Sexy Hexy: Meine Abenteuer mit den knackigen „Charmed“-Schwestern
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Scharfe Girls in knappen Tops ohne BH, die noch dazu Zauberkräfte haben – viel besser als „Charmed“ kann Fernsehen eigentlich nicht sein.
Ähem.
Man(n) kann über die Serie, die von Aaron Spelling als Trittbrett-Produkt zu „Buffy“ entwickelt wurde, sicherlich geteilter Meinung sein. Es ist eine Fantasy-Soap, die mit viel Girlpower Mädchenträume beflügelt, und gleichzeitig durch drei leckere Darstellerinnen dafür sorgt, dass auch die Männer nicht das Interesse verlieren.
Noch bevor ProSieben die Serie für den deutschen Markt einkaufte, erwähnte ich bei einem Gespräch mit dem vgs-Verlag (für den ich schon viele Übersetzungen zu „Babylon 5“, „Lois & Clark“ und „Space 2063“ gemacht hatte), dass hier sicher ein Produkt für die Zielgruppe der jungen Mädchen zwischen 12 und 20 vor der Haustür stand, um dessen Lizenz man sich bemühen sollte. Das Problem damals: zur ersten und zweiten Staffel gab es in den USA keine Bücher, die man für den deutschen Markt übersetzen konnte. Also wurde die Idee erstmal auf Eis gelegt,
Es gingen ein, zwei Jahre ins Land, dann begann ProSieben mit der Ausstrahlung von „Charmed“. Sensationsquoten brachte die Serie nicht, aber sie etablierte sich schnell bei den jungen Frauen, die für die Werbekunden so interessant waren. vgs meldete erneut Interesse an, Bücher zu lizensieren, aber die Amerikaner schienen das Merchandising in diesem Fall komplett zu verschlafen. Mehr aus Verlegenheit schlug ich vor: „Ich könnte einfach auch die ersten paar Folgen novelisieren – sozusagen als Testballon“.
Dazu muss man wissen, dass in Deutschland drei Sorten von „Charmed“-Romanen veröffentlicht wurden: Die Übersetzungen amerikanischer „original novels“, also Geschichten, die nicht aus der Serie stammen; Novelisationen, die sich strikt an bereits ausgestrahlte Episoden halten; und brandneue „original novels“, die nur für den deutschen Markt geschrieben wurden.
Tatsächlich kaufte die vgs (ja, das schreibt man klein) von Paramount die Rechte, die ersten beiden Episoden der Serie zu einem Roman zusammen zu fassen. Ich schlug als Titel „Hexenpower“ vor, weil das für die junge weibliche Zielgruppe sehr fetzig klang. Natürlich machte sich Rechteinhaber Paramount eine Sackladung Sorgen – man musste dem Kölner Verlag vertrauen, bei der Umsetzung keinen Unfug zu veranstalten. Auch für die Gestaltung des Buches wurden genaue Richtlinien festgelegt – ich erinnere mich an einen späteren Fall, bei dem das Charmed-Logo weiß statt schwarz auf das Cover gedruckt worden war, was bei den Amerikanern für richtig Unmut sorgte. Die sind da sehr pingelig.
Ich selber war auch ziemlich nervös, denn bisher hatte ich mich nur mit Übersetzungen beschäftigt – die Umsetzung von TV-Episoden in Prosa war für mich Neuland. Außerdem stand ein Urlaub in Griechenland an, der meinen Zeitrahmen sehr einengte. Überhaupt – wie geht man sowas an? Die Episoden zehnmal hintereinander auf Video gucken, und dabei tonnenweise Notizen machen? Oder angucken und dabei quasi „live“ mitschreiben? Wieviel musste man für so eine Novelisierung überhaupt „dazudichten“? Der Verlag wollte summa summarum auf 200 Manuskriptseiten kommen (eine Manuskriptseite entspricht 30 Zeilen à 60 Anschläge), und ich hatte keine Ahnung, ob ich da strecken oder kürzen musste. Beim ersten Mal ist sowas immer ein Sprung ins kalte Wasser.
