DVD-Kritik: “Princess of Mars” (starring John Carter)
Themen: Film, TV & Presse, Neues |USA 2009. Regie: Mark Atkins. Darsteller: Antonio Sabato Jr., Traci Lords, Matt Lasky, Chacko Vadaketh, Noelle Perris u.a.
Story: John Carter ist als einsamer Marine in Afghanistan unterwegs. Bei einem Einsatz wird er schwer verwundet. Eine geheime Organisation teleportiert ihn als Experiment zum fernen Planeten Mars 216, wo er auf die Alienrasse der Tharks trifft. Es gibt auch Humanoide auf dem Mars, zu denen die Prinzessin Dejah Thoris aus der Stadt Helium gehört. Gemeinsam mit ihr versucht Carter zu verhindern, dass die Pumpstation zerstört wird, die die Atmosphäre des Mars atembar macht. Dabei kommt ihm ein weiterer “Transportling” von der Erde in die Quere…
Kritik: Okay, wenn Disney nicht erlaubt, dass ich “John Carter” vor dem 2.März bespreche, dann arbeite ich mich eben am Ripoff aus der Asylum-Werkstatt ab. Pöh! Mir doch egal!
Wobei, Ripoff trifft es nicht genau. Oder andersrum: Ripoff schon, aber nicht von “John Carter”. Obwohl: darauf basiert der Film ja schon. Ich meine… ääähhh…
Okay, noch mal von vorne: Zuerst gab es “Avatar” von James Cameron. Es wurde gemunkelt, dieser klaue nicht nur üppig von “Pocahontas” und “Der mit dem Wolf tanzt”, sondern auch von Edgar Rice Burroughs’ “John Carter of Mars”-Reihe. Die Mockbuster-Experten von Asylum entschieden daher, fix eine direkte (rechtlich freie) Adaption der Originalvorlage zu produzieren, um sich an Camerons Erfolg ranzuhängen. Eine Weile lang firmierte das Projekt sogar unter “Avatar on Mars” (ähnlich wie “Alien” lässt sich der Begriff “Avatar” nicht schützen). Allerdings sind die Ähnlichkeiten mit dem 3D-Blau-Spektakel SEHR an den Haaren herbei gezogen. Neuen Schub (und sicher so manchen Re-Release) bekommt das auf dem Syfy-Channel und auf DVD durchgenudelte Projekt jetzt natürlich dank der hoch budgetierten Disney-Version. Wie sieht es denn da mit dem direkten Vergleich aus?
Bedenkt man, dass Asylum keinen Zugriff auf das Drehbuch von “John Carter” hatte, sind die anfänglichen Überschneidungen durchaus erstaunlich: Die Rahmengeschichte, die Reise zum Mars, die Entdeckung der “Schlüpflinge”, die Begegnung mit den Tharks, die Begeisterung für Carters Springerei, der erste Angriff, die Begegnung mit Deja. Alles da, wie schon im Roman, der immerhin 1917 erschienen ist.
Diese Sequenzen zeigen sehr schön die Limits, aber auch die Möglichkeiten der B-Produktion auf: Klar löst die CGI mehr peinliches Gekicher als Begeisterung als und natürlich müssen mal wieder orangene Farbfilter vortäuschen, was die Kulisse nicht her gibt. Die Kostüme sind vermutlich Resteverwertung irgendeiner Miniserie zum Thema Rom. Die Tharks haben keine vier Arme, was aber auch nicht von Belang ist – und statt 1000 Kriegern aus dem Computer sehen wir sechs Komparsen in Gummimasken, deren Qualität mit der Entfernung zur Kamera sichtlich abnimmt.
Aber es passt. Es ist genau die zu erwartende Version von “John Carter”, wenn man mit einem Budget arbeitet, das nicht mal siebenstellig ist. In hoher Auflösung sind die gelieferten Bilder manchmal fast so etwas wie… hübsch. Dazu eine pompöse Musik, die der etwas fußlahmen Dramaturgie immer mal wieder mehr Spannung unterstellt, als das Geschehen auf dem Bildschirm leisten kann. So weit, so gut.
Danach jedoch trennen sich die Wege von “John Carter” und “Princess of Mars” – und “Princess of Mars” begibt sich auf den langen Marsch in die Hölle des Trashkinos.
