19
Mai 2017

Depp des Tages (3): Dirk Lorenzen, der Deutschlandfunk und die Phantomzeit

Themen: Film, TV & Presse |

Ihr wolltet ja, dass ich mir nicht immer einfache “Opfer” suche…

Depp des Tages ist heute der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen, der regelmäßig für den Deutschlandfunk arbeitet. Wie so jemand von mir die Bezeichnung “Depp” angeheftet bekommen kann? Steht der denn nicht auf meiner, der skeptischen Seite, und entlarvt allerlei verschwörungstheoretischen Unfug?

Ja. Und nein. Weil man das richtig und falsch machen kann.

Etwas Kontext: Es gibt die Theorie der Phantomzeit, zu der auch die Annahme eines “erfundenen Mittelalters” gehört. Ganz grob gesagt: Knapp 300 Jahre zum Ende des ersten Jahrtausends nach Christus haben nie stattgefunden, sondern wurden im Nachhinein in den Kalender geschummelt, um massive Fälschungen zu verschleiern und Schenkungen zu rechtfertigen, die im Mittelalter die Machtgefüge zementierten. Allzu schwer soll es nicht gewesen sein, denn der Zugriff sowohl auf Wissen generell als auch auf die historische Geschichtsschreibung lag in den Händen Weniger.

Tatsächlich ist der Begriff des Dunklen Mittelalters ja darauf zurück zu führen, dass aus jenen Jahrhunderten extrem wenig überliefert wurde, von Schriften bis zu tatsächlichen Artefakten. Das spielt den Proponenten der Phantomzeit-Idee in die Hände.

Die Phantomzeit ist natürlich eine Nischentheorie, die kein ernsthafter Wissenschaftler mit Reputation und Professur vertritt, auch wenn die Ablehnung meistens nicht auf faktischer Widerlegung, sondern auf einem gebrummelten “absurd!” beruht, was ich ein wenig dünn finde. Die Befürworter der Theorie wiederum erklären den Widerstand der offiziellen Geschichtsforschung mit existierenden Pfründen: wäre die Phantomzeit tatsächlich existent, müssten praktisch alle Historiker ihre Forschungsarbeiten schreddern und von vorne anfangen. Womit wollte z.B. ein Historiker seinen Titel rechtfertigen, wenn dieser auf der Forschung über ein Jahrhundert beruht, das gar nicht existiert hat? Auch sämtliche Geschichtsbücher würden schlagartig hinfällig, und sei es nur bei den aufgeblasenen Kalenderdaten.

Ich will an dieser Stelle gar nicht werten, es geht nur um einen knappen Abriss.

Also: Die Phantomzeit wird weitgehend abgelehnt, einige Kritiker werfen sie gar in einen Topf mit der Flach- und Hohlerdetheorie. Barer Unfug demnach, was für Idioten und Verschwörungstheoretiker von der YouTube-Universität mit Aluhut-Abschluss. Und in genau dieses Horn stößt dieser Deutschlandfunk-Beitrag von Dirk Lorenzen. Ich würde darum bitten, dass ihr ihn mal fix lest. Ist nicht viel Text.

Meine Probleme mit dem Artikel sind mannigfaltig. Im Kern: Er ist so schlampig geschrieben und miserabel recherchiert, wie es gemeinhin die Artikel sind, die wir als esoterischen Kappes in der Luft zerreissen. Das beginnt damit, dass es Lorenzen gar nicht um neutral die im Titel versprochenen Erkenntnisse geht – die Überzeile belegt schon seine Stoßrichtung: Phantomzeit ist eine “abstruse Idee”. Er nennt sie “ein Hirngespinst”. Und diese abstruse Idee, dieses Hirngespinst ist nun also widerlegt.

Woher die Theorie überhaupt kommt? Laut Lorenzen hält sie sich “hartnäckig” bei “manchen Verschwörungstheoretikern”. Hier fehlen schon die minimalen Grundlagenkenntnisse. Die Phantomzeit-Theorie stammt von Heribert Illig, der mit “Das erfundene Mittelalter” und “Wer hat an der Uhr gedreht?” die beiden Standardwerke zum Thema verfasst hat. Und dieser Heribert Illig ist nicht irgendein Aluhut-Träger:

“Heribert Illig, 1947 geboren, promovierte über den Kulturhistoriker Egon Friedell. Der Privatgelehrte, freie Autor und Herausgeber der geschichtskritischen Zeitschrift Zeitensprünge, stellt in einschlägigen Publikationen immer wieder neue Fragen an die Geschichte.”

Die Erwähnung Illigs ist Lorenzen aber kein Wort wert. Stattdessen geht es um nebulöse “Verschwörungstheortiker”, womit jede Legitimität der Idee von vorne herein abgebügelt ist. Irgendwelche Spinner halt.

Aber gut, hören wir die Gegenargumente. Wer hat den ollen Illig denn nun widerlegt?

“Wissenschaftler halten das angebliche Phantom-Zeitalter für völlig absurd.”

Das ist alles, was wir an Quelle bekommen. Keine Fußnote, kein Link, kein Verweis auf irgendeine Studie. Wissenschaftler halt. Die schaffen Wissen. Sonst würde man die ja nicht so nennen.

