Fantasy Filmfest 2016: Psycho Raman
Themen: Fantasy Filmf. 16, Film, TV & Presse, Neues |Psycho Raman
Indien 2016. Regie: Anurag Kashyap. Darsteller: Nawazuddin Siddiqui, Vicky Kaushal, Sobhita Dhulipala, Anuschka Sawhney, Mukesh Chhabra
Offizielle Synopsis: Von 1965 bis zu seiner Ergreifung im Jahr 1969 tötete der Killer Raman auf den Straßen von Bombay nach eigenen Aussagen 41 Menschen. Vermutlich waren es aber mehr, denn „Psycho Raman“, wie er von der Presse getauft wurde, empfand das Töten als so selbstverständlich, mordete so beiläufig, dass er irgendwann das Zählen aufgegeben hatte. Sein Kontrahent ist der Polizist „Raghav“, der sich dem Gesetz gegenüber erhaben fühlt und sich sein Koks selbst an den Tatorten abscheulicher Verbrechen in die Nase zieht. Zusammen ergeben sie „Raman Raghav“.
Kritik: Ich bin durchaus gewohnt, dass sich die Inder immer wieder mal in Genres versuchen, die über Sing & Tanz-Romanzen hinausgehen. Der indische Superheldenfilm ist ebenso keine Seltenheit mehr wie der indische Gruselfilm. Allerdings versuchen sich diese Streifen meistens an einer Hybridisierung, vermischen konventionelle Stilmittel mit geliehenen und noch zu erprobenden Plots.
Das ist bei „Psycho Raman“ anders. Dieser Film ist nicht bunt, nicht launig, nicht auf Tempo und maximales Entertainment ausgelegt. Er ist „Sieben“ und „Bad Lieutenant“, bringt den Nihilismus des amerikanischen Crime-Kinos in die Ghettos von Bombay. Hier gibt es keine Gerechtigkeit, keinen Schutz durch die Autoritäten. Ein Menschenleben ist nicht billig – es ist wertlos. Darum ist es auch kein Wunder, dass unsere beiden Protagonisten zwar auf verschiedenen Seiten des Gesetzes stehen, aber letztlich kaum Unterschiede aufweisen. Sie sind empathielose Monster, nur von der paranoiden Gier nach Selbsterhalt und Bestätigung getrieben.
Dieser Bruch mit den indischen Erzählkonventionen ist ambitioniert, aber nicht immer erfolgreich. Es dauert zu lange, bis die Parallelen zwischen dem Killer und dem Cop klarwerden. Ihr Schicksal wird nicht konsequent und nicht früh genug verzahnt, um die böse Pointe am Schluss zu rechtfertigen. Über weite Strecken laufen die beiden Plots nebeneinander her, ohne sich nennenswert zu befruchten.
Das ändert allerdings nichts daran, dass „Psycho Raman“ mit sicherer Hand und ohne überflüssige Umwege über Humor oder Romantik inszeniert ist, dynamisch, zynisch, uneitel. In einer Filmindustrie, für die Glamour und Schauwerte existentiell sind, ist so ein Ansatz ebenso beeindruckend wie die authentischen Leistungen der Hauptdarsteller.
Fazit: Ein für indische Verhältnisse ungewöhnlich nihilistischer und brutaler Serienkiller-Film, der sich etwas schwertut, die beabsichtigte „Bad Lieutenant“-Variante in den Hauptplot zu integrieren. Bemerkenswert, wenn auch nicht vollends gelungen – wer allerdings gerne fröhlich aus dem Kino kommt, dem wird abgeraten.
Philipp meint: Hat ein paar Längen, aber dafür auch einige großartige Szenen. Vor allem aber plausible Charaktere, was bei einem Serienmörder nicht leicht ist.
Der war nicht schlecht, aber mir zumindest deutlich zu langatmig. Da hatte ich auf etwas mehr Spannung gehofft, aber der Film ist etwas zu überambitioniert und verliert sich beim Versuch, Gesellschaftskritik vernünftig zu integrieren.
Kann nichts gegen den Film sagen, aber auch nichts dafür. Ich persönlich rate eher ab. 6/10.