Durchgehen lasse ich noch die Reduktion der epischeren Aspekte von Burroughs. Für mehrere kriegerische Fraktionen auf Barsoom war einfach kein Geld da, mit Schlachten von Star Wars’schen Ausmass durfte man auch nicht rechnen. Also weg damit. Der Plot wird reduziert auf eine Handvoll Charaktere, die durch eine Wüstenlandschaft latschen und immer mal wieder mit ein paar Konflikten in Form von Monstern und Verrätern konfrontiert werden. Am Ende muss in irgendeiner Industrie-Brache irgendein Schalter umgelegt werden, Held und Bösewicht ziehen die Schwerter. “Sumuru” war da auch nicht anders – und nicht besser.
Ich ziehe meinen virtuellen Hut vor der Tatsache, dass “Princess of Mars” wenigstens versucht, die Grenzen der Asylum-Möglichkeiten auszutesten: Man hat hier wirklich alles an Editingeffekten, CGI und Requisiten in den Ring geworfen, was irgendwie greifbar war. Auch wenn das manchmal bedeutet, dass im Hintergrund auf dem Mars plötzlich ein nicht mal nennenswert verdeckter Kamin herum steht:
Das hätte Corman auch nicht anders gemacht, das verdient Respekt.
Und schließlich: Antonio Sabato Jr. Er wird sicher nie mit Dustin Hoffman verwechselt und knabbert wohl kaum bei der Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen an seinen Fingernägeln. Aber er hat den muskulösen Body für den Part, sieht gut aus, kann seinen Text und entspricht generell dem, was wir eine “Heldenfigur” nennen. Viel mehr Kapital bringt Taylor Kitsch auch nicht mit.
Schon beim restlichen, sehr begrenzten Cast findet mein Wohlwollen allerdings sein Ende. Traci Lords mag für Mitte 40 noch einen knackigen Body haben (den sie ja seit ihrer Volljährigkeit nicht mehr ohne Textilien vorzeigen möchte), aber als rassige Prinzessin und Love Interest für John Carter ist sie erschütternd fehlbesetzt. Ihr Gesicht wirkt verzerrt und gestrafft, der ehemalige Schmollmund zeugt mittlerweile nicht mehr von Erotik, sondern nur noch von Verstopfung.
Ageism hin oder her: Sie ist erheblich zu alt und zu verbraucht für die Rolle.
Man tut ihr auch keinen Gefallen bei der Ausgestaltung der Rolle: die angeblich so taffe Kriegerin verbringt gut die Hälfte ihrer Screentime gefangen in einem läppischen Käfig, aus dem sich auch eine Frau mit der doppelten Kleidergröße leicht davon stehlen könnte:
Lords selbst ist keine Leuchte: Ihre “line delivery” ist komplett daneben, sie strahlt keinerlei Sympathie aus und das Geständnis der Liebe zu John Carter wirkt so fake wie die Orgasmen in ihren alten Pornofilmen. Name value hin oder her – da hätte man lieber Natasha Henstridge, Sandra Hess, irgendeine WWE-Ische oder meinetwegen auch Deborah Gibson casten sollen. An Lords scheitert der ganze, sowieso nicht sehr üppige Versuch, dem Fantasy”spektakel” den Kern einer Liebesgeschichte zu geben.
Davon abgesehen gelingt es “Princess of Mars” nicht, über den ersten Akt hinaus sowas wie einen roten Faden zu entwickeln, die Figuren mit Ziel und Zweck auszustatten. Es ist alles sehr beiläufig erzählt und die holperig-hilflosen Kampfszenen alle 15 Minuten wirken mehr wie der Versuch, sich für die inhaltliche Magerkost zu entschuldigen. Es funktioniert nicht. Besonders übel trifft es den erst im letzten Akt enthüllten Schurken der Geschichte: Sowas von mühsam in den Plot genagelt und völlig unglaubwürdig ist mir lange nicht mehr untergekommen. Als wäre den Machern erst gegen Ende aufgefallen, dass ein Reisebericht vom Mars vielleicht wenigstens den Anschein eines Showdowns braucht, bevor der Nachspann rollen kann.