Skeptiker oder Homöopath, Edelfeder oder Boulevardschreiber – “Wissenschaftler” als Quelle würde und werde ich NIEMANDEM durchgehen lassen. Das ist recherchefaule Phrasendrescherei ohne Substanz.

Und diese “Wissenschaftler” haben Illig auf welche Weise widerlegt?

“Dass es ein reines Hirngespinst ist, belegen auch astronomische Überlieferungen, vor allem von Sonnenfinsternissen.”

Mich verwirrt das “auch” – bisher wurde ja noch gar kein Gegenbeweis erbracht. Und haben “Wissenschaftler” wirklich aktuell versucht, mit diesem Argument den Illig zu widerlegen? Das ist unwahrscheinlich, denn Illig selbst geht in seinem Buch “Wer hat an der Uhr gedreht?” (Econ Ullstein List Verlag) schon 1999 auf genau diese Kritik an seinem Erstling “Das erfundene Mittelalter” ein:

“Aber wir wollen zunächst gerne glauben, daß all diese Klippen und Strudel gut umschifft worden sind. Schließlich gibt es auch eine durchgehende Liste aller Päpste von Petrus bis Johannes Paul II.; es gab kurzlebige Dynastien, die in chronologisch heiklen Zeiten zusätzliche Querbezüge gestatten, und es gibt astronomische Hinweise wie etwa aufgezeichnete Sonnenfinsternisse, die ebenfalls Rückrechnungen ermöglichen. Wir sehen die endlose Reihe von Chronikschreibern, die versucht haben, die Menschheit seit der Schöpfung mit Jahreszahlen zu versehen, wir sehen das Heer an Gelehrten, die sich seit Jahrhunderten mit der Historie abplagen.

Die Arbeit scheint endgültig geleistet zu sein; Fragen der Chronologie bewegen heutige Historiker nur noch in Ausnahmefällen.”

Und etwas weiter hinten:

“Die Astronomen haben mittlerweile Kontrollrechnungen für hinreichend seltene Himmelsereignisse angestellt, die jede Phantomzeit ausschließen sollten. Sie sehen vor allem Sonnenfinsternisse als deutlich unterscheidbare Individuen, die für oder gegen meine Thesen aussagen können. 1997 wurde von den Professoren Werner Bergmann und Wolfhard Schlosser als erstes eine Sonnenfinsternis von 590 ins Spiel gebracht, über die uns Gregor von Tours folgendes in Buch X, Kapitel 23 berichtet: »In der Mitte des Monats Oktober verfinsterte sich die Sonne, und ihr Licht nahm so ab, daß sie kaum so groß blieb wie die Mondsichel am fünften Tag nach dem Neumond.«

So knapp diese Beobachtung geschildert ist, so überarbeitet ist sie bereits. Der lateinische Text spricht ausdrücklich vom 8. Monat, der damals der August war, nicht wie in alten Römertagen der Oktober; er spricht keineswegs vom Neumond, sondern einfach vom »fünften Mond«; eindeutig ist seine Aussage »Mitte des Monats«.

Insofern paßt die rückgerechnete Finsternis vom 4.10.590 nur bei großer Toleranz. Sie liegt keineswegs in der Mitte des 8. Monats, sondern am Anfang des 10. Monats, und die ringförmige Finsternis spricht gegen die Sichelform. Als Schlosser und Bergmann exakt 300 Jahre weiterzählten, fanden sie keine adäquate Finsternis und erklärten meine These für widerlegt. Aber mit den von mir vorgeschlagenen 297 Phantomjahren wären sie am 20.10.887 einem adäquaten »Individuum« begegnet: wieder im Oktober, aber diesmal nahe der Monatsmitte, wiederum wie der 5. Mond, diesmal vom Vollmond aus gezählt, ein in der Spätantike auch geübter Brauch; nach Mucke und Meeus war es keine ringförmige, sondern eine totale Finsternis.”

Ehrlich? Ich habe keine Ahnung, was das im Detail heißt. Aber es zeigt, dass Illig die zeitgenössische Kritik durchaus wahrgenommen und beantwortet hat. Knapp 20 Jahren später zu schreiben, mit belegten Sonnenfinsternissen sei die “abstruse Idee Phantomzeit” widerlegt, ist schlicht betriebsblind. Ich wüsste gerne, was Lorenzen zu Illigs Entgegnung zu sagen hat.

Aber Lorenzen gibt noch einen zweiten, nicht weniger blinden Schuss auf Illig Theorie ab, vorgeblich wieder aus dem Munitionsdepot der nicht näher benannten “Wissenschaftler”:

“Ebenso hilfreich sind viele überlieferte Beobachtungen des Kometen Halley: Der Komet zeigt sich etwa alle 76 Jahre – aber er läuft bei jeder Erscheinung anders über den Himmel. Die Berichte lassen sich eindeutig datieren.”

Ist das wirklich so, und vor allem so “eindeutig”? Ihr ahnt es: Auch Halleys Komet wird in Illigs zweitem Buch erwähnt:

“Es gab immer wieder Versuche, den Halleyschen Kometen als den bekanntesten seiner Art überm Stall von Bethlehem leuchten zu lassen. Aber seine früheste Beobachtung ist im Abendland erst für 1066 dokumentiert: als Glücksstern für die Normannen, als Desaster für die Engländer. Er läßt sich auf dem 70 m langen Teppich von Bayeux, der wenige Jahre danach zur Erinnerung an den Sieg gestickt worden ist, noch heute begutachten.”

