29
Sep 2010

Klum-pa-Klatsch me if you can – Update

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Es gibt Blogs, die würde ich betreiben, wenn ich die Zeit dafür hätte. Und mich jemand bezahlen würde. Dazu gehört allemal ein Blog über die Verlogenheit der Yellow Press. Einige von euch werden sich an meinen ersten Beitrag zu diesem Thema vielleicht erinnern.

Nun gibt es Antje Tiefenthals Klatschkritik, aber das geht mir nicht genug an die Substanz. Kritisiert werden hier nur einzelne Versäumnisse der Blätter – das Existenzrecht von Magazinen, die praktisch komplett aus Hörensagen und Gerüchten bestehen, wird nicht in Frage gestellt. Dabei wäre genau das der Punkt, an dem ich ansetzen würde. Es sei auch erwähnt, dass ich ihr bei einem Beitrag kürzlich vehement widersprechen musste. Schaut mal rein, war eine lebhafte Diskussion.

Kurzum: Klatschkritik ist (noch?) nicht, was ich machen würde. Ich würde lieber JEDE Woche die Schlagzeilen auf den Covern der Yellow Press mit den zugehörigen Geschichten vergleichen. Das ist schon unglaublich genug. Bessere Beispiele, wie man Banalitäten substanzfrei zu Katastrophen aufbläst, gibt es nicht. Bittere Tränen, grausame Schicksale, böse Skandale – und dahinter steckt grundsätzlich kein kluger Kopf, sondern eine doofe Seifenblase.

Diese Woche waren wieder zwei schöne Beispiele zu finden. Aufhänger (und für die Klatschpresse Gottesgeschenk) ist Stephanie zu Guttenbergs Kritik an der Übersexualisierung der Jugend. Neben ein paar brauchbaren Thesen hat sie auch albern gegen die Kleidungsgewohnheiten von Lady Gaga und Heidi Klum geschossen. Der Ministergattin sind einige Stars zu offenherzig und pseudo-pornografisch gekleidet. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Banale Angelegenheit.

Was titelt die “Neue Post” dazu?

IST HEIDI KLUMS KARRIERE JETZT AM ENDE?

Eine Frage, kein Aussage. Klar. Für eine Aussage müsste ja was dran sein. Mit der gleichen Lässigkeit könnte ich fragen “IST HEIDI KLUM EIN ARISCHER KLON AUS HITLERS LABOREN?”

Schlägt man den Artikel im Heft auf, schrumpft die Sorge um die Karriere der Blondmaid schnell auf “heftige Kritik” zusammen. Namenlose “alle” werden bemüht, um eine Frage zu unterfüttern, die sich in Wirklichkeit niemand außerhalb der Frauenredaktionen stellt:

“Nun diskutieren alle über Heidis Sex-Chic. Und fragen sich: Gefährdet die Kritik der Minister-Gattin jetzt sogar ihre Karriere?”

Von der reißerischen Frage, ob Heidi Klums Karriere beendet sein könnte, ist jetzt nur noch eine theoretische Gefahr übrig, die angeblich von irgendwem diskutiert wird. Und zum Abschluss des Artikels wird es geradezu prophetisch: “Zu viel Offenherzigkeit hat schon mancher Karriere geschadet.”

Außer Spesen also nichts gewesen. Das kennen wir schon. Was mich allerdings ein ganz klein wenig fassungslos macht: Bettina Hennig, die Autorin dieses Artikels, promoviert(e?) zum Thema “Klatschjournalismus”. Was mich irgendwie an die Aussage von Hajo Friedrichs erinnert, dass sich ein guter Journalist nicht mit einer Sache gemein machen sollte…

Andererseits: Frau Hennig hat auch einen Roman geschrieben, der “Luise, Königin aus Liebe” heißt.

78103_135x177 Schlimm, aber noch nicht schlimm genug. Den Preis für die abstruseste Cover-Unterstellung zum Streit Guttenberg/Klum bekommt NATÜRLICH “Life & Style”, jenes “Ein Freund verriet..”-Blättchen, welches ich in meinem ersten Beitrag bereits zur hässlichen Krone der Klatsch-Schöpfung erklärte. Dessen Texte bewegen sich in einer Twilight Zone aus vagen Andeutungen, die Realitätsnähe nicht einmal mehr vortäuschen. Wer für sowas schreibt, muss schon ausreichend Abstand zu jedem journalistischen Anspruch genommen haben.

Ihr seht es selbst:

“Wird ‘GNTM’ verboten?”

