Goodbye to the weird kid: Zum Abschied von Conan O’Brien
Themen: Film, TV & Presse |Ob die Show nun abgesetzt oder auf Wunsch des Moderators beendet wird – "Conan" endet auf TBS im nächsten Jahr. Nach 28 Jahren wird "the ginger kid" Conan O’Brien erstmals keine Late Night Show mehr bestreiten. Und obwohl ich von der TBS-Version nur Bruchstücke mitbekommen habe, macht mich das melancholisch. Weil Conan so lange in der Branche ist wie ich, weil er immer da war, egal, wo ich war – GONG, ProSieben, Tandem. Er war eine Konstante, mehr noch als Letterman und Leno. Er war wie die "Lindenstraße", die ja in diesem Jahr ebenfalls zu Ende gegangen ist.
Vielleicht eine Gelegenheit für einen etwas nostalgischen Rückblick. Dank Internet ist das ja relativ einfach.
Im großen "Late Night War" der frühen 90er zwischen Letterman und Leno um die Nachfolge von Johnny Carson war Conan O’Brien noch "the new kid on the block" mit primärer Erfahrung als Comedy-Autor gewesen. Ich kann mich gut erinnern, dass viele Kritiker damals nicht an einen dauerhaften Erfolg glaubten, weil Conan keine onkelhafte Wärme ausstrahlte. Diese Einschätzung war richtig, die Prognose jedoch falsch.
Von der ersten Show 1993 bleibt hauptsächlich im Gedächtnis, dass Conan seinen Sidekick Andy Richter mitbrachte und wie crazysexycool Drew Barrymore war:
Erinnert sich heute noch jemand an den Long Island Lolita-Skandal, über den zeitgleich DREI TV-Filme für verschiedene Sender gedreht wurden?!
Ein weiteres Highlight war die Show zum 10. Jahrestag, bei der richtig auf die Kacke gehauen wurde – es war 2003 und die Konkurrenz durch Streaming und Internet noch Zukunftsvision. The last years of the golden age:
2010 kam es zum zweiten "War for Late Night", als Jay Leno eine Schwäche in der Produktion neuer Serien bei NBC für ein waghalsiges Experiment nutzte: seine Sendung wurde auf 22.30 Uhr vorverlegt und damit aus dem klassischen "Late Night"-Slot genommen. Den alten Sendeplatz bekam Conan, der darauf seit Jahren hingearbeitet hatte.
Es wurde ein Debakel, die Quoten waren miserabel. Und irgendwann entschied Jay Leno, dass er seinen alten Sendeplatz zurück wolle – entgegen aller Versprechen, die er Conan gegeben hatte. Es folgte eine kurze, brutale Schlacht, die Conan verlor, und in die sich auch Letterman einmischte:
Conan verließ NBC im Streit, aber (angeblich) mit sehr viel "Schmerzensgeld". Und er fand ein neues Zuhause. Nach einer kurzen Pause, die er mit albernen "Mini-Shows" rumbrachte, ging er am 8. November 2010 bei TBS wieder auf Sendung. Nicht gerade NBC, aber vielleicht genau der richtige Platz abseits der Grabenkriege der großen Networks.
Conan blieb immer "the weird kid" und besonders sein Umgang mit den weiblichen Gästen war geprägt von amüsanten Merkwürdigkeiten:
Mein Favorit stammt allerdings aus seiner alten Show, als Jennifer Garner den Fehler machte, Conan belehren zu wollen (ab Minute 2):
Tja, und damit ist nun Schluss. Genau genommen geht mit Conan der letzte Host der "alten Garde" – was umso kurioser ist, weil er ja immer "the new kid" war. Mit ihm endet auch die klassische Form der Late Night Show, die noch primär von Standup, Talk und ein paar Musikeinlagen lebte. Heute muss erheblich mehr Las Vegas-Bombast geboten werden, die Hosts müssen in aufwändig produzierten Einspielern singen, tanzen und schauspielern. Ich habe Respekt vor dieser Leistung – aber es interessiert mich nicht mehr sonderlich.