Damit wäre der Halleysche Komet zur Widerlegung von Illigs Thesen ungeeignet.

Obwohl also alles, was Lorenzen gegen Illig anführt, von Illig selbst bestritten wird und aktuell nicht Illig in der Bringschuld ist, kommt der Autor des Deutschlandfunks zu einem sarkastischen, herablassenden, finalen Urteil:

“Auch wenn sich manche nicht von Fakten beeindrucken lassen: Der Kosmos belegt glasklar, dass das Phantom-Zeitalter eine reine Erfindung ist. Wir leben völlig korrekt im Jahr 2017.”

Ich muss leider unterstellen, dass Lorenzen sich weder mit den Fakten (für ODER wider) nocht mit dem Kosmos auch nur ansatzweise beschäftigt hat. Ich würde mich nicht mal für einen Facebook-Kommentar trauen, einer Verschwörungstheorie mit derart halbgarem, faktenleeren Geschreibsel entgegen zu treten. Sowas gehört sich nicht für einen Wissenschaftsjournalisten, und schon gar nicht im Deutschlandfunk.

Meine persönliche Meinung zu Illig? Eine hoch spannende, zumindest für den Laien plausibel erklärte Theorie, die tatsächlich Weltbilder ins Wanken bringen kann und die sich eben nicht bequem mit ein paar empirischen Beobachtungen widerlegen lässt wie die Hohlwelt-Idee. Mein Verstand weigert sich, an ein historisches Komplott diesen Ausmaßes zu glauben, weshalb ich dankbar wäre, wenn sich ein paar kluge Köpfe die Mühe machen würden, Illig nicht bloß auszulachen, sondern tatsächlich zu widerlegen.

Und genau deshalb, weil Lorenzen eigentlich auf UNSERER Seite spielen sollte und ich an UNS einen höheren Maßstab in Sachen Argumentation, Recherche und Logik anlege, bekommt er von mir den Depp des Tages. Er hat der Auseinandersetzung mit Illig einen Bärendienst erwiesen.

Besonders enttäuscht bin ich darüber hinaus von den Mitgliedern der Facebook-Gruppe “Nothing but the Truth – Aktiv gegen Chemmies und andere VT’ler”, die den Artikel von Lorenzen heute feixend geteilt haben. Auf meinen Einwand, ob sie denn überhaupt wüssten, worum es bei Illig geht, antworteten sie mit abfälligen Bemerkungen wie “wenn es nach drei Sekunden Nachdenken anfängt wehzutun, gehört es in diesen Topf” (der Verschwörungstheorien) und “Da muss man doch nicht son Scheiß glauben!!!”. Ich hatte mehr erwartet als pubertäre Überheblichkeit.

Mit dieser Haltung gewinnen wir niemanden – und mit solchen Artikeln überzeugen wir auch niemanden.

Jetzt seid ihr dran.



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19. Mai, 2017 10:59

Ich bin da auf Seiten der Wissenschaft, manche Ideen sind so idiotisch, dass man sie auch mit einem “absurd” abtun kann.

Dr. Acula
19. Mai, 2017 11:10

“Absurd” war aber auch mal der Gedanke, die Erde drehe sich um die Sonne.

Persönlich halte ich von der Phantomzeit-Theorie auch nichts, aber einfach nur behaupten “näää, is nich so” ist halt unwissenschaftlich, da beißt die Maus keinen Faden ein, speziell, wenn der Proponent die Hauptargumente seiner Gegner bereits aufgegriffen hat. Da muss, da geb ich dem Vogel Recht, schon mehr kommen also nur “nänänänänänä”.

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19. Mai, 2017 11:13

Die Vertreter der “Erde dreht sich um die Sonne” Theorie haben aber auch entsprechende Beweise für ihre Argumentationsketten vorgelegt.

Würden dies die Phantomzeit-Leute auch machen, gibt es auch eine Diskussion. Mehr kommen muss immer von denen, die die bestehende Lehre anzweifeln, nicht umgekehrt.

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Mencken
19. Mai, 2017 11:18

@Torsten: Nö, wie erwähnt obliegt es immer dem Zweifler Argumente zu bringen und seine Theorie zu belegen. So hat Wissenschaft schon immer funktioniert, das hat nichts mit Ignoranz zu tun. Es ist nicht Aufgabe der Wissenschaft, jede idiotische Idee zu widerlegen, dies wäre auch bereits im Hinblick auf den Zeitaufwand kaum machbar.

Spandauer
Spandauer
19. Mai, 2017 11:24
AlphaOrange
AlphaOrange
19. Mai, 2017 13:30

Mit Lorenzens Beitrag habe ich auch Probleme. Das liegt vor allem daran, dass er – genau wie die anderen Beiträge dort im Sternzeit-Ressort – gerade mal Junk-Food-Länge hat. Der Autor hat weder Lust, noch Platz, in gerade mal einem Dutzend Sätze nicht nur zu erklären, was jene Phantomzeit ist, sondern sie anschließend auch noch sauber zu dekonstruieren.

