Fantasy Filmfest 2017: Schneeflöckchen
Themen: Fantasy Filmf. 17, Film, TV & Presse |Deutschland 2017. Regie: Adolfo J. Kolmerer. Gast-Regie: William James. Darsteller: Reza Brojerdi, Erkan Acar, Xenia Assenza, David Masterson, Alexander Schubert, Adrian Topol, Gedeon Burkhard, Eskindir Tesfay, Selam Tadese, Mathis Landwehr, Judith Hoersch, David Gant, Bruno Eyron, Martin Goeres
Offizielle Synopsis: Das Berlin der nahen Zukunft sieht aus wie Hamburg während des G20-Gipfels. Die Kettensäge locker über der Schulter hängend, schlagen und schießen sich die Kleinganoven Tan und Javid durch die Spreemetropole, in der es nicht mal mehr anständigen Döner gibt. Stattdessen entdecken sie in einer geklauten Karre ein Drehbuch, in dem sie ihre eigenen Dialoge Wort für Wort wiederfinden. Exakt das Gespräch, das sie in eben jenem Moment führen! Und ihren Tod.
Parallelstory: Eliana und ihr Bodyguard suchen in Osteuropa nach einem Auftragskiller. Eliana will Rache für den Mord an ihren Eltern. Außerdem gibt es noch den Stromstöße schießenden Superhelden Hyper Electro Man sowie eine Menge weiterer illustrer Gestalten, die die Schwelle zum Wahnsinn längst überschritten haben.
Kritik: "Schneeflöckchen", so erklärten es die Macher im Q&A, hat keinerlei Förderung bekommen. Kein Sender wollte das Projekt anfassen, keine Produktionsfirma sich daran die Finger verbrennen. Darum wurde über vier Jahre an Wochenenden gedreht. Keiner der Beteiligten hat bisher daran verdient – und noch kein Verleih den Film aufgegriffen.
Auch DAS ist, was mit dem deutschen Film falsch läuft.
"Schneeflöckchen" ist der Film, auf den ich gewartet hatte, für den ich 40 Jahre meines Lebens deutsches Selbstfindungsgewichse und Historiendramen angeschaut habe, weshalb ich auf dem FFF auch die heimischen Beiträge nie auslassen konnte. Er ist der heilige Gral, das Eldorado, der Topf voll Gold am Ende eines Regenbogens aus Scheiße.
"Schneeflöckchen" ist das Berliner Kindl von Quentin Tarantino und Kevin Smith. Keine Hommage, kein Abklatsch, keine Kopie – ein eigenständiges, kräftiges Werk, randvoll und manchmal berstend mit grandiosen Ideen, hysterischen Meta-Ebenen und so vielen Einfällen nebenher, dass man daraus noch drei andere Filme bestücken könnte.
Science Fiction, Thriller, Komödie, Buddy-Film? Alles zugleich und Meta-Film über den Film obendrein, eine Meditation über den Freien Willen und Determinismus. Der Film erkennt sich als Film, will mit der eigenen Wirklichkeit brechen – und kann es doch nicht. Am Ende ist immer der Autor schuld. Unter der Haube weit mehr als nur ein blutiges Märchen.
Es ist fast schon Realsatire, dass sich ausgerechnet in dieser glattpolierten Perle die Besetzung des ausgelutschten RTL- Serienfernsehens ihre Credibility zurück erobert: Mathis Landwehr aus "Lasko – die Faust Gottes", Bruno Eyron aus "Balko", Sven Martinek aus "Der Clown", Gedeon Burkhard aus "Alarm für Cobra 11". Besonders Letzterer empfiehlt sich als Charakterdarsteller für die Nachfolge von Sky Dumont und Götz George.
