03
Feb 2010

Oscar-Gedanken zu “Avatar”

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Okay, der goldene Dildo wird am 7. März wieder vergeben. Erwartungsgemäß hat “Avatar” bei den Nominierungen abgeräumt, und ich habe mir dazu mal ein paar Gedanken gemacht.

Best Picture: Geht gar nicht. Spektakel ist nicht gleich Qualität, und technischer Fortschritt ist kein Plus an und für sich. “Inglorious Basterds” passt mir auch nicht (allerdings sollte Waltz schon als Nebendarsteller ausgezeichnet werden). Lieber “District 9”, “Hurt Locker”, “A serious man” oder gerne auch “Up”.

Best Actor/Actress etc.: Interessante Frage – können/würden/dürfen die eine CGI-Figur nominieren? Wird damit der dahinter stehende Schauspieler nominiert? Wäre das fair?

Best Art Direction: Dürfe “Avatar” im Sack haben. Auch wenn ich hier durchaus “Dr. Parnassus” und “Nine” sehen könnte.

Best Cinematography: Vermutlich auch “Avatar”. Wieder die Frage: Kann ein Kameramann die Statue ernsthaft in Empfang nehmen, wenn ca. 70 Prozent des Films von der Festplatte kommen, also nie eine Kamera gesehen haben?!

Best Costume Design: Ich wiederhole mich – kann man für Kostüme einen Oscar bekommen, die nie geschneidert wurden? Sind demnach Leute, die ihren Sim einkleiden, Schneider bzw. Modemacher? Mein Tipp: “Coco before Chanel”.

Best Director: Wäre es nicht cool, wenn Kathryn Bigelow ausgerechnet ihrem Ex die Tour versaut? Wenn es Tarantino wird, ist die Academy bei mir unten durch.

Best Editing: Außer “Basterds” vier richtig gute Kandidaten, die alle den Oscar verdient hätten. Hhhhmmm…

Best Makeup: Kann virtuelles Makeup nominiert werden?

Best Music: Eine eher lasche Auswahl. Ich würde mich für “Up” oder “Fantastic Mr. Fox” freuen.

Best Sound Editing/Mixing/Effects etc.: Alles an Cameron, bzw. seine Crew.

Best Writing: Kein “Avatar”. Welche Überraschung.

Es fällt schon auf, dass die Academy scheinbar das Wespennest der “virtuellen Leistungen” im Bereich Kostüm, Effekte, etc. nicht aufmachen will. Oder vielleicht hat man auch schon festgelegt, dass nur physisch existente Garderobe und Makeup zählen – warum eigentlich?

Mehr Details gibt es hier.

Generell kein sehr spannendes Oscar-Jahr. Es fehlen die wirklich großen Dramen, viele der Mehrfach-Nominierten sind mir zu banal und hollywood-esk.

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Peroy
Peroy
3. Februar, 2010 02:07

“Basterds” kann von mir aus ruhig bester Film kriegen…

Dummvogel
Dummvogel
3. Februar, 2010 04:12

Keine Ahnung warum du Inglourious Basterds nicht magst, aber für mich war das mit Sicherheit der beste Film 2009. Und evtl sogar der beste (eher zweitbeste nach Pulp Fiction) von Tarantino überhaupt.

Der Postmodernismus
Der Postmodernismus
3. Februar, 2010 04:38

Basterds wäre mir immer noch lieber als Avatar als bester Film…

Thies
Thies
3. Februar, 2010 08:11

“Best Director: Wenn es Tarantino wird, ist die Academy bei mir unten durch.” – das gleiche gilt für mich für James Cameron, denn das wäre der endgültige Kniefall vor den Box-Office-Ergebnissen.

Und nach der gefühlt 100. Nominierung für Meryl Streep wäre es vielleicht am Besten ihr einfach einen Oscar fürs Lebenswerk auszustellen und sie danach vom Wettbewerb auszuschliessen.

Montana
Montana
3. Februar, 2010 08:56

Virtual vs. real world:

Die Preise für Kostüme und Maske sollten bei den “Handwerkern” bleiben. Natürlich muss man auch Drahtgitter-Modelle anziehen und/oder -malen, aber dafür gibt es die Preise für Art Direction und Visual Effects. Beide Gruppen müssen ohne Frage kreative Ideen entwickeln, Konzepte, Zeichnungen. Insoweit unterscheiden sich die Herangehensweise erstmal nicht. Ein wichtiger, schöpferischer Schritt, die Umsetzung in fassbare Dinge (Stoffauswahl, nähen), fehlt bei CGI allerdings.

Kann ein Kameramann die Statue ernsthaft in Empfang nehmen, wenn ca. 70 Prozent des Films von der Festplatte kommen, also nie eine Kamera gesehen haben?!