Klar kann man auch in der Kürze bessere Fakten und Argumente einbringen, aber das Problem ist hier meiner Meinung nach weniger Lorenzen als die allgemeine Tendenz, Artikel auch zu komplexen Themen auf Postkartenformat runterzudummen.

Kaio
Kaio
19. Mai, 2017 16:25

Was wirklich abstrus ist: Der Artikel von Lorenzen ist bei Wikipedia jetzt als Quellenangabe dafür dass Sichtungen vom Hallischen Kometen Illig widerlegen würden angeführt >___>

Dietmar
19. Mai, 2017 23:45

Erst einmal sachlich/inhaltlich: Es gibt hinreichend Dokumente und Bauten aus der fraglichen Zeit, die mit verschiedenen Methoden datiert sind. Dies kann man natürlich diskreditieren, wie Illig das tut, aber das belegt nicht, dass sie gefälscht wären.

Methodisch: So funktioniert Wissenschaft nicht. Ich kann auch nicht hergehen und über Quantenmechanik bramarbasieren. Darüber können Quantenphysiker vernünftig arbeiten und dieses Wissen dann verbreiten. Dabei darf man populärwissenschaftliche Darstellungen nicht mit der Wissenschaft an sich verwechseln.

Autoritätsbezogen: Illig ist Germanist. Er ist kein Historiker. Ihm fehlt schlichtweg die Kompetenz zur Quellenarbeit und dazu, diese Dinge richtig einzuordnen. Wenn er seine Thesen belegt hat, dann hat Herr Bremer auch belegt, dass Atlantis eine Raumstation der Aliens war, die dann auf die Erde stürzte und dies in der Ode an die Freude beschrieben ist. Denn das wurde auch noch nicht handfest widerlegt. http://www.atlantisbremer.de/

Dirk Lorenzen hat sich ein Argument herausgenommen und das als kleinen Text aufbereitet. Das ist keine wissenschaftliche Abhandlung, die irgendeiner Prüfung standhalten müsste. Illigs Thesen sind aber ebenso wenig wissenschaftlich. Das ist verschwörungstheoretischer Schmonz. Wenn er das ernsthaft meint, dann muss er das vernünftig aufbereiten und peer reviewt entsprechend veröffentlichen. Das wird nicht gelingen. Aber das liegt nicht daran, dass es ein böses Establishment gäbe, dass das verhindert.

Dietmar
20. Mai, 2017 00:07

Ich muss die Bücher nicht gelesen haben. Es reicht komplett aus, dass die wissenschaftliche Realität anders ist. Ich habe auch Sarrazin nicht gelesen oder irgendein Buch von 9/11-Truthern. Es ist einfach so, dass so Wissenschaft oder wissenschaftlicher Fortschritt nicht funktioniert. Es mag ja sein, dass man als Laie dann da steht und sagt, Donnerwetter, das ist ja ganz schlau, was der da schreibt. Aber dadurch wird das nicht richtig, was er schreibt.

Ja, ich beziehe mich auf Autorität: Auf fachliche Autorität. Die besitzt er nicht. Er ist ein sprachgewandter Laie auf dem Gebiet. Er verkauft eine Verschwörungstheorie.

Wenn er das ernsthaft als wissenschaftliche Theorie etablieren wollte, dann müsste er sich eben mit den wissenschaftlichen Autoritäten auseinandersetzen und die Standards erfüllen. Das tut er nicht. Genau so “arbeiten” auch Homöopathen und Astrologen etc.

Wie der journalistische Beitrag einzuordnen ist, kann ich nicht sagen. Das hat in meinen Augen eher einen Kommentarcharakter; aber da bist Du natürlich bewanderter als ich.

Olaf Kröger
Olaf Kröger
20. Mai, 2017 12:02

Das Establishment HAT zurückgeschlagen, und zwar mindestens unter

http://aryabhata.de/illig/sofi.html

Ich versuche mich an einer Zusammenfassung:

Wir haben seit ca. 1880 eine rückberechnete Liste der Sonnen- und Mondfinsternisse der letzten 3000 Jahre, aber erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts wird diese Liste für Datierungszwecke brauchbar. Das liegt daran, dass man erst dann die Abbremsung der Erdrotation durch die Gezeiten genau genug berechnen kann; davon hängt zwar nicht ab, auf welchen Tag die Finsternis fällt, wohl aber, an welchem Punkt der Erde sie wie lange zu beobachten ist. Das macht Datierungsversuche, die älter als ein paar Jahrzehnte sind, unbrauchbar.

Dann sind die meisten antiken Berichte über Sofis und Mofis erschreckend ungenau; man könnte fast meinen, die Zeitgenossen hätten gar nicht an spätere Historiker gedacht! Angaben wie “Sonnenfinsternis in Athen irgendwann zu Lebzeiten des Soundso” oder “Mondfinsternis genau im Jahr 187 v. Chr. – irgendwo im östlichen Mittelmeerraum” zeichnen ein so flusiges Bild, dass es ohne weiteres möglich ist, 300 Jahre aus der Chronologie zu stanzen und auch die neuen vagen Angaben passend mit den Rückberechnungen zu machen.

