26
Sep 2022

Retro-Review: THE WORLD, THE FLESH AND THE DEVIL

Themen: Neues |

USA 1959. Regie: Ranald MacDougall. Darsteller: Harry Belafonte, Inger Stevens, Mel Ferrer

Story: Der schwarze Ingenieur Ralph Burton wird in einer Mine verschüttet. Als es ihm gelingt, sich an die Oberfläche zu graben, ist die Welt entvölkert. Ralph schlägt sich nach New York durch, wo er sich ein komfortables Leben einrichtet. Er trifft auf Sarah, aber beide tun sich schwer mit dem antrainierten Rassismus, der eine einfache Romanze unmöglich macht. Zusätzlich kompliziert wird die Lage durch die Ankunft von Benson, der einen klaren Anspruch auf Sarah anmeldet.

Kritik: Ich nehme eigentlich keine Review-Requests an, aber ein Kumpel auf Facebook fragte mich kürzlich nach meiner Meinung THE WORLD, THE FLESH AND THE DEVIL, den ich schon ewig hier liegen hatte, weil er ein schönes Double Feature mit THE FIVE abgibt, den ich vor unfassbaren dreizehneinhalb Jahren besprochen habe. Sieht so aus, als würde ich ein wenig hinterher hinken. Grund genug, das jetzt mal aufzuarbeiten.

Tatsächlich ist TWTFATD so etwas wie die Studio-Version von THE FIVE. Man hat deutlich mehr Geld investiert, einen wertigeren Cast, Musik von Legende Miklós Rózsa, und mit dem Fokus auf Rassismus zielt der Film ganz klar auf den breiten Zeitgeist der aufkommenden Freiheitsbewegung der Schwarzen.

Kein Wunder, dass die Production Values enorm sind. Das entvölkerte New York (eine Kombi aus Aufnahmen nach Sonnenaufgang, Matte Paintings und Studio-Straßen) wirkt so apokalyptisch wie deprimierend. Ein Gefühl totaler Einsamkeit dominiert die erste halbe Stunde. Is anybody out there?!

Die Zeichnung der Charaktere ist auch ungewöhnlich vielschichtig und ambivalent. Ralph ist der Ingenieur, der in der Lage ist, die Dinge am Laufen zu halten – für die weiße Gesellschaft. Ihm scheint die Idee, selber "alpha male" zu sein, trotz seiner überlegenen Fähigkeiten zuwider. Benson hingegen ist der "white collar American", der Profiteur der jahrzehntelangen Ausbeutung, das Musterbild des kultivierten Amerikaners der 50er – privilege personified. Sarah schließlich war immer nur die Trophäe, vorgesehen für ein fremdbestimmtes Leben. Mit der Wahl zwischen Ralph und Benson hat sie erstmals eine schicksalsbestimmende Macht.

Man sieht schon: In TWTFATD geht es weniger um externe Gefahren oder ein zu erreichendes Ziel, es geht um die Konflikte dreier Menschen, die annehmen müssen, die letzten auf dem Planeten zu sein. Es gibt nichts mehr zu retten. Schon biologisch, genetisch und rechnerisch dürfte der Neuanfang, den das Ende verheißt, kaum möglich sein. Und so ist die Frage eher: können wir das Experiment Menschheit in Frieden und mit Respekt beenden? Beweisen, dass wir auf der Zielgeraden doch noch die Kurve bekommen haben?

Das ist extrem kurzweilig und fettfrei erzählt, mit starken Performances vor einer unheimlichen, packenden Kulisse. Freunde der postapokalyptischen Nachkriegs-SF (siehe mein Review von THE FIVE für weitere Beispiele) kommen hier voll auf ihre Kosten, vor allem bei der liebevoll restaurierten Version, die mit starken Kontrasten und scharfen Bildern die Leistung der Kameraarbeit würdigt.

Ich möchte aber nicht unterschlagen, dass TWTFATD auch durchaus Ballast mitbringt. Der Fokus auf den Rassismus wirkt manchmal zu gewollt kontemporär – als ob die Hautfarbe nach der Apokalypse noch eine nennenswerte Rolle zwischen Mann und Frau spielen dürfte. Die Figuren blieben auch über die gesamte Laufzeit sehr sauber und manierlich – inklusive Frisur & Makeup bei Inger Stevens. Der Hintergrund der Apokalypse bleibt frustrierend vage, nach fünf Tagen herrscht bereits keine Gefahr und alle Leichen (!) sind spurlos verschwunden.

Wir erfahren nie etwas über das Innenleben der Charaktere, sie sind komplett durch die Handlung gesteuert. Die etwas theater-esken Dialoge rutschen vom Drama immer wieder ins Melodram ab. Es ist halt doch das Hollywood der 50er.

Vor allem aber: TWTFATD ist nicht ansatzweise so bahnbrechend, wie man in der Rückschau vielleicht denken mag. 1959 hatten sich schon diverse Filme des Themas "Ende der Menschheit" angenommen. Es wirkt nur nicht so, weil diese Produktion in schwarzweiß automatisch älter wirkt, als sie ist. Zum Vergleich: gerade mal neun Jahre später kam PLANET DER AFFEN in die Kinos, drei Jahre später der in vielen Szenen ähnliche DER OMEGA-MANN. Im direkten Vergleich liegen Welten dazwischen – und die Bereitschaft, die Figuren deutlich härter ranzunehmen.

Ich sagte einleitend, dass TWTFATD ein gutes Double Feature mit THE FIVE abgibt. Ich erhöhe: es ist das perfekte Double Feature. Die Filme ergänzen sich wie Arsch und Eimer. TWTFATD hat den Aufwand, die Stars, das Pathos – THE FIVE hat den Mut, das Drama, die Freiheit. Weil die Kombination dieser Attribute in den 50ern nicht möglich war, ist die Kopplung der Filme die ideale zweitbeste Lösung.

Fazit: Ein bildmächtiger postapokalyptischer Vorläufer von THE OMEGA-MAN Und QUIET EARTH, dessen Melodramatik und Themen allerdings schlechter gealtert sind als die visuelle Realisierung. Auf jeden Fall sehenswert.

Der Trailer über-verkauft die suppigen Elemente des Films zu seinen Ungunsten – weder die Musik von Belafonte noch die schwülstigen "nimm mich!"-Szenen dominieren in dem hier implizierten Maße:

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Vader Ryderwood
Vader Ryderwood
26. September, 2022 20:05

Gut, dass es hinten raus noch kam. Beim Lesen des Anfangs war bei mir sofort die ruhige Erde im Hinterkopf. Muss ich mal wieder gucken, den letzteren, der mir aus Gründen abseits der Gründe aller anderen Gucker im Gedächtnis blieb.