Um mich nicht ganz gaga zu machen, beschloss ich, mein Notebook mit nach Griechenland zu nehmen, um dort im Hotelzimmer zu schreiben. Nur leider war nicht davon auszugehen, dass es dort Videorekorder (oder Fernseher) gab. Techniken wie VCD waren mir damals fremd, und ich hatte die beiden Folgen ja auch nur auf Kassette. Was tun? Man mag es heute albern finden, aber ich entschloss mich zu einer Zwitter-Lösung: Ich stellte mein Notebook vor den Fernsehlautsprecher, und nahm mit dem eingebauten Mikrofon die Audio-Spuren der beiden Episoden als .wav-Dateien auf. Somit hatte ich schon zumindest die Dialoge auf der Festplatte. Dazu schrieb ich im Notepad eine Liste der einzelnen Szenen auf, und ergänzte sie um Angaben zur Kleidung, zu den Locations, und den Spezialeffekten. Damit fühlte ich mich gewappnet, das Projekt anzugehen.
In Griechenland stellte sich die Lage vor Ort als ideal heraus: Wir wohnten in einer menschenleeren Bucht, und während mein Bruder und seine Freundin Mittagsschläfchen hielten, hatte ich immer gute zwei Stunden Zeit, in meinem Zimmer an der Umsetzung zu arbeiten. Ich schaltete also permanent zwischen Notepad, Textverarbeitung und Rekorderfunktion hin und her, um aus den einzelnen Informationen wieder ein homogene Geschichte zusammen zu setzen. Wo mir Details fehlten (was war noch mal die Farbe von Phoebes Kleid?), erlaubte ich mir künstlerische Freiheiten. Ansonsten wich ich niemals nennenswert von der Handlung der Episoden ab, ich erweiterte sie auch nicht um Nebenplots oder zusätzliche Figuren. Es war wichtiger, erst einmal zu sehen, auf wieviele Seiten die ca. 84 Minuten heraus liefen.
Es dauerte für mich nur überraschende 14 Tage zu jeweils zwei Stunden, um die erste Rohfassung des Manuskripts fertig zu stellen. Und noch überraschender war die Tatsache, dass diese Fassung „von Haus aus“ mit 208 Seiten eine ziemliche Punktlandung hinlegte. Sicher – es war nicht Shakespeare, aber soweit ich das beurteilen konnte, war es zumindest locker geschriebene, flotte Fantasy-Unterhaltung für Fans der Serie.
Nach meiner Rückkehr aus Griechenland schickte ich das Manuskript an den Verlag, und auch aus dem Lektorat kamen keine nennenswerten Anmerkungen mehr. Es gab nur ein paar Rückfragen an Paramount, um sich die Schreibweise einiger Namen anhand der Drehbücher bestätigen zu lassen. Der Roman ging in Druck – wie immer bei der vgs als Hardcover. Allein deswegen arbeite ich so gerne für diesen Verlag: Die Belegexemplare machen sich extrem gut im Schrank.
Ich war unsicher, ob sich das Buch wirklich verkaufen würde, schließlich handelte es sich um die recht präzise Nacherzählung von etwas, das die Zuschauer schon kannten. Der Sinn solcher Novelisierungen ist mir bis heute sowieso verborgen geblieben. Aber ich hätte mir die Sorgen sparen können: „Charmed – Hexenpower“ wurde schnell zu einem Top-Seller des Verlages, und auch die Kritiken bei Amazon waren durch die Bank positiv. Nur ab und an beschwerte sich ein Leser, dass er die Story doch schon kenne – duh!
Nach mittlerweile fast acht Jahren hat sich der Roman „Hexenpower“ über 50.000 mal verkauft, gilt als Dauerbrenner, und ich ärgere mich in Grund und Boden, keine Gewinnbeteiligung verhandelt zu haben. Damals war es mir wichtiger, das Honorar direkt „auf die Kralle“ zu bekommen, um mir ein paar private Wünsche zu erfüllen. Ich hatte nie damit gerechnet, dass es lukrativer sein könnte, sich Prozente am Gewinn zu sichern. Ein Fehler, den ich heute nicht mehr machen würde. Gut bezahlt wurden die Manuskripte sowieso nicht – heute würde ich für das Geld nicht mehr den Griffel in die Hand nehmen.
