Das Bild lügt
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Durch Zufall bin ich heute auf zwei schöne aktuelle Beispiele für Bildmanipulation gestoßen – auch wenn ich nur eine davon beweisen kann.
Fangen wir mit dem Postermotiv des an diesem Wochenende kapital floppenden Nicolas Cage-Vehikels/Remakes "Bangkok Dangerous" an:
Seht euch die Haltung der rechten Hand an – bin ich der Einzige, der überzeugt ist, dass da eine Knarre per Photoshop ausradiert wurde?
Was mich seit jeher in Film & TV nervt, sind Fotos, die von Experten am Computer bearbeitet werden, so dass jede Vergrößerung nicht WENIGER, sondern MEHR Details zum Vorschein bringt. Ihr kennt das: ein körniges Schwarzweiß-Foto einer Security-Kamera wird so lange aufgeblasen, bis man auf einmal das Flugticket in der Brusttasche des Mannes im Hintergrund lesen kann.
Ich hatte gehofft, dieses Klischee wäre mittlerweile durch. Die zweistündige Premiere der vierten "Bones"-Stoffel belehrte mich leider eines besseren.
Es geht um dieses unscharfe Foto in einem billigen Revolverblatt:
Angela Montenegro aus Bones' Team kann an ihrem Rechner derart nahe heranzoomen, dass ein Haus in der Pupille der jungen Frau erkennbar wird:
Das KANN man für "leicht unrealistisch" halten – oder für faules Storytelling…
Mal angenommen, das Auge wäre wirklich von dem Nackedei – würde die nicht extrem schielen?
KEIN Film über 10 Mio. dieses Wochenende in den USA??? Kann mich nicht erinnern, wann das das letzte Mal passiert ist.
Ich hab schon beim Anblick des Plakats "Flop" gedacht, ich glaube die Kombination von Nic Cages Frisur und dem überambitionierten Titel reichte da schon zur Vorhersage.
Danke für die Vergrößerungsbemerkung, da krieg ich auch immer Stresspickel. Wenn ich mich recht entsinne, wird in Enemy of the State sogar ein Überwachungskamerabild GEDREHT, sprich, die "virtuelle Kamera" bewegte sich quasi im Nachhinein um das Objekt herum, so dass man etwas eigentlich Verdecktes sehen konnte. Brrr.
Hab mir das Bangkok-Dangerous-Poster gerade nochmal in groß angeguckt.
WTF?
Mal ganz abgesehen von der sehr offensichtllich wegretouchierten Wumme und den seltsamen Einschusslöchern (steht Cage hinter einer Scheibe?), was soll das mit seinem linken Arm? Hätte der Fotograf nicht einfach sagen können "Wenn es Sie an der Schulter juckt, Herr Cage, kratzen sie sich ruhig, ich warte kurz mit dem Foto?" Oder ist das schon zuviel verlangt?
@milhouse: Sowas gab es sogar schon bei Blade Runner. Die Szene hat mich dort auch arg gestört, als Deckard mit seinem Fotobetrachter anscheinend nachträglich die Kameraposition ändern konnte.
Naja, ich sehe das nicht so eng mit dem Vergrößerungstrick.
Es kommt immer darauf an, in welchem Kontext solche Dinge passieren.
Gerade in Bezug auf Computerarbeit wird im Fernsehen und Film immer wieder auf eine Vereinfachung zurückgegriffen, denn der Computeralltag ist oftmals langweilig und manchmal zu kompliziert für den Zuschauer.
Ein Beispiel: Ein Detective soll zuvor handschriftlich erstellte Profile von rund 100 Zeugen eines Bankraubs auf kriminelle Vergangenheit und mögliche Verbindungen zum Bankräuber überprüfen.
Am Ende hat der Detective eine Grafik für seinen Vorgesetzten (und den Zuschauer) auf der man 5 Fotos von Zeugen mit krimineller Vergangenheit sieht. Eine Person war zur gleichen Zeit im selben Gefängnis wie der Bankräuber und eine weitere Person arbeitet in der Reingung bei der der Bankräuber Stammkunde ist. Man könnte jetzt natürlich zeigen wie der Detective diese Arbeit durchführt, man kann aber auch einfach ein Schnitt machen und in der nächsten Szene hat der Detective ein Programm geschrieben das die Daten der dann erfassten Profile mit der Datenbank des FBI abgleicht und natürlich noch die Kreditkartenabrechnungen des Bankräubers mit den Angestellten der Unternehmen auf der Kreditkartenabrechnung. etc.
