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Sep 2019

Fantasy Filmfest 2019 Tag 10, Film 3: I see You

Themen: Fantasy Filmf. 19, Film, TV & Presse, Neues |

USA 2019. Regie: Adam Randall. Darsteller: Helen Hunt, Jon Tenney, Judah Lewis, Owen Teague, Libe Barer, Greg Alan Williams, Erika Alexander, Allison King

Offizielle Synopsis: In einer scheinbar idyllischen Kleinstadt verschwindet ein Junge auf die gleiche unerklärliche Weise wie ein anderes Kind schon zehn Jahre zuvor. Detective Joe Harper nimmt den Fall auf und sieht sich und seine Familie bald von beunruhigenden Phänomenen bedroht, die ebenfalls eine Brücke in die Vergangenheit zu schlagen scheinen.

Kritik: Ich liebe Mogelpackungen. Filme, die vorgeben, etwas zu sein, dann aber doch etwas ganz anderes sind. Die einen glauben lassen, man hätte sie durchschaut, nur um einem dann plötzlich den Teppich unter den Füßen wegzuziehen. So wie z.B. THE INVISIBLE GUEST. Ich sage gerne mal “wow, das habe ich nicht kommen sehen”, so lange es im Kontext des Film auch rückblickend absolut stimmig ist.

I SEE YOU macht das ziemlich clever, baut in der ersten Hälfte ein scheinbar sattsam bekanntes Konstrukt: Die Familie, der das Urvertrauen zerbrochen ist, der Cop auf der Jagd nach dem Killer, die kleinen unerklärlichen Ereignisse. Alles sehr konventionell, aber irgendwie auch seltsam unfokussiert. Szenen scheinen zu fehlen, Zusammenhänge werden dem Zuschauer nicht ausreichend erklärt. Man ist soweit, FAST soweit, den Film für ein bemühtes Kleinstadt-Krimidrama mit solider Besetzung zu halten, das beim Drehbuch nochmal einen Plausibilitätscheck hätte vertragen können.

Und dann, ungefähr nach der Hälfte, wechselt der Film komplett die Perspektive. Er nimmt einen Blickwinkel ein, der es uns erlaubt, das gesamte Geschehen noch einmal zu erleben – inklusive der fehlenden und gänzlich unerwarteten Szenen. Es wird aufgefüllt, erklärt und enthüllt, aber niemals so, wie wir es erwartet hatten. Der Film ist ein Paradebeispiel für die Kunst, mangels Information vom Zuschauer aufgestellte Annahmen zu unterlaufen. Teilweise fand ich das so raffiniert, dass ich automatisch unterstellt habe, es müsse sich um ein Remake eines spanischen oder skandinavischen Thrillers handeln. Dem ist wohl nicht so.

Eine der positiven Überraschungen des Festivals, keine Frage.

Soviel zum Film. Nun zu einem anderen Thema, das mich wirklich schmerzt: WHAT THE HELL HAPPENED TO HELEN HUNT?! Wir erinnern uns: Genre-Darstellerin in den TRANCERS-Filmen, mit der Sitcom MAD ABOUT YOU einen Megahit gehabt, 1998 der Oscar für BESSER GEHT’S NICHT und u.a. bei Woody Allens IM BANN DES JADE SKORPIONS dabei.

Ich rede nicht davon, dass so jemand nicht in einem B-Horror wie I SEE YOU mitspielen sollte. Die Frau kann machen, was sie will. Sie braucht sich wahrlich nix zu beweisen. Aber sie ist 56 und sieht aus wie 70, die man gewaltsam versucht hat, auf 45 runter zu operieren. Ihr Gesicht ist eine starre Wachsmaske, anscheinend eine Kombi aus Chirurgie und digitalem Filter. Schlimmer noch: Die Straffung der Haut scheint ihre Artikulationsfähigkeit beeinträchtigt zu haben. Ihre Stimme hört sich im Film oft lallend und tranig an. Helen Hunt ist der vielleicht schockierendste Anblick in I SEE YOU.

Fazit: Ein Film, der in der zweiten Hälfte clever mit allen vermeintlichen vorherigen Fehlern und Logiklöchern aufräumt und dem Zuschauer eine Nase dreht. 8 von 10 Punkten.

Philipp sagt: “Sehr gut durchkonstruiert, erinnert mich dabei an “One Shot of the Dead”.”

In diesem Promo-Interview ist der Effekt bei Hunt nicht ganz so schauerlich, was mich erneut auf digitale Nachbearbeitung tippen lässt:

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Marcus
Marcus
21. September, 2019 15:53

Der Film türmt einen Gaga-Twist auf den nächsten, bis ich irgendwann mal an dem Punkt bin “okay, whatever, kauf ich nicht, aber mach mal weiter, bin gespannt, wo das noch hinführt”. Will sagen, nicht drüber nachdenken, dann ist der sehr unterhaltsam. 7/10.

Jake
Jake
26. September, 2019 11:51

Gestern auf einem anderen Festival gesehen. Würde auch 7/10 geben. Wäre ihr Name nicht im Abspann aufgetaucht, wäre ich nicht drauf gekommen, dass das Helen Hunt ist. Sah schlimm aus, so als hätte sie ne Wachsmaske auf. Würde eher auf eine dicke, deckende Makeup-Schicht tippen als auf digitale Nachbearbeitung, aber dass da auch operativ verschlimmbessert wurde, steht außer Frage. Gruselig!

Thies
Thies
30. September, 2019 23:16
Reply to  Jake

Gruselig aus ihrer Sicht (oder der ihres Managers) ist, dass sie in der zweiten Hälfte komplett aus der Handlung verschwindet. was eigentlich erst auffällt, als sie zum Schluss noch mal kurz auftaucht. Dabei dachte ich in der ersten Hälfte noch, dass der Film darauf hinaus läuft, dass sie als (vermeintliche) Protagonistin den Verstand verloren hat.