Uhrmacherhäusl-Requiem: Der schöne Schein des Widerstands
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Es fing mit einer kleinen Geschichte an, die ich über das Haus erzählen wollte, dem ich 2009 gegenüber wohnte. Ein kleines, hässliches, verfallendes Haus in einem Viertel, das in den letzten 20 Jahren massiv modernisiert worden war. Ein Relikt, ein Schandfleck. Der damalige Eigentümer, das wissen wir heute, hielt das marode Gebäude selber für nicht sanierungsfähig.
Ich hatte damals ein Foto gemacht, aber man kann es sogar noch ein bisschen besser auf dem veralteten Material von Google Streetview sehen:
Im September 2017, ich bereitete mich gerade auf das Fantasy Filmfest vor, kam es dann zu einem Skandal, der die Lokalpolitik auf Jahre hinaus erschüttern sollte: ein Bagger versuchte plötzlich, das Haus dem Erdboden gleich zu machen. Nachbarn und die herbei gerufene Polizei konnten das gerade noch verhindern. Doch zwei Tage später, unter dem Schutz eines Gewitters, kam der Bagger erneut – und das Haus wurde in Bauschutt verwandelt.
Der neue Besitzer des Hauses, der eine ordnungsgemäße Sanierung angekündigt hatte, wusste angeblich von nichts, redete sich auf “Kommunikationsfehler” heraus. Der Baggerfahrer verschwand in seine Heimat. Die Nachbarn waren wütend, die Politik war empört. “So geht’s nicht!” lautete der allgemeine Tenor. Denkmalgeschützte Gebäude kann man nicht einfach abreißen, weil ein Neubau mehr Rendite verspricht.
Ein bequemes Narrativ: Auf der einen Seite der skrupellose Bauunternehmer, der das Traditionshäuschen im alten Münchner Glasscherbenviertel illegal abreißen lässt – auf der anderen Seite die mutigen Nachbarn, die eine Bürgerinitiative gründen, Mahnwachen organisieren und an das Gemeinwohl appellieren. Es ist so furchtbar einfach, sich damit zu solidarisieren.
Der Besitzer machte es auch wirklich leicht: Er hatte die vorherigen Altmieter unter Druck gesetzt und wohl (wie man so sagt) entmietet. Seine Beteuerungen, er habe selber in das renovierte Häuschen einziehen wollen, dürften im Gerichtssaal für Lacher gesorgt haben. Und selbst seine Verteidigung konnte ihn nicht ernsthaft verteidigen, sondern konzentrierte sich auf angebliche Lücken und Unschärfen in der Anklage, die reichen sollten, den Schuldspruch auszuhebeln. In dubio und so.
Man ist im Leben nicht gewohnt, dass die “Guten” und die “Bösen” so leicht zu identifizieren sind. Allein DAS sollte schon zu denken geben.
2017 bekam ich auch diverse Anrufe von Journalisten, die auf meinen ersten Blogbeitrag gestoßen waren und sich von mir Hintergrundinformationen und vielleicht ein wenig ausschlachtbare Empörung versprachen. Leider konnte ich damit nicht dienen. Während die Schuldfrage rechtlich relativ offensichtlich zu beantworten war, konnte ich mich einfach nicht aufraffen, zu Mistgabel und Fackel zu greifen. Weil ich in meiner journalistischen Ausbildung gelernt habe, dass man sich vor erstaunlich einfachen Gut/Böse-Aufteilungen hüten soll. Es ist das alte Lied: wenn etwas zu gut ist, um wahr zu sein, dann ist es – zumindest in der Form – auch meistens nicht wahr.
Ich schrieb über das Chaos rund um den Abriss einen weiteren Artikel. Mein Tenor war etwas anders: Zuerst einmal ist Denkmal nicht gleich Denkmal, und das Haus war ein echter Schandfleck. Keiner der Nachbarn, die sich nun so laut echauffierten, hatte sich jemals um das Haus geschert, als es noch stand. Man hätte es ja auch selber kaufen und sanieren können. Aber es war klar, dass das eine aussichtslose, mühevolle und teure Angelegenheit gewesen wäre. Unter der Hand hatten sie fast alle das Haus für eine Ruine gehalten – als es noch keine Möglichkeit bot, sich im Widerstand gegen den Turbokapitalismus zu bewähren.
