27
Dez 2008

Jingle Bolls, Jingle Bolls…

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

boll-fest-poster

Ich habe mittlerweile die Hoffnung aufgegeben, nicht mehr über Boll schreiben zu müssen. Klar ist es meine Entscheidung, aber es passieren immer wieder Dinge, DINGE, die meine Finger kribbeln lassen.

Nehmen wir das “Boll Film Fest”, welches letzte Woche in Los Angeles stattfand. Echt? Ein Boll Film Fest? Ist das der Regisseur, dessen Oeuvre eine Retrospektive braucht, dessen Gesamtwerk im Kontext gesehen werden muss? Echt jetzt?

Egal. Was mir noch auffällt, ist die freche Behauptung des Posters, es handele sich bei “Far Cry” und “Tunnel Rats” um “Weltpremieren” (zweifellos, um Filmfans ins Kino zu treiben). Was lernen wir daraus? Deutschland gehört wieder mal nicht zum Rest der Welt, denn hier sind beide Filme längst gelaufen und gefloppt. Der Fairness halber sei allerdings nochmal erwähnt, dass der Sci Fi Channel meinen “Lost City Raiders” ebenfalls als “Weltpremiere” verkaufte – drei Wochen, nachdem er auf ProSieben gelaufen war.

Man darf auch die Frage stellen, warum Boll keine Filme zeigt, die wirkliche Premieren wären – z.B. “Stoic”. Ich habe das dumpfe Gefühl, der Doktor will sich die negative Vorab-Publicity ersparen. Seine Altwerke kann er hingegen risikolos präsentieren.

Eigentlich wollte ich schon seit Wochen auf die Dokumentation “Visiting Uwe” hinweisen, die man sich hier komplett ansehen kann. Was ist gut daran? Man bekommt einen wirklich ungefilterten Einblick in das (erschreckend banale) Leben von Uwe  Boll. Die Macher lassen ihn reden, ohne ihn über Gebühr zu kritisieren. Schon erstaunlich, wie präzise Boll die Klassiker der Filmgeschichte analysieren kann, ohne daraus auch nur das Geringste zu lernen. Es zeigt mal wieder, dass der Weg vom Filmkritiker zum Filmemacher doch weiter ist, als die meisten Menschen glauben mögen:

http://www.youtube.com/watch?v=FB-B-lfuTrk

Klar hätte man Boll durchaus mal kritische Fragen stellen können / sollen / müssen – die Stiefelleckerei nervt nach einer Weile doch ein wenig. Und etwas weniger Kameraschnickschnack hätte auch geholfen. Die Macher wollen sich augenscheinlich selbst heftig in Szene setzen. Aber es sei ihnen gegönnt, denn das Endprodukt ist sehr sehenswert.

Sehr launig auch das IGN-Interview, in dem Boll seine Filme bewertet:

Wenn man davon ausgeht, dass die Macher ihre Filme notorisch überbewerten, dann kann ich mit den meisten Einschätzungen durchaus leben (insbesondere im Vergleich der Filme untereinander). Aber drei von fünf Sternen für den unerträglichen “Bloodrayne 2”? Der gute Doktor möge hier nochmal nachlesen.

Ich habe “Alone in the Dark 2” seit Wochen im Schrank liegen, und werde ihn in diesen Tagen sicher noch besprechen. Warum gefällt mir die Vorstellung nicht?



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Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 00:21

Boll als Streitthema nutzt sich hier im Blog ab, ich habe nicht mal mehr wirklich Lust, hierrauf zu antworten. Nur eines:

Das Ding heißt “Die Uwe Boll Home Story” und nicht “Wir zerpflücken und sezieren die Boll-Filme und weil er uns ins Hauf gelassen hat, isser selber schuld”, gelle… von daher kann/soll/muss man wirklich nicht immer kritische Fragen stellen. Ab und an genügt es auch, den Mann einfach mal reden zu lassen, er hat nämlich Recht…

Wortvogel
Wortvogel
27. Dezember, 2008 00:31

@ Peroy: Kappes. Jemand, der sich so (teilweise herablassend) zu Filmklassikern und Legenden auslässt, muss sich auch mal fragen lassen, warum seine Firmen nicht nur nicht im Museum of Modern Art laufen, sondern auch als Kommerz regelmäßig scheitern.