Trotz des Erfolges wurden nicht sofort weitere Novelisierungen nachgeschoben, denn mittlerweile hatten auch die Amerikaner das Potential der Serie im Buchbereich erkannt, und ein paar „original novels“ schreiben lassen – zumeist von den üblichen Verdächtigen, was Schnellschuß- Merchandising angeht. Damit war ich in den nächsten Monaten wieder hauptsächlich als Übersetzer unterwegs (neben meinem Vollzeit-Job bei ProSieben, und dann bei Tandem Communications). Wie so oft waren die „original novels“ von arg schwankender Qualität, und die besten kamen gerade mal an das (an sich schon nicht sehr hohe) Niveau der Serie heran, während die schlechteren wirklich nur Groschenroman-Müll waren. Besonders nervte mich, dass viele der Autoren den Figuren untreu wurden, und sie Dinge machen und sagen ließen, die einfach nicht passten. Das war umso erstaunlicher, da Paramount bei den Originalen ja viel Einfluss hatte. Aber egal.
Ein, zwei, drei Jahre lang reichten der vgs die Übersetzungen und ein paar weitere Novelisierungen (wir gingen später dazu über, die Bücher etwas dicker zu machen, und dafür vier Folgen zu verwursten). Meine Arbeitsweise wurde immer professioneller – mittlerweile hatte ich die Folgen rechtzeitig als VCD, ließ sie in der rechten oberen Ecke meines Notebook-Bildschirms ablaufen, und übersetzte die Dialoge quasi „on the fly“. Alle 20 bis 30 Sekunden hielt ich das Video an, um Beschreibungen der Personen und Orte einzufügen. Dieses System bewährte sich so gut, dass ich es bis heute verwende, wenn es um vergleichbare Projekte geht.
Dann wurde es eng – die enorme Nachfrage in Deutschland konnte von den Amerikanern (wo die Bücher nicht mehr so gut liefen) nicht gedeckt werden. Es gab weniger neue „Charmed“-Romane, als der Markt aufnehmen konnte. Also ging ich wieder in die Offensive: „Ich kann euch auch ein paar ganz neue Geschichten schreiben, wenn euch das hilft“.
Ein deutscher Autor, der zu einer erfolgreichen US-Serie eigene Romane schreibt? Das war zumindest ungewöhnlich (ich meine, Wolfgang Hohlbein hat das ein paar mal gemacht). Und es war unwahrscheinlich, dass die Amerikaner da mitspielen würden – schließlich konnten sie ja nicht lesen, was ich ablieferte. Aber zu unserer Überraschung zeigte sich Paramount kompromissbereit: man verdiente schließlich nicht schlecht Geld damit, und die vgs war seit vielen Jahren ein wichtiger Partner. Ich bekam die „Writers guidelines“, die festlegten, wie weit ich mich von der „Franchise“ entfernen durfte (nicht sehr weit), und was ein absolutes „no no“ war (wiederkehrende Charaktere sterben lassen, neue Verwandte einführen, kein Happy End, Widersprüche zur Serien-Kontinuität). Ich verpflichtete mich, verschiedene Ideen für meinen Roman auf englisch einzureichen, damit Paramount eine Auswahl treffen konnte. Zu meiner Überraschung mischte da sogar der greise Aaron Spelling persönlich mit: die genehmigten Storylines wurden auf dem Fax mit „o.k., A.S.“ gekennzeichnet.
In Rücksprache mit der vgs (und aus Rücksichtnahme auf meine Arbeitsbelastung) entschieden wir uns, einen elementaren Fehler der bisherigen originalen Charmed-Romane nicht zu wiederholen: Meistens hatten die Autoren versucht, das Konzept der Serie, das ja eigentlich auf 42 Minuten-Episoden ausgelegt war, auf fast 300 Seiten zu strecken. Das führte zu albernen Nebenplots, redundanten Dialogen, und jeder Menge Zeilenschinderei. Unsere Lösung war einfach: Wir packten in jedes Buch zwei abgeschlossene neue Geschichten. Eine schrieb ich, eine mein Koautor Marc.