So mag der Abriss des Hauses zweifellos illegal und verdammenswert gewesen sein – der Verlust des “Uhrmacherhäusls” (ein albern die Realität verweigernder Kuschelbegriff der Presse, der sich eingebürgert hat) ist es nicht.
In den letzten Jahren lief der Prozess, die Trümmer des Hauses blieben abgedeckt und gepflastert mit Sprüchen und Flugblättern gegen den “Wucher” und die “Abzocker”. Die Mieter in meinem Haus haben mir erzählt, dass mittlerweile Städtetouren für Touristen in der gerade 100 Meter langen Oberen Grasstraße halten, weil die Ruine ein “must see” beim Besuch Münchens geworden ist. Im Kartenmaterial von Apple kann man die Baulücke sehr gut erkennen:
Fünf Jahre Gutachten, fünf Jahre Prozess, fünf Jahre Protest, fünf Jahre Stillstand.
Am 29.7. ist das Urteil gefallen. Der Besitzer des Uhrmacherhäusls muss für den illegalen Abriss blechen. Recht ist gesprochen.
Der Müncher OB verkündet zufrieden:
“Wer Mieter raus ekelt und denkmalgeschützte Häuser illegal abreißt kommt damit nicht durch.”
Die Bürgerinitiative feiert sich für den Sieg über den Immobilienhai.
Die Presse sieht das alles gar wegweisend – der Kommentar eines Journalisten in der SZ trägt den Titel “Das kleine Uhrmacherhäusl ist zum großen Symbol geworden” und endet mit stolzgeschwellter Autorenbrust:
“Nur wenn jene, die mit Skrupellosigkeit Geld verdienen wollen, wissen, dass es sie teuer zu stehen kommen kann, werden sie es sich anders überlegen. So gesehen ist das Uhrmacherhäusl auch ein Symbol der Wehrhaftigkeit.”
Ich lese sowas und schüttele den Kopf. Das können die doch nicht ernst meinen.
Mein zweiter Artikel zum Thema 2017 endete mit dieser Prognose:
“Hier mein rein fiktives Szenario für die nächsten Monate. Zuerst einmal muss ein Täter identifiziert werden. Da kann der Bauherr leicht sagen, er habe das so nicht gewollt, es ist nie von Abriss die Rede gewesen. Aber irgendwie muss da einem Subunternehmer was falsch kommuniziert worden sein – und der ist leider wieder in Rumänien und seine Firma pleite. Ärgerlich, aber man übernimmt natürlich die Verantwortung und zahlt großzügig eine Strafe im fünfstelligen Bereich, die langfristig einen siebenstelligen Profit sichert. Die Stadtverwaltung kann damit argumentieren, den Abriss “hart bestraft” zu haben. Die Wut der Nachbarn wird sich mangels Alternative legen. Das Kalkül des Investors ist aufgegangen.”
Es ist EXAKT das, was jetzt eingetreten ist. Alberne 132.500 Euro muss der Besitzer zahlen, dann darf er nach fünf Jahren Pause mit dem Bau eines neuen Hauses beginnen. Allein die Wertsteigerung der zu bauenden Wohnungen in diesem Zeitraum dürften die “Strafe” vollumfänglich auffangen. Die Aktion rechnet sich.
Um es ganz klar zu sagen: Der Besitzer wurde verurteilt, hat aber gewonnen.
Das neue Haus muss zwar von der Fassade her dem alten gleichen, darf aber ansonsten moderner, größer und damit auch lukrativer gestaltet werden. Die ursprünglich mal geplante Verwendung alten Baumaterials ist längst vom Tisch. Damit entsteht ein grobes Faksimile, eine vage Erinnerung an das zerstörte denkmalgeschützte Haus, die bestenfalls als Symbolpolitik bezeichnet werden kann. Die Pläne bieten dem Bauherrn ausreichend Möglichkeit, die neue Immobilie zu monetarisieren.
