02
Jul 2024

Kino Kritik: MAXXXINE

Themen: Film, TV & Presse |

Vorab: Es mag angebracht sein, die Kritiken zu den ersten beiden Teilen X und PEARL zu lesen, um den Kontext zu verstehen.

USA 2024. Regie: Ti West. Besetzung: Mia Goth, Elizabeth Debicki, Moses Sumney, Michelle Monaghan, Bobby Cannavale, Lily Collins, Halsey, Giancarlo Esposito, Kevin Bacon u.a.

Story: Mitte der 80er: Maxine hat die traumatischen Erlebnisse beim Porno-Shooting in den Südstaaten hinter sich gelassen und als Maxxxine Minx Karriere im “adult entertainment” gemacht. Doch sie will mehr, träumt von einer Karriere als “richtige” Schauspielerin. Eine Chance bekommt sei beim Horrorfilm PURITAN II der ambitionierten Regisseurin Elizabeth Binder. Doch Maxxxines Pläne werden gleich von mehreren Seiten bedroht: Ein Serienkiller meuchelt ambitionierte Bordsteinschwalben und ein schmieriger Detektiv weiß über die Ereignisse von Texas Bescheid. Ist Maxxxines Ehrgeiz stark und gnadenlos genug, um am Ende zu triumphieren?

Kritik: Genau genommen ist das, was Ti West in den letzten drei Jahren abgeliefert hat, so wenig eine Trilogie wie QUIET PLACE. Ausgehend von der Basis-Geschichte in X wird das Leben der beiden weiblichen Hauptfiguren in separaten Filmen näher beleuchtet. Aber es ergibt kein größeres Bild, die Wege von Maxine und Pearl kreuzen sich nicht mehr. Man könnte allenfalls einen Zusammenhang aus der Tatsache konstruieren, dass beide Frauen bereit sind, für den Erfolg im Showbusiness (fast) alles zu tun und Maxine damit eine Art spirituelle Tochter von Pearl ist. Das würde Ti West vermutlich gefallen, auch wenn es den Filmen mehr Metaebene zugesteht, als sie haben.

Denn wahrlich, es bleibt dabei, dass Ti West zwar mittlerweile sehr unterhaltsame Crowdpleaser abliefert, diese aber inhaltlich dünn bleiben. Er ist so eine Art räudiger B-Tarantino, besoffen vom Kino vergangener Zeiten, längst überholten Rollenmodellen, überhitzter Dramaturgie und coolen Dialogen. Ti Wests Kino speist sich nicht aus dem Leben, sondern aus dem Kino selbst. MAXXXINE ist geradezu fanatisch versessen, nicht die 80er wiederaufleben zu lassen, sondern die bereits gefilterten 80er von Sleaze-Filmen wie FEAR CITY von Abel Ferrara. Das schafft er beneidenswert gut, aber wie schon in X kopiert und imitiert er nur – etwas über diese Filme und ihre Zeit zu sagen hat er nicht.

Es fällt auch auf, dass die Maxine/Pearl-“Trilogie” mit wachsender Anerkennung von Publikum und Presse und einem respektierten Cast immer handzahmer geworden ist. Hat Hauptdarstellerin und Produzentin Mia Goth in PEARL bereits auf Nacktaufnahmen verzichtet, wird bei MAXXXINE trotz der Allgegenwärtigkeit von Pornographie und Perversion fast vollständig auf schockierende Bilder verzichtet. Ein, zwei kurze Gore-Shots sind sehr offensichtlich nur als “fan service” eingebaut und lassen sich mit zwei Sekunden Schnitt entfernen.

Zusammen mit der Dramaturgie wird auch die Figur Maxine gewaschen – klar ist sie Strippern und Pornodarstellerin, sie kokst und klaut, aber sie ist auch eine gute Freundin mit einem moralischen Kompass, deren Verfehlungen nur die legitime Reaktion auf eine brutale Welt sind. Ihre Gewalt mag exzessiv sein, aber sie ist nie unbegründet oder gar ungerechtfertigt. In Konsequenz ist MAXXXINE nie so hart wie seine Vorbild, nie gepolstert von Ambivalenzen. Das macht ihn spannend und leicht konsumierbar, aber eben auch zu Konsenskino.

Der rote Faden bei allen drei Filmen ist nicht die Handlung, nicht das Thema – es ist der unbedingte Wille von Mia Goth, ein Star zu werden. Sie ist Pearl, sie ist Maxine, und man zweifelt keine Sekunde daran, dass sie sich Ti West untertan gemacht hat, um die Trilogie als Showcase zu nutzen. He may say action, but she calls the shots.

Das wäre ein Problem, wenn es nicht so perfekt funktionieren würde. Goths Eitelkeit und Ehrgeiz durchtränken die Filme wie Zuckersirup einen Butterkuchen. Ihr gehört die Welt, wir leben nur darin. MAXXXINE treibt das auf die Spitze, huldigt Goths Lolita-Charme durch ständige Nahaufnahmen, hautenge Jeans und dem perfekten “swinging ass in high heels”. Natürlich alles wieder nur tease – look, but don’t touch. Der Zuschauer ist wie Maxines Freier – geiles Vieh, das auf dem Weg an die Spitze beizeiten entsorgt und vergessen wird. She has places to go, and you can’t come.

Unter dem Strich ist MAXXXINE trotzdem ein würdiger Abschluss der “Trilogie” und über die recht knappe Laufzeit auch der stringenteste und lückenloseste Film, den Ti West bisher abgeliefert hat. Ein schönes Companion Piece zu Tarantinos ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD obendrein.

Fazit: Eine sehr unterhaltsame Hommage an die Sleaze-Thriller der 80er, allerdings etwas zahnloser als die Vorgänger und noch schamloser als reines Starvehikel für Mia Goth konzipiert.

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1 Kommentar
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Olaf
Olaf
7. Juli, 2024 19:28

Trailer erinnert mich ganz stark an Barbie Bentons X-Ray. Nicht von der Story aber vom Style des Films.