Fantasy Filmfest Nights 2024 (11): BITTEN
Themen: FF Nights 2024, Film, TV & Presse, Neues |Frankreich 2023. Regie: Romain de Saint-Blanquat. Darsteller: Léonie Dahan-Lamort, Lilith Grasmug, Cyril Metzger, Maxime Rohart, Fred Blin
Offizielle Synopsis: Françoise ist sich gewiss: Diese Nacht wird ihre letzte sein. Zu sehr haben sich die albtraumhaften Vorzeichen für ihren Tod gemehrt. Wild entschlossen, ihre letzten verbleibenden Stunden in vollen Zügen zu genießen, flüchtet sie mit einer Freundin aus dem strengen Klosterinternat. Die Teenagerinnen haben von einem rauschhaften Fest in einem Anwesen mitten in den Wäldern gehört. Dort trifft die temperamentvolle, überdrehte Françoise auf ihre erste Liebe: den jungen Vampir Christophe.
Kritik: Auf den hier hatten wir nach dem Trailer RICHTIG Lust – das hatte was von der morbiden Traumatmosphäre der Jean Rollin-Filme, von seltsamen Zwischenwelten, in denen junge Frauen mysteriösen Fremden in die Hände fallen und sich ihrer Lust ergeben. Weichzeichner und Nebelmaschine, Chiffon-Kleider und Kerzenleuchter. Hammer Horror als Avantgarde.
Das alles löst BITTEN auch ein – aber nicht in letzter Konsequenz. Im Gegensatz zur obigen Inhaltsangabe lässt sich trefflich anzweifeln, dass Christophe ein Vampir ist – er ist eher ein cosplayender Nerd und von den Männern, die Françoise umkreisen, der am wenigsten "blutsaugende". Alle gruseligen Elemente, vom verlassenen Landhaus über den dunklen Wald bis zu den zuckenden Alpträumen sind nur Staffage, Bühnenbild, ohne eine tatsächliche phantastische Konnotation zu haben.
Was BITTEN allerdings hervorragend gelingt, ist die Erzeugung einer verunsichernden und überfordernden Atmosphäre, in die Françoise sich wagt. Ich bin vermutlich nicht der einzige, der sich an solche Abende seiner Jugend erinnert: Eine wilde Party in einem Haus, das man nicht kennt – mit Leuten, die man nicht kennt. Alkohol, Musik, ein paar Snacks. In Ecken wird geraucht und geknutscht. Irgendwann leert sich die Tanzfläche, man hat einen leichten Rausch und etwas Kopfschmerzen, denkt Gedanken, die man sich bei Tageslicht nicht erlauben würde. Die Zeit dehnt sich, die Räumlichkeiten werden unwirklich. Gehen? Bleiben? Wo ist der Kumpel abgeblieben? Fährt noch ein Bus? Twilight Zone.
Dieses Gefühl, diese unsichere Ahnung, dass etwas geschehen könnte, ist der Kern von BITTEN. Françoise wird in dieser Nacht nicht sterben – aber etwas von Françoise wird sterben, um neu geboren zu werden. Das Mädchen findet die Frau und damit eigene Verantwortung. Es deuten sich die weiteren Wege an – Christophe wird allein bleiben, Delphine wird ein braves Leben führen, und Françoise muss lernen, die Männer in Hater und Helfer zu unterteilen.
Sieht toll aus, ist toll gespielt, präsentiert tolle Song der Ära. Schade nur, dass das halt NIX wirklich mit Vampiren oder dem phantastischen Genre zu tun hat und damit genau genommen auf dem FFF falsch ist.
Fazit: Ein im Stil des Euro-Gothics der 60er und 70er gehaltenes melancholisches Teen-Melodram, das über die beeindruckend authentische Atmosphäre hinaus keinerlei Genre-Tropen bedient. Wenn Jean Rollin LA BOUM – DIE FETE gedreht hätte… 7 von 10 Punkten, so man den Mangel an echtem Horror durchwinken kann.
Ich war am Sonntag nicht fit genug um zwölf Uhr mittags wieder Gewehr bei Fuß zu stehen. Der Trailer hatte mich ebenfalls angesprochen und deine Kritik lässt mich meine Erwartungen schon mal etwas drosseln um eine allzu große Enttäuschung zu verhindern. Ein Stammgast mit ich mich unterhalten hatte fand ihn zu schnarchig, aber ich bleibe milde gespannt und warte auf eine deutsche Veröffentlichung.