Warum das jetzt niemand so sehen oder sagen will? Warum Presse, Politik und “Bürgerwehr” sich nun für einen Sieg feiern, der bestenfalls bitter schmeckt?
Weil Empörung eine heiße Flamme ist, die nur kurz brennt. Weil jeder Widerstand ermüdet, wenn er zu lange nicht voran kommt. Weil irgendwann mal andere Sachen wichtiger werden. Pandemie, Ukraine-Krieg, Rekordhitze – wen schert da noch das Uhrmacherhäusl? Schmerzhafter Fakt ist: Die Presse war es leid, über das Thema zu berichten. Die Politik hatte keinen Bock mehr, das Thema auf der Agenda zu haben. Und die Bürgerinitiative hatte ja sowieso nie ein klares Ziel oder ein definiertes Ende.
Und so ist das Urteil die perfekte Gelegenheit, die leidige Sache ad acta zu legen, sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen und nicht allzu genau hinzuschauen, was das Urteil eigentlich bedeutet. Vielleicht haben auch alle geahnt “besser wird’s nicht” und sich entschlossen, die Freude über den vermeintlichen Sieg über die Gefahr einer unbestreitbaren Niederlage in der nächsten Instanz zu stellen.
Der Widerstand war Wunschdenken – und das Wunschdenken scheint allen Beteiligten zu reichen. Das selbstbesoffene “Wir haben uns das nicht gefallen lassen!” übertönt jede leise Nachfrage, was genau man denn erreicht habe.
Nein, Herr OB Reiter, der Besitzer IST damit durchgekommen.
Nein, SZ, kein Bauhai wird wegen des Urteils vorsichtiger agieren.
Wenn überhaupt, ist das Urteil eine Zeichen der Ohnmacht des Staates. Wenn die maximale Strafe niedriger liegt als der mögliche Profit des Verbrechens, dann wird der Verstoß gegen Recht und Gesetz zur reinen Kalkulation. Das ist ungefähr so, als müsste ich für den Diebstahl von 1000 Euro mit einer Strafe von maximal 100 Euro rechnen. Wen soll das abschrecken?
Der einzige wirkliche Sieg hätte in diesem Fall eine Enteignung sein können und ein Neubau familiengerechter Wohnungen für sozial Schwache. Das hätte Signalwirkung gehabt, das hätte andere Immobilienhaie vielleicht abgeschreckt. Aber diese Option lag nicht auf dem Tisch, so sehr möchte man den Kräften des Marktes doch keine Fußfesseln anlegen. Denn das ist auch eine hässliche Wahrheit hinter der solidarischen Maske: Die Stadt und in zweiter Reihe auch die Presseorgane verdienen am perversen Immobilienboom Münchens und haben letzten Endes kein ernsthaftes Interesse an seiner Zähmung. Sie begrüßen das Urteil, weil es den Schein wahrt, sie stünden auf der “richtigen” Seite.
Aber wie gesagt: das will gerade niemand hören. Weil alle “onwards and upwards” schauen und diesen Klotz am Bein los sein wollen.
P.S.: Einer der wenigen “wahren” Gewinner? Bin ich. Weil das hässliche Haus gegenüber weg ist und damit das direkte Umfeld meines Hauses ästhetisch gewinnt. Weil das Urteil, Fassade und Form des alten Hauses wieder zu errichten, dafür Sorge trägt, dass meinem Haus nicht durch einen höheren Neubau Licht und Lebensqualität genommen wird.
P.P.S.: Ich werde die Angelegenheit natürlich weiter verfolgen. Auffällig ist jetzt, wie sehr alle Beteiligten meinen, mit dem gefällten Urteil wäre die Sache erledigt. Es bestätigt meine These, dass letzten Endes alle jetzt gerne den Deckel drauf machen möchten.