Die Idee, dass bei einem oberflächlichen Blick auf antike astronomische Berichte Illigs These sofort zusammenklappt, ist also falsch; man braucht dafür schon die genauen Rückberechnungen der jüngsten Zeit und die sehr wenigen präzisen Beobachtungen aus der Antike. Diese erledigen aber anscheinend den Job.

Dieter B. Hermann weist darauf hin, dass sich die Abstände zwischen zwei Finsternissen am selben Ort praktisch nie wiederholen; und so sprechen zwei totale Sonnenfinsternisse in Portugal in den Jahren 418 und 447 dafür, dass diese Jahre genau so weit zurückliegen, wie die Schulweisheit es uns glauben macht.

Und Franz Krojer, Verfasser des verlinkten Textes, steuert eine Reihe extrem genau beschriebene Finsternisse aus der islamischen Welt aus den Jahren 829 bis 901 bei.

Es ist gut möglich, dass Illig seitdem auf die Gegenargumente reagiert hat; dass die etablierte Wissenschaft seit 1999 zu seinen brisanten Thesen schweigt, stimmt aber jedenfalls nicht.

Olaf Kröger
Olaf Kröger
20. Mai, 2017 12:16

Ups, ich hätte erwähnen sollen, dass der oben verlinkte Text in Kenntnis von “Das verlorene Mittelalter geschrieben wurde; kein unwichtiges Detail.

Dietmar
20. Mai, 2017 12:35

“Lediglich der Konsens der Historiker ist anders.” Das ist aber die wissenschaftliche Realität. Die Jahrhunderte, die angeblich fehlen, müssten dann in anderen Kulturen parallel dazu ebenfalls nicht stattgefunden haben, die dendrochronologische Einordnung würde auch nicht mehr stimmen, alle Bauten, Gräber, Schriftstücke etc. wären gefälscht. Wo ist die Grenze der Geschichtsfälschung? Die Wikinger überfielen Lindisfarne nicht? Oder später, weil es Karl den Großen nicht gab? Während die chinesische Kultur kontinuierlich nachweisbar ist. Macht die Geschichtsfälschung in Asien halt?

Der Konsens ist nicht historisch gewachsen. Die Geschichtsschreibung und damit das Sichten und kritische Bewerten von Quellen ist so jung, dass es nicht das Ziel im Mittelalter gewesen sein kann, eine Epoche zu erfinden. In der Geschichtsschreibung selbst kann das ebenfalls nicht das Ziel gewesen sein; es sei denn, man glaubt an eine Verschwörung.

“Geschichtsschreibung ist keine exakte Naturwissenschaft wie Mathematik oder Physik…” Das ist natürlich richtig. Deshalb sind Doppelblind-Studien kein Bestandteil dieser Wissenschaft. Können sie gar nicht sein. Habe ich aber auch nicht behauptet.

Dennoch ist Geschichte als Geisteswissenschaft durchaus überprüfbar. Dass wir nicht “alles” wissen oder alles klären können, hat damit aber gar nichts zu tun. Ob Einzelpersonen exakt fassbar und nachweisbar sind, ist ebenfalls unerheblich. Der Unterschied ist hier: Illig nutzt diese Lücken, um Löcher in die Historie zu stechen. Das ist in etwa das, was Kreationisten tun, wenn sie sagen, es fehlen Übergangsformen. Die “fehlen” immer. Genauso gibt es immer Lücken in der Geschichte, Unklarheiten, nicht Klärbares.

“Dein zweiter Absatz ist leider wertlos, wenn du die Bücher nicht gelesen hast.” Nein. Die Aussage, dass ihm als Germanisten nicht die Kompetenz zugestanden werden kann, ist nicht wertlos. Es ist einfach eine Frage der vernünftigen Abschätzung: Entweder die gesamte Geschichtsschreibung irrt fundamental oder er als Germanist, der keinerlei geschichtswissenschaftliche Qualifikation besitzt.

“Im dritten Absatz versuchst du wieder, die Regeln der strikten Wissenschaften auf die Geschichtskunde anzuwenden: paper, peer review, publication. So funktioniert das aber nicht.” Tut mir leid aber doch, genau so funktioniert das. Es gibt peer-reviewte Fachzeitschriften für geschichtliche Forschung. Es gibt Kongresse. Es gibt den gesamten wissenschaftlichen Apparat, in dem man seine Thesen verteidigen muss. Den umgeht Illig. Das ist Pseudowissenschaft, was er macht. Zumindest deutet alles darauf hin.

“Und die Tatsache, dass Illig bei einem renommierten Verlag eine Hypothese veröffentlich hat, sollte zumindest eine substanzielle Erwiderung der Fachleute zur Folge haben.” Meinst Du so etwas? http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Erfundenes_Mittelalter.html

“Wie du selber merkst: bei Homöopathie und Astrologie hat man das ja auch gemacht.” Richard Dawkins sagte mal, dass er nicht mit William Lane Craig diskutieren würde (letzterer hat immerhin einen akademischen Grad in Philosophie), weil er Dinge zu tun hat. Mit anderen Worten: Man muss sich nicht mit jedem Unsinn auseinandersetzen.