Es ist bedeutend schwerer, eine „original novel“ zu schreiben, als bloß eine Novelisierung vorzunehmen. Bei der Novelisierung hat man alles bis ins kleinste Detail vorgegben, man muss es nur in Manuskriptform übertragen. Das ist mechanisch, aber machbar. Eine „original novel“ muss man Komma für Komma selbst bauen, ohne dabei abzuschweifen, die Figuren aus den Augen zu verlieren, oder den Ton der Serie zu verfälschen. Und am Ende muss alles wieder „auf Anfang“ stehen, damit es sich nicht mit der Serie beißt. Nach meiner Erfahrung dauert der Prozess doppelt so lange wie die Novelisierung. Besser bezahlt wird er allerdings nicht.
Ein typisches Problem der „original novels“ war, dass sie mir immer sehr „Phoebe-zentrisch“ gerieten. Was soll ich sagen? Ich stehe auf Alyssa Milano, und jede Gelegenheit, ihre knappen Outfits zu beschreiben, habe ich genutzt. Sie war ja auch die einzige der Schwestern, die regelmäßig mal Sex haben durfte. Es gab so manchen Absatz, den ich dann doch wieder löschen musste, weil ich mich zu begeisterten Beschreibungen ihrer Matratzenaktivitäten hatte hinreißen lassen. Das passt vielleicht in „adult fanfic“-Foren, aber nicht in Jugendromane…
Die „original novels“ sind insgesamt befriedigender als Übersetzungen und Novelisierungen, und jedes Lob, das man dafür bekommt, macht einen doppelt stolz. Es hat mich allerdings immer gewundert, dass es zwischen den drei verschiedenen Bucharten bei den Verkaufzahlen kaum einen nennenswerten Unterschied gab. Natürlich gab es immer wieder mal Probleme: Paramount schoss mir ein paar Ideen mit wirklich albernen Begründungen ab, oder stellte sich quer, wenn man den Charakter Prue Halliwell auch nur erwähnen wollte (Darstellerin Shannen Doherty war im Streit aus der Serie ausgestiegen, und durch Rose McGowan ersetzt worden). Und dann kam die Sache mir der Parallelwelt-Idee…
Ich hatte immer versucht, dem Charmed-Universum in meinen selbst erdachten Geschichten etwas mehr Raum zu geben. Schließlich war ich nicht durch Budgets oder Drehpläne eingeschränkt. Theoretisch konnte ich Planeten vernichten, Armeen von Dämonen auf die Erde schicken, und einen Roman gleichzeitig in Timbuktu, Tokio und Thüringen spielen lassen. Als alter Comic-Fan war ich außerdem scharf auf Parallelwelt-Storys. Also dachte ich mir eine klassische „Was wäre wenn…?“-Geschichte aus. Phoebe Halliwell erwacht eines morgens neben einem Lover in New York. Ihr wird klar, dass etwas ziemlich verkehrt gelaufen ist – in dieser Wirklichkeit hat sie sich nach dem Tod ihrer Großmutter nicht mit ihren Schwestern zu den „Zauberhaften“ zusammen geschlossen, das Haus der Familie wurde verkauft, und die Halliwells sind über den ganzen Globus verstreut (und böse verkracht). Dahinter steckt ein schwarzer Zauberer, der die Zeit manipuliert, und damit eine neue Wirklichkeit geschaffen hat. Phoebe muss ihre Schwestern überzeugen, dass das nicht die Realität ist, die vom Schicksal vorgesehen war. Ein Rennen gegen die Zeit, denn die Hölle setzt zum Großangriff auf unsere Welt an – und es gibt keine „Zauberhaften“, die sich den Dämonen entgegen stellen könnten…
So weit, so gut. Ich war ziemlich zufrieden mit der Idee, die es mir erlauben sollte, den Beziehungen der Schwestern untereinander neue Aspekte abzugewinnen (als Gimmick konnte ich auch „tote“ Charaktere wieder auftauchen lassen). Leider lehnte Paramount das Konzept ab – es schien der Produktionsfirma zu weit hergeholt, zu abgefahren. Damit konnte ich leben. Es war den Versuch wert gewesen. Nicht leben konnte ich allerdings mit der Tatsache, dass im folgenden Herbst die 100. Episode von „Charmed“ in den USA auf Sendung ging – in der Piper eines morgens aufwacht und feststellt, dass die Halliwell-Schwestern sich nach dem Tod ihrer Großmutter nie zu den „Zauberhaften“ zusammengeschlossen haben, und der Erde nun ein Angriff von Dämonen droht…
Glaube ich, dass Paramount tatsächlich meine Idee geklaut hat? Es ist schon ein ziemlich erstaunlicher Zufall, aber ich will nichts unterstellen. Meines Seelenfriedens zuliebe denke ich nicht allzu intensiv darüber nach.