Außerdem empfehle ich “Visiting Uwe” ja trotzdem, also schweig still.

Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 02:00

“@ Peroy: Kappes. Jemand, der sich so (teilweise herablassend) zu Filmklassikern und Legenden auslässt, muss sich auch mal fragen lassen, warum seine Firmen nicht nur nicht im Museum of Modern Art laufen, sondern auch als Kommerz regelmäßig scheitern.”

Klassiker und Legenden ? Was denn… die Godard-Scheisse und der “Solaris”-Mist etwa… ? Na dann gute Nacht…

Lari
Lari
27. Dezember, 2008 04:53

Na denn, mach ich halt bei Gelegenheit mal ein Larifest klar. Wird super. 8)

xanos
xanos
27. Dezember, 2008 05:27

Ich fand das Solaris Remake toll, auch wenn ich verstehen kann warum das Vielen zu langweilig ist.
Danke für den Link zu der Homestory. Ich habe herzhaft gelacht, große Comedy. Ich bewundere Uwe SEHR dafür, dass er diese Filme machen kann. Es graust mich nur, was er dann daraus macht. Muss eigentlich bei mehren Vorführungen am Stück kein Warnhinweis auf Folgeschäden gezeigt werden?

Reptile
Reptile
27. Dezember, 2008 09:51

Bei mir haben diese 50 Minuten Homestory tatsächlich das Bild von Uwe Boll ein wenig verändert.
Er weiss schon wo seine Werke stehen. Wie heisst es da: ist Bloodrayne(1) oder FarCry wirklich schlechter als Catwomen oder Daredevil? Hmm, da hat er schon einen Punkt getroffen.
Er muss ja an erster Stelle dafür sorgen das die Investoren die Kohle zurück bekommen weil sonst ja der Ofen schnell aus ist. Anders wäre es ja wenn er von einem Big Studio angheuert werden würde:”Dreh uns mal den und den Film, hier haste 80 Millionen!”
Wenn er die dann in Sand setzt geht er einfach und sag”Sorry Jungs!”.

OnkelFilmi
OnkelFilmi
27. Dezember, 2008 13:29

“Was mir noch auffällt, ist die freche Behauptung des Posters, es handele sich bei “Far Cry” und “Tunnel Rats” um “Weltpremieren” (zweifellos, um Filmfans ins Kino zu treiben). Was lernen wir daraus? Deutschland gehört wieder mal nicht zum Rest der Welt, denn hier sind beide Filme längst gelaufen und gefloppt”

Das ist gang und gäbe im “Land der unbegrenzten Möglichkeiten”. Jeder Film, der auf dem FFF seine (wirkliche) Weltpremiere hat, wird auf den us-amerikanischen Herbstfestivals trotzdem als “World Premiere” beworben. Amerika ist nunmal “Number One” – America, fuck yeah! “The biggest, the best, better than the rest!”. “USA! USA! USA!”… Err, ich glaub ihr wisst was ich meine 😉

Dieter
Dieter
27. Dezember, 2008 14:34

Das Boll bestimmten Leuten gut gefällt, vestehe ich jetzt besser: Jeder Gedankengang ist kurz und endet regelmäßig in mit Kraftausdrücken verbrämten Urteilen und Beleidigungen (beispielsweise wird die großartige Alexandra Maria Lara eine ,,Flachtüte”, von der er vorgibt nicht einmal den Namen genau zu kennen). Der gefällt sich in seinem Zuhältergehabe.