“Ein „Kommentarcharakter“ wäre also geeignet, jegliche Recherche zu unterlassen, dem Zuhörer so ziemlich alle Fakten vorzuenthalten und beiläufig „is eh Kappes“ zu knurren? Im Deutschlandfunk? Sorry, das KANN ich nicht so sehen.” Darüber kann man sicher lange diskutieren. Nur: So etwas macht den Autoren in meinen Augen nicht zu einem Deppen.

“Es geht übrigens nicht um die Frage, ob Illig Recht hat.” Ich habe Dich schon verstanden: Du möchtest, dass der Artikel nicht so in der Luft hängt und in jeder Hinsicht sorgfältiger ist. Ich versuche nur zu erklären, wie ich dazu stehe. Das ist: Illigs These ist vernachlässigbar und nach meiner Einschätzung falsch. Ich muss dafür das Buch genauso wenig gelesen, wie Homöopathie ausprobiert, mir ein Horoskop erstellen lassen, Baustahl geschmolzen oder Chemtrails abgeschmeckt haben. In diese Kategorie fällt das.

Ich werde das Buch also nicht lesen.

Maximinus Thras
Maximinus Thras
20. Mai, 2017 16:16

Sehr geehrter Herr Dewi, als Historiker wage ich es mal mit einem Kommentar. Sie haben Recht, der Artikel tut der Seite der Wissenschaft und Vernunft keinen Gefallen. Er folgt keiner inneren Logik und spricht nicht einmal die größten Löcher in der These Illigs an. Das Wort “absurd” kann dieser Text insoweit nicht untermauern.

Aber es muss gesagt werden, dass aus Sicht von Historikern die These des erfundenen Mittelalters einfach absurd ist! Genau so wie die Homöopathie für Mediziner, die Flacherde für Astronomen, die Trutherbewegung für Ingenieure und die Hohlerde für Geologen absurd sind.

Die Artikel, die von Olaf Kröger und Dietmar verlinkt wurden, zeigen eindeutig, dass die These von Illig widerlegt wurde. Damit ist eine Vorraussetzung aus ihrem Kommentar 4 erfüllt und deshalb ist es auch gerechtfertigt von einer absurden Idee zu sprechen.
Es ist sogar in Ordnung von Verschwörungstheoretikern zu sprechen, da die Gruppe um Illig von einer Verschwörung im 9. Jahrhundert ausgeht. Aber auch hier sei noch einmal gesagt, dass dem Artikel von Lorenzen die Argumente fehlen, um jedem Laien klarzumachen, dass die These absurd ist.

Jetzt noch ein paar Worte zu dem meiner Meinung nach größten Loch in der These des erfundenen Mittelalters. Gehen wir einfach davon aus, dass drei Jahrhunderte tatsächlich gefälscht wurden (614-911 n. Chr.). Wie erklärt sich Illig dann die Entwicklungen außerhalb Europas die zweifellos in dieser Phase vonstatten gegangen sind? Als wichtigster Aspekt die islamische Eroberung großer Teile des Mittelmeerraumes? Wenn seine Theses wahr wäre müssten die arabischen Eroberer Persien, Nordafrika, den Nahen Osten und Spanien plötzlich erobert haben, aus dem nichts heraus. 614 kämpfte das Oströmische Reich noch gegen die Perser und hatte die Kontrolle über große Teile des östlichen Mittelmeers. 911 war es im Prinzip nur noch auf dem Balkan, in Anatolien und mit kleinen Besitzungen in Italien vertreten. Wie soll dies den passiert sein?

Ganz zu schweigen von anderen Teilen der Welt, die nicht direkt von den Europäern betroffen waren. Sollte also die These Illigs stimmen, müsste auch zum Beispiel die Geschichte Indiens drei fehlende Jahrhunderte aufweisen. Nehmen wir als Ausgangspunkt die Alexanderzüge im vierten vorchristlichen Jahrhundert, die auch in Indien literarischen Niederschlag gefunden haben, und als Endpunkt die Landung der Portugiesen an der indischen Küste unter der Moghulherrschaft im 15. Jahrhundert. Wenn wir nun die europäische Geschichte, wie wir sie kennen auf die indische legen, dann dürfte z. Bsp. das Rashtrakuta-Reich nie exestiert haben. Aber wer hätte davon profitiert? Oder glaubt irgendjemand, dass der Papst über die Macht verfügt hat auch in Indien Dokumente zu fälschen? Es ist also möglich, die These Illigs direkt zu verwerfen, solange er keine Belege vorbringen kann, warum überall auf der Welt Belege vorliegen, die zum Schluss kommen, dass wir im Jahre 2017 leben und nicht 1717.

Ich hoffe meine Formulierungen sind klar genug. Illigs Werkt zeigt nur einmal mehr, dass steile Thesen für Laien viel anziehendes haben, weil sie so spannend sind. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, bei Widerlegungen dieser Thesen eben diese Laien mitzunehmen. Deshalb kann ich Ernennung zum Depp des Tages nachvollziehen. Aber ich hoffe auch, dass ich Ihnen, Herr Dewi, klarmachen konnte, dass die These Illigs in der Geschichtswissenschaft genauso fehl am Platz ist, wie die Thesen Dänikens.

Martin Däniken
Martin Däniken
20. Mai, 2017 19:56

@Maximinus Thras:
Das war ein Genuss!
Labsal für mein Gehirn!!
Genauso hat eine Erwiderung/Ergänzung zusein…
Und vorallem weg von Europozentrischen ;-)!