Sowas passiert ja leider immer wieder. In Bonn hatte Haribo das vor längerer Zeit gemacht. Ein schmuckes, denkmalgeschütztes Haus in der Altstadt mit dem Versprechen, es zu erhalten, aber mit Nutzung als Firmenzentrale , erworben. Und dann ist “rein zufällig” der Bagger da rein gerauscht und das Denkmal war Geschichte. Die Stadt Bonn war empört, Herr Riegel gab sich empört und zahlte eine Strafe, danach war alles vergessen. Gewerbesteuern eines der größten Arbeitgeber der Region sind halt wichtiger als ein schönes altes Haus……
Ich stehe dem Denkmalschutz inzwischen sehr kritisch gegenüber, weil ich inzwischen zu oft erlebt habe welche Blüten er treiben kann.
Ich wohne im Marburger Umfeld und hier gibt es viele Altbau Leerstände weil die Eigentümer darauf warten das das alte Fachwerk endlich zusammenstürzt um dann neu bauen zu können.
Hin und wieder gab es das eine oder andere Feuer welche den Prozess beschleunigt hat.
Es gibt aber auch die Fälle das Menschen sich ein solchen Haus kaufen restaurieren und in Schuss halten. Werden dabei aber noch intensiver vom Denkmalschutz beäugt als ein Kapitalist von der Stasi in der guten alten DDR.
Ein Kunde meines alten Arbeitgebers kaufte sich auch so ein Haus und lies den Ist-Zustand restaurieren. Erlegte sehr viel Wert das alles wie vor Ort wieder hergerichtet wurde.
Leider kam er dann auf die Idee das er sich einen Vorbau vor das Haus setzen wollte und rief einen Verständigen vom Denkmalschutz um zu klären was möglich ist und wie die Aussicht ist ob er das genehmigt bekommt.
Der Herr vom DS kam und ging sofort wieder mit den Worten das ein neuer Termin nötig sei.
Bei einem zweiten Termin hatte der Herr vom DS sehr alte Originalaufnahmen des Hauses mit dabei.
Vom Anliegen des Hausbesitzers wollte er nichts mehr wissen sondern erklärte ihm anhand der Aufnahmen das er einiges am Haus ändern und zurück bauen müsste (Dachfenster, kleiner Schuppen an einer Hauswand etc…). Dinge die der Vorbesitzer des Hauses geändert hatte der diese Jahrzehnte besessen hatte.
Das ganze ging vor Gericht, hin und wieder komme ich an dem Haus vorbei, alles wie gehabt. Ich gehe davon aus das der neue Hausbesitzer gewonnen hat.
Aber, muss das wirklich sein?
Ich mag alte Fachwerkhäuser, finde aber man muss nicht alles unter Denkmalschutz stellen.
Was spricht dagegen das man alte Häuser digitalisiert für die Nachwelt? Man kann doch heute relativ einfach ein Objekt digital in 3D erfassen und dann sogar “digital” Restaurieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Es gibt ja inzwischen sogar VR-Zeitreisen, das könnte man doch auf stattlicher Ebene als digitales Museum umsetzen (oder gibt es das schon?).
ich finde DS generell eine gute Sache, finde aber das es maßlos übertrieben wird. Man sollte den Eigentümern alternativen anbieten können.
Dein Vorschlag der Enteignung (mit ausreichend finanziellem Ausgleich) finde ich auch gut. Allerdings wollen die Städte die Summen für eine aufwendige Sanierung eben auch nicht aufbringen und das finde ich heuchlerisch, ebenso wie die munkelnden Anwohner.
Ich sehe das ganz genau so, vor allem weil ich bei meinem Haus die Schwierigkeiten mit dem DS auch hatte. Man muss sich nur mal folgende Widersinnigkeit bei der Kernsanierung klar machen:
Ja, das ist definitiv die häßliche Seite des DS, das sehe ich auch bei vielen meiner heimischen Nachbarn (Dorf). Das ist einfach lächerlich, wenn man wegen des Denkmalschutzes nicht einmal mehr einen Kuhstall ordentlich umbauen lassen kann. Ich kann ja voll verstehen, dass man nicht jede Schandtat durchwinkt, aber Leben sollte schon möglich sein und dazu gehören halt auch Veränderungen. Solange man da also nicht gleich einen Bauhaus-Vorbau, sondern einen Vorbau im ähnlichen Stil, wieso sollte sowas nicht erlaubt sein?
