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Mrz 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (35) Heute: Five

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

five1USA 1951. Regie: Arch Oboler. Darsteller: William Phipps, Susan Douglas, James Anderson u.a.

Eine Frau, verwirrt und schmutzig, schwankt eine Landstraße entlang in ein verlassenes Dorf. Alles ist verwüstet, überall liegen Skelette herum. Der Wind lässt die Kirchglocke permanent läuten – leeres Signal an eine Gemeinschaft, die den nuklearen Holocaust nicht überlebt hat. Roseanne stolpert weiter, findet auf einem Hügel das Haus, in dem sie mit ihrem Mann gelebt hat. Dort hat sich bereits Michael versteckt, der seit der Apocalypse urbanophob ist, nur noch der Natur vertraut. Wenig später stößt der Farbige Charles dazu, im Schlepptau einen freundlichen älteren Herren, dem die Strahlenkrankheit nur noch wenig Lebenszeit lässt. Am Strand findet man schließlich den Bergsteiger Eric, einen charmanten, aber skrupellosen Rassisten, der die Chance für einen Neuanfang nicht im Prinzip „Zurück zur Scholle“ sieht, sondern in der Plünderung der zivilisatorischen Reste in den verlassenen Großstädten. Roseanne als einzige Frau, noch dazu schwanger von ihrem toten Mann, ist der Katalysator aller Konflikte. An ihr hängt vielleicht das Schicksal der gesamten Menschheit.

„Five“ gehört zur ersten Welle der postapokalyptischen Filme, die unter dem direkten Einfluss des Kalten Krieges und der Schrecken von Hiroshima und Nagasaki entstand. Mit Ausnahme von „On the beach“ haben die großen Studios dieses Genre liebend gerne den unabhängigen Produzenten überlassen. Formal sind diese Streifen B-Movies der 50er Jahre, billig heruntergekurbelt, sensationsheischend in der Präsentation, und selten an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema interessiert. Dazu gehören neben „Five“ auch Roger Cormans „The last woman on Earth“, und der großartige Propaganda-Heuler „Invasion U.S.A.“.

Ich habe von „Five“ demnach nicht allzuviel erwartet, obwohl der Film aus der Werkstatt von Arch Oboler stammt. Oboler gehörte zu den ganz großen Produzenten von Radio-Dramen in den 40er und 50er Jahren, den Sprung zum erfolgreichen Filmproduzenten schaffte er jedoch nie. Schade genug, denn sein Einfallsreichtum ist mit dem von Paddy Chayefsky und Rod Serling durchaus vergleichbar.

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Und tatsächlich: „Five“ ist trotz augenscheinlicher Beschränkungen beim Budget eine echte Perle des frühen Survival-Films. Im Grunde genommen bringt der Film fünf Charaktere zusammen, die ihre verschiedenen Vorstellungen von Gemeinschaft untereinander ausfechten, weil die Alternative, sich eine eigene Gruppe aufzubauen, vom Nuklearkrieg zunichte gemacht wurde. Sie können nicht miteinander – aber ohne einander sind sie ebenfalls verloren. Es ist die klassische Schicksalsgemeinschaft, deren Elemente Oboler erstaunlich vielschichtig zeichnet. Dabei wagt sich Oboler erstaunlich weit von den damals akzeptierten Normen weg: Michael vergewaltigt Roseanne, diese ist von einem Toten schwanger, die Männer plackern mit nackten Oberkörpern,die Niederkunft wird nicht ins Off verlegt, Kranke brechen in Pusteln aus – harter Stoff in den sauberen und prüden 50ern. Und auch das Ende ist nicht gerade der heroische Sieg des amerikanischen Pioniergeistes über das Schicksal.

Ähnlich wie „The man from Earth“ und die großartige Serie „Survivors“ setzt „Five“ nicht auf große Action oder ausladende Bilder – die Apokalypse wird mit einfachen Fotos bekannter Sehenswürdigkeiten visualisiert, die von Nebel umschleiert werden. Manche Inserts scheinen mit einer billigen Handkamera gedreht worden zu sein, deren verwaschenes Bild sich erkennbar mit dem restlichen Filmmaterial beißt. Größter Aufwand sind ein paar Skelette in verunglückten Autos, und eine leere Straße in einer nicht näher benannten Stadt. Der Rest ist Kammerspiel, Dialog, Konflikt. Und als Radio-Produzent ist Oboler damit in seinem Element. „Five“ würde auch als Hörspiel funktionieren – und das ist ausnahmsweise keine Kritik.

Wer also mal sehen will, wie der amerikanische B-Horror jenseits von Mutanten und Monsterspinnen in den 50ern ausgesehen hat, findet in „Five“ ein schönes Studienobjekt. Ich wage die Behauptung, dass zumindest der Regisseur von „Quiet Earth“ auch zu den Fans gehört..

Mangels eines echten Trailers habe ich euch mal die Eröffnungssequenz des Film hochgeladen:

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8 Kommentare
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Lari
Lari
4. März, 2009 13:35

Das ist doch mal ‘n Tipp! Wird bei Gelegenheit geguckt. 😀

(“Apocalypse” – Die schreibt man mit k. 8) )

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4. März, 2009 14:05

Calypso aber nicht, oder?

Tornhill
4. März, 2009 16:50

IRGENDWO hab ich schonmal IRGENDWAS über diesen Film gelesen, weshalb ich ihn mir merken wollte…doch an mehr erinnere ich mich nicht…

Na gut – in Zukunft sag ich mir halt einfach “Der, da wo der Wortvogel drüber geschroben hat!” und gebe mich mit der Erklärung zufrieden.

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5. März, 2009 15:42

Fällt mir jetzt erst auf – faszinierend, daß jemand aus “Five” “5ive” für das DVD Cover gemacht hat.

Peroy
Peroy
5. März, 2009 17:01

Jaja, das ist die neue hippe Art, aus bestimmten Buchstaben die zum Wort passende Zahl zu machen. Vergleiche auch: “Se7en”, “5ive Girls”, “7eventy 5ive” etc…

meistermochi
6. März, 2009 23:23

quiet earth! hier eigentlich schon mal besprochen?!?!

Wortvogel
Wortvogel
6. März, 2009 23:30

@ meistermochi: Nein, ich bespreche ja nur Filme, die ich mir erstmals ansehe. “Quiet Earth” (den ich sehr mag) kenne ich seit 1995. Aber Doc Acula hat sich erbarmt: http://bit.ly/c05mq

Sheera
Sheera
7. März, 2009 12:27

Sehr bewegender Anfang. Den muss ich mir wohl auch mal anschauen.