Allein schon diese unerträgliche Stammtischlogik, entweder habe etwa Niveau, was nach seinem Verständnis Ansichts- und reine Geschmakssache sei, oder es sei kommerziell erfolgreich. Als ginge nicht beides gleichzeitig (zahlreich durch die Filmgeschichte widerlegt) und als sei der kommerzielle Erfolg der einzig richte Wertmaßstab; aber natürlich dann wieder nicht, wenn seine ,,Werke” floppen, denn dann war das das böse Establishment, das keine Kohle für Werbung rausrückt.

Der Typ ist ein Vollarsch.

Wortvogel
Wortvogel
27. Dezember, 2008 14:54

@ Dieter: Schöner hätte ich das nicht zusammenfassen können. Das trifft es auf den Punkt.

Vincent
Vincent
27. Dezember, 2008 16:18

“Wie heisst es da: ist Bloodrayne(1) oder FarCry wirklich schlechter als Catwomen oder Daredevil? Hmm, da hat er schon einen Punkt getroffen.”

Ich picke hier mal Bloodrayne und Daredevil raus (denn die beiden habe ich gesehen). Beide Filme haben mir nicht gefallen und sind objektiv gesehen schlecht, aber bei Bloodrayne machen mich Dialoge, Beleuchtung, Kostüme und Kulissen auch wenn ich nur dran denke aggressiv und stocksauer! Ich kenne keinen anderen Film der alles derart falsch macht. Kein anderer Film hat mich je dazu gebracht den Regisseur foltern und erwürgen zu wollen.

Wortvogel
Wortvogel
27. Dezember, 2008 16:23

@ Vincent: Dann hast du augenscheinlich “Bloodrayne 2” nicht gesehen (Link im Artikel oben) 🙂

Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 16:34

Selektive Wahrnehmung ist was schönes, da wird die Lara (die alte Flachtüte) mal eben so “großartig” und aus dem Boll ein dosenbiertrinkender Stammtisch-Proll, bravo… in einem Rutsch auch gleich noch das Publikum mit abgewatscht, super gemacht.

“Daredevil” war übrigens spitze, jegliche Kritik an dem Film darf dorthin wandern, wo die Sonne nicht hinscheint…

Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 16:36

“bei Bloodrayne machen mich Dialoge, Beleuchtung, Kostüme und Kulissen auch wenn ich nur dran denke aggressiv und stocksauer! Ich kenne keinen anderen Film der alles derart falsch macht. Kein anderer Film hat mich je dazu gebracht den Regisseur foltern und erwürgen zu wollen.”

Kein anderer Kommentar hat mich je dazu gebracht, dass ich mich ein bisschen in meinen eigenen Mund erbrechen musste… applauswürdig? Ein mittlerer… clapclapclap…

Dieter
Dieter
27. Dezember, 2008 17:12

War klar, dass das dümmliche Leute-beleidigen ganz spezielle Anhänger hat … (die dann vorzugsweise beleidigt sind, wenn man Ironie oder Sarkasmus auf sie anwendet)

Reptile
Reptile
27. Dezember, 2008 17:17

@vincent
Ok, nachvollziehbar aber im Vergleich zu Catwomen?
Beides sicher Mist auf gleicher Höher aber Boll wird da trotzdem noch schlechter wegkommen nur weil es Boll war denke ich.

Alone in the Dark 2 hat er ja eigentlich nicht gemacht nur das Geld dafür rausgrückt.

xanos
xanos
27. Dezember, 2008 17:56

Seine Filme sind nicht nur einfach schlecht, sondern elende Stümpereien. Aber bei allem Leid, das sie mir verursacht haben muss ich auch festhalten, dass
a) jeder davon weit davon entfernt ist unter den 10 schlechtesten Filmen, die ich sehen musste zu sein und
b) ich niemals verstehen werde, wieso einige meinen einen Menschen dafür hassen zu müssen, wie es an einigen Orten propagiert wird.