Man braucht den Artikel gar nicht lesen, um die Antwort zu kennen: nein. Die grundlegende Frage wäre ja auch: von wem? ProSieben, den Landesmedienanstalten, der Bundeskanzlerin, Heidi Klums Papa? Wer hätte das Interesse und die Möglichkeit, so eine Sendung zu verbieten? Niemand. Somit erklimmt “Life & Style” einen ganz neuen Gipfel rhetorischen Dummfugs: Es wird ein Drohszenario aufgebaut, das nicht mal theoretisch denkbar ist. Wow.

Da ist es allenfalls ein amüsante Randerscheinung, dass Frau zu Guttenberg auf dem Cover erheblich jugendgefährdender als Heidi Klum ein üppiges Dekolleté in die Kameras hält…

Der Bauer-Verlag beschreibt “Life & Style” übrigens so (Hervorhebungen von mir):

“Mit einem Abo von Life & Style kommt das neue Must-Heft für alle, die sich für den Look und das Leben der Stars interessieren jede Woche direkt zu Ihnen nach Hause. Für alle, die selbst gerne gut aussehen und viel Freude am Leben haben, ist Life&Style genau das Richtige.”

Und damit sich die etablierten Kollegen der “seriösen” Presse nicht allzu sehr auf die Schulter klopfen, dass sie “sowas” ja nicht nötig haben, verweise ich gerne auf diesen Beitrag von “Focus” aus dem Jahr 2006:

“Politiker wollen Klum-Show verbieten

Es ist keine Pointe mehr, wenn ich euch verrate, dass auch hier der Artikel die Titelzeile nicht deckt. Cornelia Pieper (FDP) wird mit der Aussage zitiert: „Die Sendung sollte aus dem Programm genommen werden, weil sie junge Mädchen verbiegt.” Julia Klöckner von der CDU meldet sich: “Ich fordere einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Psyche und Gesundheit der jungen Mädchen.“

Von Verbot ist weit und breit nicht die Rede.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

50 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Uli
Uli
29. September, 2010 13:06

Bleibt noch die Frage offen ob man sich Sorgen machen sollte wenn die bessere Hälfte solche Magazine liest…
Mindestens genauso schlimm finde ich übrigens die dazugehörigen TV Magazine wie “Prominent!”.

Wortvogel
Wortvogel
29. September, 2010 13:10

@ Uli: Die interessantere Frage finde ich, was Frauen überhaupt antreibt, sowas zu lesen…

Snyder
Snyder
29. September, 2010 13:12

Fetischbefriedigung …

gnaddrig
gnaddrig
29. September, 2010 13:25

das neue Must-Heft ist klasse. Ist da ein gemeintes must-have verrutscht? Ist das ein Fehler oder der Versuch eines Wortspiels?

Stefan
29. September, 2010 14:08

Bei aller Verachtung, aber das Wortspiel Must-Heft von “must have” abzuleiten…”Genial”

plumtree
plumtree
29. September, 2010 14:30

Danke, dass Du genau hingeschaut hast. So ein Blög wäre toll
Am allermerkwürdigsten finde ich die Tatsache, dass meine Mutter z.B., eine treue “Goldenes Blatt” Leserin, jeden Mist der da drin steht auch wirklich glaubt.
Die ist eigentlich nicht sehr leichtgläubig und trotzdem glaubt sie fest, dass Victoria von Schweden heiraten musste weil sie schwanger ist, dass William und Kate längst heimlich verheiratet sind (DgB hat das bereits mehrfach gemeldet) usw.
Ich stehe fassungslos davor und finde keine Erklärung, dass eine intelligente Frau sich jede Woche von diesen “Zeitschriften” verarschen lässt.
Auf Nachfrage sagt sie jedesmal: “Ja aber steht doch so im “Goldenen Blatt” und dann muss ja was dran sein” *aaaaargh*
Ich begreife es nicht!

Aber mit so einem Blog hätte ich mal ‘ne Handhabe, obwohl die Leserinnen vermutlich unter ähnlichem Realitätsverlust leiden wie Verschwörungstheoretiker…

Baumi
29. September, 2010 14:44

Kleine Erbsenzähleei am Rande: Lt. verlinktem Interview heißt die Dame Bettina Henning, nicht Brigitte.