Nach drei, vier Jahren (es gab mittlerweile mehr als 30 Charmed-Bücher auf dem deutschen Markt) merkte ich, dass bei mir langsam die Luft raus war. Die neuen Folgen waren mir erheblich zu redundant-romantisch (Cole war ein Charakter, den ich immer gehasst hatte), und es gab praktisch keine neuen Ideen mehr. Irgendwann motivierten mich auch die alljährlich neu veröffentlichten Pinup-Bilder der drei sexy Hexen nicht mehr. Immer häufiger wurden Plots von Paramount abgelehnt, weil sie so oder so ähnlich schon in einer Episode umgesetzt worden waren. Bei einer Zeitreise-Geschichte in den Wilden Westen setzte ich mich aber durch – die Paramount-Redakteurin hatte die Idee mit dem Verweis auf eine andere Western-Episode rundweg abgelehnt, doch ich bat sie, das Papier trotzdem Aaron Spelling vorzulegen. Zu meiner Freude gab der TV-Oldie sein Okay. Ein andermal musste ich derartig schnell mit einer Geschichte fertig werden, dass ich kaum Zeit hatte, mir was Anständiges auszudenken. Meine Lösung: Ich übertrug einfach die Nibelungen-Saga, die ich gerade für meinen ersten Fantasy-Roman recherchiert hatte, in die Welt der Halliwell-Schwestern. Ohne genaue Outline schrieb ich drauf los – und das Ergebnis ist der sicher schrägste und halluzinatorischste Roman, den es zur Serie gibt. Es liest sich, als hätte ich das Teil auf Drogen geschrieben. Nicht wahr, ich schwör’s!
In den Jahren, in denen ich die „Charmed“-Bücher geschrieben und übersetzte hatte, war beruflich einiges passiert – mittlerweile durfte ich mich mit Fug und Recht Drehbuchautor nennen, und auch für meinen Roman „Ring der Nibelungen“ sah es gut aus. Kurz gesagt: Weder inhaltlich noch finanziell reizte es mich, weiter „Charmed“-Bücher zu schreiben. Hinzu kam, dass auch die Franchise deutliche Ermüdungserscheinungen zeigte: Die Bände verkauften sich stetig weniger, und auch auf ProSieben gingen die Quoten langsam in den Keller. Ich teilte der vgs mit, künftig nicht mehr für „original novels“ zur Verfügung zu stehen. Es traf sich gut, dass die beiden Chefs, mit denen ich immer gearbeitet hatte, zu dieser Zeit den Verlag verließen, und damit generell ein Schlußstrich gezogen wurde.
Die „Charmed“-Romane waren keine Meisterwerke, und ich möchte später auch sicher nicht „Torsten Dewi, Autor von Charmed“ auf dem Grabstein stehen haben. Aber ich habe sehr viel bei der Arbeit gelernt. Ich schreibe seither disziplinierter, habe einen guten Instinkt für Manuskript-Längen, und ein Gespür dafür, Charaktere unbeschadet von einem Medium in ein anderes zu übertragen. Den Leser(inne)n haben die Bücher offensichtlich gefallen, und manchmal streiche ich mit einer nostalgischen Handbewegung über das (ungefähre) Dutzend an Hardcover-Bänden, das in meinem Regal steht.
Es gibt keinen Grund, sich zu schämen.
Fotos: (c) WB Network, vgs Verlag
NACHTRAG: Ganz vergessen hatte ich die nicht unerhebliche Tatsache, dass ICH Prue Halliwell getötet habe! Der Verlag hatte mich gebeten, u.a. die Episode “All Hell Breaks Loose” als Roman zu novelisieren, und das war die letzte Folge mit Shannen Doherty. Da die Produzenten das aber zu dem Zeitpunkt noch nicht wußten, hielten sie das Ende bewußt unkonkret. Weil es im Buch so nicht funktioniert hatte, gibt es die Sterbeszene der ältesten Halliwell-Hexe nur in meiner Fassung. Ein echter Tränendrücker!