Uwe ist ein bizarres Unikat und man kann sich herrlich damit beschäftigen – aber man kann es auch ignorieren. Ich finde die ganze Sache irgendwie faszinierend (in der Bahn kann man manchmal bei besonders hässlichen oder missgekleideten Frauen ja auch nicht wegschauen – Katastrophentourismus) – und das unterstelle ich auch jedem anderen, der darüber berichtet oder sich ständig damit beschäftigt.

Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 17:56

“War klar, dass das dümmliche Leute-beleidigen ganz spezielle Anhänger hat … (die dann vorzugsweise beleidigt sind, wenn man Ironie oder Sarkasmus auf sie anwendet)”

Und wir sind erst bei Kommentar 16 und einer hier wollte Boll schon zu Tode foltern… man sollte da immer die Verhältnismäßigkeit im Auge behalten, gelle…

Dieter
Dieter
27. Dezember, 2008 18:12

Echt. Der arme Boll. Das wollte Vincent auch ganz bestimmt und echt. Denn das war kein Stilmittel oder so, sondern Mordandrohung.

Setz dicht, nimm dir ´nen Keks.

Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 18:17

“Echt. Der arme Boll. Das wollte Vincent auch ganz bestimmt und echt. Denn das war kein Stilmittel oder so, sondern Mordandrohung.”

Morddrohungen sind ein Stilmittel, Beleidigungen nicht… *notiert*

Tornhill
Tornhill
27. Dezember, 2008 18:47

Oute ich mich auch mal: Irgendwie ist mir der Boll sympathisch.
Wieso? Ich weiß es nicht!
Er ist zweifellos ein Arsch und alle seiner Filme, die ich bislang gesehen habe sind mies (okay…”German Fried Movie” HATTE irgendwie was, aber Filme die ich nach 3:00 Uhr morgens sehe, kann ich oft nicht objektiv bewerten). Aber irgendwie…empfinde ich ihn als “erfrischend anders”. Ich will jetzt nicht die Reich-Ranicki-Karte ziehen und sein Gebashe von Godard & Co. als mutig bezeichnen (er weiß genau, dass er sich von seiner Zielgruppe damit niemanden vergrault), aber es hat mich doch gefreut, mal so harsche offene Worte zu hören. Ja, “Weekend” und “Außer Atem” sind gut, aber machen ja nur einen Bruchteil des Godart’schen Schaffens aus, welches g.T. suckt aber einfach mit von deren Ruhm zehrt.

Das macht Boll nicht zu einem besseren Menschen, aber irgendwie…empfinde ich ihn als interessantes Kuriosum, durch das die Welt unterhaltsamer wird, als ohne ihn (und seien es auch mehr die Audiokommentare und Interviews, als die Filme selbst).

Peroy
Peroy
27. Dezember, 2008 19:00

Nicht zu vergessen, dass endlich mal einer Tarkowskis Langweiler-Epen als den inhaltslosen Scheiss deklariert, der sie sind… allein dafür sollte man ihm ein Bier ausgeben…

Proesterchen
Proesterchen
27. Dezember, 2008 19:22

Jetzt bin ich direkt ein bisschen traurig, dass ich mir noch keinen seiner Filme bewusst (bzw. bei vollem Bewusstsein) angesehen habe.

Durch diese homestory ist mir Uwe Boll einerseits fast schon an Herz gewachsen, andererseits verägert es mich grundsätzlich nur noch mehr, wenn jemand, der offensichtlich nicht im filmkünstlerischen Vollschatten gebaut hat, nicht in der Lage scheint, oder vielleicht besser nicht Willens ist, bei den eigenen Produktionen eine Art kleinsten gemeinsamen Nennen zwischen Renditemaximierung und Produktqualität zu finden.

Hat jemand einen Vorschlag, welche Boll-Produktion mich am schmerzlosesten aus diesem Zwiespalt befreien könnte? Ich würde ihn so gern einfach nur wieder auf Grund seiner dämlichen Videospielumsetzungen verachten wollen.