Das Programm sieht cooler aus und der Zuschauer kann zusehen! Und wenn dann während eines Dialoges zwischen Charakteren im Hintergrund das Computerprogramm Alarm schlägt ist das viel spannender. Was ist passiert? Was hat Programm gefunden?…
Wer Realismus will sollte sich nicht ein fiktionales Programm anschauen.
BONES ist Fiktion!
Das Cage-Bild: einfach nur schlecht! Logisch war da ne Wumme und die linke geht unter die Jacke um die Zweite zu ziehen würde ich sagen. Warum sowas wegretuschiert wird würde mich auch mal interessieren, FSK oder sowas?
Das Bones-Bild: einfach nur peinlich! Aus einem grobpixeligem Zeitungsbild sone Vergrößerung rausholen zu wollen kann man ja vielleicht noch nem 6-jährigem Kind weißmachen, aber doch wohl nicht der Zielgruppe der Serie!^^ Bei der Nahaufnahme eines Zelluloidbildes laß ich mir das ja noch gefallen, aber von einem Zeitungsfoto? Wer sich sowas schon mal unter der Lupe betrachtet hat weiß was ich meine….
Mich kotzen solche offensichtlichen verarschen in Filmen auch immer enorm an, überall der blöde "Kriegst du das größer und schärfer hin?" Kram wo aus den miesesten Vorlagen plötzlich Hochglanzbilder werden und man schier ALLES erkennen kann. Wer sich da nicht für dumm verkauft fühlt muß schon ein irrsinniges Vertrauen in die Möglichkeiten der Technik haben!^^
Weitere interessante Beispiele von (misslungenen) Photoshop-Retouschen, teils auch Filmplakate, findet man hier:
http://photoshopdisasters.blogspot.com/
Das Cage Poster ist ja wirklich grausam!
Bei Bones gibt es ja auch immer diesen holografischen Tisch….
Ich meine, dass man im Gegensatz zu früher heute wenigstens ein wenig Technobabble liefert, warum man das Bild vergrößern kann. Statt "mach mal größer" erklärt der Nerd, dass er jetzt intrastroboskopische Spektralamnesie verwendet, so dass man mehr erkennen kann. Genau so Blödsinn, aber wenigstens ein kleines "Hallo, ja, wir wissen, es ist Schwachsinn, aber es ist uns egal" an alle, die auf sowas achten 😉
zu dem Cage-Ding: http://photoshopdisasters.blogspot.com/2008/05/bangkok-dangerous-i-can-do-that-with-my.html
@ Stony: bist du dir da wirklich sicher, das der Durchschnittszuschauer das rafft? Meine Freunde, die sich mit Grafiken nicht so auskennen, kommen auch oft mit nem 100x50px-Bild an und wollen das auf ein A3-Plakat drucken. Und ich kanns ihnen auch garnicht verübeln: die meisten Menschen sind immer wieder überrascht, was man mit Photoshop alles machen kann. Nach dem Motto "wenn *das* möglich ist, wieso nicht auch…" Sie checken halt nicht den Unterschied zwischen "wegretuschieren" und "die Grenzen der Physik überwinden". 😉
@ Sebastian: wirklich? wäre mir nicht aufgefallen. Im Gegenteil, mir scheint es eher, als würde es mittlerweile als gegeben vorausgesetzt, dass jede Kleinstadtpolizeistation so ein Programm hat.
