggressiver und moderner auftreten wollten, konnten 30 Jahre alte Blues-Stücke nicht brauchen. Und weil in den Musikstudios der Republik immer schon Profis saßen, die Kunst und Kommerz bedienen konnten, ließ man sich satte Poprock-Nummern wie diese exklusiv produzieren – Isolde Tarrach, take it away:
https://www.youtube.com/watch?v=VvPWyQzYkLI
Der Song entpuppte sich als derart eingängig, dass die Band Dominoe damit sogar in der Hitparade auftreten konnte. Es ist übrigens – wie in vielen Fällen – nicht mehr exakt nachvollziehbar, was Henne und Ei war, also ob der Song vorab geschrieben wurde oder ein direkter Auftrag der Werbeagentur war. Sicher ist nur, dass die Werbung den Song erst zum Hit gemacht hat.
Extremer Kommerz-Pop in bunt und kitschig war in den 80ern in und man wundert sich nicht mal, dass die Kaufhauskette C&A Werbespots produzierte, die Hits hervorbrachten. Ich meine mich übrigens zu erinnern, dass der Regisseur in diesem Fall Roman Kuhn war, der in den 90ern eine kurze Karriere als Filmregisseur machte und dessen Werdegang und ProSieben-Erstling DER SCHLÄFER auf einen deutschen David Fincher hoffen ließen:
Stephan Massimo ist mittlerweile sehr erfolgreicher Soundtrack-Komponist – u.a. für meinen Actionstreifen VOLLGAS.
Ähnlich hier – das ist eine weitere Kulthymne, in diesem Fall gesungen von Hans Hartz, der uns 1982 massiv mit seinem Jammerlappen-Song "Die weißen Tauben sind müde" auf die Eier gegangen war:
Tatsächlich nahm später Joe Cocker das Lied in sein Repertoire auf. Bier, Cocker – da wuchs irgendwie auch wieder zusammen, was zusammen gehörte.
Bei den Bacardi-Werbungen habe ich mich damals immer gefragt, wo die unverschämt hübschen Models auf der einsamen Tropeninsel die Eiswürfel für ihre Drinks hergezaubert haben:
Unbestreitbar ist allerdings, dass der Song (natürlich – wie in den meisten Fällen – um die Erwähnung des Produkts bereinigt) für Kate Yanai (eigentlich Kate Markowitz) ein weltweiter Hit wurde.
Tatsächlich kann Werbemusik im begrenzten Maße Stars erschaffen. Kate Yanai ist ein Beispiel, ein besseres ist Robin Beck, die in den 80er und 90er Jahren ein paar kleinere Hits hatte ("You can’t see tears in the rain", später gecovered von Cher), aber ihren größten Erfolg einem sehr eingängigen Song für Coca Cola verdankte:
Wem die Stimme bekannt vorkommt, aber nicht von hier, der erinnert sich vielleicht an "McDonald’s ist einfach guuuuut…"? Auch von Robin Beck.
Jingles, die Hits werden – das ist schon ziemlich beeindruckend,. Es geht aber noch größer. Erneut dank Coca Cola. Der Softdrink-Company gelingt in den 90ern etwas, das sich nicht realistisch in Werbeerlöse umrechnen lässt – der Song "Wonderful Dreams (holidays are coming)" wird zum Weihnachts-Standard:
In der Version von der zu früh verstorbenen Melanie Thornton dudelt er alljährlich in den Radios rauf rund runter, gleich hinter "Do they know it’s Christmas?" und "Last Christmas". Ka-ching!
Ein Lied, dass es zwar nicht in die Charts schaffte, aber auch heute noch von einer ganzen Generation mitgesungen werden kann, ist diese schokoladige Nummer:
Ich hätte Geld darauf gesetzt, dass die Jungs von Channel 5 hinter dem Stück stecken, aber stellt sich heraus, dass er aus dem Studio von Profi-Producer Stephan Oberhoff stammt.
Kein Rückblick auf die 80er wäre vollständig ohne das hier – so eighties wie Edding, Zauberwürfel, Nena und C64:
Ähnlich wie bei MERCI hat man das Stück mit immer neuen Varianten und Spots frisch gehalten – und die Macher durften es unter dem Namen Beagle Music Ltd. auch in die Charts bringen. Die Jungs haben übrigens für Jürgen Drews, Petula Clark und die Goombay Dance Band geschrieben und Jingles verfasst für Natreen, Gammon, Merci, Fewa, Deichmann, Kitekat und Burger King.
Wie sehr man mit einem Spot ein sympathisches Image bauen kann, ohne auf das tatsächliche Produkt wirklich einzugehen, bewies vor 30 Jahren British Airways mit dieser Musik, die eine ganze Welle von "tribal chill"-Songs nach sich zog:
Und Midge Ure, legendärer Frontmann von Ultravox, verdankt ausgerechnet der Uhrenmarke Swatch, die mit den 80ern hätte sterben müssen, 1997 seinen letzten großen Hit:
Aber das ist bereits ein anderes Jahrzehnt, in dem die Werbung mich schon nicht mehr in dem Maße geprägt hat, wie das in den 80ern der Fall war.