Lustig auch, wenn man bei DS auf die Idee kommt, eine PV-Anlage haben zu wollen…;-) Umweltschutz verliert dann idR.
Es steht zu hoffen, dass sich das in nächster Zeit ändert.
Sehe ich auch so. Wenn ein altes Gebäude irgendeine historische Bedeutung für den Ort hat oder eine wichtige Person dort gelebt hat, kann man es vielleicht als Denkmal bezeichnen und dementsprechend schützen. Wenn es sich aber nur um irgendein altes Haus von irgendeinem Bauern/Bürger handelt, dann sollte man sowas ohne große zicken abreißen und erneuern dürfen. Man kann ja nicht jeden alten scheiss auf ewig aufheben.
Wobei man fairerweise sagen muss, dass es in diesem Fall um Ensemble-Schutz geht, laut Wikipedia:
“Ein Denkmal-Ensemble ist eine Mehrheit von Gebäuden, die in ihrer Gesamtheit erhaltungswürdig ist, z.B. ein Ortskern, ein Platz, eine Straße. Zu einem Ensemble gehören damit alle Gebäude dieser Einheit, auch wenn sie selbst keine Baudenkmäler darstellen.”
Im Fall der Grasstraße sehe ich das so: MEIN Haus passt in das Konzept des Ensembleschutzes, weil es Teil eines Block gleichgestalteter Häuser ist, die alle fast 200 Jahre alt sind. Aber das Uhrmacherhäusl stand zwischen zwei moderneren Mietshäusern eingeklemmt, da verstehe ich das absolut nicht.
Wow, 132.500 Euro. Da wird der Unternehmer es sich beim nächsten mal aber zweimal überlegen, ob er das wieder macht!
Dass es besser geht, zeigt ein ähnlicher Fall aus England: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Carlton_Tavern,_Kilburn
Dort wurde das windige Unternehmen dazu verdonnert die Kneipe Stein um Stein wieder aufzubauen und in den Originalzustand zu versetzen. Sowas schmerzt sicherlich deutlich mehr, vor allem wenn sie schlussendlich nichtmal die geplanten Mietswohnungen bauen dürfen.
Denkmalschutz ist immer eine schwierige Abwägung. Auf der einen Seite habe ich den Drang, erstmal alles zu bewahren. Abriss ist irreversibel und wer gibt uns das Recht, das abzureißen was über Jahrhunderte stand und Kriege überstanden hat? Auf der anderen Seite ist ein wesentliches Merkmal einer Stadt (oder Gemeinde), dass sie lebt und dass man dort lebt. Wenn man nur alte Gebäude bewahrt, die heutigen Wohnanforderungen nicht (mehr) genügen, hat das schnell negative Auswirkungen – angefangen von der Tübinger Altstadt wo viele Obergeschosse nur Lagerfläche für die Geschäfte darunter sind bis hin zu Venedig dass im Prinzip nur ein einziges großes Freilichtmuseum mit ein paar Schmuckeremiten ist. Vieles, was alt ist war damals nicht besonders, ein reiner Nutzbau der uns heute nur deshalb auffällt, weil es nicht mehr viele davon gibt. Das setzt aber voraus, dass es wirklich nicht mehr viele davon gibt, wenn es noch genug bestehende Beispiele gibt UND die mögliche Nutzung des Gebäudes in krassem Missverhältnis zur möglichen Nutzung des Bauplatzes steht sollte man meiner Meinung nach die Sentimentalität zur Seite schieben, nochmal ein Foto (oder einen 3D-Scan machen) und dann weg damit.
In diesem Fall hätte ich glaube ich auch abgerissen.
