Cover me: Ein Lied geht um die Welt
Themen: Film, TV & Presse |Beim Zappen durch die vielen Kanäle meiner Teleboy-App blieb ich kürzlich bei einer Clip-Show hängen, die “Klassiker” des Italo-Pop präsentierte. Das brachte mir diese Nummer von 1982 wieder in Erinnerung – ein echter Banger vor dem Herrn:
Das ganz große Gefühl, die sensationelle Gitarre – Sieger in San Remo. Läuft bei mir dieser Tage in “heavy rotation”, wie man so sagt.
Nun ist es keine neue Erkenntnis, dass der deutsche Schlager sich in den 80ern gerne bei den Italienern bediente. Es wurde gecovered, was nicht bei 3 auf den Bäumen war. Die Karrieren von Roland Kaiser und Howard Carpendale nährten sich nicht wenig vom Output des Stiefels.
So wollte ich mal nachschauen, wer sich über die Jahrzehnte alles an “Storie Di Tutti I Giorni” vergriffen hat. Das wurde eine bizarre Reise…
Entspannt, aber dadurch auch etwas harmlos finde ich die finnische Fassung, die im gleichen Jahr wie das Original entstand:
Der italienischen Version sehr ähnlich und damit schön ist hingegen die französische Variante aus den frühen 90er Jahren:
Für den deutschen Markt wurde der Song von Fogli zu meiner Überraschung erst Mitte der 90er gecovered, und zwar vom Holländer Marco Borsato, der seiner Version “Dromen zijn bedrog” bald die Übersetzung “Die meisten Träume sind Betrug” folgen ließ. Ganz dem Jahrzehnt geschuldet ist das mit Synthie-Orchestrierung und Drum Computer unterfüttert und ganz fürchterlich:
Weil das aufpeitschende Drama des Liedes wie gemacht ist für einen Disco-Beat, ließ sich die holländische Hermes House Band 2012 nicht zweimal bitten. “Tonight’s the night” hätte allerdings auch schon 20 Jahre früher genau so erscheinen können. Generische Eurobeat-Pampe für die Schaumkanone:
Ihr denkt, es geht nicht schlimmer? Der deutsche Neo-Schlager möchte dem widersprechen. Jemand namens Nico Gemba (?) verunstaltete das sowieso schon zahnlose Cover von Borsato dergestalt – wer das 3:41 durchhält, hat mein Mitleid:
Schmerzbefreitheit ist keine Tugend.
Ist es denn so schwer, von “Storie Di Tutti I Giorni” eine deutsche Version herzustellen, die Leidenschaft und Tragik des Songs halbwegs am Leben erhält?!
Ist es nicht. Roland Kaiser to the rescue!
Der Schlager-Titan mit den schmierigen Tendenzen (“Manchmal möchte ich schon mit dir…”) produzierte nämlich zusammen mit Ralph Siegels Haustexter Bernd Meinunger eine komplett eigene Fassung unter dem Titel “Sag ihm, dass ich dich liebe”, die Mitte der 90er auf den Markt kam.
Ich bin kein Freund von Kaiser und spiele eindeutig im Camp Carpendale. Das hat historische Gründe, auf die ich an anderer Stelle schon eingegangen bin. Aber es lässt sich kaum bestreiten, dass sich Kaiser Mitte der 90er vielleicht nicht in seiner erfolgreichsten, aber definitiv besten Phase befand. Die immer etwas suspekte Schmuse-Atmo hatte er abgelegt, auf der Bühne war er souverän, und auch modisch regierte nicht mehr der Vorstadt-Casanova. Es war die Zeit, in der er einen Power-Song wie “Storie Di Tutti I Giorni” mit dem notwendigen Umpf interpretieren konnte.
Das hier mag textlich nicht immer 100 Prozent passen, ist aber 100 Prozent Kaiser:
Klar, es ist nicht Tom Jones – aber wer ist das schon? Besser als das pädophile “Santa Maria” (ebenfalls italienischen Ursprungs) ist es allemal.
Alles furchtbar, inklusive dem italienischen Original. Sowas hörten meine Eltern, ich habe es mit Freuden gehasst. Aber hey, dass uns musikalisch Welten trennen, ist ja nichts neues, gell?
Auch nicht, dass intellektuell zwischen uns Welten liegen :-p
Das bestreite ich nicht…
Das ist das Schöne an dem Argument: keiner von uns wird wegen der Aussage “einer von uns ist klüger als der andere” einen Streit anfangen.
Allein vom kurtz hineinhören Gänsehaut bekommen, aber nicht die an genehme Art… am hellichten Tag leuten das Gruseln beibringen…Danke mit unfassbar viel Sarkasmus.
Aber Nico Gemba angezogen in der Badewanne, dachte ich doch an Genf und ein Hotel… etwa eine versteckte politische Anspielung?! Singen-Sinken..ich konnte mir eine leichte überinterpretation nicht verkneifen.
Aber vielleicht sind in Schlagern codierte Botschaften versteckt … bin da einer ganzganz großen Sache auf der Spur, au ja!