Kurz gesagt: “Princess of Mars” erzählt keine spannende Geschichte, sondern humpelt sich banal und antriebslos über die Laufzeit. Wirklich jede Szene ist mindestens doppelt so lang, wie sie sein dürfte, die Hälfte aller Dialoge überflüssig, die gelieferten Erklärungen so redundant wie mangelhaft – sogar das Wort “Barsoom” kommt nur einmal vor, quasi als Nachklapp. Der Zuschauer bleibt emotional komplett außen vor.
Einen eigenen Absatz ist die Rahmenhandlung wert, die beide Filme mitbringen.
Eines der Hauptverbrechen von “Princess of Mars” ist so verständlich wie fehlgeleitet: Asylum versucht, die Geschichte von Burroughs zu modernisieren. Statt die Rahmengeschichte im Western-Stil von Burroughs zu belassen, verlagert man sie in die Gegenwart und in den Nahost-Konflikt. Statt Mars Mars sein zu lassen, erfindet man einen entfernten “Mars 216”, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass “unser” Mars nicht so aussehen kann wie noch von Burroughs vermutet. Der eher zufällige Transport John Carters nach Barsoom wird einer geheimen Forschungsabteilung der Regierung untergeschoben.
All. Das. Ist. Falsch.
Ich verstehe ja die Hoffnung, John Carter dem Zuschauer etwas näher zu bringen, in dem man ihn aus der Vergangenheit in die Gegenwart versetzt. Es funktioniert nur nicht, weil der Charakter blass und austauschbar bleibt, keinen Konflikt mitbringt und sich permanent wie ein Klugscheißer aufführt. “John Carter” von Disney hingegen ist zwar als “Westernfigur” nicht so nah am Zuschauer, bekommt aber ein wirkliches Trauma verpasst, ein Ziel, eine stimmige Persönlichkeit.
Und so kann ich nur wieder mal konstatieren, was für fast alle Asylum/UFO/Cinetel-Produktionen gilt: Selbst mit dem mageren Budget und dem kleinen Cast wäre mehr möglich gewesen – ob es an Fähigkeit oder Bereitschaft dazu mangelte, lässt sich schwer sagen. Zu befürchten ist eine unheilige Kombination von beidem. Sonst würde es ja nicht immer wieder passieren.
Fazit: Krude und für das minimale Budget simplifizierte Version von “John Carter”, deren wenige charmante Momente immer wieder der totalen Scheißdrauf-Attitüde der Macher geopfert werden. Nur für beinharte Allesgucker – und als Vorbereitung auf “John Carter”.
NACHTRAG: Peter hat noch eine andere Version gefunden!
Tjo. Unsereins muss sich gelegentlich ins Gedächtnis rufen, dass es für einen C-Produzenten finanziell keinerlei Unterschied macht, ob man Qualität abliefert oder völligen Scheißdreck.
Immerhin scheint Lords die typische Boris-Vallejo-Barbarinnen-Frise zu haben…
Gibt´s Titten? John Carter und Princess Of Mars bringe ich irgendwie mit Titten in Zusammenhang, so ähnlich wie “Gor”.
..yoah, die hat schon einen fiesen Blick drauf;
und ich werd im Theater ja auch nicht mehr als unschuldige Jungfer besetzt sondern drifte gerade über “resolute Mutter” zur Matrone (was nicht schlecht ist)
na da bin ich ja mal gespannt wieso es besser ist, wenn der rote planet in unseren sonnensystem sich befindet…
naja werd ich dann ja lesen^^
“Nein, nein, das ist nicht der Mars. Das ist Mars 216, ein vollkommen anderer Planet, der nur zufällig so heisst wie einer in unserem Sonnensystem.”
Ja… Da hat man die Sache geschickt glaubwürdig gemacht. O_°
@ Lindwurm: Keine Titten – es gibt außer Lords keine Frau im Cast, und Traci macht sich ja obenrum nicht mehr frei. Gut so.
@DMJ: Dass der Name “Mars 216” nicht überzeugender ist, wollte ich nicht bestreiten. “GJ 667Cc” will aber auch niemand im Kino hören, außer den paar Hobbyastronomen deren Teleskop grad nicht nutzbar ist. Man hätte ihn ja einfach nur Barsoom nennen können und trotzdem ausserhalb unseres bekannten Sternenhimmel ansiedeln können.