“Ein typisches Problem der „original novels“ war, dass sie mir immer sehr „Phoebe-zentrisch“ gerieten. Was soll ich sagen? Ich stehe auf Alyssa Milano, und jede Gelegenheit, ihre knappen Outfits zu beschreiben, habe ich genutzt. Sie war ja auch die einzige der Schwestern, die regelmäßig mal Sex haben durfte. Es gab so manchen Absatz, den ich dann doch wieder löschen musste, weil ich mich zu begeisterten Beschreibungen ihrer Matratzenaktivitäten hatte hinreißen lassen. Das passt vielleicht in „adult fanfic“-Foren, aber nicht in Jugendromane…”
Du hast davon nicht noch ein paar Leseproben auf Platte… ?
Bei “Buffy” kann ich mich an die zentralen Plots sämtlicher Seasons und an diverse skurrile und innovative Eizelheiten (Musical, “Hush”) erinnern, während bei “Charmed” (ich weiss, dass ich zumindest die ersten acht Seasons komplett gesehen habe) die Erinnerung nur einen diffusen Brei bildet. Falls das etwas über die Qualität der beiden TV-Serien aussagt…
Wie auch immer: Der Bericht zu den Romanen, von mir durchaus schon länger erhofft und erwartet, ist mal wieder sehr informativ.
Stimmt schon – bei Charmed gab es nie den Visionär im Hintergrund, der die Serie durch die Seasons leitete (die Erfinderin selbst wurde ja nach einer Staffel ausgebootet). Das wurde dann alles sehr wirr, redundant, und breiig.
“Es gibt keinen Grund, sich zu schämen.”
Oh doch, Hausrocker. Oh doch … 😀
Novelisierungen…ein seltsames Feld!
Besonders hübsch bizarr finde ich es ja, wenn es zu Romanverfilmungen das alternative “Buch zum Film” gibt, welches dann nicht die Vorlage enthält, sondern eben eine Nacherzählung…
Interessant aber, zu hören, wie das Schreiben davon direkt funktioniert – wäre nichts für mich, ich bin schon fast hulle geworden, als ich nur mal kurz neben dem Video hockte, um einen Monolog aus Kurosawas “Ran” abzuschreiben.
Ach ja, es sei aber angemerkt, dass die Novelisierung zu “Super Mario Bros.” wesentlich besser ist, als der Film. 8)
@ tornhill: Es geht noch besser – zu Emmerichs “Godzilla” habe ich seinerzeit den “Junior-Roman” übersetzt. Entsprach dem “Buch zum Film”, war aber kürzer, mit größerer Schrift, und enthielt keinen schlimmen Flüche oder Gewaltszenen 🙂
“Bücher zum Film” und “Bücher zur Serie” gehören wirklich zur größten Seuche des Buchmarktes. Die einzige Lebensberechtigung, die ich diesem Kram zugestehe, ist die Tatsache, dass Schreiberlinge damit recht gute und recht sichere Einkünfte erzielen können. Davon abgesehen ist das ganze Konzept aber überkeitserregend …
Diese Diskussion gibt es schon lange – erst kürzlich hat sich Orson Scott Card über Tie In-Schreiber ausgelassen, dabei war er früher selber einer.
Fakt ist: Gerade in den USA werden viele Tie In-Romane von exzellenten Autoren geschrieben. Und ein guter Autor kann den etablierten Geschichten noch zusätzliche Ebenen abgewinnen.
Aber ich halte das für eine Non-Diskussion. Wer es nicht lesen will, soll es nicht kaufen. Scheinbar gibt es aber eine große Leserschaft für diese Bücher. Case closed.
Ich wollte damit weder eine Diskussion lostreten, noch für ein Verbot dieses Konzepts plädieren, sondern lediglich meine bescheidene Meinung dazu äußern.
Dass Autoren, die diesen Kram schreiben, nicht automatisch Stümper sind, ist mir klar und es lag auch nicht in meiner Absicht, dies zu behaupten.
Für mich sind diese Bücher Zeitverschwendung, aber wer daran seine Freude hat, soll sie natürlich lesen. Darüber braucht man gar nicht zu diskutieren …
“Junior-Roman zum Film”? Herrlich, wird ja echt immer besser!