100% eines Films haben eine Kamera gesehen. 😉 Zumindest eine virtuelle. Auch die muss man im Raum bewegen wie eine echte. Was dabei wegfällt sind physikalische Beschränkungen. Das erleichtert die Arbeit und macht bestimmte Dinge erst möglich. Kräne, Schienen etc. sind unnötig, aber von alleine springt eine im Computer erstellte Szene nicht aufs Zelluloid. Was man dabei alles falsch machen kann, sieht man ja bei vielen aktuellen Effekt-Krachern, wo der “Kameramann” völlig den Blick auf das Geschehen verliert – und der Zuschauer gleich mit. Insofern ist eine gut “gefilmte” Szenerie durchaus preiswürdig, auch wenn sie virtuell ist.

Völlig unentschieden bin ich bei der Frage der Schauspieler. Inwieweit ist Gollum wirklich eine 1:1-Abbildung der Leistung Andy Serkis’? Also wenn, würde ich den Oscar verteilen auf Schauspieler und zuständigen “3D-Artist”.

schnuffel
schnuffel
3. Februar, 2010 09:19

Avatar kann ruhig alle Oscar abräumen, solange Tarrantinos Machwerk keinen einzigen abbekommt.

patrick
3. Februar, 2010 10:06

Tarrantino und Basterds haben für mich alles verdient, für das sie nominiert wurden! zu 100%! für mich auch der beste film 2009 neben distrikt9.

Thomas Thiemeyer
3. Februar, 2010 10:11

Also ich finde dieses Ocar Jahr hochspannend.
Mit Avatar, Hurt Locker, District 9, Star Trek, Up und Ingorious Basterds sind alle meine Lieblingsfilme vertreten.

Forodrim
3. Februar, 2010 10:26

Da die Computergenerierten Viecher ja noch weiter zunehmen werden, waere es vielleicht mal an der Zeit einen “Best creature design Oscar” zu vergeben.

Dietmar
Dietmar
3. Februar, 2010 10:40

Gut fände ich Oscars für Star Trek, District 9 und Up. Inglorius Basterds ist der Favorit; nicht meiner aber einer.

Lari
Lari
3. Februar, 2010 11:11

Mich hat überrascht, dass Watchmen nirgends vertreten ist. Für Kamera, Kostüme und adaptiertes Drehbuch hätte eigentlich eine Nominierung drin sein müssen.

Hinsichtlich der Frage, ob virtuelle Leistungen genauso gelten sollten wie handwerkliche oder schauspielerische, möchte ich daran erinnern, dass Tron 1983 keine Oscar-Nominierung für die Effekte bekommen hat, weil die Academy der Meinung war, die Macher hätten geschummelt, weil sie Computer eingesetzt hatten. Die Zeiten ändern sich.

Was ich mich viel eher frage ist, ob Avatar theoretisch auch als bester Animationsfilm hätte nominiert werden können – immerhin kommen zwei Drittel des Materials aus dem Rechner. Natürlich lief das alles per MoCap, aber nicht so wirklich anders ist ja z.B. Bakshis Herr der Ringe entstanden, und niemand würde auf die Idee kommen, den als Realfilm zu betrachten.

Dietmar
Dietmar
3. Februar, 2010 11:19

Stimmt ja: Watchmen war 2009! (Ich hatte den irgendwie für 2008 ,,verbucht”).

Für mich ein ganz großer Favorit! Bester Film, bestes Drehbuch, beste Regie, Schauspieler, Kamera, einfach alles.

Dr. Acula
3. Februar, 2010 11:19

Avatar wird, denke ich, alles an Technik-Oscars abräumen, bei Film und Regie sehe ich Hurt Locker vorn. Basterds wird vermutlich mit dem Script-Oscar abgespeist, wie seinerzeit Pulp Fiction. Wenn Disctrict 9 den Adapted-Screenplay-Oscar als Trostpreis abstauben würde, täte ich mich bei allen Schwächen des Films freuen, aber ich glaube, den wird sich “Precious” als Entschädigung abgreifen.

Was Make-up, Kostüme, Art Direction angeht – mir wäre schon recht, wenn sich diese Kategorien auf “reale”, physich anfassbare Dinge beschränken würde (virtuelle Kostüme fallen für mich unter visual effects), ob das aber auf Dauer durchsetzbar sein wird, ist fraglich

xanos
xanos
3. Februar, 2010 11:51

Uh, ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum einige Avatar auch noch als Film loben können. Als Grafikdemo ist er spitze, aber die Nominierung für best picture ist eine Frechheit! Ist die große Mehrheit an Menschen wirklich schon so anspruchslos geworden? Vermutlich gibts in 5 Jahren die Fortsetzung, nur dass es keine andere Welt ist sondern unter Wasser o.ä., das Skript per Suchen-Ersetzen umgeschrieben wurde und alle finden es wieder toll. Schämt euch!

Wortvogel
Wortvogel
3. Februar, 2010 12:08

@ Dummvogel (Knaller-Nick, plus anonymisierte IP- ich rieche einen Troll und einen Ban im Doppelpack): Was ich gegen “Basterds” habe, lässt sich prima in meiner Kritik dazu nachlesen.