(ob nun paar lichtminuten oder Lichtjahre durch eine mystische Kraft überbrückt werden sollte im Prinzip egal sein, es sei denn e gibt da doch eien Erklärung, die nciht im Wikipedia-Artikel drinsteht *g*)
und bei jeder zweiten Buchverfilmungne werden Änderungen damit begründetet, dass sie eben sein “müßten”, um die Massen anzusprechen.
aber wie gesagt, ich frag dann nochmal nach, wenn die Frist rum ist, falls es nicht nur um den Namen und das merkwürdigen Militärexperiment geht, was beides zusammen zugegebener Maßen auch nicht besser ist, als ein bewohnter Mars… *g*
“Keine Titten – es gibt außer Lords keine Frau im Cast, und Traci macht sich ja obenrum nicht mehr frei. Gut so.”
Wer mal Kelly Madison gesehen hat spricht über barbusige Pornostars ab Mitte Vierzig nicht mehr so abwertend 🙂
Endlich mal wieder eine Filmkritik! Gerne wieder mehr. Ich weiß schon seit Wochen nicht mehr, was ich im Kino schauen soll, ohne deine guten Hinweise 😉
@ S-Man: Es ist bald wieder Saison, dann kommt mehr. Versprochen.
“Ich weiß schon seit Wochen nicht mehr, was ich im Kino schauen soll, ohne deine guten Hinweise”
Das… ist traurig…
Wieso? Läuft grad was von dir, was du allen verheimlicht hast? *g*
Dem notorisch verächtlichen Wortvogel-Geschmack verdanke ich die Investition teurer Euros in Schmand wie “Ferryman”, “An American Crime”, “Fall 39”, “Perfect Creature”, “The Disappearence of Alice Creed”, “The Wild Hunt” und “End of the Line”, während positive Film-Erlebnisse wie “Cowboys & Aliens”, “Dead Silence” oder “Icarus” eher neutral bis negativ besprochen wurden…
Ich überlasse es jedem einzelnen selbst, daraus eigene Schlüsse zu ziehen…
@Peroy: ich halte fest, dass “Cowboys & Aliens” bestenfalls okay, “Alice Creed” und ” Wild Hunt” dagegen sehr gut waren, und ziehe den Schluss, dass sich daraus kein Schluss ziehen lässt – außer dem, dass dein Geschmack, ich sag mal, “eigenwillig” ist. Aber das wusste ich schon vorher…
@Marcus: Und ich halte fest, Sie, Sir, haben einen Hau.
och nö, nun fang nicht wieder mit den vorhersehbaren Einzeilern an…
“och nö, nun fang nicht wieder mit den vorhersehbaren Einzeilern an…”
Vorhersehbare Einzeiler für die vorhersehbaren Einzeller…
@Peroy: “Und ich halte fest, Sie, Sir, haben einen Hau.”
Schreib den Satz ruhig zu Ende: “….fen Ahnung von Filmen.”
😈
Auf “Haufen” lass’ ich mich noch ein, aber auf “Ahnung von Filmen” nicht…
Die Liste des Wortvogels von Darstellerinnen, die ihren eigenen Film kurz nach Release kritisieren (Natalia Avelon, Virginia Madsen) kann hiermit erweitert werden.
http://www.huffingtonpost.com/traci-lords/john-carter-princess-of-mars_b_1332398.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+thr%2Fhuffingtonpost+%28The+Hollywood+Reporter+-+Huffington+Post+Entertainment+Inbound%29
Obwohl Traci Lords ja bereits früher schon Erfahrung gesammelt hat, ihrer eigenen Branche in den Rücken zu fallen.
@ Exverlobter: “Bad movies happen to good actors too.” – yeah, but shit happens to shit actors too.
Hab Ihn gesehen und ich habe mich unterhalten gefühlt.
Ich verfolge die ganzen Asylum Dinger mit grausigem Interesse, aber ich habe es noch nicht fertig gebracht mal einen zuschauen.
Hat sich gelohnt, inkl.: rumgehüpfe und Finale im Heizungskeller.
Aber die Tracy, hat mich dann doch gestört; Prinzessin geht anders.
so long