Wobei ich anmerken sollte, dass Emmerichs “Godzilla” (und wir erinnern uns: ich habe nichts gegen den Film, außer, dass er sein Monster frevelhaft benennt) übrigens auch ein wirkliches Musterbeispiel für eine gute Novelisierung ist, bei der das Buch wesentlich witziger und ironischer aufgezogen ist, als der Film.
Ohohoho! Ehe ich es vergesse: Das wilde Durcheinander, welches als Buch zum ersten “Mr. Bean”-Film verkauft wird, ist übrigens ein epochales Meisterwerk!
Da fällt mir ein: Ich sollte mal das Buch zu Carpenter’s “Das Ding aus einer anderen Welt” lesen, das ich vor Jahren billig auf ebay geschossen hab’…
@ peroy – das führt zu einer interessanten Frage: Hast du den Roman zum Film (Alan Dean Foster?), oder hast du die Kurzgeschichte “Who goes there?”, auf der die Filme basieren?
hab ich schonmal erwähnt, wie unglaublich beschissen milano mit ihrer kurzhaar bubenfrisur aussieht? 🙁
wenigstens gibts dafür rose mcgowan als augenschmaus…
@ Wortvogel: Ein sehr spannender und interessanter Beitrag!
Als ich noch begeisterter Star-Trek-Fan war, hab ich übrigens öfters mal Novelisierungen zu den Filmen gelesen… Spannend fand ich daran immer, dass die Bücher meist ausführlicher waren und mehr Details oder gar zusätzliche “Szenen” zu bieten hatten. (Teilweise, weil gedrehte Szenen vor dem Kinostart doch noch fallen gelassen worden waren, teils, weil unverfilmte Stellen aus dem Drehbuch in den Roman einflossen – wenn die Noveliserung auf dem Drehbuch basierte, konnte es zudem schon mal sein, dass Film und Buch gewisse Stellen anders schildern.)
“@ peroy – das führt zu einer interessanten Frage: Hast du den Roman zum Film (Alan Dean Foster?), oder hast du die Kurzgeschichte “Who goes there?”, auf der die Filme basieren?”
Den Roman zum Film, passend zum Thema…
“hab ich schonmal erwähnt, wie unglaublich beschissen milano mit ihrer kurzhaar bubenfrisur aussieht?
wenigstens gibts dafür rose mcgowan als augenschmaus…”
…und mit Fußballfeldgroßem Ausschnitt, Eiderdautz…
Oje.
Ich schaue hier nur hin und wieder mal rein und lese dann gleich mehrere Einträge hintereinander, bis ihc keine Lust mehr habe. Nach der Andeutung oben habe ich mal in mein Bücherregal geschaut – und tatsächlich den Namen Torsten Dewi auf dem Exemplar von “Der Ring der Nibelungen” gefunden, das mir mein Bruder mal lieh.
Um es kurz zu machen: Ich habe das Buch gehasst. Ich liebe Fantasy in fast jeder Form, doch dieses Buch zu lesen, war unerträglich. Es war langweilig und vorhersehbar zugleich [und ich kenne die Nibelungenhandlung keineswegs und habe keine Ahnung, inwieweit sich diese mit dem Buch deckt], und ich nach ungefähr Hundert Seiten habe ich es nicht mehr ausgehalten und das Buch weggestellt.
Da es mir durchaus gefällt, in diesem Blog zu schmökern, finde ich es ein wenig bedauerlich, dass dessen Autor an dem unsäglichen Buch beteiligt gewesen war. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass ich fortan auf alle Dewi-Werke verzichten oder diesen Blog nie wieder aufsuchen werde…
Ich interessiere mich immer für Crossmediales aller Art – auch wenn es zu ca. 85 % in die Grütze geht. Habe mir jedenfalls gerade den ersten Charmed-Band bei Amazon bestellt. Ich bin gespannt…
[…] so kann man relativ leicht eine Buchreihe stemmen. Und vor 20 Jahren habe ich das ja auch gemacht. Der Unterscheid: Bei mir war es legal, weil ich für den vgs-Verlag die offiziell erworbene Lizenz […]