Tante Jay
20. Mai, 2017 23:08

“Es ist nicht Aufgabe der Wissenschaft, jede idiotische Idee zu widerlegen, dies wäre auch bereits im Hinblick auf den Zeitaufwand kaum machbar.”

Wenn die Idee gut belegt ist, wenn sie dezidiert beschrieben ist, wenn der Ideengeber sich die Mühe macht, sie auszuformulieren *und* auf Gegenargumente einzugehen und zudem bereit ist, sein WEltbild notfalls über den Haufen zu werfen, wenn die Argumente ihn stichhaltig widerlegen (was auf Illig zutrifft), dann, ja, dann ist die “Wissenschaft” in der Pflicht, das *objektiv* zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

DAS und nicht mehr und nicht weniger erwarte ich von einem ausgebildeten Wissenschaftler.

Martin Däniken
Martin Däniken
21. Mai, 2017 04:10

Man sollte immer im Hinterkopf haben das “Theorie” in der Wissenschaft anders definiert ist als in der Umganssprache!

Maximinus Thras
Maximinus Thras
21. Mai, 2017 15:03

Danke für die Antwort Herr Dewi. Ein paar Dinge möchte ich noch loswerden. Ich habe mir eines von Herrn Illigs Interviews angehört und muss sagen, dass er recht wenig über die Zeit weiß, die angeblich erfunden ist. Er scheint weder die relevanten Quellen zu kennen, noch über die politische Lage der Zeit informiert zu sein. So versteht er nicht, warum die Translatio Imperii ( der Übergang der Reichsgewalt der römischen Kaiser auf Karl den Großen) eben zu diesem Zeitpunkt stattfand. Es braucht dazu keine Erfindung. (Kurz erläutert: Karl hatte dafür gesorgt, dass Papst Leo wieder eingesetzt wurde, gegen den Willen großer Teile des römischen Stadtadels. Gleichzeitig herrschte im Oströmischen Reich eine Frau als Kaiserin. Es war also möglich den Kaiserthron als vakant anzusehen. Die Erhebung Karls zum Kaiser wurde deshalb im Osten auch als Usurpation betrachtet. Natürlich könnte auch die komplette Byzantinsche Geschichtsschreibung (die eine lange Tradition hatte) gefälscht worden sein. Aber welchen Vorteil hätte sie davon?)

Aber ein weitaus wichtigerer Punkt ist die Grundlage seiner These: Die gregorianische Kalenderreform. Illig geht davon aus, dass bei der Reform eigentlich 13 Tage übersprungen werden müssten und nicht zehn. Dies zeigt einmal mehr, dass Illig nicht versteht mit Quellen umzugehen und sein Wissen um die christiliche Geschichte ebenfalls rudimentär ist. Kurze Erläuterung: Illig kommt auf 13 Tage, da er davon ausgeht, dass Gregor den julianischen Kalender ab seinem Ursprung 44 v. Chr. anpassen hätte müssen. Dann wären tatsächlich 13 Tage notwendig. Bloß diese Annahme ist falch. Der gregorianische Kalender wollte dafür sorgen, dass der Ostertag wieder auf das Datum fällt, auf das es die Berechnungen der Ostertabellen vorsehen. Die Grundlage für die Ostertabellen war aber die Festsetzung des Frühlingsbeginns auf den 21. März zum Zeitpunkt des Konzils von Nicäa 325. Also brauchte Gregor nur bis dorthin zurückrechnen, da ja dort für die Christenheit verbindlich der Frühlingsanfang festgelegt wurde. Und siehe da die dreihundert Jahre sind erklärt. Damit fällt der einzige Grund für die These Illigs flach und damit die These in sich zusammen. Mir ist kein Aufsatz Illigs bekannt, der schlüssig darlegt, warum Gregor bis Julius Cäsar zurückrechnen hätte sollen oder wollen. Das ist schlicht unwahrscheinlich.

Sie haben natürlich recht, wir werden es erst wirklich Wissen, wenn die Zeitmaschine erfunden ist. Aber mit gleichem Recht können damit auch Kreationisten ihre Thesen begründen. Auch wenn die Geschichtswissenschaft eine “weiche” Wissenschaft ist, so versucht sie doch der Wahrheit einen Schritt näher zu kommen. Illigs These verdient deshalb zu diesem Zeitpunkt ebensoviel Beachtung in der Geschichtswissenschaft, wie die Baupläne von freie Energie Maschinen in der Physik. Das heißt nicht, dass sie nicht wahr sein könnte, sondern dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass sie wahr ist.

Aber es ist nunmal meiner Meinung nach auch Aufgabe von Wissenschaftlern ab und zu aus ihrem Elfenbeinturm hinauszutreten, um dem Laien klarzumachen, nicht nur dass sonder auch warum die Thesen falsch sind. Es mag müßig sein immer auf die gleichen Fehler in der Logik hinzuweisen, aber nur so kann man vielleicht irgendwann mal sicherstellen, dass jeder von diesen Logikfehlern gehört hat und sich nicht mehr so einfach von spannenden Thesen beeinflussen lässt.