Das ist ja sogar bei meinem Haus so gewesen – es ist fast 200 Jahre alt und ein absoluter Einfachbau ohne Keller für Lohnarbeiter. Es war nie für mehrere Generationen gedacht und hat auch ästhetisch keinen Wert. Es ist einfach nur… alt.
» Der einzige wirkliche Sieg hätte in diesem Fall eine Enteignung sein können und ein Neubau familiengerechter Wohnungen für sozial Schwache.«
Gute Idee.
Interessanterweise werden ja nicht nur alte Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, das Aachener Uniklinikum ist 2008 weniger als 25 Jahre nach Eröffnung (1985) unter Denkmalschutz gestellt worden.
Man schaue sich das hier mal an:
https://www.op-marburg.de/Marburg/Postgebaeude-gilt-als-Baudenkmal
Das ist ja sogar noch hässlicher als die Uniklinik, hier ein Luftbild
https://www.aachener-zeitung.de/lokales/aachen/uniklinik-aachen-muss-beim-brandschutz-nachbessern_aid-34511831
Aber das ist “eine klare Architektur der späten Sichtbeton-Phase”, das musst du doch erkennen.
Es gibt tatsächlich in vielen Städten Leute, die solche Scheußlichkeiten erhalten wollen. Da bilden sich dann ganze Bürgerinitiativen. In Würzburg ging es z.B. um die Mozartschule: https://www.wuerzburgerleben.de/2021/03/22/umbau-der-ehemaligen-mozartschule-startet/
In Heidelberg soll das ehemalige Eternit-Werk erhalten bleiben:
https://www.wuerzburgerleben.de/2021/03/22/umbau-der-ehemaligen-mozartschule-startet/
Manchen Leuten fehlt ein bisschen die Einsicht, dass sich Städte immer weiterentwickeln. In Frankfurt konnten sich die Erneuerer durchsetzen; die neue Altstadt muss man nicht mögen, aber das Technische Rathaus war dann doch zu häßlich: https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Kultur-9/Vor-acht-Jahren-stand-der-Beton-Trumm-noch-Die-neue-Altstadt-ist-der-beste-Anlass-um-nochmal-ans-Technische-Rathaus-zu-denken-31308.html
Ich bin da immer hin- und hergerissen: “Denkmal” kann ja nicht immer nur “sehr alt und mit viel hübschem Schnickschnack” bedeuten. Mitunter geht es auch um Gebäude, die eine Ära repräsentieren, z.B. den Brutalismus. Dass viele Menschen das nicht als “schön” im klassischen Sinne betrachten? Geschenkt.
Die einzigen Verlierer bei dem ganzen Schmierentheater sind die Menschen denen massiv geschadet wurde nach denen aber niemand heute mehr fragt oder je gefragt hat …Familien die ihr zu Hause verloren haben und unter unmenschlichen Bedingungen rausgeekelt wurden…nicht nur im Uhrenmacherhäusl….und die Familie des heutigen Kronzeugens, dessen Kinder heute ohne Vater aufwachsen da er sich für einen Weg entschieden hat der seine Familie nach 21 Jahren ausschließt …war nach seinen Worten * sicherer *
Vielleicht sollte man auch mal diese Schicksale einem Herrn Andreas S. zur Last legen …..dieser Mensch wird nie aufhören zu manipulieren und das Gesetz nach seinen Interessen zu beugen ….
Das würde sicher jemanden scheren – wenn Sie irgendeine Quelle anführen würden, wovon Sie überhaupt reden.
Ich bin die Quelle ….es wurde falsch ermittelt und in meinen Augen wurden ganz entscheidende Aspekte außer acht gelassen, er wäre so einfach nie davon gekommen wenn alles auf den Tisch gekommen wäre
Das Uhrenmacherhäusl ist nicht das wofür er bestraft gehört
Aber leider hat Heimat Giesing, die sich heute so gut verkaufen und als Helden feiern nie auf meine Mails reagiert
Das ist keine Quelle, sondern eine Behauptung. Es steht Ihnen frei, Belege zu bringen.