Was mich auch noch sehr aufregt: jeder Idiot kann offenbar die FBI/CIA/whatever-Datenbanken mit Leichtigkeit hacken, bei (der eh dümmlichen Serie) Moonlight konnte die "Computer-Expertin" einer Zeitungsredaktion (!) mal schnell Daten von Pentagon-Rechnern abfragen…
@ Geek: Du irrst in diesem Fall – gerade Fiktion kann nur funktionieren, wenn der "suspension of disbelief" stimmt, ich als Zuschauer also GLAUBE, was ich sehe. In dem Augenblick, wo mir klar ist, dass das nicht geht, vertraue ich den Figuren nicht mehr. Gute Autoren haben ein Gespür, ab wann der Zuschauer sagt: "Also, DAS ist jetzt aber echt Kappes!"
Aha, der Nebel lichtet sich:
"THE FOLLOWING ARE NOT CLEAR TO USE IN ANY MARKETING MATERIALS: • Images of NICOLAS CAGE with a gun on his person (e.g., in his hand, over his shoulder) may not be used in key art."
@ STU: Für mich auf ewig der Favorit – der erste "John Sinclair"-TV-Film. John besucht seinen deutschen Kollegen Will Mallmann beim BKA. Man sucht in den Computer-Archiven einen Verdächtigen. Man findet nix, weil der nicht vorbestraft ist. Jemand schlägt vor, es doch mal "in der allgemeinen Datenbank" zu versuchen. Klipperklapper – eine schick gelayoutete Datei mit Fotos, Infos, Adressen, etc.!
Heute würde man "allgemeine Datenbank" wahrscheinlich einfach durch "Google" ersetzen…
Allgemeine Datenbank? Des Herrn Ministers d.N.i.n.a. großer Traum?
@STU: Stimmt natürlich auch wieder, ich bin da scheinbar von meinem Bekannten-/Freundeskreis her sehr verwöhnt, viele (fast alle) die sich mit Computern auskennen und ebenso mit Photos/Graphiken usw., von daher kann ich solches 'Nicht-Wissen' immer gar nicht verstehen und würde mich wundern… 😉
Wobei solche Vergrößerungen aus Minivorlagen ja auch einen gewissen Charme haben können, Pixel so groß wie Centstücke, aber aus einer gewissen Entfernung erkennt man durchaus was es sein soll… 😀
@Wortvogel: Am 'geilsten' kommen für mich da immer die seltsamen 'Hacker-Filme': XYZ war als kleines Kind mal DER Hacker schlechthin, durfte dann jahrelang nicht mehr an Computer etc. und wenn ihn wer braucht setzt man ihn einfach vor einen Rechner und er knackt dann in Null-Komma-Nix das neueste Verschlüsselungssystem, das grad mal 10-20 Jahre weiter ist als die luschigen Dinger die er damals gehackt hat…^^ 😀
"Heute würde man “allgemeine Datenbank” wahrscheinlich einfach durch “Google” ersetzen…"
oder Kamerad Mallmann einen Posten bei der GEZ als "informed ability" mitgeben.
Allgemeine Datenbank? Na fragen wir doch einfach jenen:
o
L_/
O L .
Der weiss Bescheid und gibt auch Antworten darauf, wie ich aus drei schwarzen und vier weissen Pixeln ein Nummernschild mach.
"Las Vegas" und das CSI-Genre sind auch sehr gute Beispiele dafür. Gerade in "Las Vegas" (das gesamte Casino wird ja überwacht), wird nur allzu gern "schnell einmal rangezoomt", obwohl das Bildmaterial höchstens eine NTSC-Auflösung hat.
Zu dieser albernen Allmacht der Technik im Film denke ich immer an eine Stelle bei "Buffy":
In einem Kaufhaus wurde jemand von einem Monster angefallen, Buffy und ihr Team sind irgendwie an das Überwachungsvideo gekommen und sehen es an.
Xander: "Vergrößere mal den Angreifer."
WerimmerdasGerätbedient: "Wie zum Geier soll ich das machen? Das ist ein Videorekorder!"
Xander (hilflos): "Aber…in Filmen…geht das doch auch."
Und ohne ihn einer Antwort zu würdigen straft man ihn allgmein mit Verachtung, um sich dem Fall zuzuwenden.
Sauber!
Es war ja immer Talent der Buffy-Macher-Macher, an den richtigen Stellen mit Klischees aufzuräumen.