Auch heute noch gibt es eine Symbiose von Pop und Werbung. Da ich kaum noch Werbung schaue, bekomme ich davon allerdings nichts mit. Es gibt aber Webseiten, die so etwas protokollieren. Denen gilt mein Dank.
Das hier sind meine Erinnerungen – nun will ich eure hören.. Was sind die Songs, Jingles und Musiken, die euch aus den Werbungen so nostalgisch wie unsäglich in den Ohren kleben? Fresh goes better mit dem Freshmaker Mentos? Die Allianz fürs Leben? Oder doch eher die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt?
Radiowerbung:
"Plantschi ist prima!
Plantschi ist ’ne Wucht!
Mit Plantschi macht das Baaaden Spaß! "
Alder… aber ganz genau.
Zum Thema "Der General":
der Radetzky-Marsch war natürlich auch in der Werbung präsent – und ist mir fast noch mehr in Erinnerung gebleiben als "Stars and Stripes Forever" – bei Bonduelle:
https://www.youtube.com/watch?v=tCMwpJ2AY1k
Lief der Radetzky-Marsch nicht in der Bonduelle-Werbung?
Same.
Mist! Ich habe vor dem Senden Deinen Kommentar nicht gesehen! Ich bin immer zu spät. Immer. Buähh!
Flat Beat von Mr Oizo ist auch so ein Beispiel, wobei es mir schwerfällt mich zu erinnern zu welcher Werbung der überhaupt gehörte.
Jetzt wo du’s sagst… Ich weiss auch noch, dass die Stoff-Figur Flat Eric hiess, aber kein Plan was da eigentlich beworben wurde.
Das war auch Levis.
https://www.youtube.com/watch?v=lKjQNLAreQU
Ich hab da auch viel in den Ohren, bin aber ja etwas jünger.
Mir fällt spontan die "My Girl" Werbung von Mars.
https://www.youtube.com/watch?v=2jmE0C0iYRI
Lief auch so ähnlich auf Deutsch und war gefühlt ne schlechte Kopie eines Liveauftritts von Nirvana
Und die Bacardi Werbung …
So eine ABBA-Erkenntnis hatte ich auch.
Ich habe tatsächlich erst vor 4-5 Jahren Eric Claptons "Layla" zum ersten Mal bewusst gehört. Und sofort fing das Hirn an zu rattern, woher ich denn diese Melodie kannte. Ganz tief im Unterbewusstsein hatte sie sich eingebrannt. Zwar in einer etwas veränderten Version, aber unverkennbar.
Auf Youtube wurde ich dann fündig:
https://youtube.com/watch?v=kuMj_-yKSj0
Und nur der Vollständigkeit halber:
Der hier fehlt natürlich noch in der Liste: https://youtube.com/watch?v=7DdePndHv0U
Oh ja, verdammt!
leider gab es von "can’t beat the Feeling" keine echte Single, sondern nur einen Zusammenschnitt zweier 60 Sekünder plus Übergang…
https://www.youtube.com/watch?v=XPWi_69aWB0
Bei Levi’s darf Shaggy mit "Mr. Bombastic" nicht fehlen:
https://www.youtube.com/watch?v=T2MNbDmP8Rs
youtube schlug dann noch The Clash mit "Should I stay or should I go" und Steve Miller Band und "The Joker"
https://www.youtube.com/watch?v=gN4fkh-NHLch
https://www.youtube.com/watch?v=fAHNihB_kzY
Kinderschokolade hat Cover von "Happy Together" und "My Girl"
https://www.youtube.com/watch?v=X86PW4Ih29g
https://www.youtube.com/watch?v=6SL028mcl5c
Von der Levis Werbung kommen wir dann wieder nahtlos zurück zu Musikvideos die Geschichten erzählen. 😉
https://www.youtube.com/watch?v=sNJVFloPIVA
Respekt an den Dichter dieser Zeilen:
"Feierabend, wie das duftet, kräftig, deftig, würzig gut. Pommersche aus dem Buchenrauch, Naturgewürzt und das schmeckt man auch, Pommersche aus dem Buchenrauch, frisch auf den Tisch, so ist’s der Brauch!"
Auch über zwanzig Jahre später sucht dieses Lied meine Synapsen immer noch Heim, das muss man einem erstmal nachmachen. Allerdings: obwohl ich das Lied noch auswendig kann, hab ich noch nie (wissentlich) irgendwas aus der Rügenwalder Mühle gegessen. Mission accomplished?
Am besten im Doppelpack mit:
Das Erdinger Weißbier das ist heut Pracht holladihidi das schmeckt uns beim Dog und bei dr Nacht.
Wird niemand je wieder aus dem Ohr kriegen. Oder der alte Krombacher-Jingle der 90% aller Sendungen von Tatort bis RTL Samstag Nacht eingeleitet hat.