Otto
Otto
27. Dezember, 2008 21:41

@Prost
Bloodrayne 2 evtl !
Ersparst Wortvogel damit die Folter 😉

Reptile
Reptile
28. Dezember, 2008 10:55

Filmhistorisch hat Boll aber schon seinen Platz gefunden. An ihn wird man sich erinnern.
Ich kann seine Argumente aber verstehen: Bei David Lynch versteht keine Sau was er da zeigt, manchmal er selber ja auch nicht. Hat er ja schon zugegeben. Dann wird ohne Drehbuch gedreht und es kommt ein 3 Stunden Machtwerk dabei raus. Aber alle sagen hinterher: “Ahhhhh….genial!Große Kunst!”
Herr Lynch wovon handelte ihr letzter Film? “Hmm, keine Ahnung!” “Oh yeah er ist ja soooo genial!”;-)

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2008 12:12

Was Lynch angeht: Den kann ich, von Ausnahmen abgesehen, auch nicht leiden (ich bin eher ein Cronenberg-Fan). Aber es lässt sich ein künstlerischer Anspruch nicht bestreiten, und eine meisterliche Beherrschung der Filmsprache. Und das geht Boll völlig ab. Ergebnis: mir ist ein Flop à la “Lost Highway” allemal lieber als ein Flop à la “Bloodrayne 2”.

Das habt ihr jetzt davon – ich habe mir gestern Abend “Alone in the Dark II” angesehen, und werde ihn heute noch besprechen.

Der Postillon
28. Dezember, 2008 12:37

Ich kacke mal eben Korinthen: Der Film heißt Catwoman (Einzahl) und nicht Catwomen (Mehrzahl) oder ihr redet über einen anderen Film, den ich nicht kenne.
@Wortvogel: 2. Absatz = Regisseure ohne e am Ende.
Ansonsten muss man sagen, dass sich Til Schweiger immer mehr an Boll annähert, was den Umgang mit Kritikern angeht.

Mencken
Mencken
28. Dezember, 2008 12:50

Mein Problem mit Boll ist eigentlich eher, daß Bolls Filme schon zu gut sind um als wirklich unterhaltsamer Trash goutiert zu werden, als ernstzunehmende Unterhaltungsware aber natürlich auch nicht mal ansatzweise taugen.
Damit bleibt dann nur die Person Boll (die aber selbst im Vergleich zu Jess Franco oder Erwin C. Dietrich auch nicht sonderlich interessant ist, von Ed Wood etc. mal ganz zu schweigen), was ihn dann ironischerweise wieder mit Leuten wie Lynch, Godard oder Tarkovsky vereint, bei denen in der Tat oft grober Unfug noch verteidigt wird, eben weil es sich um “Künstler” handelt, genauso wie bei Boll oftmals schlichtweg belanglose Durchschnittsware in Trash umgedeutet wird.

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2008 13:03

@ Postillon: Danke, ist korrigiert.

@ Mencken: In meinen Reviews ist klar zu sehen, dass ich Boll genau die Tatsache vorhalte, dass er die Ressourcen hat, um gute Unterhaltungsfilme zu drehen – und trotzdem nur Kappes abliefert. Franco, Dietrich, Wood – die haben größtenteils unter hanebüchenen Umständen ihre Filme zusammen gestoppelt (oft genug aus dem Material anderer, nicht beendeter Produktionen). Boll ist kein Trash-Filmer – er ist ein gescheiterter Mainstream-Regisseur. Und DAS ärgert mich, weil er mehr als alle anderen Kollegen Geld und künstlerische Kontrolle hatte. Boll kann schlicht und ergreifend die Schuld auf nichts und niemanden abschieben.