Ansonsten danke dafür, dass Du Dich mit sowas rumschlägst, damit ich’s nicht lesen muss. 🙂

OnkelFilmi
29. September, 2010 14:52

Viel interessanter finde ich da doch die einstweilige Verfügung, die Sibel Kekili letzte Woche gegen RTL erwirkt hat. Die Kölner hatten nämlich zu einem Bericht über eine Preisverleihung an Frau Kekili mal wieder einen Ausschnitt aus einem ihrer Pornos gezeigt, was der guten Frau natürlich ziemlich auf die Parade geregnet hat (schliesslich ist sie jetzt “Tatort”-Komissarin).

Klar, es ist nur ein billiger kleiner Quotentrick von RTL, immer wieder auf Kekilis Schmuddelkarriere hinzuweisen, aber die gute Frau kontert mit dem Argument “Das ist acht Jahre her, es ist endlich mal gut”. Auch wenn es acht Jahre her ist, seitdem sie das letzte mal den Rosettentango vor der Kamera getanzt hat, bedeutet das nicht, daß ihre Vergangenheit jetzt obsolet ist. Das ganze riecht arg nach Geschichtsklitterung, denn ihre Pornos selbst kann sie ja nicht verbieten lassen (schliesslich hält sie nicht die Rechte daran, und hat ja auch Geld für ihre “Schauspielkunst” bekommen). “Ich war jung, und brauchte das Geld”. Brauchten Sascha Hehn, Sylvester Stallone, Traci Lords oder Heiner Lauterbach auch – nur versuchen die nicht der “Presse” das Maul verbieten zu lassen.

Wortvogel
Wortvogel
29. September, 2010 14:56

@ Baumi: Danke, ist korrigiert.

@ Filmi: Jein. Hehn und Lauterbach z.B. haben das Problem praktisch nie – ich bin nicht sicher, ob die nicht auch dagegen vorgehen würden. Zumal Hardcore doch eine andere Baustelle ist. Ich stimme aber zu, was eine gewisse Heuchelei von Frau Kekili angeht. Sie zieht sich ja auch gerne darauf zurück, sie hätte sich (glaube ich) mit den Pornos auch an ihrem Vater rächen wollen. Beichtzeit: Ich habe mir aus reiner Neugier vor Jahren mal einen Kekili-Porno angesehen, und soweit man das beurteilen kann, war die mit Feuereifer dabei. Die wirkte nicht verzweifelt, zynisch, teilnahmslos oder blöd, sondern sehr… begeistert.

Trotz und alledem: Es ist durchaus an der Zeit, das mal ruhen zu lassen.

Howie Munson
Howie Munson
29. September, 2010 15:20

Das “Must-Heft” ist nicht Wortspiel mit “must-have” sondern offene Ehrlichkeit, die durch Tippfehler (in Form des benachbarten Vokal auf der Tastatur) scheiterte…. *g*

dermax
dermax
29. September, 2010 15:56

Ich erklär mir das immer mit der jeweiligen Zielgruppe: es gibt ja auch vor allem im weiblichen Segment eine Mehrheit, die keinerlei Verständnis dafür aufbringt, daß man sich brennend dafür interessiert, wie 22 erwachsene hochbezahlte Männer einer Plastikkugel hinterher rennen und zu dem Thema wöchentlich gewisse Zeitschriften kauft.
Der antrieb ist derselbe: zeitvertreib und man ist von der strasse weg…

anderl
anderl
29. September, 2010 15:57

und? Ist die klum jetzt ein arischer klon aus hitlers laboren?

DMJ
DMJ
29. September, 2010 16:14

Die Kekili-Sache ist mir auch unschön aufgefallen.
Zweifellos ist es schlechter Stil, ihr immer wieder den alten Porno vorzuhalten, aber schlechter Stil muss leider auch erlaubt sein.
Also eine echte berechtigte Handhabe dagegen sehe ich da nicht…

Achim
Achim
29. September, 2010 16:24

Must-Heft? Wem ist diese geniale Schöpfung denn gekommen?

Ich persönlich glaube ja, dass die Leserschaft zum großen Teil diesen Unfug nicht nicht ernst nimmt. Meine Mutter hatte auch immer Das Neue Blatt gelesen, das einzige, was sie ernst nahm, waren die Kreuzworträtsel, auch wenn sie den Unfug durchaus gelesen hatte.
Nur wenn man in Fernsehbeiträgen Gestalten wie Frau Weischenberg dummes Zeug reden sieht und hört, muss man den Eindruck bekommen, die Redakteure nähmen den Unsinn ernst. Die Krönung sind ja immer Promipsychologen, die den Stars nie begegnet sind (sonst unterlägen sie ja ihrer Schweigepflicht) und trotzdem “messerscharfe” Analysen zum besten geben, das ist Küchenpsychologie vom Allerfeinsten, dass sich dafür studierte und diplomierte hergeben, das verwundert am Meisten.