Vielleicht ist es das, was mich so melancholisch macht – ich sehe durchaus Parallelen, weil ich aus einer Zeit komme, in der Journalismus primär "Texte schreiben" bedeutete. Ich musste nicht multimedia sein, keine interaktiven Elemente entwickeln, mich nicht ständig neu erfinden und meine "Marke" pflegen. Wenn Conan schon zum alten Eisen gehört – was ist dann mit mir?
Die Sendezeit der Show ist vor ein paar Jahren deutlich gekürzt worden. Ich vermute, das war schon ein schlechtes Zeichen.
Man hatte 2019 angeblich auf Bitten von Conan halbiert.
Was mich gerade etwas irritiert ist, dass Du Conan bzw. sein Format als die letzte klassische Late Night bezeichnest. Die Late Show mit Colbert ist in meinen Augen auch noch sehr klassisch und hat einen Monolog, ggf. einen trumplosen zweiten Monolog ("Meanwhile"), anschließend nur Interviews und am Ende Musik. Die ganzen Stunts/Spiele/etc. von Fallon oder Corden fehlen dort komplett.
Daher die Frage: inwiefern ist die aktuelle Version der Late Show für Dich keine klassische Late Night Talkshow mehr?
Okay, es scheint etwas Verwirrung zu herrschen – ich beziehe mich im Artikel mehrfach auf eine bestimmte Generation Late Night Talker, die die 80er und 90er und 00er geprägt hat und von denen Conan eben der Letzte ist. Das Format hat in der einen oder anderen Form natürlich überlebt, aber es gab einen kompletten Personalwechsel nach 20-30 Jahren. Colbert kommt aus der politischen Comedy und hat die Late Night massiv politisiert, Daily Show IST Comedy, und John Oliver hat gar nichts mit dem Genre zu tun.
Vielleicht tröstet es den einen oder anderen, dass Conan einen der unterhaltsamsten Podcasts hosted. "Conan O’Brien needs a friend" macht das, was mMn die Schwäche seiner alten Show war, nämlich die Interviews, zum absoluten Highlight.
Danke für den Tipp, da werde ich mal reinhören.
Patton Oswald und Bill Hader sind gute Folgen um einzusteigen.
Passt, den Hader finde ich eh klasse. Werde ich mir heute bei einem abendlichen Spaziergang zu Gemüte führen.
Ich finde die Folge mit Jeff Goldblum sehr toll.
Conan ist so unglaublich schnell, wirklich beneidenswert.
Mir gefallen aber am besten die Dialoge mit seiner Assistentin Sona. Sie bietet ihm ordentlich Paroli und es ist unglaublich unterhaltsam.
Ich habe anfänglich den Fehler gemacht und habe mir nur die Folgen angehört, deren Gäste ich kannte / mich interessierten. Aber er kann wirklich gute Interviews führen und selbst mit mir unbekannten Menschen ist es (fast immer) interessant.
Ja, Sona (und Matt) sind klasse. Mir gefällt es am besten, wenn Conan ein Thema nimmt, in völlig absurde Bahnen leitet und die beiden sich nicht mehr einkriegen.
Der Podcast hat mir einige lange Spaziergänge versüßt.
Die Folge mit Bill Hader ist ja wirklich ein Paradebeispiel dafür. Habe ich mir gestern Abend angehört und hatte oft ein Dauergrinsen im Gesicht. Alleine die ersten Minuten. Hilarious!
Ich habe nie eine Show mit ihm gesehen, aber ich weiß, dass es ihn gibt. Was ich wirklich irgendwie gruselig finde: Ich dachte wirklich, er wäre ein "Neuer"! Ich weiß nicht einmal, wie lange ich schon weiß, dass es ihn gibt, aber wenn ich ein bisschen versuche zu erinnern, wird mir sofort klar, dass es ihn schon lange geben muss.
Warum es bis auf jemanden wie mich, der das eigentlich gar nicht verfolgt, derartig abgestrahlt hat, dass Conan "the new kid" war, finde ich, ja, irgendwie gruselig.
Laut dwdl soll er wohl in Zukunft bei HBO Max sein Unwesen treiben – er bleibt der Medienbranche also mit Schabernack erhalten 🙂
Klar, es hat ja niemand gesagt, dass er sich in Luft auflöst. Aber er gibt die letzte "klassische" Late Night Show der goldenen Ära auf.