Was Lynch, Tarkovsky, und Godard angeht – da muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen: Leute, die bedingungslos alles von diesen Regie-Künstlern gut finden, sind so selten wie Leute, die Andreas Schnaas für einen “echt guten Regisseur” halten. Auch Filmkenner setzen sich mit der Tatsache auseinander, dass Tarkovsky die gepflegte Langeweile kultiviert hat, oder dass Lynch meistens selber nicht weiß, was er da fabriziert. Aber im Kontext gesehen haben die Filme durchaus Subtext, oder es gelingt ihnen, eine emotionale Verbindung zum Publikum aufzubauen.

Bolls Filme hingegen haben nur Oberfläche – und weil die auch noch hässlich ist, kann man aus einem Boll-Film in der Regel GAR NICHTS mitnehmen.

Tornhill
Tornhill
28. Dezember, 2008 15:00

“Was Lynch, Tarkovsky, und Godard angeht – da muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen: Leute, die bedingungslos alles von diesen Regie-Künstlern gut finden, sind so selten wie Leute, die Andreas Schnaas für einen “echt guten Regisseur” halten.”
Das mag sein, aber das Problem ist einfach, dass es die falschen Leute sind. Will sagen: Die Filmwissenschaft und professionelle Kritik klingt da g.T. erschreckend gleich.
Ich will nicht leugnen, dass es auch da Tarkowsky- oder Godard-Kritiker geben wird, aber den offiziellen Mainstream beherrschen die Bejubeler, die vielleicht nicht jeden Film ihrer Helden verehren, aber die misslungenen Exemplare einfach ignorieren, um weiter feiern zu können. Ich meine, wenn jemand ca. eine Milliarde Filme dreht, wie Godard, darunter sind drei Meisterwerke, sieben ganz okaye und zehn mit zumindest einem interessanten Ansatz…dann ist das immer noch ein verdammt schlechter Schnitt, den man in das Gesamtergebnis einbeziehen muss.
Nehme man Richard Kelly: “Donnie Darko” war großartig, “Domino” (ich weiß, nur Autor) und “Southland Tales” waren Quatsch. Dann steht es 2:1 für misslungen, was DD natürlich nicht schlechter macht, aber den Titel “Regiewunderkind”, den er nach seinem Erstling hatte doch wohl in Frage stellt. Wäre er jetzt aber einer der GROSSEN ALTEN des Films, würde das vom Großteil der Literatur ignoriert.

Na ja, und deswegen ist es halt mal nett, da ein paar Grobheiten zu hören – auch, wenn sie aus dem Glashaus geworfen werden.

Wortvogel
Wortvogel
28. Dezember, 2008 15:14

@ Tornhill: Ich sehe das nicht ganz so dramatisch – Richard Kelly ist auch in Hollywood seinen Wunderkind-Status schon wieder ziemlich los. Trotzdem sollte man nicht vorschnell sein: er hat ja bewiesen, dass er zumindest punktuell brillant sein kann.

Fanboys sind viel schlimmer als Filmkritiker: Ob Chris Carter, Joss Whedon, oder J.J. Abrams – denen hängt man an den Lippen, als ob die Gold scheißen würden. Dabei hatten die selten mehr als EINE brillante Idee in ihrer Karriere. Manchmal nicht mal das…

xenoforge
xenoforge
28. Dezember, 2008 20:38

Ich persönlich fands mal gut, das jemand relativ neutral mit Boll ein Interview geführt hat, und nicht einen auf “Boll-Bashing weils so lustig ist” gemacht hat. Die von dir fomulierte Stiefelleckerei habe ich nicht erkennen können. Seine Kommentare zu Leuten wie Tarantino (Zitatesammler) oder Tarkowski (Langweilig) kann man unterschreiben, da hat er Recht. Das Michael Bay ein Arsch ist am Set, weiss man sicherlich auch zur Genüge, aber hier dringt zugegebenermassen etwas Neid auf dessen hohe Budgets zutage, da muss man einfach sagen “Boll da liegst du einfach daneben”. Michael Bay hat tausende von Werbespots gedreht, seinen ersten BAD BOYS mit damals 20 Mil. $ realisiert, man kann über den persönlich sagen was man will, aber der
hat sich seinen Erfolg und seine heutigen dicken Etats hart erkämpft. Boll dagegen liefert auch mit 60 Mil. (->”Schwerter des Königs”-Budget) nur mittelmässiges Kino ab, wo man regelmässig mit den Augen rollt (Burt Reynolds als König..?).

