06
Sep 2022

Schräge Welt: Aus meiner Smartphone-Kamera (1)

Themen: Neues |

Da morgen das Fantasy Filmfest startet und ich damit für mehr als eine Woche mit Schreibarbeit ausgelastet bin, gönne ich mir heute mal eine Fingerübung und suche ein paar Bilder raus, die ich in den letzten Monaten mit meinem Handy aufgenommen habe. Es ist wie eine Sucht: Sehe ich was Schräges, drücke ich auf den Auslöser.

Ein Privileg des Alter ist es, der Jugend mangelndes Verständnis für die Vergangenheit vorzuwerfen. Ihr habt ja alle keine Ahnung, wie das war, 1943 vor Stalingr… ääähhh, 1972 in Monheim. Und deshalb gibt es solche Werbungen:

Wärt ihr tatsächlich damit groß geworden, liebe Werbetreibende und auf Hippies gestylte Models, dann wüsstet ihr, dass ein Dosentelefon nicht mit fetten Schnürsenkeln funktioniert. Und keinen Sinn macht, wenn man sowieso nebeneinander sitzt. Vor allem aber: Die Schnur muss unbedingt straff gespannt sein! Kruzifix, das sind Basics!

Pro-Tipp: Auch im besten Fall kann man damit nicht whatsappen.

Ich ein Freund kriegslüsternen Pathos. Als ich diesen Blog begann, hing an meiner Korkwand (ja, ich hatte eine Korkwand) ein Badge mit einem Totenkopf und der Aufschrift “Aus tiefstem Herzen hasse ich dich, England”. Vor ein paar Monaten fand ich im Netz diese Illustration, vermutlich aus der Weimarer Zeit:

In Düsseldorf stolperte ich letzte Woche über eine weitere bezaubernde Variante – dass man als Fortuna Düsseldorf-Fan leidensfähig sein muss (oder schmerzbefreit wie Campino), das kann ich nachvollziehen. Selten wurde das aber schöner auf den Punkt gebracht als hier:

In München wiederum sind die Wienerwald-Restaurants verschwunden. Das ist keine Überraschung, die Firma ist in den letzten 40 Jahren wohl immer wieder in Konkurs gegangen und/oder verkauft worden. Sie wird auferstehen. Die Filiale am 60er-Station heißt nun “Balkanwald”, ein paar andere firmieren als “Hendl Glück”. In einer der Hendl Glück-Filialen hat man an der Wand die Deko-Teller der vorherigen Franchise mit kleinen runden Aufkleber anonymisiert:

Das Problem: Ausgerechnet den legendären Werbespruch in der Mitte hat man nicht entfernt – das klingt immer noch nach den 60er Jahren:

Und wo wir gerade bei legendären deutschen Marken sind – das frühere Party-Gelände Kunstpark Ost heißt heute Werksviertel und ist zwischen den Bürogebäuden ein ziemlich hipper Treffpunkt junger Leute:

Ganz früher mal war hier der Stammsitz der Firma Pfanni. Daran erinnern ein kleines Kartoffelrestaurant, ein paar Schaukästen zur Geschichte der Knödelkapitalisten und diese großartigen Oldtimer in der Tiefgarage:

Ist das nicht pfanni?

Lange Straßen mit viel Berufsverkehr wie die Wasserburger Landstraße sind wie geschaffen für Aufsteller politischen Hintergrunds. Eher selten kommt es vor, dass dabei komplett auf die Nennung der auftraggebenden Partei verzichtet wird:

Ich hab’s mal recherchiert – Weishaupt sitzt für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und ist bisher primär dadurch aufgefallen, dass sie meinte, man müsse gegen Querdenker im Zweifelsfall auch Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzen. Damit könnte ich leben. Ist scheiße, aber eine Meinung. Ihre Non-Entschuldigung, sie habe in dem Tweet den Kontext leider nicht darstellen können, ist allerdings erwartungsgemäß zum Kotzen.

Ich gehe ja gerne mal in den angrenzenden Waldgebieten spazieren. Dabei kam an einem kürzlich gefällten Baum vorbei. Ich habe fast eine Viertelstunde lang vor dem Stumpf gehockt und mir vorgestellt, welche Superhelden wohl in dieser futuristischen Metropolis Dienst schieben:

Ich bin verliebt. Nicht nur das Modell – diese Farbe!

Wie man den Lauf der Zeit an simplen Schildern ablesen kann. “Bombastic Fashion” gibt es seit mindestens Mitte der 90er. Früher stand auf dem Schild davor “Levi’s 501 ab 55 DM”. Das war damals schon bemerkenswert. Die 501 war in Deutschland noch nicht überall zu kriegen und ziemlich teuer. Mit der Währungsumstellung machte man es sich einfach und überklebte das DM einfach mit einem Euro-Zeichen. Ein ziemlich happiger Preissprung. Und nun, nach 20 Jahren Preisstabilität, ist aus der 55 eine 65 geworden:

Vor ein paar Monaten war ich mal wieder beim Wertstoff. Da hatte jemand einen riesengroßen Teddy zur Entsorgung abgegeben, was meinem Herz dann doch einen kleinen Stich versetzte. Zu meiner Freude aber kam der Brummbär nicht in den Container, sondern wurde fest angestellt und bekam sogar eine Uniform:

Und alle so: ooohhh…



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Martzell
6. September, 2022 11:48

Pfefferspray und Knüppel wurde eigentlich gerne gegen unangemeldete Demonstranten, sogenannte Chaoten, eingesetzt. Nur nicht gegen Querdenker. Zuerst. Irgendwann dann doch. Vielleicht weil Menschen an Corona starben und die Infektionskette lies sich zu einem Massenevent der Querdenker zurückverfolgen, wobei die Verstorbenen gar nichts mit Querdenkern zu tun hatten.

Grundsätzlich sollte sich die stärkste Gang vor Ort, die Polizei, mit Gewalt zurückhalten und deeskalieren. Sie sollte aber auch “wo die wilden Sachsen wohnen” Presseteilnehmer schützen. Wegen Corona ist Deutschland im internationalen Pressefreiheitsindex abgestürzt, aber anders als verschwörungsaffine Querdenker behaupten. Die Angriffe auf Presseleute auf Querdenkerdemos und das Versagen der Polizei diese zu schützen sorgten für den Absturz.

Maximilian Frömter
Maximilian Frömter
6. September, 2022 14:03

Ich bin irritiert – Ich kenne in München eigentlich nur den Kunstpark Ost, gibt es da noch was anderes oder ist das nicht in München?

Nummer Neun
6. September, 2022 14:33

Kunstpark Ost hieß das Areal. Das gibt es aber in der Form nicht mehr, sondern musste – bis auf ein paar Überbleibseln – dem neuen Werksviertel weichen, mit einer Mischung aus hochhausiger Bürofläche, Gastronomie und Nachtlokalen. Wobei es hinten in der Ecke noch einige großflächige Street Art Kunstwerke gibt.

Wie der Wortvogel richtig schreibt, ist es ein Treffpunkt für junge, hippe Leute geworden, die in den jungen, hippen Firmen dort arbeiten. Aber nicht nur für die, auch ich bin da ab und an zu finden.

Patrick
Patrick
15. September, 2022 12:34

Schöner Post!
Erinnert mich an ein Album bei StudiVZ (oder doch schon Facebook?) in dem ich so Alltags-Schnappschüsse gesammelt habe.
Hach…