TV-Kritiken (1): Happy Town, Ugly Americans, Luther
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Videospiel-Animation, Knet-Klassiker, britischer Crime Thriller, Mystery-Serial, Selbstmord-Dramedy und Independent-Trickserie – abwechslungsreicher kann eine Übersicht neuer Serien kaum sein. Darum braucht’s auch zwei Teile.
Happy Town
Im idyllischen Haplin hat es seit fünf Jahren keine nennenswerten Verbrechen mehr gegeben – seit der „magic man“ aufgehört hat, jedes Jahr einen Bürger spurlos verschwinden zu lassen. Doch rechtzeitig zum „Thaw Fest“ häufen sich die finsteren Ereignisse: Der Dorfspanner wird brutal ermordet, der Sheriff redet wirr von einer „Chloe“, und eine junge Frau mit undurchschaubaren Absichten taucht auf…
Von der Kritik wurde „Happy Town“ vorab als neues „Twin Peaks“ gelabelt – ein Vergleich, an dem sich die ABC-Serie nur hoffnungslos überheben kann. Tatsächlich erinnert Haplin mehr an die brüchigen Idyllen von Stephen King mit ihren nur scheinbar ehrbaren Menschen. Warum immer wieder versucht wird, einen solchen Stoff als Serie umzusetzen, ist mir ein Rätsel. Ist ja nicht so, dass es diesem Genre an Flops mangelt: „American Gothic“, „Harper’s Island“, „Point Pleasant“, „Wolf Lake“. Auch „Happy Town“ fehlt die klare Hauptfigur, der erzählerische Fokus, den „Twin Peaks“ aus Dale B. Cooper und dem Mord an Laura Palmer zog. Zwar ist die Produktion sehr aufwändig, und in der Inszenierung durchaus mit aktuellen Kino-Gruslern vergleichbar, aber das Hin und Her zwischen den verschiedenen Charakteren ermüdet schnell, zumal im Piloten nicht wirklich viel passiert – erst in den letzten fünf Minuten wird gewaltsam auf „mysteriös“ gemacht, um die Zuschauer für die zweite Folge anzuheizen.Dabei wird schon das grundlegende Problem deutlich, das jede Network-Gruselserie hat: Wenn es zur Sache geht, muss halt doch wieder weggeblendet werden. Ein paar gute Darsteller (Amy Acker, Steven Weber, Sam Neill) reißen es da auch nicht mehr raus.
„Happy Town“ hat ein anständiges Drehbuch, ist sorgsam inszeniert, und als Miniserie auf DVD könnte ich mich dafür sicherlich erwärmen. Aber es ist einfach so offensichtlich, dass dieses Serial das Ende der ersten regulären Staffel nicht erleben wird, dass es mir widerstrebt, meine Zeit zu investieren.
Ugly Americans
Mark arbeitet im Sozialdienst der New Yorker Einwanderungsbehörde. Dieser Job ist stressiger, als man meinen sollte, denn im Manhattan von „Ugly Americans“ leben Vampire, Werwölfe, Dämonen und Zombies zusammen mit den Menschen – und wollen von der Gesellschaft akzeptiert werden. Mark selber kann sich davon nicht frei machen: Sein WG-Genosse ist ein Untoter, und seine Freundin ist eine Höllenfürstin (ach ja – die Hölle liegt direkt UNTER Manhattan, bequem erreichbar per Rolltreppe).
Sowas kann echt nur von Comedy Central kommen: Im Gegensatz zu vielen „radikalen“ Trickserien der letzten Jahre („Home Movies“, „Drawn Together“, „Aqua Teen Hunger Force“) ist „Ugly Americans“ tatsächlich witzig, hat einen sympathischen Protagonisten, und halbwegs auserzählte Plots. Der Zeichenstil ist erfreulich unaufgeregt, und erinnert an erfolgreiche Independent-Comics wie „Love & Rockets“. Man ist des öfteren versucht, die Folgen anzuhalten, um witzige Hintergrunddetails zu erhaschen. Allein die Menge an seltsamen Kreaturen fordert die Pausetaste heraus.
http://www.youtube.com/watch?v=MxhJ1QHwMKw
Wie viele Trickserien muss „Ugly Americans“ natürlich noch beweisen, dass das Konzept (und die Imagination der Macher) über den Gimmick hinaus eine Serie trägt. Aber ich bin zuversichtlich., denn bisher ist das alles erheblich besser durchdacht, als zu erwarten war. „Ugly Americans“ könnte neben „Venture Brothers“ die neue Kult-Trickserie werden.