Setzt mir die Schrotflinte auf die Brust und fragt mich: "Und was gibt’s zu meckern, Dewi?". Vielleicht hätte man im Finale noch zehn Minuten rausschneiden können, um ein paar der Monologe zu straffen. Und vielleicht wäre es vernünftig gewesen, die Eliana/Carson-Episode nicht über weite Strecken in wenig überzeugendem Englisch zu drehen. "Schneeflöckchen" ist auch kein doller Titel. Aber so etwas zu bemäkeln entspricht einer Aussage im Louvre "Na ja, die Brücke im Hintergrund der Mona Lisa hätte man zwei Zentimeter höher malen können". Fuck off.
Wenn ich einen "must see" auf dem Festival küren darf, dann ist es dieser. Nicht nur, weil es ein grandioser Film ist – sondern weil er für etwas steht. Weil er so unerwartet kam. Weil er eine Tür öffnen könnte. Wir haben das Einhorn gefunden.
Fazit: The real deal. Die Belohnung. Das Ende aller Heuchelei, es ginge in Deutschland nicht besser. Eine Kampfansage. Was für ein unfassbar großartiger Film. Stolze 10 von 10 Punkten.
Fragt Philipp: "Endlich ein deutscher Genrefilm, für den man sich nicht nur nicht schämen muss, sondern den man guten Gewissens empfehlen kann."
und ich kann den nicht sehen:-(
F*CK yeah! Wir haben den sowas von gefeiert in Berlin. Wenn daraus nix wird mit Blick auf Verleih etc….
Naja.. Bestätigt sich halt jedes Vorurteil, das ich seit jeher gegen "Deutschen Film" mit mir rumtrage.
Ich muss Torsten in allem vollkommen zustimmen. Hab in vor zwei Tagen in Belin gesehen und konnte gar nicht abwarten, hier das Review zu lesen… Danke!
Hui. Hätte schon was von dem Film gehört, aber nie den Trailer gesehen. Vielleicht lag es am Titel. Doch Trailer und das Review lassen mehr als nur neugierig werden. Noch kein Verleih? WtF?
shishishit, verpasst. hatte sogar schon die karte und bin auf arbeit aufgehalten worden
Mega gigantisch!!!!!
Ich war in Frankfurt ….. Hammer Deutscher Film. Nur zu empfehlen. Wer Zeit hat muss entweder am 23.09 nach Köln oder am 30.9 nach Nürnberg.
Wo ich auch nochmal hin fahre weil einmal ist viel zu wenig. Danke an den Autor und allen anderen die den besten Film aller Zeiten auf die Beine gestellt haben.
Liebe Beate,
danke für den Support. Ihr macht den Film zu etwas Besonderen. 4 Jahre unserer Lebenszeit haben sich mehr als gelohnt und das Publikum sieht unsere Liebe. Das ist so schön. Danke!
Danke für diese mutige, großartige, schöne Kritik. Das ganze Team ist sehr gerührt von so einem Feedback auf unseren Film.
Herzlichen Dank dafür!
Wer ihn verpasst hat, hat nichts verpasst. Bemüht, aber klebt zu sehr an den Vorbildern.
Dr. Acula, könnte man den nach Nürnberg schmuggeln? 😉
kriegen wir hin;-) 30.09 beim Fantasy Filmfestival in Nürnberg!:-)
Riecht fischig.
Deine Unterbuchs? Glaube ich gern.
"Unnabux" heischd datt, dau Dösbraddl… wenn eisch dau wär', dähd eich meisch framdschahmen…
Ich liebe diesen Film !!! Danke für den crazy shit. Ab auf dvd damit!!
What he said. Hier haben wir mal einen deutschen Genrefilm, der weder verkopfte Kunst sein will noch beim Nachbauen internationaler Vorbilder auf die Schnauze fällt. More Entertainment than you deserve. 10/10.
Auch hier in Nürnberg hat sich die Mundpropaganda bezahlt gemacht: Um 12.30 war das Kino rappelvoll. Nachdem ich dieses Jahr beim FFF leider nur die letzten 2.2 Tage mitnehmen konnte, bin ich sowas von froh, dass der dabei war. Was für ein Spass!