Nichtsdestotrotz ganz witziges Interview, hätte vielleicht etwas gestrafft werden können. Seine Exkurse durch seine Höhle und die Hundestory interessiert doch echt keinen. 😉

xanos
xanos
28. Dezember, 2008 20:53

Joss nur eine Idee? Dann wünschte ich mir mehr Leute, die es schaffen daraus 3 Serien und einen Kinofilm zu machen, die ich liebe und die sich stark von anderem Zeug abheben. Bei Dollhouse habe ich Zweifel, aber bisher hat er mich noch nie enttäuscht.

Peroy
Peroy
28. Dezember, 2008 21:52

Ohw, da hat einer den ersten “Buffy”-Film und “Alien: Resurrection” verdrängt…

Reptile
Reptile
28. Dezember, 2008 22:46

Klar: Es gibt unzählige Filmemacher die genau wüssten was sie mit einem Millionenbudget machen würden. Wenig Geld fördert aber auch die Kreativität.
Der erste CUBE Film hat lächerliche 350.000 gekostet. Oder der erste SAW: 1Million. Oder Hard Candy oder,oder, oder.

xanos
xanos
28. Dezember, 2008 22:51

Wozu sollte ich? Ich sehe auch in Alien4 das Potenzial (und die überdeutlichen Firefly Ansätze) – und Joss hat daraus gelernt dass nur er seine Skripte verfilmen darf, weil anscheinend andere rein gar nichts damit anfangen können. Es gibt immer noch riesige Unterschiede zwischen “hat das Skript geschrieben” und “hat den Film gemacht”. Gewisse Regisseure können alles verhunzen – frag mal Guinevere Turner.
Wenn er Alien 4 komplett selber gemacht hätte, wäre das ein toller Film geworden, wenn wahrscheinlich auch kein Alien. Was vielleicht keine Schande gewesen wäre, da Alien4 nur noch die verstümmelte beinah-DtV Produktion war (ok, das Budget war nicht übel – aber deutlich unter dem für was es geschrieben wurde), um den letzten Euro aus der Franchise zu drücken. Typischer Chaosfilm, wo alles improvisiert werden musste (und der Regisseur kein Englisch sprach – super Idee!).

Tornhill
Tornhill
29. Dezember, 2008 13:27

Richard Kelly sah ich ja GERADE als “richtig gelaufenen” Fall an, im Gegensatz eben zu Godard & Co.
Er hat seine Verdienste (mir persönlich ist er auch sympathisch), aber eben auch seine Macken und so differenziert wird er inzwischen auch meist betrachtet.

Bei den Nouvelle Vague-Fritzen ist das eben nicht so. Die werden nur nach ihren Highlights gemessen, der Rest ignoriert (oder gar schön geredet). In der Tat wie bei den Popfilmern mit Fanboyschar, ein überraschend passender Vergleich.
Den guten Whedon würde ich aber noch nicht wirklich da herein zählen…”Serenity” zumindest fand ich auch toll und was man von seiner Arbeit als Comic-Autor hört (da kann ich also nichts persönliches zu sagen), klingt das auch ganz vielversprechend.

La Lia
La Lia
29. Dezember, 2008 15:58

hach, immerhin wird auf visiting uwe verwiesen, schonmal recht so. die Macher dahinter haben übrigens auch avant*garde auf die Beine gestellt – für jeden Filmliebhaber eine kleine Oase im www.
http://www.ws-avantgarde.de/

Bis jetzt hab ichnoch keinen Boll Film gesehen, also kann ich auch nicht mitdiskutieren, ob er wirklich so schlecht in dem ist, was er tut.