Luther
John Luther ist brillant, wenn es darum geht, sich ihn die Gehirne kranker Verbrecher einzudenken. Vor fast einem Jahr hat er mit Madsen einen Kindermörder gestellt, der als „unfassbar“ galt. An dem Fall ist Luthers Ehe zerbrochen, und fast auch seine Psyche – erst nach einigen Monaten wird er aus der psychiatrischen Anstalt entlassen. Viel Zeit, sein Leben zu kitten, bleibt ihm nicht: Eine Familie (samt Hund) ist blutig hingerichtet worden. Schnell weiß der angeschlagene Superbulle, wer dahinter steckt: Alice, die ebenso erotische wie eiskalte Tochter der Familie, eine Astrophysikerin ohne jede Empathie. Doch an ihrem Intellekt und ihrer völligen Skrupellosigkeit wird sich Luther vielleicht die Zähne ausbeißen…
So mag ich britische Kriminalserien! „Luther“ steht ganz in der Tradition von „Prime Suspect“ und „Cracker“. Im Gegensatz zum sehr faden Aufguss „Law & Order UK“ ist die Produktion absolut frisch, provozierend innovativ gedreht, und mit Idris Elba („The Wire“) brillant besetzt. Die Drehbücher smart zu nennen, wird ihnen nicht gerecht – wenn Luther und Alice sich ihre Wortgefechte liefern, dann explodieren rhetorische Feuerwerke. Da sitzt jedes Komma, jede Pause, jede Andeutung. Das liegt auch an Ruth Wilson, die als Alice eine neue Facette ihres beträchlichen Talents zeigt – ich kannte sie bisher nur als Bikini-Luder in „Suburban Shoot-Out“, und als kostümierte Lady in „Jane Eyre“.
Ein so komplexes und hoch spannendes Duell kann man natürlich erst retrospektiv beurteilen, und eine abschließende Bewertung muss ich mir deshalb verkneifen, bis die Staffel zu Ende ist. Aber wenn das Ende hält, was der Anfang verspricht: Uiuiuiui….
Ich will eigentlich nicht so gerne Streit um Nebensätze anfangen, aber dass du Aqua Teen Hunger Force und Drawn Together einfach so beiläufig für unlustig erklärst, das ist inakzeptabel. Dazu darf, dazu kann ich nicht schweigen. Mein Herr, ich widerspreche!
@ Muriel: Sorry, sehe ich so – der Humor von ATHF erschließt sich mir nicht (und ich mag auch den Stil nicht), und DT ist eine witzige Idee, die spätestens nach drei Folgen dünn wird.
@Wortvogel: Na gut, bei Aqua Teen Hunger Force geht’s mir genauso, aber Drawn Together? Ich weiß nicht, ob es eine der ersten drei Folgen war, aber zum Beispiel die Episode, in der sie in einem Rollenspiel mit Xandir üben, wie er seinen Eltern sagen kann, dass er schwul ist, hat genug Humor, um ganz alleine schon die gesamte Serie zu rechtfertigen. Natürlich gibt’s auch schwache Episoden, aber sie haben zwischendurch so ein paar Juwelen, die meiner Meinung nach zum lustigsten gehören, was es so im Fernsehen gibt.
(Natürlich musst du dich nicht für deinen Geschmack rechtfertigen, und es wäre natürlich merkwürdig, wenn du die Serie verfolgen würdest, obwohl sie dir nicht gefällt, aber mich würde interessieren, ob du genau die Episode kennst, und ob du sie wirklich nicht lustig findest. Nur so aus Neugier. Ansonsten lasse ich die Diskussion dann lieber mal ruhen.)