Mein Ansatz, solche Blätter zu beschreiben wäre der, dass darin zwar Unsinn steht, es aber durchaus Freude bereitet, diesen Unsinn zu lesen.

reptile
reptile
29. September, 2010 16:38

So ein Blog wäre wirklich interessant. Quasi Bildblog für die Klatschblätter.

Erschreckend finde ich aber, dass die Geschichten in diesen Zeitungen von einer breiten Masse als Fakt aufgenommen werden. Gerade auch von den älteren Leserschaft.

Person 1 liest einen Artikel und erzählt es als “wirklich wahr” Person 2. Das ist so ähnlich wie mit dem ganzen verdecktem reality TV Kram. Das halten erstaunlich viele für Real.

Marcus
Marcus
29. September, 2010 20:05

@Filmi: ich wollte eigentlich was auf deinen Post erwidern, aber dann registrierte ich das Wort “Rosettentango” und musste lachend abbrechen.

@Wortvogel: “Trotz und alledem: Es ist durchaus an der Zeit, das mal ruhen zu lassen.”

NEIN! NIEMALS!

Und um dafür ein Zeichen zu setzen, solltest du fortan nur noch unter Nennung des Namenszusatzes “Regisseur von Piranhas II” über James Cameron berichten. Und tust du das nicht, so soll die Rache seines Kumpels Arnold Schwarzenegger (“Red Sonja”) furchtbar sein. 😎

Wortvogel
Wortvogel
29. September, 2010 20:18

@ Marcus: Du junger NARR! Wie kannst du so von Arnold “Hercules in New York” Schwarzenegger reden?!

Marcus
Marcus
29. September, 2010 20:32

Was willst du machen? Mir George Clooney (“Die Rückkehr der Killertomaten”) auf den Hals hetzen? 😎

Bettina
Bettina
29. September, 2010 21:42

So, ich als Frau sag da jetzt mal:
Ich weiß, was die für einen Scheiß schreiben, les es aber trotzdem. Es ist unterhaltsam.

Aber auf Sybille Weischenberg lass ich nix kommen, die hat oft gesunden Abstand und verachtende Analysen bei ihren Frühstücksfernsehen-Auftritten.

Constanze Rick dagegen, diese Carry Bradshaw für Arme bei “Prominent”, geht gar nicht. (Ich schau’s aber trotzdem…)

Twix
Twix
29. September, 2010 22:14

Ist das Leben (selbst wenn frau statistisch 85 Jahre alt wird) nicht zu kurz für “Prominent” und ähnliches?

Marcus
Marcus
30. September, 2010 00:29

@Bettina: ist es schlimm, wenn ich als Kerl auch ohne Googeln nicht fragen muss, wer Carry Bradshaw ist?

@Raider (höhöhö): du glaubst ja gar nicht, wieviel Zeit man sparen kann, wenn man nicht…..

…..

….. verdammich, mir fällt kein Gag ein, um diesen Satz zu beenden, der nicht zu frauenfeindlich wäre, um ihn hier zu schreiben. 🙁

Dietmar
Dietmar
30. September, 2010 01:47

Bin zu müde, jetzt alles zu lesen. Aber mein jetzt im Ruhemodus laufendes Hirn vermeldet: Die Kekili sieht süß aus, ich muss den alten Streifen wohl doch mal ansehen.

Um der Wahrheitsfindung zu dienen, natürlich.

Achim
Achim
30. September, 2010 07:37

@Marcus:

Ich habe die Serie gesehen, komplett, und beide Kinofilme, im Kino, freiwillig!

Sergej
Sergej
30. September, 2010 09:07

Einen Blog, der sich mit den Untiefen der Yellow-Press beschäftigt, kenne ich auch nicht. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gibt es aber eine Collage, so nenne ich das mal, mit den schönsten Geschichten aus den bunten Blättern.
http://www.faz.net/s/Rub25200362CAC1438CABB67E470C13A374/Tpl~Ecommon~SGlossar~Alook~E0.html

Lazy
30. September, 2010 09:13

guter artikel. so etwas wie “Gossip Gop” fehlt bei uns in DE sicherlich.. wäre schön, würde sich dem jemand annehmen. Gleichzeitig bin ich froh, dass Sie nicht meinen unkompetenten Klatschblog entdeckt hast 😉

Wünsche dir einen schönen Tag. Hat Spaß gemacht, diesen Post von Ihnen zu lesen.