Wie schon berechtigterweise bemerkt wurde, lässt es tief blicken, dass der einzige anständige Genrefilm auf dem Festival vier Jahre lange lang für´n Appel und ´n Ei gedreht werden musste und immer noch kein Verleih das Ding regulär ins Kino bringen will. Wie der Darsteller des älteren Polen-Bruders gesagt hat: Solche Filme muss es doch in Deutschland auch geben. Damn Right!
"Next up: 47 meters down"
Ich meine gelesen zu haben, dass du noch die restlichen Reviews nachschieben wolltest und auch ein Fazit ziehen. Letzteres fehlt mir irgendwie als "closure"… Holst du das noch nach? Ein Fazit würde mich interessieren.
Absolut. Vermutlich noch diese Woche.
Eben beim Durchstöbern der Kinostarts des Monats gelesen: "Schneeflöckchen" hat endlich einen Verleih und soll ab dem 30.09. einen Kinostart bekommen. Ich freue mir ein Loch in den A… wenn das stimmt.
Es gibt auch eine Liste mit Vorführungen bei Demand Film . Die meisten Vorführungen haben aber anscheinend noch nicht die Mindest-Zuschauerzahl erreicht um tatsächlich stattzufinden.
Interessant. Kino on demand – hab ich auch noch nicht gehört. Und keine Vorstellung in Hamburg? Sehr schade.
Blu Ray ist bestellt.
Wehe der taugt nichts.
Das wäre ja nicht mein Problem – ich habe die Scheibe heute bekommen.
Leider kann ich nicht in deine Lobeshymnen einstimmen. Ich hab das Teil zu Hause allein gesehen, vielleicht ist das das Problem. Zu keiner Zeit kann mich der Film in irgendeiner weise mitreißen. Die Dialoge kommen gestelzt rüber, es wirkt alles bemüht und in meinen Augen fehlt das Timing bei den Gags völlig. Klar es ist immer noch besser als was sonst so geliefert wird. Aber ich kann mich trotzdem mit dem Film anfreunden. Trotz des extrem schnarchigen Sibiria vorneweg.
es fehlt das NICHT vor anfreunden
Es steht ja jedem frei, eine andere Meinung zu haben. Aber die offizielle Kritik ist sich bei Schneeflöckchen erfreulich einig.
kein problem …ich hatte mich jedenfalls sehr drauf gefreut …
"Schneeflöckchen" habe ich jetzt auch endlich mal gesehen und ohne den Festival-Bonus würde ich den als mittelprächtig einstufen. Er ist ziemlich irre und die Handlung um die beiden Killer finde ich trotz leichter Schwächen bei den Dialogen gut gelungen, aber der Teil in Schottland zieht den Film unnötig in die Länge und drosselt das Tempo enorm (ganz von den furchtbar gestelzten englischen Dialogen abgesehen). Beim FFF hätte er mir sicher besser gefallen und unter den Blinden (=deutscher Genrefilm) ist der Einäugige nach wie vor König, aber so würde ich ihm 7/10 geben.
Das entspricht ja auch diesem meinem Absatz:
"Vielleicht hätte man im Finale noch zehn Minuten rausschneiden können, um ein paar der Monologe zu straffen. Und vielleicht wäre es vernünftig gewesen, die Eliana/Carson-Episode nicht über weite Strecken in wenig überzeugendem Englisch zu drehen. „Schneeflöckchen“ ist auch kein doller Titel."
Stimmt, da sind wir mal wieder ziemlich gleicher Meinung. Der Film ist echt nicht übel, könnte mit leichten Änderungen aber deutlich besser sein. Trotzdem, Hochachtung vor der vollbrachten Leistung
Wenn ich nicht sehr irre, und ich müsste mich sehr irren, wurde der Film vor einiger Zeit auf NDR Kultur besprochen und empfohlen.