Klasse, neues Serienfutter:-)
"Happy Town" räume ich auch keine grossen Chancen ein, das klingt zu sehr nach "Harper`s Island" und die war stinklangweilig. Aber "American Gothic" war klasse und es ist wirklich schade, dass da nicht weiter gemacht wurde.
"Ugly Americans" könnte wirklich witzig sein. Wenn das hier mal laufen sollte, werde ich gewiss einen Blick riskieren.
"Luther" ist mir irgendwie noch suspekt (Bulle kommt aus dem Sanatorium und darf direkt wieder auf Mörderjagd? Schon ziemlich unglaubwürdig), aber der Trailer sieht richtig gut aus, also her damit:-)
ATHF und Drawn Together sind wirklich ziemlich gähn, Luther ist mal wieder eine echt gute Serie aus UK, Alice ist so schön psycho. Und Zoe hat optisch ziemliche Ähnlichkeit mit Sahra Wagenknecht, wie ich finde.
danke für die kritik zu Ugly Americans, werde ich mir mal ansehen.
@ Heino: Es wird schon thematisiert, dass Luther lange in Therapie war, und verdammt viel Glück hatte, von oberster Stelle wieder für aktiven Dienst zugelassen zu werden.
"Drawn Together" = Meisterwerk. Nix dünn. Typische Wortvogelsche Fehleinschätzung.
@ Peroy: Leck mich am Riemen.
@Wortvogel:Okay, dann ist das vernünftig gelöst. Wie gesagt, sieht gut aus und wenn das mal hier läuft, werde ich auch einen Blick riskieren:-)
"@ Peroy: Leck mich am Riemen."
Aber zuerst gehst du mit mir Essen und ins Kino…
Ugly Americans ist wirklich genial. Wie Mark versucht mit seiner Succubus-Freundin klar zu kommen, die meist kurz davor ist ihn zu verschlingen, es sich dann aber doch anders überlegt. Er und sein Mitbewohner Randall wohnten schon in zusammen bevor Randall zum Zombi wurde (Nich Untoter, Vampiere sind auch Untote:). Randall verliert nun immer mal Körperteile und das zusammenleben mit Mark ist auch nicht einfach weil *BRainssss*. Nebenher werden noch witzige Sagengestalten abgehandelt. Ich wusste schon immer das King Kong nur die Fenster putzen wollte 😉
Hatte der Wortvogel die "Venture Brothers" schon mal vorgestellt? Sind die gut?
Neulich hab ich noch "Pacific" entdeckt. Eine aufwendig produzierte Miniserie (10 Teile) von HBO über den Pazifikeinsatz der Mariens im zweiten Weltkrieg. Möglicherweise gänzlich frei von unangebrachtem Pathos wird da die Geschichte von einer handvoll Soldaten erzählt. Sehr spannend.
Habe mit den ersten Teil "Luther" angesehen und bin begeistert. Hoffe die Serie geht so weiter.
Good Call on "Happy Town", ABC hat die Serie praktisch schon aufgegeben und versendet die restlichen Folgen im Sommer.
bin echt schon auf "Ugly Americans" gespannt.hoffentlich schaffts die serie nach deutschland und die synchro wird gut.oder es gibt wenigestens ne dvd mit original synchro.
@Wortvogel OT:was hältst du eigentlich vom film "big fan"mit patton oswalt.
und glaubst du,dass der film es als dvd nach deutschland schaffen wird?
Vielleicht (wahrscheinlich) hänge ich hinterher, weil ich die Austrahlung im ZDF verfolge, aber: "Luther" ist ja wohl mal klasse! Und wehe, da kommt jetzt jemand und sagt, jaha, aber ab Folge xy baut das ab, oder so!
jaha aber ab Folge xy baut das ab oder so…. *duck*
(hab aber keinen Wissensvorsprung..)