Lg,
Chris

Nanea
Nanea
30. September, 2010 09:43

Es sind ja mittlerweile nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen aus den Häusern Bauer, Burda, Gruner& Jahr, Klambt…, die die ganz schlimmen Dinge abliefern, nein, der ziemlich tief gesunkene Spiegel schreibt fröhlich über Dinge, die bei Daily Fail und ähnlichen Blättern schon nicht stimmten.

Gawker (New York) hat vorgestern zum Thema, welche US-Klatschblätter am meisten lügen, einen kurzen Blog-Eintrag samt Grafik gebracht. Zwei von den fünf untersuchten Blättern werden von Bauer herausgegeben, wen es interessiert: http://gawker.com/5638480/which-tabloids-lie-the-most
und für die eher visuell veranlagten eine Collage der falschesten Cover zum Brangelina/Jennifer Aniston-Beziehungsdreieck, welches ja auch an deutschen Klatschblättern nicht spurlos vorbeigeht, wieder unter tatkräftiger Mithilfe des Bauer-Verlages: http://cache.gawkerassets.com/assets/images/7/2010/09/tabs_brangelina_big.jpg

JJ Preston
JJ Preston
30. September, 2010 10:13

Klatschblätter – das “Second Life” für die reale Welt für die gleiche Zielgruppe: Die, die schon kein First Life haben…
Wie viele systemrelevante Arbeitsplätze und Existenzen in Deutschland hängen davon ab, ob Demi Moore und Ashton Kutcher per SMS zwischen Wohn- und Schlafzimmer darüber streiten, ob sie sich ihr Essen vom Chinesen oder Koreaner liefern lassen?

gerrit
gerrit
30. September, 2010 11:08

Und ich hab gestern einer Kundin dreimal dasselbe Heft verkauft. Engelchen und Teufelchen rangen auf meinen Schultern, sachste was, sachste nix.

Andererseits, dacht ich mir dann, wenn einer drei Beck’s kaufst, sachste ja auch nix.

gnaddrig
gnaddrig
30. September, 2010 12:32

@ gerrit: Schwieriges Problem. Hättste ihr was gesagt, hätte sie am Ende vielleicht drei verschiedene Hefte gekauft und dreimal soviel Müll gelesen. Andererseits: So hat sie denselben Müll dreimal gelesen und ihn sich dadurch wahrscheinlich für immer ins Gedächtnis gebrannt.

Howie Munson
Howie Munson
30. September, 2010 14:12

naja die Frau könnte die Hefte ja auch für andere mitgekauft haben… oder sie will den Verlag verklagen und braucht Beweisexemplare… oder sie schneidet die Fotos aus und möcht eine Ausgabe intakt behalten…

Hugos Boss
Hugos Boss
30. September, 2010 14:16

Da er so exorbitant blumig geraten ist, hier ein Link zum aktuellen Artikel auf welt.de über über die Streitigkeiten im Hause Joop. Höchst amüsant:

http://www.welt.de/vermischtes/prominente/article9968595/Tochter-Jette-will-Wolfgang-Joop-vom-Hof-jagen.html

Walter
Walter
30. September, 2010 14:54

Wortvogel gib es zu, Du willst doch nur ein Grund haben, um in den Blätter lesen zu können.

Jan
Jan
30. September, 2010 16:07

@dermax (11)
Sorry, aber ich finde Dein Vergleich hinkt. Du vergleichst generell Nerds zu einem bestimmten Thema mit Leuten, die Fehlinformationen konsumieren. Wenn der Kicker voll wäre mit aus der Luft gegriffenen Transfergerüchten oder falschen Spielergebnissen, dann hätte er wohl ein Problem. DENN: Diese Dinge kann man ziemlich einfach nachprüfen. Ob Sarah Connor beim knutschen tatsächlich keine Streichwurst im Darm geplatzt ist kann niemand beweisen.

nona
nona
30. September, 2010 16:11

Ich tu’ mich ja immer etwas schwer mit dem Infragestellen von Existenzberechtigungen. Muss es gleich so ein Holzhammer sein, der kollateralschädigend auch gleich die Grundfesten einer freiheitlich-demokratischen Ausrichtung erbibbern lassen kann? Ich wäre da ja eher für weichere Ansätze, wie Kennzeichnungspflicht oder Verschärfung des Rechts auf Widerspruch bzw. Gegendarstellung und dergleichen. (Also weniger Caroline-Urteil im Sinne von “dürfen garnicht berichten sofern nicht öffentlich” sondern mehr noch Caroline-Urteil im Sinne von “Bericht muss faktisch stimmen, auch was Andeutungen oder Unterstellungen angeht, darf nicht auf Rufschädigung abzielen”…)