Wenn Sie das so sehen ….hautnah miterlebt sind keine Behauptungen
Schönen Tag noch
Sie behaupten, dass Sie das hautnah miterlebt haben – wenn Sie den Unterschied nicht erkennen, sind Sie hier in der Tat falsch.
Danke für die Info ….habe ich schon selbst erkannt!
Ich bin in den 1960er Jahren in der Münchener Maxvorstadt aufgewachsen. Unser “Revier” war die Gegend Hohenzollern-, Kurfürsten-, Josephsplatz und alles rund um den Luitpoldpark. Zum sogenannten »Uhrmacherhäusel« in Giesing kann ich wenig sagen. So wie es am Schluss auf dem Google-Bild ausgesehen hat, war es aber ursprünglich garantiert nicht und wirklich nur noch eine Bruchbude. Kann dir nur zustimmen, eine Enteignung durch die Stadt und ein Neubau familiengerechter Wohnungen für sozial Schwache wäre vielleicht die beste Lösung gewesen.
München in den 60er war eigentlich eine andere Stadt als heute. Die große Veränderung kam mit dem Umbau zur Olympiastadt. Es wurde vieles platt gemacht, was eigentlich erhaltenswert gewesen wäre. Von Denkmalschutz damals wenig bis gar keine Spur. Bürgermeister Vogel und der Stadtrat favorisierten nach meinem Empfinden eher Abriss und Neubau. Mit guten und schlechten Auswirkungen.
Am meisten trauere ich immer noch dem Kino meiner Kindheit + Jugend nach – dem »Kristallpalast« Ecke Görres-/Zentnerstraße. Das war ein 50er Kino wie aus dem Bilderbuch. Das Geld für die sonntägliche Jugendvorstellung verdienten wir uns u.a. mit den austragen von TV-Zeitschriften. Der Gong-Verlag in der Nordendstraße ist mir noch in bester Erinnerung. In der Nordendstraße lief mir eines Tages Arnie Schwarzenegger über den Weg. Vermutlich auf dem Weg zum Studio Smolana in dem er damals immer trainierte. Ich war allerdings zu doof mir sofort ein Autogramm geben zu lassen. Verpasste Chancen.
Schöne Erinnerungen, danke. Vieles davon kenne ich aus Berichten im Retro-Bereich der ARD-Mediathek. Ich würde aber schon sagen, dass München durch die Ubahn, die Ringe und den weiteren Ausbau im Rahmen der Olympiade zur lebenswerten Weltstadt gewachsen ist. Ich bin nur sauer, das hier nie gesehen zu haben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwabylon
Bei den Bausünden denke ich z. B. an den Kaufhof-Klotz am Marienplatz schräg gegenüber dem Rathaus. Das Teil ist doch nur grauenhaft. Da wurde gnadenlos abgerissen und betongeklotzt – mit dem Segen von Bürgermeister + Stadtrat.
Im Schwabylon hast du nichts versäumt. Das lief von Anfang nicht richtig und bestand hauptsächlich aus leeren Fluren. Die Inneneinrichtung war Stilrichtung 70er Jahre Pomp. Ein Rausch in Orange-Lila-Tönen, kilometerlange Teppichböden mit riesigen Muster und Discokugel-Beleuchtungskörper. Interessant war das »Blow-Up« am Elisabethplatz. Wurde später in »Weisses Haus« umbenannt und glitt dann leider komplett in den Drogensumpf ab.
Ich kenne mich im Denkmalschutz nicht aus, bin aber immer etwas irritiert, wenn ein Gebäude, das unter Denkmalschutz steht am Ende nur noch eine Bruchbude ist.
Sollte Denkmalschutz nicht auch einen gewissen Anreiz / eine Verpflichtung beinhalten, das Denkmal zu erhalten oder gar zu restaurieren?
Im Idealfall ja. Aber man kann Besitzer nicht zwingen. Schlimmer ist es noch, wenn es keine Besitzer gibt. Dann springt der Staat ja nicht automatisch ein – siehe meine Story über Osterwieck:
https://wortvogel.de/2014/04/lost-in-ost-ein-dunkler-einsamer-abend-im-osterwieck/