Mutig, mutig, die Wörter "Buffy" und "Talent" in einem Satz zu gebrauchen …
… jaja, ich bin ja schon ruhig. 😉
Gruß,
Marko
@Marko:
Solltest Du auch lieber – Joss Whedon ist ein verdammt guter Drehbuchautor. Dass er gerne über Mädels schreibt, die sich mit Monstern prügeln, mag nicht jedermanns Geschmack sein, ändert aber an seinem Talent rein gar nix.
Wer allerdings nur die deutsche Synchronfassung kennt, dem entgeht gerade bei Buffy einiges, weil da – ähnlich wie bei den Gilmore Girls – einfach jede Menge Dialogwitz weggebügelt wurde.
Jau, auf den Whedon lasse ich auch nix kommen – der regelt! Nur mit "Angel" bin ich nie warm geworden, da fehlte mir Buffy als Ausgleich. Und wie ich "Dollhouse" finde, wird die Zeit zeigen…
@ Jens: Ich habe auch nichts gegen Whedon gesagt, seine "Firefly" ist eine der besten Serien, die ich gesehen habe.
Mit "Buffy" bin ich aber nicht klar gekommen. Und das, obwohl ich für eine Nacht mit Sarah Michelle Gellar ein Jahr meines Lebens geben würde, von der "Dawn"-Darstellerin ganz zu schweigen. Aber die Serie war mir einfach zu albern.
Egal, sorry für’s OT …
Gruß,
Marko
"Angel" fand ich besser als "Buffy". War halt ein wenig "erwachsener". "Firefly"/"Serenity" war aber der Hammer schlechthin.
@Marko: Ich bekenne mich zu einer alten Autorenkrankheit: Jede Kritik an Filmen oder Serien wird automatisch als Kritik am Drehbuch aufgefasst. Regie? Schauspieler? Was ist das? 🙂
@ Jens: Mir geht’s genau so – ich schaue bei Filmen (derzeit läuft bei mir "Der Bibelcode) aber auch immer zuerst auf den Plot, die Dialoge, die Szenenübergänge. Regie kommt gleich danach. Und es macht mein Leben zur Hölle, dass ich bei eigenen Produktionen oft selber am meisten leide, und nicht adäquat belegen kann, dass meine Skripts kaputt gemacht wurden…
Tolles Poster zu dem Cage-Film. Musste wirklich sehr grinsen. =)
Was die "Erzählfaulheit bei Technik in Kino & TV" angeht:
Eine der großartigsten Sachen, die ich je in diesem Zusammenhang gesehen habe, war in der vergangenen Season bei der Serie "Life". Dort kippte der Hauptdarsteller einfach eine Dose Cola über eine Tastatur, um damit das komplette Computer-System des Ermittlerteams lahmzulegen. (was dann wiederum mittels "verschwimmender" Bildschirme visualisiert wurde)
Das war derart dreist und absurd, dass ich es beinahe schon wieder gut fand. =)
Gerade im "Bibelcode" gesehen: eines dieser absurden überdesignten 3D-Betriebssysteme, wo sich ständig Logos drehen, für Texteingaben immer ein Fensterchen aufspringt, und die Leute beim "hacken" immer elendig lang tippen, ohne dass auf dem Bildschirm was passiert. Und das Geräusch des USB-Sticks, der in das Notebook gesteckt wird, klingt nach einer einrastenden Tür.
Computer werden ja auch gerne angeschaltet, in dem man einfach den Monitor anstellt.
Naja, ich glaube bei den übertriebenen Computersystemen in Film und Fernsehen liegt es auch ein klein wenig daran, daß man zum einen einer gewissen Firma mit M keine Lizenzgebühren zahlen will, und Linux den Machern wohl nicht cool genug aussieht 😉
Ich mag auch überlastete PC, deren Bildschirme plötzlich rot zu blinken beginnen, und aus deren Monitoren dann Funken sprühen…
"Serenity" war so lahm und popelig… 😕
Das hat mich immer genervt! Ich bin so froh, dass es einer mal sagt!
»Computer werden ja auch gerne angeschaltet, in dem man einfach den Monitor anstellt.«
Beim iMac funktioniert das problemlos.