dermax
dermax
30. September, 2010 16:43

@Jan: Nunja, die einheimische Sport-Presse ist dagottseidank noch relativ unbefleckt, aber die sport-Bild enthält auch schon einiges an Unfug. Und wennst mal nach Spanien oder England guckst, da gibts schon längst Sportzeitschriften, die unseren Klatschmagazinen in Sachen (Un-)wahrheitsgehalt in nix nachstehen. Und Spielergehälter lassen sich keineswegs nachprüfen.
Mir gings aber auch hauptsächlich um die “unverständlich, wie man für sowas geld ausgeben kann”-Parallele.

Klaus
Klaus
30. September, 2010 18:31

Wo bin ich denn hier hingeraten? wer himmelhilf ist Sybille Weischenberg, Constanze Rick, Carry Bradshaw etc. ?

Uff. Schnell wieder zurück zu den NachDenkSeiten…

Achim
Achim
30. September, 2010 23:16

Die Weischenberg ist Society-Expertin, die war schon in vielen Sendungen auf vielen Sendern, die Rick sagt mir nix, Carry ist aus Sex and the City, wovon ich im Übrigen Serie komplett und beide Filme im Kino gesehen habe.

Jan
Jan
30. September, 2010 23:32

@dermax:
Tja, wo BiLd draufsteht ist eben auch BilD drin 😉 Aber im Ernst, ähnliche Machwerke (mit unterirdischem Wahrheitsgehalt) der Sportpresse fallen dann ins gleiche Raster, auch da fraglich, wieso jemand dafür Geld ausgibt. Ich kenne nur eben keine, weil mich das Thema nicht interessiert.

Wortvogel
Wortvogel
2. Oktober, 2010 11:08

@ nona: Doch, ich denke in diesem Fall ist auch die Frage nach der Existenzberechtigung berechtigt. Ich erwarte nicht, dass man ein Blättchen verbietet, das sich im Eifer der Klatschverbreiterei mal zu weit aus dem Fenster lehnt. Aber wenn das Geschäftsmodell einiger Magazine das institutionelle Lügen ist, dann frage ich mich, wo die Existenzberechtigung überhaupt herkommen soll. Man lässt ja auch ein Drogenlabor nicht stehen, weil es Leuten Arbeit gibt und irgendwie doch der freie Markt geschützt gehört.

Fakt ist doch: Wenn man striktere Regeln einführen würde, was wie behauptet werden darf, könnten viele der Blätter nicht überleben. Ich würde das begrüßen.

NEUEPOST-Bettina
NEUEPOST-Bettina
28. Dezember, 2010 15:42

Hallo, lieber Wortvogel, klasse Artikel.

Aber was hat meine Doktorarbeit mit dem Artikel über Heidi Klum zu tun. Und was beides mit meinem Roman über Königin Luise? … Passt wohl alles nicht so in eine Schublade, nicht wahr? Und mal sehen, wie Sie mein jüngstes Werk (http://krimi-tipp.com/ullsteintb/buch.php?id=16433&page=buchthemen&pagenum=1&thema=50&sort=autor&auswahl=A) in Ihre Argumentation mit einflechten. Bin sehr gespannt.

… Ansonsten: Weiter so!

Und ein paar Anmerkungen zur Diskussion.
Zu den geforderten Regeln: Es gibt sie, diese Regeln – im Artikel 5.2 GG.

Zu der Frage, wer liest das? Das Segment der so genannten “unterhaltenden Frauenzeitschriften” ist das mit der größten Expansionsrate. Es gibt z.Zt. 37 konkurrierende Heft mit einer Gesamtleserschaft über 25 Millionen. Und die werden nicht nur verschämt in Arztpraxen gelesen.

LG. Bettina Hennig (NEUE POST)

Wer

PabloD
PabloD
28. Dezember, 2010 16:56

Juchu, eine neue Diskussionsrunde bahnt sich an. Wenn auch vermutlich nicht ganz so ausufernd wie mit MV… 🙂

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2010 16:57

@ NEUEPOST-Bettina: Es freut mich, einen Kommentar von Ihnen zu lasen, Frau Hennig. Noch mehr gefreut hätte mich, wenn Sie auf die Kritik an Ihrem Artikel eingegangen wären.

“Zu den geforderten Regeln: Es gibt sie, diese Regeln – im Artikel 5.2 GG.”