Wortvogel
Wortvogel
3. Februar, 2010 12:11

@ Montana: Deine Argumentation hinkt – wenn Leute virtuelle Figuren einkleiden, ist die kreative Arbeit dieser Sparte getan. Ob die designten Kleider dann noch real gefertigt werden, hat mit der Leistung des Kostümdesigners letztlich nichts mehr zu tun, oder?

Was die Kamera angeht: Da fehlt aber der dedizierte Kameramann – das hat ja meistens Cameron zusammen mit dem Tricktechniker bestimmt. Soll es einen Oscar auch für diese Kategorie geben, müsste es demnach erstmal das Berufsbild “Director of Photography (virtual)” geben.

In der Tat: Die fehlenden Nominierungen für “Watchmen” sind ein Skandal. Und der Absturz von Snyder auch.

Thomas Thiemeyer
3. Februar, 2010 12:41

Stimmt, Watchmen gab es ja auch noch. Der hätte allerdings eine Nominierung verdient. Art-Direction, Sound, Schnitt, Musik, egal. Von mir aus sogar bester Film.
Ich sag’s nochmal: Grandioses Kino Jahr.

Peroy
Peroy
3. Februar, 2010 13:33

“Mich hat überrascht, dass Watchmen nirgends vertreten ist.”

Die haben sich wohl gesagt “Weg mit der blöden Scheisse!”… gut so… 8)

Thomas Thiemeyer
3. Februar, 2010 13:38

“Weg mit der blöden Scheisse!”

Mund mit Seife auswaschen und dann ab in den Karzer.

xanos
xanos
3. Februar, 2010 13:39

@ wortvogel: welcher Absturz? Hab auf die schnelle nichts gefunden.

Mal von meiner persönlichen Enttäuchung von Watchmen abgesehen glaube ich, dass dies einfach diese Art von Film ist, die bei den Oscars übergangen wird. Die Oscarverleihung ist weniger eine Auszeichnung von Qualität als von einer gewissen Anerkennung und die Fixierung auf die großen Filme immer wieder ein vorgebrachter Kritikpunkt. Dieses Jahr kenne ich wieder mal zu wenig Filme, um persönliche Favoriten zu haben, aber alles was in Richtung Story, Adaption oder best picture geht würde Watchmen nicht auf meiner Liste stehen.

reptile
reptile
3. Februar, 2010 13:44

Watchmen hatte ich auch gar nicht mehr auf dem Radar, dabei war es eines meiner Kinohighlights 2009.
In der Tat schon eine sauerei das der Film so gar nicht erwähnt wird.

Mollari
Mollari
4. Februar, 2010 16:09

Bei den Spezialeffekten muss “Avatar” abräumen, alles andere wäre eine Sauerei. Und da muss man sich spätestens seit 2007 Sorgen machen, als “Der Goldene Kompass” gegen “Transformers” gewann, was auch ziemlich gaga war.

Alles andere ist mir relativ wurscht.

Und “Watchmen” war als kompletter Film einfach nicht stark genug, trotz vereinzelt großartiger Szenen.
Zumindest für die tollen Kulissen hätte er aber nominiert werden sollen.

Montana
Montana
5. Februar, 2010 17:51

@Wortvogel:

Deine Einwürfe sind angebracht. Die Punkte sind mir auch durch den Kopf gegangen als ich den Kommentar schrieb.

Ob die designten Kleider dann noch real gefertigt werden, hat mit der Leistung des Kostümdesigners letztlich nichts mehr zu tun, oder?

Es macht IMHO schon einen Unterschied, ob das “Costume Design” unter der Maßgabe arbeitet, dass die Klamotten tatsächlich mal gefertigt und getragen werden müssen, oder ob es genügt, dass sie einfach nur gut aussehen.

Da fehlt aber der dedizierte Kameramann – das hat ja meistens Cameron zusammen mit dem Tricktechniker bestimmt.

Ich weiß nicht, wie eng die Academy den Begriff “Cinematography” fasst. Meiner Meinung nach sollte der Chef-Kameramann auch einen Blick auf die virtuellen Szenen werfen und seinen Kopf für das Gesamtergebnis hinhalten. Irgendeiner muss ja am Ende bestimmen, und wenn das der Regisseur ist, müsste er halt (mit-) nominiert werden.

Mollari
Mollari
9. Februar, 2010 15:29

Nochmal kurz zur Kamerafrage:
Nahezu der gesamte Film wurde von einer Kamera erfasst – das ist doch das Revolutionäre an Camerons Technik: Während er die Schauspieler filmt, sieht er on screen am Kontrollmonitor, live am Drehort die CGI-Entsprechungen schon agieren.

Deswegen kann er einen mehr-oder-weniger-Animationsfilm eben real drehen.

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2010 15:46

@ Mollari: Und genau das sehe ich anders. Der Kameramann hat von dem, was zu sehen ist, nur ein Minimalmaß gefilmt. Die CGI hat die Szenarien gebaut, die Darsteller wurden durch Avatare ersetzt, etc. Es kann doch nicht sein, dass es einen Oscar für die geschickte Programmierung der Kamera vor der Greenscreen gibt…