Zum Glück wurde nichts davon zu einer Single gemacht à la It’s cool Man!
Oh mann, den erdinger jingle hab ich jetzt auch wieder im Kopf, danke dafür.
War das von Krombacher nicht einfach ein Ausschnitt von ‚Belfast child‘?
"fuckin' ABBA"??!?? 😳
maggi texicana salsa, zum dippen,peppen, würzen
"peppen" – echter Werbesprech.
Nicht ganz Hit-Jingles als Hit-Singles, aber so um Mitte der 90er hatte Levi’s die bemerkenswerte Markenmacht, mit jedem neuen Spot den Song im Hintergrund in die Charts zu drücken. Irgendeinen Titel eingekauft von einem Artist, der entweder gänzlich unbekannt war oder unter dem Radar des Maintreams lief, zielgruppentauglichen edgy Spot dazu gedreht, Heavy Rotation im Werbeblock, zack, Top-Ten-Hit. Jedes verdammte Mal. Boombastic von Shaggy wäre vielleicht auch für sich genommen noch gechartet, aber von Smoke City und Underwater Love hätte man sonst wohl nie gehört (wäre auch besser gewesen).
Weder Pop noch Hit, kann ich aber heute noch mitpfeifen, (Komm doch mit auf den) Underberg:
https://www.youtube.com/watch?v=RUqdvviANCo
Ein Hit isser schon, nur als Original im "Bridge on the River Kwai – March" 🙂
Behandelt zwar eine Werbekampagne aus den 2000ern, wenn man sich aber für die Hintergründe beim Aufziehen so einer Kampagne interessiert, dem sei der Podcast Twenty Thousand Hertz empfohlen, die in einer Epsiode McDonalds und ihre "I’m lovin' it"-Kampagne (die ja bis heute läuft) im Detail beleuchtet: https://www.20k.org/episodes/imlovinit
Da dürfen natürlich auch Caro-Kaffee (basierend auf "Ich mag" von Volker Lechtenbrink) – https://www.youtube.com/watch?v=7DdePndHv0U – und Berentzen (eine Adaption der Studentenhymne "Gaudeamus Igitur") – https://www.youtube.com/watch?v=OZjwLjAkbQ0 – nicht fehlen.
C&A hatte in den frühen 90ern zwei nette Sachen zu bieten:
Slade – Far Far Away: https://www.youtube.com/watch?v=NQyUnspyWDY
Marla Glen – Believer: https://www.youtube.com/watch?v=S8_L30AoVvM
Auf die Slade-Sachen hat mich gestern Abend noch die LvA aufmerksam gemacht.
Und noch was von der Firma:
The Mamas & The Papas – Dream a little dream
https://www.youtube.com/watch?v=zaCOWbni06Y
Wie man aus einem C & A-Werbesong Kirmestechno macht:
https://www.youtube.com/watch?v=UFDnrbe2eDY
https://www.youtube.com/watch?v=ZABUHtVA1G0
Aua, das schmerzt in den Ohren! 😞
C & A war da in den frühen 90ern wirklich sehr aktiv. Hier der Werbeclip:
https://www.youtube.com/watch?v=vKNvJKCKoIg
Und hier die dazugehörige Single von Andi Slavik & Susanne Kemmler (die Ex-Gattin eines gewissen Hubert Kah):
https://www.youtube.com/watch?v=CsvLpN4XVAA
"Stars and Stripes" wusste ich, weil ich damals im Orchester ein (geniales) Sousa-Medley spielte. Der "Radetzky-Marsch" war für Bonduelle.
Der Levi’s-Werbung habe ich mein Faible für die Musik von Sam Cooke zu verdanken, dessen "Wonderful world" auch durch deren Spots wieder in den Charts landete
Seit einer Nike-Werbung aus dem Jahr 1992 gehört "Instant Karma" zu meinen Lieblingssongs von John Lennon:
https://www.youtube.com/watch?v=AmmpbSlr8UQ
unwiderstehlich
https://www.youtube.com/watch?v=53xzUXucMmY
Einen schönen Tag feiert man mit einem Glas Altbier… Für den Sänger war das der einzige Hit seiner Karriere
https://youtu.be/JRRxgfZ0EXs
Als Kind der 90er kann ich mich wunderbar mit allen Arten von Spielzeugwerbungen identifizieren und jeden noch so blöden Werbesong mitsingen 🙂 "Spiel das Spiel mit dem Krokodil, du bist der Kroko-Doc…"
Als ich dann etwas älter wurde, habe ich auch vor allem die Werbungen gemocht, die mit einem Lied verbunden waren (Rügenwalder, Zott, …). Ich gebe ehrlich zu, heutige Werbung (wenn ich sie denn überhaupt noch zu Gesicht bekomme mangels Fernsehens), finde ich doof, weil es eben kaum noch (gar keine?) Spots mit eingängigen Liedern gibt.