Die reichen aber augenscheinlich nicht aus. Deshalb sprach ich explizit von “strikteren Regeln”.

“Das Segment der so genannten “unterhaltenden Frauenzeitschriften” ist das mit der größten Expansionsrate.” – Erfolg ist kein Maßstab für Qualität, Wahrheit, oder Anspruch. Und eine Rechtfertigung für Leserbeschiss ist er schon gar nicht.

Ich stelle die Frage ohne Arroganz oder Vorurteil: Sind Sie eigentlich stolz, wenn Sie so einen Artikel geschrieben haben?

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2010 16:58

@ Pablo: Ich glaube nicht, dass Frau Hennig sich da auf eine Diskussion einlassen wird. Spannend wäre es aber.

Bettina.Hennig
Bettina.Hennig
28. Dezember, 2010 18:05

Lieber Torsten,

Stolz – darum geht es nicht. Vielleicht aber um Vorurteil.

Ich schreibe im Gegensatz zu vielen Kollegen, die für Objekte arbeiten, für die halt alle arbeiten wollen – wie Spiegel, Zeit etc. – nicht für Preise und auch nicht, um mir von anderen Kollegen (oder Medienjournalisten) auf die Schulter klopfen zu lassen, sondern ich schreibe für meine Leserinnen und Leser. Und die mögen meine Artikel sehr. Ich bekomme ausgesprochen viel Leserpost. Nicht nur lobende, das gebe ich zu. Aber 95 Prozent finden es gut, was ich mache. Und nicht nur die. Viele Prominente geben NEUE POST gerne Interviews, eben weil wir als seriös empfunden werden. Und das sind nicht nur irgendwelche trashigen B-Promis, sondern ernstzunehmende Schauspieler, wie etwas Maria Furtwängler oder Fassbinderschauspieler Karlheinz Böhm. Er hat uns nach zehn Jahren Funkstille, das erste Interview gegeben. NEUE POST gilt als seriös? Das mag für sie befremdlich sein, aber Ihnen scheint ohnehin das gesamte Segment befremdlich zu sein. Aber wenn Sie Fragen haben, dann beantworte ich diese ihnen gerne.

Eine Frage zu den Regeln, die Sie fordern: Was stellen Sie sich vor? Es gibt ja Presserat, Presserecht und die durchaus sehr restriktiven Caroline-Urteile, nach denen wir uns richten. Ich bin gespannt auf Ihre Vorschläge.

Übrigens: Auch ich hätte mir gewünscht, dass Sie auf meine Fragen eingegangen wären. Was hat meine Diss mit meiner Arbeit für NEUE POST und die wiederum mit meinem Roman zu tun?

Liebe Grüße, Ihre Bettina Hennig

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2010 18:20

@ Bettina.Hennig: Danke für die Antwort.

Es geht in (hoffentlich nicht nur) meinen Augen im Journalismus nicht zuerst um die Frage, ob den Lesern gefällt, was man schreibt. Es geht darum, ob es wahr ist. DANACH kommt die Frage, ob es gefällt.

Habe ich das Recht, Ereignisse und Konflikte zu erfinden, weil sie zu einem Bild passen? Weil sie dem Leser besser gefallen als die Wahrheit? Sollte, wo Fiktion drin ist, nicht auch Fiktion draufstehen?

Sie haben von Tom Kummer gehört? Dessen “Interviews” haben den Lesern auch immer außerordentlich gefallen.

Am konkreten Beispiel: Der oben kritisierte Artikel baut auf der Titelseite ein unhaltbares Szenario auf, rudert im Text dann immer weiter zurück, und am Ende bleiben nur vage Verweise auf “alle” und “manche”. Das ist substanzlos und in meinen Augen unaufrichtig, weil die ganze Geschichte jeder Grundlage entbehrt.

Ich möchte nicht Ihre gesamte Arbeit in Frage stellen – die kenne ich nicht, und die mag auch durchaus anspruchsvoll sein. Aber dieser Artikel ist offensichtlich an den Haaren herbei gezogen.

Finden Sie es persönlich legitim, Dramen nicht zu berichten, sondern zu konstruieren?

Was Ihre Dissertation angeht: Von jemandem, der die Branche studiert hat, hätte ich eigentlich mehr kritische Distanz erwartet. Damit mag ich falsch liegen.

Was dem Roman angeht: Ich finde, der Titel passt hervorragend zum Lebensgefühl ihrer Leser – nicht aber zur Dissertation. Ich fand die Diskrepanz erwähnenswert. Mehr nicht.