Kurzgesagt eine schöne Geschichte, die sich hervorragend für Romane und/oder Filme eignet (wie jede gute Geschichte) aber in der Realität versagt. Ich bin kein Purist, deshalb finde ich es auch nicht schlimm, wenn jemand diese These künstlerisch verarbeitet oder seine Inpiration daraus zieht. Ich habe auch Spaß an Filmen die sich historisch geben, aber weit davon entfernt sind. Jedoch behalte ich es mir vor bei solchen Werken in den Klugscheißermodus zu wechseln :).

Stefan Sicherl
Stefan Sicherl
21. Mai, 2017 15:40

Freut mich sehr dass hier so eine interessante Diskussion entstanden ist. Vielen Dank für den sehr guten Beitrag vom Experten.

Der einzige Senf den ich noch dazugeben möchte: Die Auseinandersetzung mit Iligs Thesen ist für mich wichtig jenseits der Tatsache dass seine Thesen nicht offensichtlich und unmittelbar widerlegbar sind, insbesondere für den Laien. Es ist auch allgemein wichtig dass sich Historiker in so einem Fall damit öffentlich auseinandersetzen und sich äußern als Hilfestellung und Anleitung für Leute denen das Detailwissen fehlt.

Der wichtigste Kampf beim Skeptizismus ist für mich, den Leuten ohne Fachkenntnisse im Gebiet wenigstens die Attitüde, Grundkenntnisse und mentalen Alarmglocken auf den Weg zu geben, damit sie in VT-Kreisen typische Argumentationsmuster und manipulative Methoden als solche erkennen (das ist allgemein gesprochen, damit ordne ich Ilig nicht als typischen Verschwörungstheoretiker ein).

Maximinus Thras
Maximinus Thras
21. Mai, 2017 15:53

@Torsten Dewi: Das mit der Ironie habe ich mir fast gedacht, nur leider hatte ich schon Gespräche, in denen diese Aussage ernsthaft vertreten wurde.

Es freut mich sehr, dass ich hier auch mal mein Wissen anbringen kann. Ich lese Ihren Blog schon eine ganze Weile, auch wenn ich mit Ihrer Branche direkt nicht viel zu tun habe. Dass zeigt meiner Meinung nach, wie gut Sie schreiben können und in der Lage sind ihr Wissen weiterzugeben. Aber besondern gefallen mir Ihre Diskussionen mit den selbsternannten Experten. Es imponiert mir, dass Sie immer die Ruhe bewahren. Machen Sie so weiter.

Dietmar
21. Mai, 2017 17:18

@Maximus Thras: Exakt das (!) ist es, was ich mit “fachlicher Autorität” meinte. Sie könnten mich mit einem Haufen Bücher in einen Turm sperren und ich glaube nicht, dass ich am Ende ähnliches zusammengebracht hätte. Ich ordne Herrn Illig in die gleiche Kategorie wie Däniken. Sie wenden sich mit möglichst gelehrt klingenden Thesen an Laien, die ihre Bücher kaufen sollen und vermeiden eine fundierte Fachauseinandersetzung. Aber so funktioniert Wissenschaft nun einmal nicht. Auch Geschichtsforschung nicht.

Danke für die Kommentare!

(@Wortvogel: was bin ich froh, dass Du Deinen Blog wieder betreibst. Da hat mir wirklich was gefehlt.)

MK
MK
21. Mai, 2017 20:03

Wir haben uns während des Studiums (lange ist’s her…) auch mal halb spaßeshalber mit Illig beschäftigt, der ja in den 90ern relativ häufig auch im TV zu sehen war (10 nach 9). Einige der zentralen Einwänden sind ja schon angesprochen worden, aber bei aller Kritik können solche Außenseiter ja durchaus auch auf Schwächen und Probleme der jeweiligen Disziplin hinweisen, es muss ja die Lücken erst einmal geben, in die sie sozusagen stoßen können. Das wären in “unserem” Bereich ein relativ lange relativ quellenarme Zeit und nicht zuletzt die ja nicht abstreitbare hohe Zahl von gefälschten Urkunden und Dokumenten, die zum Teil dennoch eine hohe Wirkmächtigkeit besaßen/besitzen, man denke nur an die Konstantinische Schenkung oder verschiedene Bücher des Neuen Testamentes. Auch wenn es schwieriger ist als bei den Naturwissenschaften ist es aber trotzdem unumgänglich, das sachlich zu widerlegen, der Ausgangsartikel leistet diesbezüglich natürlich gar nichts (auch wenn man Anlass und mangelnden Platz entschuldigend einbezieht).

Lothar
Lothar
22. Mai, 2017 00:25

Wie die 300 Jahre zustandekommen, wurde ja schon erklärt (besser, als ich das aus dem Kopf hinbekommen hätte). Als weiteren (kurz schon angesprochenen) Punkt, möchte ich noch hinzufügen, dass man mittels C14-Verfahren recht gut das Alter organischer Stoffe ermitteln kann. Die bisherigen Messungen zeigen bis dato keine Lücke von 300 Jahren auf und dass den Architekten der damaligen Zeit bewusst war, dass C14-Isotope in dem Bauholz eine Fälschung beweisen würden und deswegen nur antikes Holz verbaut haben, darf bezweifelt werden, außer man pullt einen Däniken und behauptet, dass sie von den Aliens entsprechend gewarnt worden sind.