Bettina.Hennig
Bettina.Hennig
28. Dezember, 2010 19:01

Lieber Torsten,
so viele Fragen, so viele Bemerkungen, mal sehen, ob ich es schaffe, auf alles einzugehen.

Zunächst einmal der Auslöser unserer Debatte – der Heidi-Klum-Artikel: Ich gebe Ihnen recht. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen Titel und Artikel. Das ist manchmal im Yellowbereich so. Und es ist keineswegs das Ideal. Ideal wäre vielleicht gewesen: Heidi Klum hätte ihren Rücktritt aus dem Showgeschäft bekannt gegeben und wir hätten das Interview dazu bekommen – exklusiv. Aber so war es leider nicht. Und dann greifen die Gesetze des Yellow-Journalismus, wie sie sehen. Wir arbeiten, wie sie bemerkt haben, mit Suggestion. Das mag nicht immer sauber sein. Und die Leser könnten sich verschaukelt fühlen – aber bemerkenswerterweise tun sie das nicht. Sie bleiben uns sehr treu. (Verschaukelt fühlen sich immer nur die Medienkritiker.) Aber wie gesagt: Yellow-Gesetze – nicht immer einfach zu durchschauen, auch für mich nicht. Aber wir bleiben ja hoffentlich noch etwas länger in Kontakt. Und da wird sich vieles klären.

zu Tom Kummer: Mein Lieblingsbeispiel! Das kommt immer, wenn es um Bericherstattung über Prominente und “schlechten” Journalismus geht. Der für mich springende Punkt hier ist: Diese Interviews wurden nicht in einem Yellow-Blatt abgedruckt, sondern im Magazin der SZ, die allen immer als letzter Hort des aufrichtigen, wahren, echten Journalismus vorgeführt wird. Spannenderweise wird dieses Negativbeispiel dann aber immer herangeführt, wenn es darum geht, wie schlampig die Klatschbranche arbeitet. Geschenkt! … Und ob sie gerne gelesen wurden, kann man nicht sagen. Sie wurden auf jedenfall vom damaligen Chefredakteur Ulf Poschard gerne – und unkritisch gelesen. Ich schwöre Ihnen, keiner der Chefredakteurinnen und -redakteure des Yellow-Segmentes, die ich kenne, wäre auf diese Interview hereingefallen – einfach weil diese Redakteure über viel Erfahrung darüber verfügen, was und wie ausführlich Prominente sich zu öffnen bereit sind. Meistens: gar nicht. Oder sie reden belangloses Zeug. Und es war eine Yellow-Redakteurin die diesen Medienskandal aufgedeckt hat. Patricia Riekel.

Ach, ja. Sie vermissen bei mir kritische Distanz. Ja wo denn? Wo hätte ich sie denn zeigen sollen?

Und was meine Diss und meinen Roman betrifft, muss ich ein wenig schmunzeln. Der Roman-Titel funktioniert tatsächlich wie ein Yellow-Titel (geht aber auf die Kappe meiner Lektorin. Aber weil ich weiß, dass es da eher um Marketing geht, finde ich das wunderbar. Besonders in Hinblick auf die Verkaufszahlen). Aber inhaltlich sind sich Diss und Roman sehr, sehr ähnlich. Luise ist sogar ein “Abfallprodukt” meiner Dissertation. In der Diss geht um Adel und adlige Kultur (nicht Adelsberichterstattung!) in einer bürgerlichen Gesellschaft. Und im Roman eben um eine Adelige und deren Lebensstil.

Noch was? Sie werden es mich wissen lassen.

Liebe Grüße,
Ihre Bettina Hennig

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2010 19:23

@ Bettina Hennig: Sehr interessant und ausführlich.

NATÜRLICH habe ich was dazu zu sagen 😉

Aber erst morgen. Und dann vielleicht nach meiner Rückkehr aus London. In der Tat würde ich mich (sofern es Ihre Zeit erlaubt) gerne etwas ausführlicher austauschen.

Ich weiß nicht, ob Sie auch den oben verlinkten Artikel “Klatsch me if you can” von mir gelesen haben – darin finden Sie meine “Credits” in Sachen Yellowpress. Und weitere Beispiele, was mir so aufstösst.

Bettina Hennig
Bettina Hennig
28. Dezember, 2010 20:21

Lieber Torsten,
Artikel habe ich nicht gefunden – es gibt hier so einige.
Aber Sie werden mir bestimmt helfen.
Ansonsten: Gute Reise.
Ihre Bettina Henngi

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2010 20:52
PabloD
PabloD
23. Februar, 2011 14:47